P. Binsfeld: Tractat von Bekanntnuß der Zauberer vnnd Hexen

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Titel
Tractat von Bekanntnuß der Zauberer vnnd Hexen. Ob und wie viel denselben zu glauben


Autor(en)
Binsfeld, Petrus
Herausgeber
Kümper, Hiram
Anzahl Seiten
XIV, 359 S.
Preis
€ 46,20
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Nicolai Hannig, Bochum

Mit der vorliegenden Edition ist dem Leser erstmals seit der letzten Druckausgabe 1592 (München, Offizin Adam Berg) der deutsche Text von Peter Binsfelds „Traktat von Bekanntnuß der Zauberer und Hexen“ (die letzte Auflage der lateinischen Fassung „Tractatus de confessionibus maleficorum et sagarum“ erschien 1623 bei Peter Henning in Köln) zugänglich gemacht worden. Dies allein ist ein Verdienst, das gewürdigt werden muss.

Der Traktat des Trierer Weihbischofs Binsfeld (1546-1598) hat ohne Zweifel einen der bedeutendsten Beiträge zur theoretischen Untermauerung des frühneuzeitlichen Hexenglaubens geleistet, ein Nachdruck der Schrift kann also durchaus als ein bereits länger bestehendes Desiderat bezeichnet werden. Die eigentliche Frage des Untertitels, ob nämlich den Aussagen von Zauberern und Hexen gegenüber Mitangeklagten Glauben zu schenken sei, wird dabei von Binsfeld erst im zweiten Hauptteil (S. 142-297) behandelt und gerät auch aus der rückschauenden Perspektive des heutigen Wissenschaftlers zusehends in den Hintergrund. Unglaublichen Einfluss dagegen haben die vierzehn praeludia und dreizehn conclusiones des ersten Hauptteils (S. 20-141) entfaltet, in denen der Verfasser eine differenzierte Theorie von Hexerei und Magie ausbreitet. Für den zweiten, prozessrechtlichen Teil ist besonders herauszuheben, dass Binsfeld zu den ersten Autoren zählt, die sich ausführlich mit der Zeugnisfähigkeit von Kindern im Hexenprozess auseinandersetzten (S. 239ff.). Von besonderem Interesse für die frühneuzeitliche Rechtsgeschichte dürften auch seine weiten Ausführungen über das Wasserordal (S. 248ff.) und seine scharfe Auseinandersetzung in allen prozessrechtlichen Fragen mit Jean Bodin sein.

Dem eigentlichen Text vorangestellt sind eine knappe Einleitung des Herausgebers und ein regestartiges Inhaltsverzeichnis der beiden Hauptteile des Textes, das ebenfalls nicht dem Text selber entstammt, sondern von Kümper entlang von Binsfelds Einteilung in praeludia, conclusiones etc. angelegt wurde. Wenn man auch an einzelnen Formulierungen dieses notwendig verknappenden Inhaltsverzeichnisses Kritik wird üben können, so erfüllt es doch seine Aufgabe, den Leser schnell zur gesuchten Textpassage zu bringen. Vor allem aber wird damit die von André Schnyder einmal zu recht bemängelte, aus „offensichtlicher Inkonsequenz in der Handhabung von Titel und Zwischentitel“ resultierende Unübersichtlichkeit des Traktates für den Benutzer etwas relativiert (S. IX). Binsfelds eigenes Register ist der Edition des Textes beigefügt (S. 327-336). Die Einleitung des Herausgebers skizziert in verhältnismäßig weiten Zügen Binsfeld Biographie und Wirkung, spiegelt damit aber nur die ausgesprochen stiefmütterliche Behandlung wieder, die dieser wichtige Theoretiker trotz seiner allgemein anerkannten Bedeutung bisher in der Literatur erfahren hat. Kümpers Hoffnung auf neuere Untersuchungen (S. I), die durch die vorliegende Edition befördert werden mögen, kann da nur unterstrichen werden.

Der Einleitung folgt auf 336 Seiten der Text des Traktats. Grundlage ist dabei Binsfelds eigene deutsche Übersetzung von 1590. Eine weitere deutsche Übersetzung fertigte im gleichen Jahr der Münchner Assessor Bernhard Vogel im Auftrag des Druckes Adam Berg an. Dass sich Kümper hier für die eigene Übersetzung des Verfassers entschieden hat, liegt auf der Hand. Eine kritische Vergleichung mit dem Münchner Text entfällt. Der Text wird dabei seitengetreu als Transkript wiedergegeben. Die wenigen Abbreviaturen, meist der Nasalstrich für n, m bzw. das verkürzte „vn[nd]“, sind durchweg in Klammern aufgelöst worden. Der aus Drucken dieser Zeit bekannte Antiqua-Sperrdruck für Eigennamen und lateinische Worte und Passagen wird in der Edition kursiv wiedergegeben. Auch die Blattzahlen der Druckausgabe werden jeweils beigegeben. Insgesamt wird also die Edition nicht nur dem Lesefluss, sondern auch den wissenschaftlichen Ansprüchen weitgehend gerecht und liefert ein, von Zeilenumbruch und Schriftart abgesehen, getreues Abbild der Vorlage. In einer gesonderten Spalte werden dazu einzelne Allegationen, hauptsächlich Bibelzitate und Verweise auf Codex- und Digestenstellen, in die heutige Zitation aufgelöst. Hilfreich sind diese Auflösungen allemal, jedoch hätte sich der Leser auch eine Auflösung der allegierten zeitgenössischen Literatur, beispielsweise im Anhang, gewünscht. Die einzelnen Autoren werden zwar im Personenindex (S. 343-345) verzeichnet, die mühsame Arbeit der Aufschlüsselung nach Werktiteln hat uns der Editor jedoch nicht abgenommen.

Begleitet wird der Personenindex von einem Verzeichnis der Bibelallegate (S. 339f.) und der wichtigsten herangezogenen Rechts-quellen (S. 341), wobei Kümper nicht zwischen Allegationen der römischen Rechtsquellen selbst und dessen Kommentarliteratur unterscheidet. Den Indizes folgend findet sich eine durchaus brauchbare Auswahlbibliographie (S. 347-354), die sowohl die klassischen Werke als auch die einschlägige neuere Literatur verzeichnet. Ergänzt wird der Anhang durch ein Verzeichnis der erhaltenen Druckausgaben (S. 355-359). Wenn auch mindestens die beiden Ausgaben des Druckes Trier: Heinrich Bock, 1590 am Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte (Frankfurt am Main) unter den Signaturen Dt 2Ei und MF299 fehlen, so ist ein solches Verzeichnis für die vorliegende Art von Neueditionen frühneuzeitlicher Drucke ein wichtiges und leider viel zu selten ähnlichen Publikationen beigefügtes Hilfsmittel.

Insgesamt wird mit dem Neudruck des Traktats eine Lücke in der Quellenliteratur ausgefüllt, denn Binsfelds Bedeutung für die Geschichte der frühneuzeitlichen deutschen Hexenverfolgungen kann kaum überbewertet werden. Die Ausführung ist zweckmäßig; manch ein Leser hätte sich möglicherweise weitergehende Indices oder eine Aufschlüsselung auch der allegierten zeitgenössischen Literatur gewünscht. Dass dies nicht geschehen ist, ist bedauerlich, schmälert aber nicht den Wert der Edition.

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