J. P. Niederkorn u.a. (Bearb.): Regesta Imperii IV,1,2

Cover
Titel
Regesta Imperii IV,1,2. Konrad III. 1138 (1093/94)-1152.


Autor(en)
Niederkorn, Jan Paul; Hruza, Karel (Bearb.)
Reihe
J. F. Bohmer, Regesta Imperii
Erschienen
Wien u.a. 2008: Böhlau Verlag
Anzahl Seiten
XII, 453 S.
Preis
€ 99,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Bernd Schütte, Historisches Institut, Friedrich-Schiller-Universität Jena

Die Regierungszeit Konrads III., der am 7. März 1138 in Koblenz zum König der Römer gewählt wurde und am 15. Februar 1152 in Bamberg starb, wurde von der älteren Mediävistik bekanntlich durchweg negativ bilanziert. Historiker wie Wilhelm Bernhardi, Johannes Haller oder Karl Hampe beurteilten den Staufer ganz auf dem Hintergrund der Vorstellungen ihrer Zeit, denn sie machten nicht nur die als überragend empfundene Gestalt Friedrichs I. Barbarossa, der Konrad in der Königswürde nachgefolgt war, sondern auch die eigene Gegenwart zum Maßstab der Bewertung: Konrad soll ein Pfaffenkönig gewesen sein, der in Abhängigkeit von der päpstlichen Kurie und seinen geistlichen Beratern niemals selbständig geherrscht und unter dem Strich völlig versagt habe. Das derart gefällte Urteil, das das Bild des Staufers für viele Jahrzehnte geprägt hat, verrät in der Rückschau freilich mehr über Bernhardi, Haller und Hampe als über den König.

In den 1950er-Jahren setzte jedoch allmählich eine Neubewertung des ersten staufischen Königtums ein, die nun nicht mehr rein machtpolitisch orientiert war, sondern sich auch auf strukturelle Fragen richtete und versuchte, Konrads Regierung aus sich selbst heraus zu verstehen. Letztlich beruhte diese neue Sicht auf einer Änderung des Blickwinkels, denn Konrads Herrschaft wurde jetzt nicht mehr auf dem Hintergrund der Zeit Barbarossas gedeutet, sondern es wurde vielmehr gefragt, an welche von seinem Vorgänger eingeleiteten Maßnahmen Friedrich anknüpfen konnte. Dabei stellte sich heraus, dass Konrad zum Beispiel in territorialpolitischer Hinsicht oder bei der Formulierung spezifischer Herrschaftsvorstellungen durchaus erfolgreich war, wenngleich er den 1138 ausgebrochenen Konflikt mit den Welfen bis zu seinem Tod in der Tat nicht lösen konnte.

Die Beschäftigung mit der Zeit Konrads III. musste zumindest in faktengeschichtlicher Hinsicht bislang von einem 1883 in der Reihe der Jahrbücher der Deutschen Geschichte erschienenen Band ausgehen, der aus der Feder des bereits erwähnten Wilhelm Bernhardi stammt. Bernhardi hat mit der Zusammenstellung aller verfügbaren Quellen sowie der Aufbereitung und minutiösen Darstellung des Materials Grundlegendes geleistet, doch ist die Forschung gerade in den letzten Jahren natürlich nicht stehengeblieben. Das betrifft die schon angesprochene grundsätzliche Neubeurteilung der Zeit Konrads und zahlreiche weitere damit verbundene Einzelfragen wie zum Beispiel die Königswahl von 1138, das Verhältnis zum Reichsepiskopat, die Verwandtenpolitik, die Verbindungen zu den Sulzbachern, deren Haus Konrads Gemahlin entstammte, die Stellung zu den Welfen, die Byzanzpolitik oder die Kreuznahme. Mit Blick auf die Quellen bildete die 1969 von Friedrich Hausmann im Rahmen der Monumenta Germaniae Historica erstellte Ausgabe der Urkunden Konrads III. und seines Sohnes Heinrich einen wichtigen Markstein.

Auf diesem Hintergrund ist es nur zu begrüßen, dass in der ehrwürdigen Reihe der Regesta Imperii nunmehr auch ein Konrad III. gewidmeter Band vorliegt. Er geht auf Jan Paul Niederkorn zurück und wurde von Karel Hruza sowie den auf dem Titelblatt unter „Redaktion“ genannten Mitarbeiterinnen Matilda Erak, Anne-Katrin Kunde und Renate Spreitzer offensichtlich erheblich ergänzt, überarbeitet, aktualisiert sowie in seine jetzige Form gebracht. Damit ist die Lücke zwischen den Lothar III. und Friedrich I. Barbarossa gewidmeten und von Wolfgang Petke beziehungsweise Ferdinand Opll bearbeiteten Bänden geschlossen, so dass nach dem Erscheinen des letzten Teils der Friedrich-Regesten die gesamte frühere Stauferzeit erfasst sein wird.

Der Band enthält knapp 800 Regesten, die mit der Geburt Konrads 1093/1094 einsetzen und anfangs Ereignisse verzeichnen, die noch in die Zeit Heinrichs V. beziehungsweise Lothars III. fallen. Die Königswahl des Staufers vom 7. März 1138 ist unter Nummer 83 verbucht, und etwa 290 der folgenden Einträge beruhen auf Urkunden und Briefen, die auf den Namen des Herrschers ausgestellt wurden. Hinzu kommen noch mehrere erschlossene Deperdita, die Hausmann bei seiner Diplomata-Edition noch nicht bekannt waren, und einige von Fremdausstellern herrührende Stücke, in denen der König erwähnt wird. Erwartungsgemäß wird nicht nur das Regierungshandeln Konrads III. verzeichnet, sonders auch das seines Sohnes und Mitkönigs Heinrichs (VI.). Am Ende stehen dann das Quellen- und Literaturverzeichnis, das Register und eine Konkordanztafel, die einen schnellen Abgleich mit Hausmanns Urkundenausgabe sowie den 1865 erschienenen Regesten von Karl-Friedrich Stumpf-Brentano erlaubt.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Regesten nach dem Vorbild der von Petke für Lothar III. und Opll für Friedrich I. Barbarossa bearbeiteten Bände gefertigt wurden, die sich in der wissenschaftlichen Arbeit bekanntlich bestens bewährt haben. Eigens hervorzuheben ist freilich die Ausführlichkeit der aus Urkunden gezogenen Einträge, denn die Urkundeninhalte werden in Verbindung mit dem für das Rechtsgeschäft maßgeblichen lateinischen Wortlaut detailliert wiedergegeben. Gleiches Lob verdienen die Kommentarteile der auf erzählenden Quellen beruhenden Nummern, weil die in Einzelfragen bisweilen kontroverse Literatur nicht nur breit vorgestellt, sondern auch kritisch bewertet wird. Gerade hier zeigt sich, dass der Regestenband den aktuellen Forschungsstand widerspiegelt, zumal eine in Kürze erscheinende Arbeit von Wolfram Ziegler zum Hof Konrads III. bereits berücksichtigt wurde, und die für die Zeit Konrads so wichtigen Briefe des Abtes Wibald von Stablo und Corvey nach der von Martina Hartmann bearbeiteten Neuausgabe angeführt werden.

Ein Regestenwerk wie das hier knapp vorgestellte muss sich in der Praxis bewähren. Schon jetzt kann aber gesagt werden, dass alle weiteren Forschungen zu Konrad III. von diesem sorgfältig gearbeiteten Band ausgehen müssen, der zu einer angemessenen Beurteilung der Herrschaft des ersten staufischen Königs zweifelsohne wesentlich beitragen wird. Den Bearbeitern darf für die Mühen, die mit einem derartigen Werk verbunden sind, nachdrücklich gedankt werden.

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