M. Bishop u.a.: Roman Military Equipment

Cover
Titel
Roman military Equipment. From the Punic Wars to the fall of Rome. Second edition


Autor(en)
Bishop, Mike C.; Coulston, Jon C.
Erschienen
Oxford 2006: Oxbow Books
Anzahl Seiten
XIV, 321 S.
Preis
$ 40,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Kai Grundmann, Berlin

Vor rund 30 Jahren wurde in der Alten Geschichte der Beschäftigung mit dem Themenkomplex der Waffen kaum Relevanz beigemessen, selbst im Rahmen der Militärgeschichte.1 Dies hat sich seitdem grundlegend geändert; Waffen rücken zusehends ins Blickfeld nicht nur der Militärgeschichte, sondern darüber hinaus ebenfalls in das anderer Disziplinen wie etwa der Soziologie. Dabei hatten auch Bishop und Coulston ihren Anteil, deren jahrelange Forschung auf diesem Gebiet 1993 in der ersten Auflage dieses Buches mündete. Nun ist die zweite Auflage erschienen. Sie verfolgt weiterhin das Ziel, die römische Wehrtechnik von den Punischen Kriegen bis hin zum "Fall Roms" im 5. Jahrhundert in ihrer Gesamtheit zu erfassen und ihre Entwicklung darzulegen. Darüber hinaus soll ihr Kontext, also etwa ihr Einsatz, ihr Träger oder ihre Bedeutung für den Soldaten, untersucht werden. Die Autor/innen unterstreichen im Vorwort (S. viii), dass der rasante Fortschritt in der Forschung basierend auf neuen Befunden oder der Neubewertung älterer die zweite Auflage erforderlich machte.

Am Beginn steht eine ausführliche Quellenanalyse, unterteilt in drei Kapitel. Das erste befasst sich mit den bildlichen Darstellungen ("The Representional Evidence", S. 1-20) militärischer Ausrüstung der Römer und dem damit verbundenen Problem, dass sie vielfältigen Veränderungen unterliegen, so durch den Wandel im Stil oder das jeweilige Können des Künstlers. Mehr als eine grobe Sensibilisierung für diese Problematik wird jedoch nicht geboten, da detaillierte Stilanalysen hier zu weit führen würden. Bemerkenswert ist, dass nicht nur römische, sondern auch bosporanische, palmyrenische und persische Darstellungen Beachtung finden. Das anschließende Kapitel "The Archaeological Evidence" (S. 23-37) geht auf die tatsächlich erhaltenen Ausrüstungsgegenstände ein. Wieder werden die hiermit verbundenen Probleme anhand von Fallbeispielen angesprochen, die für die Bewertung des Befundes relvant sind, etwa der Erhaltungszustand oder auch die Fundvergesellschaftung. Die Ergebnisse experimenteller Archäologie werden ebenfalls nicht außen vor gelassen, was angesichts der steigenden Akzeptanz zwar nicht mehr außergewöhnlich, aber doch lobenswert ist. Das Kapitel "The Documentary Evidence" (S. 39-47) schließt die Quellenanalyse mit den Schriftquellen und der Epigrafik ab. Ausführungen zur Forschungsgeschichte ergänzen die Quellenkapitel sinnvoll.

Im nächsten Teil folgen die Autoren dann der Chronologie, die Kapitel behandeln die Entwicklung der Militärtechnik in den einzelnen Epochen, wobei das Schema immer gleich ist: Eine äußerst knappe Einführung in die Epoche, vor allem zur militärischen Situation des Reiches und zu den Quellen, geht der Betrachtung der Wehrtechnik voraus. Dabei werden die Angriffs- und Schutzwaffen, die persönliche Ausrüstung der Soldaten und weitere Punkte (z.B. die Ausrüstung für Pferde) beschrieben und gelegentlich auch ihr Einsatz erläutert. Dieser Teil, der mit gut 250 Seiten über die Hälfte des Buches einnimmt, erhebt den Anspruch auf erschöpfende Darstellung aller Typen römischer Waffen und militärischer Ausrüstungsgegenstände. Daher können viele Aspekte nur sehr kurz abgehandelt werden, was ihrer Bedeutung für das römische Heerwesen vielleicht nicht immer Rechnung trägt. Generell wird Kavallerieausrüstung weniger ausführlich behandelt, so besonders im Kapitel "The Republican Period";2 durch die Verkürzungen schlichen sich auch einige Detailfehler ein.3 Auch wird die von Junkelmanns Experimenten nach Erscheinen der ersten Auflage wieder angeregte Diskussion um den Umfang des ,cavalry sports equipment' nicht thematisiert.4 Völlig außen vor bleibt die Rüstung für hochrangige Offiziere und Kaiser. Vom Leser wird zudem "basic knowledge" zum römischen Heerwesen vorrausgesetzt (vgl. S. viii), und gerade in diesem Abschnitt ist dieses sehr nützlich: Beispielsweise wird der Legionsadler mehrfach betrachtet (S. 68, 113, 144, 185 u. 226f.; Fig. 34, 65, 89 u. 122), ohne dass erläutert wird, worum es sich dabei eigentlich handelt. Fragen zur Produktion, Distribution und Technologie dieser Waffen werden in einem separaten Kapitel im Anschluss behandelt. Den Text illustrieren umfangreiche Zeichnungen, die bewusst Fotos vorgezogen wurden, da sich relevante Details so besser erkennen lassen. Das ist völlig richtig, jedoch hätten bei einer zweiten Auflage, die ihre Berechtigung nicht unwesentlich aus Neufunden zieht, eben diese Neufunde durchaus illustriert werden können.

Am Schluss steht das sicher interessanteste Kapitel: "The Study of Military Equipment" (S. 253-275). Die Untersuchung von Waffen als "valuable window onto the cultural influences and interactions, personal taste and ability of the ordinary Roman soldier" (S. 253) fällt allerdings mit kaum mehr als 20 Seiten im Vergleich zu den 250 Seiten des vorherigen Teils sehr kurz aus, zumal hier viele Aspekte angesprochen werden, von Fragen der "Unit Identity" (S. 260f.) über "Innovation and Change" (S. 267-70) bis hin zu "Interaction with other Peoples" (S. 270f.). Einige dieser Themen, insbesondere letzteres, bieten zudem eher Altbekanntes in Kurzform. Dies überrascht und enttäuscht ein wenig, weil diese Aspekte sowohl in der Einleitung als auch im Klappentext ausdrücklich betont werden, Typologie oder Kunstgeschichte werden dagegen gerade nicht als Ziel ausgewiesen. Zwar haben Bishop und Coulston tatsächlich einen großen Teil der Ergebnisse vorhergehender Kapitel als Basis für diese Betrachtungen ausgewertet, diese Diskrepanz im Umfang bleibt dennoch enttäuschend.

Bishop und Coulston ist es in der Neuauflage ihres Buches gelungen, die kontinuierliche Entwicklung römischer Wehrtechnik über einen langen Zeitraum mit Sorgfalt zu verfolgen und anschaulich zu bebildern sowie aktuelle Forschungen einfließen zu lassen. Endnoten für jedes Kapitel liefern exakte Quellennachweise. Dadurch erhält dieses Werk beinahe Handbuchcharakter. Eine Vertiefung bzw. Ausweitung der im letzten Kapitel angesprochenen Themenkomplexe wäre allerdings sehr wünschenswert gewesen. Dennoch wird ein sehr guter Überblick geboten, der die Leser/innen für die Bedeutung von militärischer Ausrüstung in den Altertumswissenschaften zu sensibilisieren vermag. Das Konzept ist sicher nicht mehr neu, der Umfang aber sehr beachtlich und die Ausführung gelungen, sieht am vom angesprochenen Ungleichgewicht ab.5 Begleitet wird das Buch durch einen Internetauftritt,6 der neben den FAQ 7 auch ein Verzeichnis von Korrekturen bietet.

Anmerkungen:
1 Symptomatisch vielleicht Andersons bekannte Bemerkung, man könne das Kapitel über Bewaffnungsfragen in seinem Buch überspringen, ohne wesentliche Informationen zu verpassen (vgl. Anderson, John K., Military Theory and Praxis in the Age of Xenophon, Los Angeles 1970, S. 13). Zu den Gründen vgl.: Gröschel, Sepp-Gustav, Waffenbesitz und Waffeneinsatz bei den Griechen, Frankfurt 1989, S. 11-27.
2 Gerade wegen der sorgfältigen Quellenauswertung verwundert, dass etwa den numismatischen Zeugnissen zur römischen Reiterei der Republik keinerlei Beachtung zukommt. Auch abgesehen von den Dioskuren gibt es mehrere Darstellungen römischer Adelsreiterei im Kampf (vgl. Sydenham, Edward A., The Coinage of the Roman Republic, London 1952, Nr. 477, 483, 544f. und andere). Mit deren Hilfe wäre z.B. eine genauere Beschreibung der von den Griechen übernommene Schilde möglich gewesen, welche die römische Reiterei verwendete. So wird es nur nach Polybios 6,25 als "firmly and solidly made" ausgewiesen (S. 63) und Dinge wie auf den Münzen sichtbare Spina, Umbo und Schildzeichen nicht genannt. Im Vergleich dazu stellen Bishop und Coulston die Infanterieschilde in jedem Detail vor (vgl. S. 61f.; Fig.30). Warum das Lacus-Curtius-Relief nur hinsichtlich des Schildes (vgl. S. 63) und nicht auch als Beleg für den Brustpanzer und den Helm herangezogen wird, bleibt ungewiss. So sind die dort dargestellten Typen, Helm und Kürass griechischer Provenienz als mögliche Schutzwaffen römischer Reiter nicht berücksichtigt worden.
3 Dass sich die Pferdepanzer von Dura Europos mit den Beschreibungen Xenophons (Equ. 12,8) vergleichen ließen (vgl. S. 192), ist als Verkürzung mindestens unzulässig. Xenophon ist schon wegen des zeitlichen Abstandes nicht angemessen und die Panzer seiner Darstellung schützten auch die Beine des Reiters (vgl. Equ. 12,8; Xen. Kyr. 7,1,2; Grabmonument von Payava). Eine Vergleichbarkeit mit den Durafunden ist kaum gegeben. Arrians (Takt. 4) und Heliodors (9,15) Beschreibungen passen zeitlich besser, allerdings sprechen sie nicht von einem den Hals und die Brust schützendem prosternidion wie Bishop und Coulston. Der Hals wird nach Ausweis der Zeugnisse in der Regel durch ein peritrachelion geschützt (am deutlichsten erkennbar bei: Gall, Hubertus, Reiterkampfbild, Berlin 1990, Abb. 8), während die Panzerdecke auch die Brust schützt, wie auch Fig. 126 deutlich zeigt. Das prosternidion kann nicht den Hals schützen, auch das von Dura nicht (vgl. James, Simon, The Arms and Armour, London 2004, S. 134).
4 Vgl. Junkelmann, Marcus, Die Reiter Roms, Teil 2, Mainz 1993, S. 165-176.
5 Vgl. z.B.: Jarva, Eero, Archaiologia on Greek Body Armour, Rovaniemi 1995 für eine andere Gewichtung bei ähnlichem Konzept. "Beyond the Typology" nimmt dort ein Drittel des Werks ein (S.111-157).
6 Vgl. <http://www.romanmilitaryequipment.co.uk/index.htm>.
7 Hier muss jedoch der deutliche Werbecharakter kritisiert werden. Das Buch ist nicht, wie dort vermerkt, für jeden geeignet, der lesen kann und sich für das Thema interessiert. Als Einstiegswerk ist es nicht zu empfehlen, wenn auch sonst die Zielgruppe sehr breit gefächert ist (<http://www.romanmilitaryequipment.co.uk/faq.htm#What_market_is_the_book_aimed_at_>).

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