S. Manning: Armed Force in the Teispid-Achaemenid Empire

Cover
Titel
Armed Force in the Teispid-Achaemenid Empire.


Autor(en)
Manning, Sean
Reihe
Oriens et Occidens. Studien zu antiken Kulturkontakten und ihrem Nachleben 32
Erschienen
Stuttgart 2020: Franz Steiner Verlag
Anzahl Seiten
437 S.
Preis
€ 74,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Sabine Müller, Seminar für Alte Geschichte, Philipps-Universität Marburg

Die von Sean Manning vorgelegte Überarbeitung seiner 2018 an der Universität Innsbruck eingereichten Dissertation steht im Kontext der noch jüngeren Forschungsrichtung, die sich dem persischen Teispiden- und Achaimenidenreich im eigenen Recht, nicht nur als Nebendarsteller in den Beziehungen zu Griechenland oder Makedonien, widmet. Mannings Publikation versteht sich, wie der Untertitel besagt, insbesondere als kritische Auseinandersetzung mit der bisherigen Forschung zur persischen Heeresgeschichte – vor allem mit eurozentrischen Ansätzen. Zudem soll der Band wegweisende Anknüpfungspunkte für die künftige Debatte anbieten. Die Studie steht im Rahmen der kritischen Hinterfragung traditionell in der Forschung kursierender Images des persischen Kriegswesens. Als Beispiele seien zu nennen: die Dekonstruktion des Bildes des Achaimenidenreichs im 4. Jh. v. Chr. als eines Kolosses auf tönernen Füßen,1 die Korrektur der Annahme, wonach der sogenannte „Große Satrapenaufstand“ die achaimenidische Zentralgewalt nachhaltig erschüttert habe,2 und die Entkräftung der These, wonach die Perserkönige aufgrund der (vermeintlichen) Schwäche der eigenen Heereskraft auf griechische professionelle Soldaten, misthophoroi, als eigentliche Leistungsträger angewiesen gewesen seien.3

Mannings Studie hat die anspruchsvolle Intention, teispidische und achaimenidische Kriegsgeschichte in den Kontext der militärischen Geschichte der nahöstlichen Vorgängerreiche (neuassyrisches und neubabylonisches Reich) zu setzen und auf der Basis von nahöstlichen und griechisch-römischen Quellen zu einer Neubewertung zu kommen (S. 61–64). Angesichts eines solchen Mammutprojekts ist es nur allzu verständlich und überhaupt nicht zu bemängeln, dass der Autor an einigen Punkten auf Lücken verweist oder sich dafür entschuldigt, aus Zeitmangel die entsprechenden Aspekte nur skizzieren und die Problematik vorstellen zu können (z.B. S. 63, 347). Indes ist es in einem Fall, der Ausklammerung der Behandlung der persischen Flotte (S. 63), ein essentieller Faktor persischer Kriegsführung, doch bedauerlich. Das Perserreich war unter Kyros II. an die Küsten vorgestoßen und seit Kambyses II. zur Seemacht aufgerüstet worden; gerade in diesem militärischen Sektor gab es entscheidende Entwicklungen und Ereignisse (zu denken wäre etwa an Pharnabazos’ Kooperation mit Konon). Man hätte eventuell im Titel des Buchs darauf verweisen können, dass sich die Untersuchung auf die Kriegsführung zu Land konzentriert.

Kapitel 1 (S. 21–64) bietet einen ausführlichen Überblick zum Forschungsstand vom 19. Jahrhundert bis in die aktuelle Debatte. Sorgfältig wird die Problemstellung umrissen, etwa die Tendenz mangelnder Distanz zu pejorativen Perserbildern in den griechischen und römischen Quellen. Kapitel 2 (S. 65–114) beleuchtet Hauptelemente des Kriegswesens im neuassyrischen und neubabylonischen Reich als „Vorläufer“ und Inspirationsquellen der Teispiden und Achaimeniden. In Kapitel 3 (S. 115–154) werden königliche Inschriften wie der Kyroszylinder als Zeugnisse der eigenen persischen Sprachregelung zur Kriegsführung untersucht. Kapitel 4 (S. 155–221) widmet sich der Perspektive des „common soldier“ auf der Basis der Untersuchung von Alltagsquellen, wie z. B. den auf Keilschrifttäfelchen erhaltenen Briefen aus Sippar. Zusätzlich bietet dieses höchst interessante Kapitel eine kurze methodische Einführung in den Umgang mit diesem Material. Kapitel 5 (S. 223–259) wertet archäologische Zeugnisse aus, vor allem aus dem Bereich der Siedlungsforschung, aber auch Waffenfunde, etwa aus Grabkontexten. Kapitel 6 (S. 261–347) ist den griechisch-römischen Quellen vorbehalten, die den Hauptteil der Zeugnisse ausmachen und entsprechend den meisten Raum einnehmen. Manning setzt sich kritisch und differenziert mit den Tendenzen und der Topik der antiken Autoren auseinander und bewertet beispielsweise die Rolle des Sichelwagens neu (S. 269–278).4 Gerade aufgrund der kritischen Haltung wäre es indes angeraten, nicht mehr die Termini „barbarian“ und „oriental“ (z. B. auf S. 346) für nahöstliche Akteure zu benutzen. In Kapitel 7 (S. 349–358) werden zusammenfassend Anregungen für die künftige Forschungsdebatte gegeben.

Die Studie ist ausnehmend gut strukturiert. In höchst übersichtlicher Weise schließen Kapitel 2–6 jeweils mit einem kurzen Zwischenfazit ab, die das Buch sehr leserfreundlich gestalten. Auch die Abkürzungslisten (S. 9–14) zu den nahöstlichen Quellen und die Indices (S. 417–437) verstärken den generellen Eindruck der besonderen Leserfreundlichkeit. Die ausführliche Bibliographie ist von internationaler Breite und auf dem aktuellen Stand (S. 359–415).

Insgesamt handelt es sich um einen wichtigen Beitrag zur „neuen“ Geschichte des Teispiden- und Achaimenidenreichs. Der Band wartet mit einer Fülle von interessanten wie informativen Details zur persischen Kriegsführung zu Land auf (besonders in Kapitel 6) und zeigt zugleich auf, in welcher Weise sich die Forschung zum Perserreich allgemein weiterentwickelt hat und welche Wege noch darauf warten, beschritten zu werden.

Anmerkungen:
1 Josef Wiesehöfer, Dekadenz, Krise oder überraschendes Ende? Überlegungen zum Zusammenbruch der Perserherrschaft, in: Helmut Altrichter / Helmut Neuhaus (Hrsg.), Das Ende von Großreichen, Erlangen 1996, S. 39–64.
2 Michael Weiskopf, The „Great Satrap’s Revolt“, Wiesbaden 1989.
3 Pierre Briant; siehe dagegen Jeffrey Rop, Greek Military Service in the Ancient Near East, 401–330 BCE, Cambridge 2019.
4 Leider fehlt in den sonst so hilfreichen Indices der Verweis auf chariot (war chariot; scythed chariot) oder harmamaxa.

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