P. Krause: Rechtswissenschaften in Trier

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Titel
Rechtswissenschaften in Trier. Die Geschichte der juristischen Fakultät von 1473 bis 1798


Autor(en)
Krause, Peter
Reihe
Rechtsgeschichtliche Schriften 23
Erschienen
Köln 2007: Böhlau Verlag
Anzahl Seiten
XXIV, 468 S.
Preis
€ 54,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Stephanie Irrgang, Berlin

Nur wenige Jahre nach ihrer 1473 erfolgten Gründung begann die Alma Mater Trevirensis zu schwächeln. Sie bestand zwar noch als Institution weiter, doch sind finanzielle Krisen und Frequenzeinbrüche verantwortlich zu machen für das Erlahmen des Studienbetriebes. Ab 1560 übertrug Kurfürst Johann VI. von der Leyen den Jesuiten in Trier die Aufgabe, das Studium Generale im Dreifaltigkeitskolleg als Theologenschule mit philosophischem Propädeutikum quasi kommissarisch weiterzuführen. Eine medizinische und juristische Fakultät fehlten hingegen noch immer. Mit der Reform des Kurfürsten Franz-Ludwig von der Pfalz-Neuburg 1722 wurden eine Reihe besoldeter Lehrstühle geschaffen sowie Statutenveränderungen vorgenommen, die die rudimentäre Hochschule wieder aufleben ließen. Erst in den 1760er- Jahren des 18. Jahrhunderts mit der Errichtung des benediktinischen Theologicums und den Versuchen, gegen die Jesuiten einen unabhängigen Studienbetrieb zu etablieren, gab es wieder eine richtige Vierfakultäten-Universität in der Moselstadt.

Eine geschlossene Trierer Universitätsgeschichte zu schreiben oder das personelle Geflecht einzelner Fakultäten aufzuhellen, ist an sich kaum zu leisten. Die Quellenüberlieferung ist zu schmal. Nur wenige Einzelstücke aus der wechselvollen Geschichte der ständig unterfinanzierten, von Frequenzeinbrüchen gebeutelten und mit nur instabilen Pfründenfundamenten ausgestatteten Universität haben sich versprengt erhalten – teils ediert, teils lückenhaft in Trier archiviert. Peter Krause hat sich der Mühe unterzogen, die Geschichte der Trierer juristischen Fakultät von 1473 bis 1798 zu rekonstruieren und die zersplitterten greifbaren Mosaiksteine zusammenzufügen. Umfang der Studie und Detaildichte muten fast wie ein Wunder an.

Zunächst erläutert Krause den Gründungsvorgang 1473 und untersucht die Organe der Universität. Er stellt das Amt des Rektors vor, gibt einen Überblick über die verliehenen akademischen Grade und umreißt die vielen Krisen der Trierer Universität, die verschiedenen Rettungsversuche und häufigen Neuanfänge. In einem großen Kapitel über die Fakultätsmitglieder konzentriert sich Krause auf die Präbendierungen der Juristen und auf ihre Karrieremuster. Viele Trierer Juristen befanden sich in kurfürstlichen Diensten als gelehrte Räte, traten in den Dienst der Kirche ein als Bischöfe, Advokaten, Offiziale, wurden Kanzler, Schöffen, Bürgermeister, Syndici oder waren sogar am Reichskammergericht beschäftigt. Diese Karrierewege unterschieden sich nicht von denjenigen an anderen Universitäten des Alten Reiches und fügen sich ein in die Befunde anderer großangelegter universitärer Raumstudien. Die Herkunft und Studienorte der Fakultätsmitglieder entsprechen den kleinräumigen Bewegungsmustern, die auch an anderen Universitäten typisch waren. Trier weist hierbei ein besonders verengtes Einzugsgebiet auf. Bevor Trier eine eigene Universität hatte, lagen die bevorzugten Studien- und Promotionsorte in Italien, Frankreich und in Flandern/Brabant.

In folgenden widmet sich Krause eingehend dem erhaltenen Statutenbuch der juristischen Fakultät – der Hauptquelle für die juristische Fakultät. Es handelt sich bei dieser Handschrift um Abschriften älterer Notizen aus dem 16. Jahrhundert, die bis ins 18. Jahrhundert fortgeführt worden sind. Neben den Statuten listet diese Quelle die Dekane, Protokolle über Dekanswahlen, Promotionslisten, Promotionsordnungen, Eidesformulare und Einträge über weitere Fakultätsereignisse auf. Trotz gravierender Lücken bleibt dieses in der Stadtbibliothek Trier erhaltene Statutenbuch neben den vor längerer Zeit von Heinz Duchhardt edierten Generalstatuten, dem Promotionsbuch der Trierer Artistenfakultät (1907 ediert von Leonhard Keil), den von Emil Zenz edierten Promotionslisten der theologischen Fakultät sowie einiger Matrikellisten aus späterer Zeit, die zentrale Quelle für jede Untersuchung der Trierer Universitätsgeschichte. Die zahlreichen Brüche, Diskontinuitäten, Konsolidierungsversuche und Stagnationsphasen der juristischen Fakultät sind hieraus ablesbar. Krause periodisiert diese Abläufe in drei Aufschwung- und Umwandlungsphasen: 1473–1578, 1578-1638 und 1638-1798.

Es folgt die Edition des Statutenbuchs nebst wertvoller Anhänge. Dabei integriert Krause das Verzeichnis von Leonhard Keil, das zwar in seiner Ausführlichkeit stets unverzichtbar war, aber ungenau, mit undeutlichen Ankürzungen und uneinheitlichen Schreibweisen jede Analyse erschwert hat. Krause begegnet dieser Unzuverlässigkeit, indem er die Eintragungen kommentiert. Des Weiteren listet Krause alle Rektoren der Trierer Universität, Professoren, die Dekane des 17. und 18. Jahrhunderts, die Matrikel der Mediziner im 18. Jahrhundert und ergänzt seine Auswertungen durch minutiöse Kurzbiographien der Fakultätsmitglieder in alphabetischer Reihenfolge. Dieser prosopographische Katalog wird fortan eines der wichtigsten Personenverzeichnisse zur Trierer Universitätsgeschichte sein, es ist auf dem aktuellen Forschungsstand, liefert einen Abgleich mit sämtlichen Literaturbelegen, kann wesentlich nachbessern und irrige Annahmen der Forschungsliteratur widerlegen. Einige sehr bemerkenswerte Details zu den Studien- und Karriereverläufen Trierer Juristen hat Krause damit dank akribischer Lektüre der vorliegenden Quellen zu Tage gefördert. Jetzt kennen wir manche Promotionsuniversitäten oder Herkunftsorte der Trierer Gelehrten, die bislang trotz intensiver Auswertung der Quellen der Forschung entgangen sind und tatsächlich punktuell neue Bewertungen über akademische Wanderungsentscheidungen, Pfründenverankerungen oder personelle Querverbindungen zulassen. Leider mangelt es vielfach an klaren Belegen für dessen neue Befunde, was für weitergehende Untersuchungen an sich bedeutet, erneut alle Angaben zu prüfen. Besonders die Eintragungen aus dem Statutenbuch sind nicht mit genauer Seitenangabe belegt. Der Leser muss sich umständlich selber die Belege heraussuchen. Überhaupt erscheint die Materialdichte auch in den Fußnoten, Anhängen und Listen derart überorganisiert, dass sich die Lektüre selbst für den geübten Leser serieller Quellen und prosopographischer Kataloge beschwerlich gestaltet. Auch beschränkt sich das Literaturverzeichnis nur auf die gedruckten Quellen und die Sekundärliteratur und lässt die benutzten ungedruckten Quellen außen vor. Alle diese Entscheidungen sind nicht nachvollziehbar und nehmen der Studie die Chance, für die Erschließung Trierer Quellen das einschlägige Nachschlagewerk zu sein.

An dem Werk von Peter Krause wird dennoch künftig kein Weg mehr vorbei führen, und es versetzt in Erstaunen, wie viele Erkenntnislücken trotz zerklüfteter Quellenlandschaft geschlossen werden konnten. Der enzyklopädische Charakter der Studie bedeutet allerdings auch, dass Wirkungszusammenhänge weniger herausgearbeitet sind. Akademische Verflechtungen, regionale Zusammenhänge und Karriereverläufe auch außerhalb des Trierer Universitätsraumes kommen ebenso nur spärlich zur Geltung und gründen sich ausschließlich auf Befunde, die die Forschungsliteratur zu Trier und zur europäischen Universitätsgeschichte längst geliefert hat.

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