M. Bordo u.a. (Hrsg.): Credibility and the International Monetary Regime

Cover
Titel
Credibility and the International Monetary Regime. A Historical Perspective


Herausgeber
Michael D., Bordo; MacDonald, Ronald
Reihe
Studies in Macroeconomic History
Erschienen
Anzahl Seiten
240 S.
Preis
€ 78,32
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Martin Uebele, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Der vorliegende Band der renommierten Reihe „Studies in Macroeconomic History“ vereint zehn Beiträge zum Thema Glaubwürdigkeit von Geldpolitik vor dem Hintergrund sich verändernder internationaler Währungssysteme.

Glaubwürdigkeit beschreibt in diesem Zusammenhang das Vertrauen, das die Marktteilnehmer den jeweiligen Hütern der Geldpolitik und ihren Ankündigungen zukünftiger Entscheidungen entgegenbringen. Dabei spielt die Zeitinkonsistenz geldpolitischer Ankündigungen eine zentrale Rolle: Wenn die Herrscher die Definitionshoheit über Wert und Art des gesetzlichen Zahlungsmittels besitzen, haben diese immer ein Interesse, sich heute bei ihren Untertanen mit dem Betrag X zu verschulden, diese Mittel sogleich zu verausgaben und morgen den Schuldenberg durch Abwertung der vereinbarten Währung (etwa durch Verringerung des Edelmetallgehalts) abzutragen, anstatt die Rückzahlung durch Konsumverzicht oder Steigerung der Einnahmen zu erwirtschaften.

Die Vielzahl nationaler geldpolitischer Verfassungen und internationaler Währungssysteme, die wir seit dem 19. Jahrhundert kennengelernt haben, spiegeln diesen Grundkonflikt wider. Zu den Lösungsansätzen gehören vor allem die Unabhängigkeit von Zentralbanken und ein internationales Währungssystem mit einem nominalen Anker wie dem klassischen Goldstandard. Beides sind Regeln, die der Regierung die Hände binden und die Marktteilnehmer so davon überzeugen sollen, dem betreffenden Staat ihr Erspartes zu leihen, dort Anteile einer Firma zu erwerben oder Geschäfte in der Landeswährung abzuwickeln. Die Fähigkeit zur Selbstbindung ist dabei der Schlüssel zur Glaubwürdigkeit: Nicht die (vermeintliche) Unumstößlichkeit solcher Regelwerke spielt die entscheidende Rolle, sondern das Interesse derjenigen, die sich freiwillig Handschellen anlegen lassen: Wenn diese die Marktteilnehmer nicht überzeugen können, auch zukünftig zu zahlen, trocknen heute ihre Finanzierungsquellen aus.

Unter diesem Aspekt diskutieren die Herausgeber Michael D. Bordo und Ronald MacDonald die unterschiedlichen internationalen Währungsregime vom klassischen Goldstandard des ausgehenden 19. Jahrhunderts über den Zwischenkriegs-Goldstandard und Bretton Woods bis zum Europäischen Wechselkursmechanismus. Das Hauptaugenmerk richten sie dabei auf die Frage, ob all diese Systeme, die ja international mit festen Wechselkursen hantierten, mehr Glaubwürdigkeit als das dann folgende Regime flexibler Wechselkurse hervorbrachten. Trotz der vielfältigen Argumente, die zu dieser Frage in dem vorliegenden Buch diskutiert werden, fällt die Antwort eindeutig positiv aus: Vor allem der klassische Goldstandard, der ca. von 1880 bis 1913 herrschte, aber auch die kurze Periode zwischen den Weltkriegen, hätten die Erwartungen der Marktteilnehmer erfolgreich verankert. Dies geschah mit der Bindung der Währungen an das gelblich glänzende Edelmetall in einem gesetzlich festgelegten Verhältnis und dem Versprechen, Papiergeld jederzeit gegen physisches Gold einzutauschen sowie der unbeschränkten Erlaubnis, Gold außer Landes zu schaffen. Damit formulieren die Herausgeber einen eindeutigen Standpunkt zu Fragen zum internationalen Währungssystem: Inflationsgefahr und Wechselkursturbulenzen erfordern den Aufbau von geldpolitischer Glaubwürdigkeit, und die Geschichte zeige, dass dies mit der Bindung an ein physisch begrenzte Größe leichter zu bewerkstelligen sei als ohne einen solchen nominalen Anker.

Die Herausgeber haben den Band chronologisch aufgebaut. Nach einer zusammenfassenden Einführung folgen drei Kapitel über den Goldstandard vor dem Ersten Weltkrieg, wobei sich zwei mit der empirischen Frage beschäftigen, wie glaubwürdig Geldpolitik in diesem Regime war und welche Handlungsspielräume der Geldpolitik blieben. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den USA in den 1890er Jahren und dem Wechselspiel von politischen Ereignissen und Geldpolitik.

Weitere drei Kapitel beziehen sich auf den Goldstandard zwischen den Weltkriegen. Das erste ist eine Anwendung der gleichen Frage und Methode wie im vorigen Teil, das zweite eine Untersuchung über die Folgen der Goldstandard-Austritte des Vereinigten Königreichs 1931 und der Vereinigten Staaten 1933. Das dritte Kapitel bezieht sich ebenfalls auf die Folge eines historischen Ereignisses für die Geldpolitik, nämlich des aufziehenden Kriegs für den Zusammenbruch des sogenannten Goldblocks, mit dem man die Länder meint, die auch nach dem Austritt der USA noch die Konvertibilität in Gold aufrecht erhielten.

Die verbleibenden drei Kapitel widmen sich der Nachkriegszeit, wobei sich nur eines der Bretton Woods-Ära annimmt und zwei dem Europäischen Wechselkursmechanismus. Die Arbeiten zu letzterem gleichen in ihrer Grundsätzlichkeit mehr den Kapiteln zum Goldstandard, während das einzige Kapitel zu Bretton Woods eine bestimmte Episode herausgreift, nämlich die Krise des Britischen Pfunds in den 1960ern.

Wenn man von der nicht ganz ausgewogenen inhaltlichen Schwerpunktsetzung absieht, ist der Band gut strukturiert und folgt einem deutlich erkennbaren Leitgedanken: Geldpolitik muss in der Lage sein, Erwartungen zu verankern und kann sich so Handlungsspielraum erarbeiten. Die Geschichte zeigt, dass Festwechselkurssysteme dabei erfolgreich waren, mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreicher als flexible Wechselkurse.

Der Nutzen des Werkes erschließt sich dennoch nicht unmittelbar, was auch mit den doppelten Rollen der Herausgeber zu tun hat: Es ist zwar üblich, dass Herausgeber in ihren eigenen Bänden als Autoren auftreten, aber in diesem Fall ist es so, dass es kein einziges Kapitel gibt, bei dem nicht mindestens einer der Herausgeber mitgeschrieben hat: MacDonald ist Koautor von allen zehn Kapiteln, Bordo von immerhin vier. Unter dieser Zusammenstellung leiden vor allem die Originalität und die Aktualität des Buches. Die Originalität der Beiträge wird schlicht dadurch geschmälert, dass bis auf zwei Kapitel alle bereits schon einmal in internationalen Fachzeitschriften veröffentlich wurden. Von den beiden anderen ist eines die Einführung, die nicht mehr als eine Zusammenfassung ist, und das andere kursiert im Netz als Working Paper.1 Positiv ist zwar, dass das Layout durchgängig gestaltet wurde und eine durchgängige Benennung der Modellvariablen erfolgte, aber dies kann man von einem renommierten Verlag auch erwarten. So bleibt die Frage, ob sich durch die nochmalige Veröffentlichung dieser Artikel zwischen zwei Buchdeckeln entweder neue inhaltliche Gesichtspunkte oder eine verbesserte Verfügbarkeit ergeben.

Was die Verfügbarkeit angeht, ist diese Frage für Angehörige von Forschungsinstitutionen, die Zugriff auf die Online-Archive der wissenschaftlichen Verlage haben, leicht beantwortet, da alle Zeitschriften inzwischen auf diesem Wege zugänglich sind. Aber auch wer nicht über diesen Zugang verfügt, kann zumindest einige der Werke kostenlos im Netz finden oder einzelne Kapitel kaufen. Der Preis des Buchs lässt dazu großzügig Spielraum. Unberührt davon bleibt, dass einige Leser ein gedrucktes und gebundenes Buch den elektronischen Ausgaben vorziehen mögen.

Ist der Band inhaltlich ein Fortschritt, d.h. ist das Ganze größer als die Addition der Einzelteile? Ich kann einen solchen Mehrwert hier nicht erkennen. Die Wiederveröffentlichung der teilweise deutlich mehr als zehn Jahre alten Artikel ist zwar inhaltlich stringent, aber der Blickwinkel auf Fragen von Festwechselkurssystemen hat sich doch gerade im Zuge der Euro-Krise nochmals verändert. Dies spiegeln die auf älteren Artikeln basierenden Kapitel naturgemäß nicht wieder, aber auch die im Jahr 2012 verfasste Einleitung spricht noch davon, dass eine Währungsunion ein Weg sei, seine Währung unwiderruflich an andere zu binden und sich so gegen spekulative Attacken zu schützen (S. 4). Zumindest an dieser Stelle fehlt eine Erklärung, warum es sich trotz der jüngsten Entwicklungen lohnt, die Argumente für ein Festwechselkurssystem weiter eingehend zu studieren.

Die Bedeutung der Arbeiten wie der von Bordo und MacDonald wird natürlich nicht automatisch geringer, nur weil aktuelle Entwicklungen neue Erkenntnisse liefern. Dennoch scheint die Halbwertszeit von Forschungsfragen und -ergebnissen in manchen Perioden schneller abzunehmen als in anderen, und darunter kann dann auch mal eine Veröffentlichung leiden, die unter anderen Bedingungen als unbedingt lesenswert hätte eingestuft werden müssen.

Anmerkung:
1 Paul Hallwood / Ronald MacDonald / Ian Marsh, Did Impending War in Europe Help Destroy the Gold Bloc in 1936? An Internal Inconsistency Hypothesis" (2007). Economics Working Papers. Paper 200723 (http://digitalcommons.uconn.edu/econ_wpapers/200723)

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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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