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Titel
August 14. Der Tod des Kaisers Augustus


Autor(en)
Sonnabend, Holger
Erschienen
Darmstadt 2013: Primus Verlag
Anzahl Seiten
167 S.
Preis
€ 19,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Klaus-Peter Johne, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

Jubiläen üben eine geradezu magische Anziehungskraft auf die Erinnerung an historische Ereignisse aus. Vor vier Jahren hat die Zweitausendjahrfeier der Schlacht im Teutoburger Wald eine Welle von Veröffentlichungen hervorgerufen und dieser weit zurückliegenden Auseinandersetzung wieder einen Platz im Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit verschafft. Gegenwärtig wird des 200. Jahrestages der Völkerschlacht bei Leipzig gedacht, im kommenden Jahre wird es der Ausbruch des Ersten Weltkrieges sein und 2017 das 500. Jubiläum der Reformation. In diesen Rahmen der Jubiläumsliteratur ist auch Holger Sonnabends Buch einzuordnen, das den am 19. August 14 n.Chr. erfolgten Tod des Kaisers Augustus zum Anlass nimmt, Leben, Wirken und Sterben des ersten römischen Prinzeps und der Nachfolger aus seiner Familie zu betrachten. Das Werk richtet sich an Leser ohne Vorkenntnisse und enthält keine Anmerkungen. Die relativ zahlreichen Zitate aus der antiken Literatur werden übersetzt, die Nennung von Quellen und Forschungsliteratur ist auf das Notwendigste beschränkt (vgl. S. 167).

Die Grundlage der Darstellung ist zum einen die recht gute Quellensituation, die eine Rekonstruktion der letzten Wochen des Augustus überhaupt erst ermöglicht, und zum anderen dessen Meisterschaft in der politischen Inszenierung, die auch noch aus seinem Tod ein Ereignis gemacht hat. Durch einen Glücksfall der Überlieferung ist der „Tatenbericht“ des Augustus erhalten geblieben, in dem er die Bilanz seines über 50-jährigen Wirkens zieht. Anhand dieses Dokuments zeichnet Sonnabend den Lebensweg des Kaisers im ersten Kapitel kurz und prägnant nach. Der Nachfolgeregelung wird dabei besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Die beiden nächsten Kapitel behandeln im Detail die letzten Wochen des Augustus im Sommer 14 n.Chr. Sie waren von einer Reise ausgefüllt, die ihn von Rom nach Kampanien führte, auf die Insel Capri, nach Neapel und Benevent. Auf der Rückreise gelangte er nur bis Nola, wo sich sein Gesundheitszustand dramatisch verschlechterte und er am 19. August im 76. Lebensjahr starb. Darüber liegen ausführliche Berichte mehrerer Schriftsteller vor. Vor allem eine seiner letzten Fragen, ob er denn die Komödie seines Lebens gut gespielt habe, wird unter verschiedenen Deutungsaspekten erörtert (S. 47–50).

Ein weiteres Kapitel mit der Überschrift: „Botschaft aus dem Jenseits“ ist Trauerfeier, Begräbnis und Testament gewidmet. Wie Augustus sein Sterben inszeniert hatte, so inszenierte er auch die öffentlichen Feierlichkeiten danach, er führte gewissermaßen postum noch die Regie. Seine letzte Ruhestätte fand er in dem bereits Jahrzehnte zuvor errichteten Mausoleum auf dem Marsfeld, dessen monumentale Ruinen sich bis heute erhalten haben. Am 17. September 14 wurde der Tote per Senatsbeschluss unter die Götter versetzt. Reaktionen auf das Ableben des ersten Prinzeps finden sich bei dem Zeitgenossen Velleius Paterculus und – im Abstand von 100 Jahren – bei Tacitus. Beide sehr subjektiven Einschätzungen werden kritisch hinterfragt, und das dem Senatorenstand verpflichtete „Totengericht“ des Tacitus wird der vermutlichen Beurteilung der stadtrömischen Bevölkerung gegenübergestellt.

Von zentraler Bedeutung ist das sechste Kapitel über die Aspekte der Herrschaft des Augustus (S. 85–98). Die Schöpfung des Prinzipats als eine Monarchie ganz besonderer Art steht dabei naturgemäß im Mittelpunkt. In einem jahrzehntelangen Prozess hat Augustus diese Staatsform geschaffen und es meisterhaft verstanden, die Erwartungen von Aristokratie, Militär und stadtrömischer Bevölkerung weitgehend zu erfüllen. Das siebente Kapitel behandelt die vier Nachfolger aus der Julisch-claudischen Dynastie, wobei jeweils die Umstände des Herrschaftsantritts und des Todes herausgearbeitet werden.

Der Autor liebt den Vergleich mit der Moderne. Daher ist es nicht überraschend, die Gleichsetzung Caligulas mit Wilhelm II., die Ludwig Quidde 1894 vorgenommen hat, auch hier zu finden (S. 128f.). Problematisch erscheint dem Rezensenten die Ansicht, Tiberius mit Prinz Charles von Großbritannien zu vergleichen (S. 101, vgl. S. 23). Der Prince of Wales wurde in eine Erbmonarchie hineingeboren, gerade eine solche wollte der Prinzipat aber nicht sein. Tiberius hatte sich vor seinem Regierungsantritt große Verdienste um Rom erworben. Jahrzehntelang war er der fähigste Feldherr des Augustus, dreimal wurde er als „Krisenmanager“ nach Germanien geschickt und zweimal in den Donauraum. Auch ohne die Übernahme der Herrschaft wäre er als eine historisch bedeutende Persönlichkeit dieser Jahrzehnte in Erinnerung geblieben. Schließlich betrug seine „Wartezeit“, um die es bei dem Vergleich ja geht, lediglich 10 Jahre, denn bis zum Tode des Augustusenkels Gaius 4 n.Chr. konnte sich Tiberius keine Chancen auf den Thron ausrechnen. Die Unterschiede zu Charles scheinen damit doch größer als die Gemeinsamkeiten zu sein.

Die Regierung des Tiberius von 14 bis 37 war in vieler Hinsicht ein Kontrastprogramm zu der seines Vorgängers. Unter Caligula artete der Prinzipat zu einer zügellosen Despotie aus, die in nur vier Jahren das ganze von Augustus installierte politische System zum Einsturz zu bringen drohte. Nach seiner Ermordung wurde noch einmal ernsthaft die Wiederherstellung der Republik erwogen – von Sonnabend (S. 139) nur kurz gestreift –, doch das Militär nahm den Senatoren die Entscheidung aus der Hand und proklamierte Caligulas Onkel Claudius zum Kaiser. Dessen Regierung von 41 bis 54 vermochte durch innere Reformen und auswärtige Erfolge die Prinzipatsordnung wieder zu stabilisieren. Neros Herrschaft bis zum Jahre 68 erinnert in manchem an die Caligulas, zeigt aber auch Unterschiede, so blieb er bei der Masse der Bevölkerung immer populär. Auch seine tyrannische Regierung konnte die von Augustus geschaffene Ordnung nicht mehr wirklich erschüttern, das „System Prinzipat“ hatte sich auch in Krisenzeiten bewährt.

Ein kurzes Abschlusskapitel skizziert das Nachleben des ersten Kaisers, der mit der „Weihnachtsgeschichte“ im Lukas-Evangelium bewusst und – eher unbewusst – mit dem Namen seines Monats bis heute präsent geblieben ist. Aus einer recht ungewöhnlichen Perspektive hat Holger Sonnabend eine gut lesbare und interessante Darstellung der Entstehung des Prinzipats und seiner frühen Zeit geschrieben.

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