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Titel
Die Söhne des Mars. Eine Geschichte des Krieges von der Steinzeit bis zum Ende der Antike


Autor(en)
Eich, Armin
Erschienen
München 2015: C.H. Beck Verlag
Anzahl Seiten
281 S.
Preis
€ 24,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Michael Zerjadtke, Historisches Seminar, Universität Hamburg

Mit seinem Werk bietet Armin Eich eine umfassende Überblicksdarstellung der Geschichte des Krieges von der Steinzeit bis in die Spätantike. In 30 oftmals pointiert formulierten Kapiteln handelt er die enorme Zeitspanne ab. Wenngleich Eich mit seinem zeitlichen Rahmen die Epochengrenzen hinter sich lässt, so konzentriert er sich geografisch doch auf die klassischen Regionen Europa und Vorderer Orient.

Ausdrücklich ist der „Krieg“ das Objekt seines Interesses, nicht etwa die Gewalt an sich. Konsequenterweise stellt er am Beginn seines Buches die beiden ‚Schulen‘ der Kriegsforschung vor, nämlich „Hobbesianer, die den Krieg als eine unvermeidliche Begleiterscheinung der menschlichen Existenz betrachten, und Rousseauianer, die den Krieg für historisch geworden und damit prinzipiell für überwindbar halten“ (S. 11). Wie sich aus den nachfolgenden Kapiteln klar ergibt, ist Eich selbst den Rousseauianern zuzuordnen. Es folgt eine ausführliche Kritik an Pinkers Gewaltgeschichte1. Hierbei spricht Eich einige eklatante Fehler in dessen Argumentation an und versucht die frühen Hinweise auf massive Gewaltanwendung zu erklären. Den Rest der ersten 70 Seiten widmet Eich der Herkunft und Entwicklung von Gewalt und Krieg. Er stellt die ersten nachweisbaren Befestigungsanlagen der Menschheit vor, bezieht prähistorische Höhlenmalereien in die Argumentation mit ein und wendet sich ausführlich der Anthropologie der kriegslosen Völker zu. In letzterem Kapitel werden moderne ethnologische Darstellungen zu Hilfe genommen, die Eich zu Recht als Vergleichsbeispiele für prähistorische Gesellschaften heranzieht.

Nach diesen Kapiteln folgt eine Zäsur in der Darstellung und Eichs Buch wendet sich der Technik- und Waffengeschichte zu. In sieben Kapiteln (Kap. 8–14) schlägt er einen Bogen von Fragen die Rohstoffe betreffend über die symbolische Bedeutung von Waffen, den gesellschaftlichen Wandel bis hin zu kriegstechnischen Innovationen im Orient. In diesem facettenreichen Exkurs zwischen den einführenden Darstellungen zum Ursprung des Krieges und der Militärgeschichte in historischer Zeit lenkt Eich den Blick auf weitere Aspekte von Waffen und waffenähnlichen Objekten neben ihrer Wirksamkeit. Einen Fokus legt er hierbei auf die Gewinnung, Verhüttung und Bearbeitung von Rohmaterialen, sowie auf den überregionalen Handel mit den wertvollen Metallen. Als nächstes wendet er sich der gesellschaftlichen Oberschicht zu, denen dieser Fernhandel eine zuvor unbekannte, herausgehobene Stellung ermöglichte. Durch diese Kriegerelite wandelten sich die aufwändig gefertigten steinernen oder bronzenen Waffen von Gebrauchsgegenständen zu Prestigegütern, deren Funktionsfähigkeit in den Hintergrund trat. Mit dem Schwert betrachtet Eich die erste reine Kriegswaffe und erläutert im Detail Aufbau und Effektivität. Weitere militärtechnische Innovationen waren der komplexe Kompositbogen, sowie der hochmobile Streitwagen, der in den Ländern des Orients und in Ägypten erdacht und zur Superwaffe der Bronzezeit perfektioniert wurde.

Im Kapitel 15 stellt Eich den exzeptionellen Schlachtfeldfund im Tollensetal vor, das älteste Schlachtfeld Mittel- und Nordeuropas, und betritt ab Kapitel 16 mit dem Seevölkersturm schließlich ‚historischen‘ Boden. Nach der Betrachtung dieser Konflikte, die sich über einen Großteil des östlichen Mittelmeerraumes erstreckten, konzentriert sich die Darstellung in den nachfolgenden Kapiteln über „Das ‚Dunkle Zeitalter‘“, die „Urnenfelderzeit“ und den „Übergang zur Eisengewinnung und zu Eisenwaffen nach der ‚Katastrophe‘“ immer stärker auf den Raum Griechenland. In den beiden nachfolgenden Kapiteln verknüpft Eich auf innovative Weise die „Entstehung der Phalanxkampfweise“ mit der „[…] Abrichtung des Menschen für den Krieg in der klassischen Epoche“. Mit dem Einbau eines Kapitels über Traumatisierung (Kap. 22) wertet Eich seine Darstellung der ‚standardisierten‘ antiken Militärgeschichte auf und erweitert die Kriegsdarstellung um einen wichtigen Aspekt. Erwähnenswert ist auch die von Eich aufgegriffene Interpretation von Passagen der Ilias durch Jonathan Shay2, die als Auswirkungen des posttraumatischen Stresssyndroms gedeutet werden können (S. 173f).

In nur zwei Kapiteln (Kap. 26 und 27) handelt Eich die Expansion Roms und die Entwicklung des republikanischen Heeres, sowie die römische Armee der Kaiserzeit ab. Hier liefert er auf 13 bzw. sechs Seiten in kondensierter Form das, was er bereits in voran gegangenen Publikationen en détail dargestellt hat.3 Im vorletzten Kapitel „Rückkehr zur Phalanx“ stellt Eich die These auf, seit der hohen Kaiserzeit habe das römische Heer zur älteren Kampfformation zurückgefunden. Eich führt sowohl literarische als auch archäologische Quellen an und kann die Parallelen zwischen Klassik und beginnender Spätantike klar aufzeigen. Das letzte Kapitel ist der „Angleichung der militärischen Kräfte Roms und seiner Nachbarn […]“ gewidmet. Darin betrachtet Eich die zunehmende Ähnlichkeit der gegnerischen Truppenverbände im Westen, Norden und Osten des Reiches. Hierbei konzentriert er sich auf die Bewaffnung und Kampfweise der germanischen Verbände und der neopersischen Truppen.

Armin Eich vermag es mit seiner chronologisch äußerst weit gespannten Kriegsgeschichte gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Auf der einen Seite bietet er einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zum Ursprung des Krieges und liefert hierfür, wie insgesamt, eine große Menge an weiterführenden Literaturangaben. Auf der anderen Seite formuliert er eine fundierte Kritik an Pinkers Gewaltgeschichte und deckt die Schwächen in dessen Argumentation auf. Eich würzt seine allgemeine Darstellung des Krieges mit Exkursen in die Technikgeschichte, Waffenentwicklung und Taktik. Insgesamt schneidet er viele Aspekte an und vermag dadurch die Vielfalt an Forschungsperspektiven zu Krieg und Gewalt vor Augen zu führen. Zusätzlich vermag er den Leser durch seinen kurzweiligen Duktus zu binden. Aus diesen Gründen ist Eichs Werk als Sachbuch für Interessierte als überaus gelungen zu bezeichnen.

Anmerkungen:
1 Steven Pinker, Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit, Frankfurt 2011.
2 Jonathan Shay, Achilles in Vietnam. Combat Trauma and the Undoing of Character, New York 1994.
3 Armin Eich, Die römische Kaiserzeit. Die Legionen und das Imperium, München 2014; Ders. (Hrsg.), Die Verwaltung der kaiserzeitlichen römischen Armee. Studien für Hartmut Wolff, Historia Einzelschriften Heft 211, Stuttgart 2010.

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