Cover
Titel
Kursbuch Geschichte. Tipps und Regeln für wissenschaftliches Arbeiten


Autor(en)
Freytag, Nils; Piereth, Wolfgang
Erschienen
Paderborn 2004: UTB
Anzahl Seiten
166 S.
Preis
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Michael Seelig, Essen

Wie Nils Freytag und Wolfgang Piereth in ihrem Vorwort zum „Kursbuch Geschichte. Tipps und Regeln für wissenschaftliches Arbeiten“ hervorheben, mangelt es bisher an einer „an der Praxis orientierten Einführung in die schon für Studienanfänger relevanten Techniken und Methoden geschichtswissenschaftlichen Arbeitens“ (S. 5). Diese Lücke können beide Autoren mit ihrer kurzen, aber kompakten Einweisung in das Handwerk eines Historikers schließen. Ihr kleines Büchlein stellt eine willkommene und abrundende Ergänzung zu den bereits vorhandenen theoretisch-methodologischen sowie inhaltlichen Einführungen in die Geschichtswissenschaft und ihre einzelnen Teilbereiche dar. Gerade für Studierende in den ersten Semestern, aber auch für Tutoren oder Lehrende, die ein einführendes Proseminar leiten, erweist sich das „Kursbuch“ als ein hilfreicher Leitfaden und ein nützliches Nachschlagewerk. Wegen seiner deutlichen Sprache, seines abgerundeten und gut nachvollziehbaren Aufbaus sowie seiner knappen, aber präzisen Informationen ist es vor allem für Studienanfänger zu empfehlen.

Das „Kursbuch“ lässt sich in vier unterschiedlich umfangreiche Teile gliedern. Der erste Teil behandelt die Voraussetzungen eines erfolgreichen Geschichtsstudium sowie allgemeine Informationen zur Studienpraxis (Kap. 1, S. 9-12). Der zweite Abschnitt führt in Recherche und Auswertung von Literatur und Quellen ein (Kap. 2-6, S. 13-98). Der dritte Teil behandelt einige grundlegende Methodenfragen der Geschichtswissenschaft (Kap. 7, S. 99-110). Der vierte Teil wendet sich schließlich der wissenschaftlichen Ausarbeitung der gewonnen Informationen in Form von Referat und Hausarbeit zu (Kap. 8-10, S. 111-151). Hinzu kommt ein „Wegweiser durch Literatur und Onlineressourcen“ (Kap. 12, S. 155-166), der die im „Kursbuch“ herangezogenen Buch- und Internetpublikationen aufführt.

Im ersten Teil des „Kursbuchs“ möchten Freytag und Piereth mit einigen grundlegenden Hinweisen zum Geschichtsstudium, dem Studienanfänger seine Furcht vor dem fremden Studienalltag nehmen und ihm eine Orientierung in dem noch unbekannten Umfeld der Universität erleichtern. Positiv erweist sich dabei, dass sie von Anfang an die Leser direkt ansprechen. Studienanfänger dürften sich so schneller und leichter in der für sie anfänglich wohl recht trockenen und sperrigen Materie des „Kursbuchs“ zurechtfinden. Freytag und Piereth zählen die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Geschichtsstudiums auf: sprachliche Ausdrucksfähigkeit, Freude am Lesen, Fremdsprachenkenntnisse, die nach Studienschwerpunkt variieren. Sie nennen Schlüsselqualifikationen, die im Verlaufe des Studiums erworben werden können, und bieten einen groben Überblick über die Struktur des Fachs Geschichte. Sie empfehlen Praktika und/oder Auslandsaufenthalte bereits am Anfang des Studiums, um die universitären Erfahrungen zu erweitern und berufliche Perspektiven jenseits des Lehramtes zu öffnen.

Der zweite Teil behandelt die Suche nach und die Aneignung von geschichtswissenschaftlicher Literatur. Geschichte sei ein „Lesestudium“ (S. 13), betonen Freytag und Piereth, und fordern die Studienanfänger ausdrücklich zu eifriger Lektüre auf. Sie stellen Unterschiede zwischen Quellen und Literatur vor, führen in unsystematische und systematische Recherchemöglichkeiten ein und geben einige Hinweise, wie man aus der Fülle wissenschaftlicher Publikationen relevante Informationen erschließen und sich aneignen kann. In einem eigenen Kapitel stellen sie grundlegende Nachschlagewerke und Handbücher vor, die eine erste Orientierung im weiten Feld der Geschichtswissenschaft, aber auch zugleich eine weiterführende Vertiefung einzelner Sachverhalte ermöglichen. Der Bedeutung des neuen Mediums Internet werden sie ebenfalls gerecht, indem sie von Suchmaschinen bis hin zu zentralen geschichtswissenschaftlichen Seiten verschiedene Onlineressourcen vorstellen. Im Verlaufe ihrer Einführung weisen sie immer wieder auf die hilfreichen Möglichkeiten des World Wide Web hin, ohne kritische Anmerkungen zur Brauchbarkeit von Onlineressourcen zu vergessen. Schließlich gehen Freytag und Piereth in einem letzten Kapitel ausführlich auf historische Zeitschriften und Jahrbücher ein. Hierbei schießen sie jedoch über das Ziel einer Einführung hinaus, da dieser Teil für Studienanfänger einerseits zu umfangreich ausgefallen ist (insgesamt 14 Seiten, S. 85-98) und andererseits ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird. Es dürfte im Interesse eines jeden Studienanfängers liegen, sich zunächst über Einführungen und Handbücher eine solides historisches ,Grundwissen’ anzueignen, bevor er sich anhand von Zeitschriften mit aktuellen Forschungskontroversen und -perspektiven auseinandersetzen kann. Zwar sollte man auch Studienanfänger zur Lektüre von Zeitschriften ermutigen, jedoch dürfte sich dies erst bei fortgeschritteneren Studierenden als wirklich produktiv erweisen. Alles in allem hätten Freytag und Piereth den Überblick über Zeitschriften kürzer fassen, und stattdessen auf einschlägige Einführungen oder Überblicksdarstellungen eingehen sollen.

Der dritte Teil der Einführung behandelt methodische Grundfragen der Geschichtswissenschaft. Freytag und Piereth zeigen, welchen Einfluss theoretische Überlegungen auf die Praxis des Historikers haben. Sie stellen dar, wie historische Sachverhalte beispielsweise über den methodischen Zugang des Historismus oder der Hermeneutik erfasst und analysiert werden, um anschließend in der Darstellungsweise der analytisch-systematischen Strukturgeschichte, der chronologischen Ereignisgeschichte oder einer Kombination beider Zugriffe geordnet und strukturiert präsentiert zu werden. Mit ihren präzisen Informationen – etwa zum Streit zwischen Politik- und Sozialgeschichte oder zur idealtypischen Begriffsbildung – liefern sie grundlegende Hinweise, die zu einer weiteren Beschäftigung mit den angesprochenen Themen anregen können.

Im vierten und letzten inhaltlichen Teil führen Freytag und Piereth anschaulich vor, wie die auf den zuvor beschriebenen Wegen gewonnenen Informationen handwerklich korrekt als Referat und Hausarbeit ausgearbeitet werden. Ganz an der Praxis des Studienalltags orientiert, erläutern sie, welchen Sinn und Zweck ein Referat erfüllt, welchen Aufbau und welche Inhalte es bei seiner Ausarbeitung zu berücksichtigen gilt und mit welchen Techniken und Mitteln es gelungen gehalten werden kann. Sie führen ausführlich vor, auf welchen Regeln wissenschaftliche Zitate und Belege basieren. An zahlreichen Beispielen erläutern sie anschaulich, wie in Fuß- oder Endnoten die Quellen einer Arbeit wissenschaftlich einwandfrei offen gelegt und für andere nachvollziehbar gemacht werden. Zwar weisen Freytag und Piereth darauf hin, dass es sich bei der von ihnen vorgestellten Möglichkeit der Titelaufnahme nur um eine unter vielen handelt, sind jedoch anschließend in manchen Feinheiten allzu apodiktisch – so etwa, wenn der generelle Verzicht auf ,passim’ gefordert wird (S. 137). Um unnötige Verwirrung zu vermeiden, hätte hier gerade dem Studienanfänger der (erneute) Hinweis geholfen, dass dies durchaus auch anders gehandhabt werden kann. Zuletzt beschreiben sie, welche formalen und inhaltlichen Kriterien bei der Erstellung einer schriftlichen Hausarbeit berücksichtigt werden müssen. Vom Titelblatt über den Hauptteil und den wissenschaftlichen Apparat bis hin zum Quellen- und Literaturverzeichnis nenne sie alle relevanten Gesichtspunkte, die eine schriftliche Hausarbeit ausmachen.

Zuletzt noch zwei kritische Gedanken: Der Informationswert vieler Abbildungen – Titelblätter von Zeitschriften, Startseiten von Internetportalen u.ä. – bleibt undeutlich. Hätte der Raum nicht sinnvoller genutzt werden könnte, um etwa einige grundlegende Einführungen oder Überblicksdarstellungen vorstellen zu können? Der Rezensent hätte außerdem ein weiterführendes Literaturverzeichnis begrüßt. Es hätte über die in den Anmerkungen genannte Literatur hinausgehen und somit dem Studienanfänger eine vertiefende Beschäftigung mit den angesprochenen Themen erleichtern können.

Insgesamt jedoch kann das „Kursbuch“ jedem Studienanfänger als Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten uneingeschränkt empfohlen werden. Es besticht durch seine Praxisnähe, seinen komprimierten Informationsgehalt und seine generelle Verständlichkeit. Freytag und Piereth werden ihrem Anspruch gerecht, einen soliden Leitfaden für Anfänger vorzulegen.

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