Titel
Martin Luther.


Autor(en)
Kaufmann, Thomas
Erschienen
München 2006: C.H. Beck Verlag
Anzahl Seiten
Preis
€ 7,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Heinrich Schäfer, Abteilung Theologie, Universität Bielefeld

„Ich hab das Wort, daran lass ich mir genügen.“ (Tischreden, WATr 1, S. 232, 33f.) An Thomas Kaufmanns Luther-Biografie kann man die Licht- und Schattenseiten einer ausschließlich am „Wort“ – genauer: am eigenen Verständnis des Wortes – orientierten Existenz kennen lernen.

Kaufmann skizziert in dem kurzen Büchlein das Leben Luthers mit den knappen Strichen des Meisters und dennoch einer Fülle von interessanten Details. Seine „Suche nach Luther“ (S. 15ff.) setzt bei der Frage nach Luthers Selbstverständnis ein. Kaufmann macht sie an der Namensänderung von „Luder“ in „Luther“ (Eleutherius = der Freie) fest und fokussiert damit den engen Zusammenhang von Wort und Freiheit für die Identität Luthers wie in einem Brennspiegel.

Im zweiten Kapitel zeichnet Kaufmann mit feinen Strichen das Leben vor allem des jungen Luther, der sich die Freiheit des Evangeliums mit einer strikten Konzentration auf das Wort erkämpft. Es entsteht das Bild eines Mannes, dessen einziges wirkliches Interesse die Auslegung der Heiligen Schrift ist und dessen Überzeugungen unerschütterlich von den Ergebnissen seiner Auslegung geprägt sind. Dass er den „Weg in die Ketzerei“ antritt und später zum „Lehrer der Ketzerkirche“ aufsteigt, liegt an eben dieser Unbeirrtheit.

Im dritten Kapitel entfaltet Kaufmann Luthers Lehre aus biografischer Perspektive. Nun kommen verstärkt die Ambivalenzen zur Sprache, die aus einer so starken Orientierung auf „das Wort“ und die Freiheit entstehen. Einerseits lernt man die christliche Freiheit in der Neugestaltung der Kirche und in Luthers Leben als Hausvater schätzen. Andererseits wirkt sich die Orientierung auf „das Wort“ geradezu als blind machender Biblizismus aus, wenn es um die „Türcken“ – oder Judenfrage geht. Und im Falle des Bauernkrieges – wo sie sich als reflektierte Unterscheidung zwischen Religion und Politik sowie als Grundlage für Distanz gegenüber den Verhältnissen gerade hätte bewähren können – reicht sie nicht hin. Kaufmann skizziert dies und viel mehr mit einer sympathisierend kritischen Distanz und einem scharfen Blick für das signifikante Detail.

Ich persönlich habe beim Lesen dieser Biografie darauf gehofft, noch ein genaueres Bild davon zu bekommen, wie die zeitgeschichtlichen Verhältnisse in der Prägung der theologischen Positionen Luthers gewirkt haben – vielleicht ähnlich, wie man es von Max Weber kennt. Aber da mag der Soziologe mit mir durchgegangen sein.

Thomas Kaufmann schafft einen konsequent biografischen Zugang zu Martin Luther mit wichtigen Details und einem abgewogenen Urteil. Zudem ist das Buch nicht nur sehr lehrreich, sondern auch erfrischend knapp. Ich habe es mit Gewinn gelesen und werde es den Studierenden mit Vergnügen empfehlen.

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