Körper und Lager

Körper und Lager

Veranstalter
Laura Busse (Humboldt-Universität zu Berlin); Michael Wildt (Institut für Geschichtswissenschaften); Iris Därmann (Institut für Kulturwissenschaft)
Veranstaltungsort
Friedrichstr. 191-193, 10117 Berlin, 7.OG, Tagungsraum - Centre Marc Bloch
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.10.2017 - 27.10.2017
Von
Laura Busse, Historische Fachinformatik, Humboldt-Universität zu Berlin

Eine Umzäunung zeigt Besitzverhältnisse an, sie markiert ein Innen und Außen, reguliert den Zugang sowie den Zugriff auf das sich innen befindliche. Die nationalsozialistischen Lager waren in erster Linie Herrschafts- – und vielmehr noch – Gewalträume und sind als solche in den vergangenen Jahren hinreichend befragt worden. Die Veranstaltung „Körper und Lager“ nimmt dies als Ausgangpunkt und will mit den titelgebenden Begriffen als analytische Kategorien, – wenn man so will – ein „Werkzeug“ anbieten, um gegenseitige Anwendbarkeiten bestehender Ergebnisse zu testen, diese in Beziehung zu setzen und möglicherweise Neuvermessungen vorzunehmen.
Ziel der Konferenz soll es sein, unterschiedliche Wechselverhältnisse, Verflechtungen, Nebeneinander und Kopplungen von Körpern und Lager zu identifizieren, interpretieren und diskutieren oder gar neu zu befragen. Die nationalsozialistischen Lager, als geografischer Ort wie auch als physischer Herrschaftsraum begriffen, dienen dabei als historische Projektionsfläche, was damit gleichzeitig eine zeitliche Eingrenzung vornimmt. Körper steht als eine maximal inklusive Kategorie als Stellvertreter für die Akteure, die sich innerhalb dieses Rahmens befinden und agieren – so beispielsweise herrschende und beherrschte, mobile und immobile, lebendig oder tote. „Körper“ und Geschlecht als wissenschaftliche Kategorien haben klare Schnittmengen, vor allem aber einen großen Wirkungskreis außerhalb des jeweiligen Konzeptes. Dabei weist Körper als analytische Kategorie ferner eine männlich/weibliche Geschlechterdichotomie von sich, übersieht die Maßgeblichkeit der Sekante aber nicht.

Die Veranstaltung versteht sich als Einladung, mit dieser Herangehensweise neue Konstellationen anzuregen sowie Neubewertungen von Forschungsergebnissen anzuregen. Das Thema der Konferenz soll daher mit unterschiedlichen geschichts- und kulturwissenschaftlichen sowie kunstgeschichtlich und sozialwissenschaftlichen Methoden, Ansätzen und Fragestellungen abgeklopft werden, um die komplexen Verflechtungen zu skizzieren.

Teilnahme nach Anmeldung unter: koerperundlager.geschichte@hu-berlin.de

Programm

Donnerstag, 26.10.2017

9:15 – 9:30 Grußwort: Maria Conze, Humboldt-Universitäts-Gesellschaft

9:30 – 10:15 Think Tank
Michael Wildt (Berlin), Iris Därmann (Berlin), Sebastian Köthe (Berlin), Laura Busse (Berlin)
Fragen nach Formen von Herrschaft und Beherrschung in nationalsozialistischen Lagern

10:15 – 12:45 Positiv- und Negativbilder von Körpern Panel mit DolmetscherIn für Gehörlose
Moderation: Michael Wildt (Berlin)
Christian Bunnenberg (Bochum), Nationalsozialistische Schulungs- und Gefolgschaftslager als Räume einer „weltanschaulichen“ Erziehung und Formierung von Körpern
Michael Becker (Jena) und Dennis Bock, (Hamburg), Muselmänner und Häftlingsgesellschaften. Aspekte einer kritischen Neubetrachtung
Mark Zaurov (Hamburg), Der „gesunde Körper“ tauber jüdischer Menschen im NS-Selektionsprozess

13:30 – 15:00 Theoretische Überlegungen
Moderation: Ulrike Koppermann (Berlin)
Anna Klieber (Graz), Zur Entsubjektivierung des inhaftierten Körpers im nationalsozialistischen Konzentrationslager. Versuch einer analytisch-terminologischen Bestimmung
Dana Steglich (Berlin), Heimatlos: Zum Verhältnis von „Körper“ und „Welt“ in Jean Amérys „Die Tortur“
Cornelia von Einem (Berlin), Zur Verschränkung der Topoi Lager, Körper und Schmerz in Kertész` Werk

15:30 – 17:15 Geschlecht und Topographie
Moderation: Veronika Springmann (Berlin)
Alexa Stiller (Bern), Körper, Geschlecht und Verletzungsoffenheit im Komplex Lager, Ghetto und Zwangsmigration
Alexandra Klei (Potsdam), Abwesenheit. Anwesenheit. Körper und KZ-Gedenkstätten

17:15 – 18:45 Agency
Moderation: Barbara Uchdorf (Berlin)
Verena Buser (Berlin), Karl Demerer – Jewish Lagerälteste in Blechhammer
Imke Hansen (Berlin), Body vs. Ethics. Facing Ethical Dilemmas in Nazi Concentration Camps
Denisa Nestakova (Bratislava), Child sexual abuse in Camps: Example from the Labor camp in Sereď, Slovakia

Freitag, 27.10.2017

9:30 – 11:30 Grenzüberschreitungen:
Zugriffe auf und in den Körper
Moderation: Sebastian Köthe (Berlin)
Veronika Springmann (Berlin), „Sport“ im Lager als Praxis der Demütigung
Christiane Heß (Hamburg), Gezeichnete Körper: Über Verbände, Narben und die Darstellbarkeit von Schmerz
Iris Därmann (Berlin), Die Nummerntätowierungen in Auschwitz

11:30 – 13:00 Selbst- und Fremdsicht I
Moderation: Tanja Kinzel (Berlin)
Kristin Witte (Berlin), Auf dem Weg zurück. Die fotografische Inszenierung befreiter Häftlingskörper bei Jaroslav Šklíba
Andrea Genest (Berlin), Die polnischen weiblichen Häftlinge von Ravensbrück als Verkörperung der Leiden Polens

13:45 – 15:15
Selbst- und Fremdsicht II
Moderation: Corinna Tomberger (Berlin)
Jan Mollenhauer (Berlin), Fremde Trauer. Buchenwald und der „black Atlantic“
Tanja Kinzel (Berlin), Fotografische Selbst- und Fremdrepräsentationen aus dem Ghetto Łódź

15:45 – 17:15 Visuelle Erfassungen
Moderation: Jan Mollenhauer (Berlin)
Ulrike Koppermann (Berlin), Visualisierte Selektion? – Fotografische Repräsentation „noch“ und „nicht mehr Einsatzfähiger“
Ulrich Prehn (Berlin), Gerichtete Blicke – zugerichtete Körper. Fotografien aus Kriegs-gefangenenlagern in Deutschland und Österreich während des Zweiten Weltkriegs

17:15 – 18:15 Synthese im Dialog
Iris Därmann (Berlin)
Stefan Hördler (Weimar)
Sebastian Köthe (Berlin)
Veronika Springmann (Berlin)
Alexa Stiller (Bern)
Corinna Tomberger (Berlin)

Kontakt

Laura Busse
koerperundlager.geschichte@hu-berlin.de

https://koerperundlager.wordpress.com