Sechzig Jahre nach den Urteilssprüchen markieren die Nürnberger Prozesse – weit über eine Abrechnung mit den Eliten des Dritten Reiches hinaus – den Beginn einer neuen Epoche in der Geschichte des Völkerrechts. Die Rechtsgrundsätze, nach denen die Urteile im Hauptkriegsverbrecherprozess vom 1. Oktober 1946 und in den zwölf Nachfolgeprozessen erfolgten, ermöglichten die Schuldigen von Kriegs- und Massenverbrechen individuell zur Verantwortung zu ziehen. Von der Errichtung des Internationalen Strafgerichthofs in Den Haag 2002 gingen entscheidende neue Impulse für die Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts aus, die in vielfacher Weise auch Anregungen für die historische Erforschung der Nürnberger Prozesse geben. Mit der Entwicklung von Nürnberg nach Den Haag, mit einem Schwerpunkt bei den Nürnberger Nachfolgeprozessen beschäftigte sich eine vom Geschichtsort Villa ten Hompel veranstalteten Tagung, die am 22. und 23. November in Münster stattfand, initiiert und organisiert von Marc v. MIQUEL und Timm C. RICHTER (beide Münster).
Helia-Verena DAUBACH, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle der Justizakademie des Landes NRW, Recklinghausen, umriss in ihren einleitenden Bemerkungen vor den rund 70 Historikern und Juristen den Stellenwert der Nürnberger Prozesse, die für die Re-Etablierung des Rechts nach einer beispiellosen Erfahrung der Rechtlosigkeit stehen. Um so irritierender für die historische Zeitgeschichte sei die Tatsache, dass sie international, aber vor allem im deutschen Kontext auf geringes Interesse gestoßen seien. Noch heute spielten sie in der deutschen Juristenausbildung lediglich eine untergeordnete Rolle.
Die erste von vier Sektionen, die sich mit dem Weg von Leipzig nach Nürnberg beschäftigte, wurde von der Thomas Vormbaum (Hagen) geleitet. Zunächst stellte Marc von MIQUEL die geringe zeitgenössische Resonanz der Prozesse ihrer Bedeutung als Meilenstein der Rechtsgeschichte gegenüber. Nicht zuletzt für die historische Erforschung des Dritten Reichs und seiner Unrechtstaten seien die im Nürnberger Militärtribunal präsentierten und später publizierten Quellen grundlegend gewesen. Die großen Erwartungen allerdings, die aktuell an den Internationalen Strafgerichtshof gestellt würden und die auf eine Stärkung der internationalen Menschenrechtspolitik zielten, seien mit Blick auf die historische Erfahrung der Nürnberger Prozesse zu überdenken. In welcher Weise eine öffentliche Stigmatisierung des Unrechts erreicht worden sei und welche Normierungswirkung die alliierten Verfahren in Politik, Justiz und Öffentlichkeit erzielten, verdiene daher eine genauere Betrachtung. Entsprechend setzte die Tagung einen Schwerpunkt auf die bislang wenig erforschten Nachfolgeprozesse gegen die Funktionseliten des Dritten Reiches.
Dem völkerrechtlichen Diskurs und der langen Vorgeschichte internationaler Gerichte in Theorie und Praxis widmete sich Daniel M. SEGESSER (Bern). Dass das Strafrecht ein geeignetes Mittel zur Sühne von Verbrechen im Krieg sein könne, war im 19. Jahrhundert eher eine theoretische Überlegung. Der vom Schweizer Völkerrechtler Johann Caspar Bluntschli entwickelte Begriff des „Kriegsverbrechens“ gewann dann im Ersten Weltkrieg an Prominenz. Nach Kriegsende setzten die verschiedenen Staaten alles daran, die gegenseitigen Vorwürfe der Kriegsverbrechen zu entkräften bzw. zu untermauern. In Deutschland sorgten die Prozesse vor dem Reichsgericht in Leipzig zwischenzeitlich für Aufsehen. Allerdings erwiesen sie sich lediglich als der Versuch, die deutsche Kriegführung zu rechtfertigen und trugen somit zur verbreiteten apodiktischen Ansicht bei, die Ahndung von Kriegsverbrechen auf nationaler Ebene sei zum Scheitern verurteilt: Die nationalen Gerichte galten als voreingenommen, was ihre Spruchtätigkeit entwertete, auch wenn diese sich als vorurteilsfrei erwies. Überlegungen der Alliierten zur Ahndung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit hatte es schon während des Zweiten Weltkriegs gegeben. Sie mündeten dann in die nach Kriegsende geführten Nürnberger Prozesse.
Annette WEINKE (Berlin) betrachtete anschließend das Hauptkriegsverbrechertribunal in historischer Perspektive und konstatierte eine gewisse Geschichtsvergessenheit in der aktuellen Debatte um die Tätigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs. Sie suchte nach Kontinuitäten in der deutschen Position und stellte kritisch fest, dass die einstmalige Verdammung des Hauptkriegsverbrecherprozesses einer Verklärung des Internationalen Strafgerichtshofes unter den Juristen gewichen sei. Für die Formierung der bundesdeutschen Gesellschaft hätten die Nürnberger Prozesse mit ihren nur eineinhalb Jahre nach Kriegsende verkündeten Urteilen auch eine entlastende Funktion gehabt. Zudem hätten sie dem Bedürfnis entsprochen, sich vom Nationalsozialismus zu distanzieren. Der Menschenrechtsdiskurs habe nach Nürnberg zumindest im Westen an Dynamik gewonnen, auch wenn die Opferperspektive noch weitgehend ausgeblendet blieb. Gemäß der amerikanischen Anklageschrift seien die NS-Opfer vor allem als politische Gegner, nicht aber als rassistische Opfer definiert worden. Vom Menschenrechtsbegriff ausgehend stellten sie jedoch heute einen entscheidenden Markstein dar, wenn es um die Frage nach der Begrenzung staatlicher Macht einerseits und deren Ausweitung in Form juristischer Aufarbeitung andererseits gehe.
Die zweite, von Helia-Verena DAUBACH moderierte Sektion, widmete sich den Nürnberger Nachfolgeprozessen. Im Juristenprozess stand eine Funktionselite vor Gericht, die keineswegs nur positivistisch das bestehende NS-Recht umsetzte, sondern sich aus eigenem Antrieb heraus in die „Wertschöpfungskette des Unrechts“ einreihte, wie Ralf OBERNDÖRFER (Berlin) es nannte. Juristen waren am sozialen und physischen Tod vieler Menschen maßgeblich beteiligt. Als Beispiel nannte er den Autor der so genannten Polenstrafrechtsverordnung, den kommissarischen Reichsjustizminister Franz Schlegelberger. An Günther Joël, Mitarbeiter in der Zentralstaatsanwaltschaft in Berlin zeigte der Referent die Vielschichtigkeit historischen Verhaltens. Die Verteidigungsstrategie Joëls lief darauf hinaus, ihn als nach rechtsstaatlichen Prinzipien handelnden Juristen erscheinen zu lassen. Wenn er beispielsweise gegen Kommandanten so genannter wilder Konzentrationslager ermittelte, entsprang die Strafverfolgung vordergründig einem Beharren auf rechtsstaatlichen Prinzipien. Gleichzeitig diente diese Fehlersuche – das „trouble shooting“ – der Kaschierung von Unrechtsstrukturen innerhalb des Systems und trug damit zu dessen Stabilisierung bei.
Kritische Anmerkungen zur Anklagestrategie in den Nürnberger Industriellenprozessen äußerte Frank GAUSMANN (Mainz). Vorrangiges Ziel der US-amerikanischen Ankläger um Telford Taylor sei es nicht allein gewesen, die Verstrickungen der Unternehmen Krupp, Flick und IG Farben in das NS-Regime offen zu legen und damit Forderungen der Öffentlichkeit zu entsprechen. Die Anklage sei vielmehr auch das Ergebnis eines internen Machtkampfes gewesen, den letztlich linksliberale Kräfte innerhalb der US-Militärverwaltung für sich entschieden. Deshalb saß neben den angeklagten Unternehmensvertretern das gesamte kapitalistische System mit seinen schlimmsten Auswüchsen in Form von Kartellen und Trusts mit auf der Anklagebank. Diese Sichtweise reduzierte letztlich den Nationalsozialismus auf ein bloßes Ausführungsorgan des internationalen Kapitalismus. Dementsprechend gestaltete sich die Anklagestrategie: Sie politisierte den juristischen Begriff der Verschwörung und klagte die Unternehmer stellvertretend für ein reformbedürftiges System an. Letztlich hätten die Industriellenprozesse mit ihrem wirtschaftsreformerischen Impetus in den Augen der deutschen Öffentlichkeit den gesamten Nürnberger Prozesskomplex diskreditiert.
Alexa STILLER (Hannover) wandte sich dem Fall 8 zu, dem so genannten RuSHA-Prozess. Führende Funktionäre des Rasse- und Siedlungs-Hauptamts der SS waren der Vertreibung, Ausrottung und weiterer Delikte im Kontext der osteuropäischen Deportationen angeklagt. Während die Verteidigungsstrategie dahin zielte, die Angeklagten als winzige Rädchen in einer großen Maschinerie erscheinen zu lassen, um damit die Verantwortung auf andere Behörden abzuwälzen, folgte das Gericht in seinem Urteilsspruch im März 1948 in einem wesentlichen Punkt der Anklage: Sie bestätigten die Existenz eines Germanisierungs-Plans in Anlehnung an Hitlers programmatische Vorgaben und verurteilten die Angeklagten mehrheitlich zu langjährigen Haftstrafen. Die Judenverfolgung spielte weder in der Anklageschrift noch im Urteil eine gewichtige Rolle.
Ralf AHRENS (Jena) zeigte anschließend, wie sich die ursprünglichen Planungen für einen Prozess gegen die deutsche Bankierselite 1947 allein auf die Person des Vorstandssprechers der Dresdner Bank Karl Rasche reduzierten, der für seine Mitwirkung an der Ausbeutung der besetzten Gebiete zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Dies geschah vor dem Hintergrund schrumpfender Ressourcen der Anklagebehörde, zeigt jedoch auch die Anpassungsfähigkeit der Ankläger an die veränderte politische Situation im aufziehenden Kalten Krieg. Nachdem die Amerikaner zunächst die vermeintliche wirtschaftliche Macht der Bank in den Vordergrund gestellt hatten, bezog sich das Urteil nur auf nachweisbare Verstrickungen und folgte dem Prinzip der Individualität von Schuld.
Eine biographische Annäherung an den Ankläger im Wilhelmstraßen-Prozess, Robert Kempner, präsentierte Dirk PÖPPMANN (Paderborn). Für Teile der nationalkonservativen deutschen Öffentlichkeit war Kempner ein „rotes Tuch“, da er, anders als die Angeklagten im Prozess, Deutschland bei Machtantritt der Nationalsozialisten verlassen hatte. Seine uneingeschränkte Loyalität zur Weimarer Republik sowie seine Herkunft aus einem linksliberal-jüdischen Milieu machten ihn der konservativen Funktionselite suspekt. Diese stilisierte sich zum Opfer amerikanischer Siegerjustiz und fühlte sich diffamiert: schließlich habe man durch das Verharren im Amt mäßigend auf die Nationalsozialisten eingewirkt, so die Argumentation Ernst von Weizsäckers.
Spruchgerichtsverfahren als Teil einer „Transitional Justice“ widmete sich Volker Friedrich DRECKTRAH (Stade). In der britischen Zone waren sechs so genannte Spruchgerichte für die Aburteilung aktiver Nationalsozialisten der Entnazifizierungskategorien III („belastet“) bis V („Mitläufer“) zuständig. Ermittelt wurde gegen rund 28.000 Mitglieder bzw. Funktionsträger z. B. von NSDAP, SA, SS und Gestapo. Knapp ein Viertel (5.600) der Angeklagten wurde schließlich zu Gefängnisstrafen aufgrund der Mitgliedschaft in verbrecherischen Organisationen verurteilt. Erst mit diesem Urteil und den darin aufgeführten und als „verbrecherische Organisationen“ identifizierten Gruppierungen war der Tatbestand des „Organisationsverbrechens“ geschaffen worden. Die individuelle Schuld sollte hinter die bloße Mitgliedschaft in einer dieser Organisationen zurücktreten. Die Folgen für das öffentliche Leben in der jungen Bundesrepublik waren nur gering. Die meisten Angeklagten wurden wieder auf freien Fuß gesetzt, da ihnen die Internierungszeit angerechnet wurde.
In der dritten, von Marc v. MIQUEL geleiteten Sektion, wurden Rezeption, öffentliche Meinung und Wirkung der Nürnberger Prozesse in den Blick genommen. Heike KRÖSCHE (Linz) untersuchte die öffentliche bzw. veröffentlichte Meinung zu dem Hauptkriegsverbrecherprozess auf Basis von publizierten Quellen und demoskopischem Material. Demnach erwarteten 80 Prozent der befragten Deutschen einen fairen Prozess, obschon sie – anders als die meisten Zeitungen – die Zuständigkeit des Militärtribunals grundsätzlich anzweifelten. Obwohl nicht Gegenstand des Prozesses, stand der Vorwurf der Kollektivschuld im Zentrum des öffentlichen Diskurses. Während die Deutschen überwiegend die individuelle Schuld der Angeklagten anerkannten und sich damit nachträglich vom NS-Regime distanzierten, blieb der Demokratisierungsprozess in Westdeutschland weitgehend unbeeinflusst von der Wahrnehmung des Prozesses. Insgesamt war dessen Außenwirkung in der deutschen Öffentlichkeit demnach eher gering.
Nina BURKHRDT (Berlin) ging auf die Wahrnehmung der Nürnberger Prozesse und das zeitgenössische Deutschlandbild in Belgien und den Niederlanden ein. Obwohl beide Länder von den Deutschen besetzt worden waren, bestand vor allem in den Niederlanden wegen der Person des ehemaligen Reichskommissars Arthur Seyß-Inquart ein unmittelbareres Interesse am Prozess. Die publizistische Berichterstattung konzentrierte sich darauf, die Angeklagten zu dämonisieren. Insgesamt wurden ihnen deutlich mehr Artikel gewidmet als etwa den Anklägern oder gar ihren Opfern. In Folge der Prozesse verfestigte sich in weiten Teilen der belgischen und niederländischen Öffentlichkeit das negative Bild eines militaristischen und lernunfähigen Deutschland. Den Deutschen unterstellte man mangelndes Schuldbewusstsein, dessen es im eigenen Land angesichts der systemstabilisierenden Kooperation und Kollaboration jedoch ebenfalls ermangelte.
Doreen ESCHINGER (Budapest) beleuchtete die juristische und moralische Aufarbeitung des Holocaust an den ungarischen Juden. Parallel zu den Verhandlungen im Nürnberger Prozess fanden dort bereits seit Dezember 1944 Gerichtsverfahren gegen mutmaßliche NS-Verbrecher und Kollaborateure statt. Von 40.000 Verfahren endeten 322 mit der Todesstrafe, während die meisten angeklagten nur geringe Strafen erhielten. Zudem argumentierte die Referentin, dass die Ausgrenzung der Juden in Ungarn auf traditionelle Vorurteile aufbauen konnte. Diese brauchten die Deutschen bei ihrem Einmarsch einfach nur zu mobilisieren. Von einer Wiedergutmachung an den Juden war deshalb auch nach den Prozessen kaum die Rede.
In der letzten, von Franz-Werner KERSTING (Münster) geleiteten Sektion, wurde die Entwicklung des Völkerstrafrechts untersucht. Josef BORDAT (Berlin) konstatierte, dass die Gewalt nichtstaatlicher Akteursgruppen nach dem Ende des Kalten Kriegs zugenommen habe. Das Präventivkriegskonzept bzw. die Frage, wann eine militärische Intervention angemessen sei, habe nicht zuletzt deshalb an Bedeutung gewonnen. In diesem Prozess stand und stehen die Vereinten Nationen vor einer Neudefinition ihrer Rolle, die der Referent mit der Konzeption des Eingreifens und Bestrafens beschrieb. Vor diesem Hintergrund skizzierte er die Einrichtung und den Bedeutungszuwachs des Internationalen Strafgerichtshofs, der sich trotz Kritik aus den USA zu einem mehr oder weniger wirksamen Instrument zur Durchsetzung des Völkerrechts entwickelt habe. Ausgehend von der These, dass nur ein Völkerrecht, das Interventionismus und Justitiabilität verbindet, gewaltsam ausgetragenen ethnischen Konflikten wirkungsvoll begegnen kann, postulierte der Referent zwei Voraussetzungen bzw. Zukunftsaufgaben: eine weltweit anerkannte Strafgerichtsbarkeit sowie ein effizienter Interventionsmechanismus, der auch nicht-militärische Prävention und Nachbereitung berücksichtigt.
Jan Erik SCHULTE (Bochum) blickte anschließend über den Atlantik und fragte am Beispiel Kanadas nach Kontinuitäten im innergesellschaftlichen Diskurs über das Völkerrecht. Die Erfahrung mit dem juristischen Umgang von NS-Straftätern habe letztlich zu einer gewachsenen Bereitschaft geführt, völkerrechtliche Verantwortung zu übernehmen, so die These. Erst Ausgang der 70er Jahre begannen sich Öffentlichkeit und Politik dafür zu interessieren, dass NS-Täter („War Criminals“) als Flüchtlinge nach Kanada eingewandert waren. Der Referent bezog sich dabei auf die juristisch problematische Praxis der „Nationalisierung des Völkerrechts“, um eine Anklagegrundlage für NS-Verbrechen zu schaffen. Wie es sich zwischen 1987 und 1994 zeigte, reichte die Strafrechtsänderung aber nicht aus, um die komplizierten und außerhalb Kanadas begangenen Verbrechen zu ahnden. Nachdem dies in verschiedenen Einzelfällen gescheitert war, setzte sich die kanadische Regierung als politische Konsequenz vehement für die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs ein.
Markus EIKEL (Den Haag), Mitarbeiter am Internationalen Strafgerichtshof, berichtete über erste Ermittlungen des „Weltgerichts“ in Uganda, im Kongo und in Darfur. Dabei unterzog er die verschiedenen Fälle einer vergleichenden Analyse, um daraus wiederum auf generelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Arbeit des Strafgerichtshofes zum Nürnberger Militärtribunal einzugehen: beide Institutionen waren bzw. sind für die Ahndung schwerer Verstößen des Völkerstrafrechts verantwortlich. Abgesehen von Unterschieden in der Definition dieser Verstöße ist für den Strafgerichtshof besonders, dass er sich dauerhaft mit allen Konflikten seit 2002 beschäftigen soll und dass seine Ermittlungsarbeit im Rahmen aktueller und andauernder Konfliktsituationen stattfindet. Als Beispiel nannte der Referent, dass dabei auch nichtjuristische Lösungen zur Durchsetzung völkerrechtlicher Normen zu berücksichtigen sind, beispielsweise besondere Versöhnungsrituale in afrikanischen Kulturen.
Insgesamt handelte es sich um eine äußerst ergiebige Tagung. Auf deren Relevanz nicht zuletzt für das Verständnis aktueller Entwicklungen wurde dann noch einmal in der Abschlussdiskussion verwiesen. Als besonders fruchtbar zeigte sich die interdisziplinäre Zusammensetzung der Tagung, auch wenn Historiker und Juristen mit ihren unterschiedlichen Erkenntnisinteressen durchaus aneinander vorbei diskutieren können. Dem inhaltlichen Ertrag entsprach die gelungene Organisation und Durchführung der Tagung. Eine Veröffentlichung der Tagungsbeiträge ist in Vorbereitung.