Am 3. und 4. Mai 2007 fand in Bonn die interdisziplinäre Fachtagung "Zukunftsprojekt Westwall. Wege zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit den Überresten der NS-Anlage" statt. Veranstalter der Tagung war der Arbeitskreis für Kulturlandschaftsforschung in Mitteleuropa e.V. (ARKUM) in Kooperation mit dem Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten in NRW e.V., der Konejung Stiftung: Kultur, dem Landschaftsverband Rheinland sowie der Gesellschaft für interdisziplinäre Praxis e.V. (GIP).
Die Veranstalter verbanden mit der Tagung drei Zielsetzungen: erstens sollte die zeitgeschichtliche, politische und historisch-geografische Bedeutung des Westwalls ausgelotet werden, zweitens sollte den mit Musealisierung und Denkmalschutz der Anlage befassten Verantwortlichen ein Forum für Austausch und fachübergreifende Diskussion geboten werden und drittens sollten Ansätze für einen zukünftigen Umgang mit dem Westwall – seinem Schutz, seiner Erschließung und seiner touristische Nutzung – erarbeitet werden. Rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Tagung.
Winfried Schenk, Professor für Historische Geographie am Geographischen Institut der Universität Bonn und Vorsitzender von ARKUM, eröffnete die Tagung. Er skizzierte in einem Problemaufriss den gegenwärtigen Umgang mit dem Westwall, der vielfach von einer meist ausschließlich militärgeschichtlichen Sicht auf die NS-Hinterlassenschaft geprägt ist und eine gesellschaftliche Wertediskussion vermissen lässt. Tourismusprojekte, so Schenk, arbeiteten häufig kommentarlos mit der Westwallthematik, ohne dabei zu berücksichtigen, dass durch die Art der Darstellung die von den Nationalsozialisten inszenierten Westwall-Mythen weiter tradiert werden.
Thematisch gliederte sich die Tagung in drei Blöcke: Gegenstand des ersten Abschnitts war ein Problemaufriss über „Mythos und Faszinationskraft des Westwalls“, es folgte als zweiter Themenkomplex eine Bestandsaufnahme, um den „Westwall aus zeithistorischer, archäologischer und historisch-geografischer Perspektive“ zu beleuchten. Drittens schließlich gingen die Vorträge den „Möglichkeiten von Erinnerung und Musealisierung des Westwalls“ nach.
Den Problemaufriss verdeutlichte Frank Möller (GIP) mit einem Vortrag über die Enthistorisierung des Westwalls. Möller zeichnete die Westwallgeschichte vom Baubeginn und den begleitenden Propagandamaßnahmen über die Revitalisierung der Mythen um den Westwall bis hin zur aktuellen Inszenierung der Westwallgeschichte nach. Er betonte dabei die Diskrepanz zwischen der glorifizierenden Propagandadarstellung des Walls und der Realität des chaotischen Bauprozesses in den 1930er-Jahren, in der sich der Westwall eher als "lückenhafte Großbaustelle" denn als effektive "Schutz- und Angriffslinie" entpuppte. Nach 1945 wurden die Propagandamythen wieder aufgegriffen. Westwallgeschichte wurde vornehmlich als Helden-, Baukunst- und Technikgeschichte weiter fortgeschrieben. In vielen Fällen diente die Westwallgeschichte als Folie für offenen Geschichtsrevisionismus. Diese Tendenz offenbart sich auch heute in zahlreichen musealen Inszenierungen des Westwalls. Darin werden die Bunkeranlagen ohne zeithistorische Einbettung als kampfbereite Gefechtsstationen dargestellt und die Objekte dekontextualisiert. Sie führen die Westwallanlagen als Stätten der Heldenverehrung und des Märtyrergedenkens vor und setzen auf Identifikation der Besucher mit den dargstellten Szenen statt Distanz zu ermöglichen. Möller verdeutlichte das an Westwallmuseen in Pirmasens, Bad Bergzabern, Irrel und Hürtgenwald. Ausgehend davon stellte Möller drei zentrale Forderungen in den Mittelpunkt seines Vortrags: Erstens bedürfe die Musealisierung des Westwalls einer professionellen und seriösen zeithistorischen Vermittlung und Kontextualisierung. Dabei müsse – zweitens – darauf geachtet werden, die von den Anlagen ausgehende Faszinationskraft nicht weiter zu befördern, sondern vielmehr zu brechen. Und drittens gelte es die zahlreichen Forschungsdesiderate zur Thematik anzugehen.
Der Kölner Psychologe Hermann-Josef Berk knüpfte in seinem anschließenden Vortrag "Faszination in Beton. Die Faszinationskraft des Westwalls für seine Rekonstrukteure und für einen erlebnisorientierten Tourismus" an den Aspekt der Faszinationskraft des Westwalls an. Ausgehend von persönlichen Erinnerungen an den Nationalsozialismus, die von Begeisterung für die Kriegszeit geprägt waren, beleuchtete Berk zunächst generell die zentralen, tragenden Elemente und die inkorporierende Kraft des Dritten Reiches. Er betonte in diesem Zusammenhang, dass man weit in die Geschichte zurückgehen müsse, um den Nationalsozialismus zu begreifen und dessen fundamentale Denkfiguren ausmachen zu können, da der den NS tragende und steuernde Affekt schon vorher bereitlag. Als zentralen tragenden Affekt identifizierte Berk ein aggressiv-destruktives und gleichzeitig manisch-größenwahnsinniges Lebensgefühl ohne Rücksicht auf Lebenserhaltung, das Größe in allen Bereichen verlangte und somit auch den einzelnen Menschen lediglich als Teil eines gigantischen Ganzen sah, der nur in der Gemeinschaft etwas zählte. Der Westwall verkörperte, so Berk, diesen Größenwahn exemplarisch in einer Reihe von anderen Großbauprojekten wie der Germania oder Prora (Rügen). Obgleich nahezu ohne strategisch-praktischen Wert war die Anlage mit einem solchen essentiellen psychologisch-propagandistischem Sinn aufgeladen, dass der Westwall die angebliche Gigantik sowohl nach innen als auch nach außen symbolisierte und der Mythos vom "unbezwingbaren Bauwerk" und dem "gigantischsten Befestigungswerk aller Zeiten" eine tragende Funktion bekam.
Den Auftakt zum zweiten Themenschwerpunkt der Tagung machte Achim Konejung mit dem Thema "Der Westwall im Propagandafilm". Konejung nahm einen kurzen Abriss über Propagandafilme der NS-Zeit, die sämtlich den Film "Panzerkreuzer Potemkin" zum Vorbild hatten, als Ausgangspunkt, um dann genauer auf die filmisch-propagandistische Verarbeitung des Westwalls einzugehen. Diese begann 1939 mit dem Auftrag Hitlers an Fritz Hippler, dem späteren Reichsfilmintendanten, einen Propagandafilm über den Wall zu drehen. Um über Luftaufnahmen den Eindruck von gewaltigen, gigantischen Dimensionen zu vermitteln, bediente sich Hippler bei der Produktion seines Films "Der Westwall" zwar keiner nachgestellten Filmkulissen, griff jedoch auf retouchierende Maßnahmen zurück, wie etwa künstlich provozierter Auto-Staus, um den Eindruck von Dynamik und Aufwand während des Baus zu evozieren. Konejung differenzierte zwischen zwei Propagandafunktionen, die der Film erfüllen sollte: Zum einen war er darauf angelegt, nach innen zu wirken und hier die Botschaft von der Schutzfunktion des Walls für den Westen zu vermitteln. Zum anderen zielte "Der Westwall" auf eine Wirkung über die Grenzen Deutschlands hinaus, um bei den Nachbarn die technische und militärische Überlegenheit der Deutschen zu betonen. Kurioserweise, so Konejung, funktionierte diese Außenpropaganda insofern ausnehmend gut, als die Alliierten den Westwallfilm mit Ausnahme der musikalischen Untermalung originalgetreu übernahmen. Der Glaube an die "Propagandalügen" der Nazis und die alliierte Mythologisierung der "Dragon Teeth" – so der amerikanische Name für die Panzersperren des Westwalls – führten zu taktischen Fehleinschätzungen der Alliierten im späteren Kriegsverlauf.
Christoph Rass von der RWTH Aachen sprach anschließend über "Die Bedeutung des Westwalls für die nationalsozialistische Politik und Kriegsführung". Er veranschaulichte den Bedeutungswandel, den das fiktive Bild und die historische Realität des Westwalls von seinem Bau im Jahre 1936 bis hin zum Ende des Zweiten Weltkriegs durchliefen, und hob hervor, dass sich die Bedeutung des Westwalls von einem politisch-propagandistisch überzeichneten Symbol hin zu einem militärischen Objekt verschob. Diese Bedeutungsverschiebung verortete Rass historisch in drei Phasen: Phase 1: der Bau des Westwalls ab 1936 und seine Bedeutung in der außenpolitischen Krise im Jahr 1938; Phase 2: seine Rolle im "Sitzkrieg" und anschließenden Westfeldzug 1939/40; Phase 3: der tatsächliche Angriff der Alliierten auf den Westwall in den Jahren 1944/45.
Rass plädierte für eine Erweiterung des Begriffes "Westwall", speziell unter militärhistorischen Gesichtspunkten. Er sprach sich außerdem dafür aus, den Fokus auf eine Betrachtung des Westwalls als Symbol und Ort des letzten blutigen Aufbäumens des nationalsozialistischen Deutschlands auf dem westlichen Kriegsschauplatz zu richten. Neben einer lokalen wie regionalen Beschäftigung mit den einzelnen Episoden der Geschichte des Westwalls sei eine überregionale und transnationale Perspektive sinnvoll, die ein breiteres Verständnis des Phänomens Westwalls erlaube.
Anschließend sprach Wolfgang Wegener vom Amt für Bodendenkmalpflege im Landschaftsverband Rheinland über "Westwallplanungen und -realisationen an konkreten Beispielen aus denkmalpflegerischer Perspektive". Wegener ging in einem ersten Schritt auf die Geschichte des Westwalls ein, um daraus in einem zweiten Schritt Vorüberlegungen und Ausgangspunkte für einen denkmalpflegerischen Umgang mit dem Bauwerk zu formulieren. Wegener sprach die militärische Unzulänglichkeit der Anlage an, deren Technik bereits im Laufe des Baugeschehens als überholt angesehen werden kann. Weiterhin wies er auf den lediglich rudimentären Erhalt der Westwallanlage hin; in NRW seien von mehr als 3.300 Anlagen lediglich circa 100 Bunker erhalten, 10 bis 15 Prozent existierten zudem als Ruinen. Abschließend benannte er als oberste Priorität die Sicherung der Anlagen und den Substanzerhalt und sprach sich für die Einrichtung einer zentralen Dokumentationsstelle aus, beispielsweise auf der „NS-Ordensburg Vogelsang“ im Nationalpark Eifel.
Als vierter Redner zur „Bestandsaufnahme“ sprach Andreas Dix, Historischer Geograph an der Universität Bamberg und Vertreter von ARKUM, zum Thema "Der Westwall im Rahmen von Raumplanung und Strukturpolitik in der NS-Zeit". In seinem Vortrag zeigte Dix den Zusammenhang von ländlichen Siedlungs- und Neuordnungsplanungen der nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik und dem Westwallbau auf. Die Folgen davon sind zwar, wie der Referent hervorhob, nicht mehr in einer Weise sichtbar wie die Betonüberreste des Westwalls, jedoch unbedingt in einen umfassenden Erinnerungsdiskurs miteinzubeziehen.
Zu Beginn seiner Ausführungen verortete Dix den Westwall in dem von Wolfgang Schivelbusch formulierten Konzept der "Symbolbaustellen" – gigantischen Großbauwerken der 1920er- und 1930er-Jahre, welche die Macht und Überlegenheit der jeweiligen politischen Ideologien verkörpern sollten. Diesem Konzept folgend gehe die Bedeutung des Westwalls über eine rein militärische Wirkung hinaus; er entfalte seine Wirkungsmacht viel mehr in einem Geflecht von politischen und symbolischen Bedeutungszuschreibungen. Mit seinem Ausmaß stellte der Westwall einen der ersten Ansatzpunkte der allumfassend gedachten ländlichen Strukturpolitik der Nationalsozialisten dar. Diese dürfe jedoch in ihrer Verbindung von ländlicher Neusiedlung mit der Sicherung von Grenzräumen und darüber hinaus gehenden politischen, sozialen wie wirtschaftlichen Zielsetzungen nicht als ahistorisch und genuin neuartig begriffen werden. Vielmehr müsse sie in den entsprechenden Kontext eingeordnet und Vorläufer benannt werden. Danach habe die nationalsozialistische Strukturpolitik an eine vielfältige Tradition deutscher Landplanungspolitik anknüpfen und von dieser profitieren können. Nach der militärischen Besetzung des Rheinlandes im Jahr 1936 und dem ab 1938 einsetzenden Bau des Westwalls griff die Regierung verstärkt in vorhandene Raum- und Siedlungsstrukturen ein. Weiterhin waren Zusammenlegung und Umlegung von landwirtschaftlichen Betrieben sowie Neuordnungsplanungen für betroffene Dörfer im Zuge des Westwallbaus erforderlich. Dix zeigte zudem, dass sich diese Politik mit Beginn des Zweiten Weltkrieges radikalisierte.
Den dritten Themenkomplex der Tagung – "Der Westwall als Projekt von Erinnerung und Musealisierung" – leitete Thomas Otten vom Ministerium für Bauen und Verkehr NRW mit einem Vortrag über den "Westwall als Objekt und Problem der Bodendenkmalpflege" ein.
Die Denkmalpflege sieht sich beim Umgang mit dem Westwall in doppelter Verantwortung, da einerseits die objektive Annäherung an das Denkmal und sein Erhalt oberste Priorität hat, andererseits aber eine enthistorisierte Betrachtung des Bauwerks nicht möglich ist, sondern der historischen Kontextualisierung neben der Substanzsicherung eine zentrale Bedeutung zukommt.
Otten hob hervor, dass die Substanzsicherung zunächst Vorrang haben müsse, um die Anlagen für kommende Generationen zu sichern und Zeit für die Gestaltung musealer Konzepte zu gewinnen. Im Hinblick auf die Ausgestaltung des Erhalts sprach er sich zwar einerseits gegen eine partielle Unterschutzstellung aus, da so der Gesamtkontext Gefahr laufe, verloren zu gehen. Andererseits konstatierte er jedoch einen zu großen Engpass in den personellen Ressourcen der Bodendenkmalpflege, um eine lückenlose Unterschutzstellung gewährleisten zu können. Dem Naturschutz konzedierte Otten eine zentrale ergänzende Funktion für den Erhalt der Anlagen, da mittlerweile eine reiche und seltene Flora und Fauna in den Westwallanlagen beheimatet ist. Eine dem Projekt "Grüner Wall im Westen" (BUND) inhärente Überbetonung der Natursicht und Reduzierung auf die Belange des Naturschutzes sei jedoch unzureichend und führe zu einer Entkopplung des Naturschutzes von der kulturhistorischen Bedeutung des Denkmals.
Als zweite Referentin im genannten Themenkomplex sprach Martina Malburg vom Kulturamt der Stadt Merzig über "Musealisierung aus kommunaler Sicht (I): Das Beispiel B-Werk Merzig-Besseringen (Saarland)". Im Fokus ihres Vortrags standen das museale Konzept und der räumliche Aufbau des erst seit 2005 der Öffentlichkeit zugänglichen und sich immer noch in einem Stadium der Sanierung befindlichen Westwallmuseums in Merzig-Besseringen. In Abgrenzung zu vielen der privat betriebenen, auf waffen- und militärtechnische Ausstattung fixierten Museen, wird der überwiegende Teil der Merziger Bunkeranlage in dem vorgefundenen Originalzustand belassen. Lediglich ein geringer Teilbereich der Anlage werde restauriert und historisch rekonstruiert zur Schau gestellt. Dabei soll der sensible Umgang mit der Aufarbeitung der NS-Geschichte im Mittelpunkt stehen.
Rolf Übel vom Archiv der Verbandsgemeinde Anweiler/ Bad Bergzabern stellte am Beispiel der Konzeption eines Westwallwanderweges im Otterbachabschnitt, Rheinland Pfalz, ein zweites Beispiel für die Musealisierung aus kommunaler Sicht vor. Im Otterbach-Abschnitt hat sich vor einigen Jahren ein Verein gegründet, der den weiteren Abriss des Walls verhindern und Teile des Bauwerks in Form eines Rundwanderwegs touristisch erschließen möchte. Auf der Wanderung soll die Geschichte des Westwalls bis in die Gegenwart thematisiert werden. Die Verantwortlichen wählten einen strukturgeschichtlichen Ansatz, um die sonst entlang des Westwalls zu beobachtende militariafixierte Geschichtsdarstellung zu überwinden. In diesem Sinne sollen auch die Bunker nicht rekonstruiert, sondern lediglich als Bauwerke transparent gemacht werden.
Als vierter Referent des Themenkomplexes "Der Westwall als Objekt von Erinnerung und Musealisierung" sprach Eberhart Elfert von unter berlin e.V. über "'Wildes Gedenken': Zur politischen Funktionalisierung von Zeugnissen des Zweiten Weltkrieges". Im Fokus des Vortrags standen dabei die Gefahren der politischen Funktionalisierung von NS-Bauwerken, die insbesondere auch am Beispiel des Westwalls und seiner Vielzahl von privat betriebenen Bunkermuseen sichtbar würden. In Anlehnung an Hilmar Schmundts Konzept der "Bösen Orte" betonte Elfert die Gefahr, diese nationalsozialistischen Erinnerungsorte sich selbst zu überlassen und in eine historisch unkritische und auf ästhetische Gesichtspunkte reduzierte Darstellung münden zu lassen. Dem Untertitel seines Vortrags "Wege zu einem verantwortungsvollem Umgang" folgend, plädierte Elfert vielmehr für eine "Neukontextuierung", welche der Gefahr und der Strahlkraft der "Bösen Orte" entgegenzustellen sei. Diese richte sich gegen eine aus dem historischen Kontext herausgelöste Musealisierung der Betonrelikte. In einem weiteren Schritt zog Elfert eine Parallele zwischen dem Westwall und der Berliner Mauer und betonte die große potenzielle museumspädagogische Schnittmenge beider Bauwerke.
Als letzte Referentin sprach Karola Fings vom Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten in NRW / NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln über das Thema "Wozu brauchen wir Strategien zur Musealisierung von Westwallanlagen? Erfahrungen aus der Gedenkstättenarbeit". Im Fokus des Vortrags stand dabei die Notwendigkeit, verbindliche Musealisierungsstrategien für die erhalten gebliebenen Westwallanlagen zu entwickeln, um so der Gefahr zu begegnen, die eine historisch unreflektierte Erinnerungskultur der Westwallmuseen in ihrer derzeitigen Gestalt, jenseits der etablierten Gedenkstättenlandschaft, für ein demokratisches Bildungsideal und eine demokratische Bildungsarbeit bedeute. In einem ersten Schritt betonte die Referentin, dass der Westwall und seine Musealisierung nicht losgelöst von dem historischen Kontext des nationalsozialistischen Terrorregimes betrachtet werden könne. Nur in einem solchen Bezugsrahmen seien angemessene museumspädagogische Lernziele zu verankern.
Ausgehend von diesen Vorüberlegungen benannte Fings Botschaften, Strategien und Absichten, welche die bisher bestehenden Westwallmuseen transportieren. Im Mittelpunkt stand dabei eine Kritik an der angeblichen "Mahnmalfunktion" von Westwallbunkern. Fings verortete die Bunker stattdessen in einer Reihe "Böser Orte", die für die rassistische und verbrecherische Eroberungspolitik der Nationalsozialisten stehen. Kritik übte sie an dem ideologisch verzerrten Geschichtsbild, das die vorgeblichen „Museen“ transportieren und das teilweise nationalistische Tendenzen offenbare.
Abschließend plädierte Fings für eine Reihe von Konsequenzen zukünftiger Musealisierungsstrategien: Der Westwall müsse über die Grenzen der Bundesländer hinweg als Gesamtensemble begriffen werden, um so auch eine gewisse Kontrolle hinsichtlich der bislang stattfindenden „wilden“ Musealisierungen sicherstellen zu können und so zu gewährleisten, dass die Deutungshoheit über die Westwallgeschichte in Öffentlicher Hand verbleibt. Außerdem sei eine Fülle interdisziplinär ausgerichteter und internationalisierter Forschung notwendig, um entsprechende Forschungsdesiderate zu beheben. Verbindliche inhaltliche und didaktische Standards seien zu entwickeln, die für eine Musealisierung des Westwalls zu gelten haben.
Die Tagung endete mit einem Abschlussplenum, das Jürgen Kunow (Amt für Bodendenkmalpflege im Landschaftsverband Rheinland), Angela Schumacher (Landesamt für Denkmalpflege Rheinland Pfalz), Klaus-Dieter Kleefeld (ARKUM), Frank Möller (Gesellschaft für interdisziplinäre Praxis), Paul Kröfges (BUND) sowie Hans Wupper-Tewes (Landeszentrale für politische Bildung NRW) mit knappen Stellungnahmen zum Thema einleiteten.
Als Fazit der sehr interessanten Tagung bleiben vier Punkte festzuhalten: 1. Die Westwallmusealisierung sollte Angelegenheit der Öffentlichen Hand sein und bedarf der Entwicklung verbindlicher Standards. 2. Da es eine wachsende Zahl privater Initiativen zur „Westwallerinnerung gibt, bedarf es einer kompetenten, zentral koordinierenden Anlaufstelle. 3. Es sind in erheblichem Umfang weitere interdisziplinär angelegte Forschungen zum Thema notwendig. 4. Ausgehend von dieser Tagung sind weitere Symposien zu Einzelfragestellungen der Denkmalpflege und der politischen Bildung wünschenswert. Eine Dokumentation der Tagung ist in Vorbereitung. Sie wird im Mai 2008 in der Schriftenreihe „Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland" des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege erscheinen.