Genealogie für die Ewigkeit? Familienforschung, Geschichtswissenschaft und Archive gemeinsam im digitalen Zeitalter

Genealogie für die Ewigkeit? Familienforschung, Geschichtswissenschaft und Archive gemeinsam im digitalen Zeitalter

Organisatoren
4. Detmolder Sommergespräch: Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
Ort
Detmold
Land
Deutschland
Vom - Bis
08.08.2007 -
Url der Konferenzwebsite
Von
Astrid Küntzel und Yvonne Leiverkus, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Staats- und Personenstandsarchiv Detmold

Die Detmolder Sommergespräche haben sich in den vergangenen Jahren als ein Diskussions- und Begegnungsforum für Familienforscher, Wissenschaftler und Archivare etabliert. Gut 100 Teilnehmer, Familienforscher, Genealogen, Erbenermittler, Archivare und Wissenschaftler aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus der Schweiz und aus den Niederlanden, kamen am 8. August 2007 zu fruchtbaren Diskussionen zusammen. Im Mittelpunkt standen dieses Mal mit der Archivfähigkeit und -würdigkeit genealogischer Sammlungen zwei Kernfragen familienkundlicher Forschung, denen sich Referenten und Diskussionsteilnehmer auf ebenso unterschiedlichen wie anregenden Wegen näherten.

Öffentliche Archive profilieren sich gegenüber der interessierten Öffentlichkeit damit, dass sie private Nachlässe und Sammlungen übernehmen und aufbewahren. Die Hinterlassenschaften von Genealogen gehören üblicherweise zu diesen nichtstaatlichen Archivalien. Familien- und Heimatforscher sowie professionell arbeitende Genealogen sind in Archiven daher nicht nur als häufige Benutzer, sondern ebenso als „Schriftgutproduzenten“ bekannt. Viele Genealogen sammeln im Laufe ihrer Forschungsjahre eine große Menge Daten an und systematisieren sie in tiefgehenden Erschließungsarbeiten. Auch Wissenschaftler überlassen ihrer Nachwelt ein meist immenses Datenmaterial oder Karteien. Die zusammengetragenen Materialien können, sofern sie öffentlich zugänglich sind, eine Fundgrube für andere Forscherinnen und Forscher sein. Insbesondere Genealogen bieten daher gern ihre in langwieriger Fleißarbeit erstellten Ordner oder Karteien mit Namen und Daten den Archiven an. Da die meisten Familienforscher inzwischen von der Kartei auf die Datenbank, meist auf Genealogieprogramme, umgestiegen sind, werden zunehmend CDs oder DVDs mit digitalen Erschließungsdaten zur Aufbewahrung im Archiv abgegeben. Die Computergenealogie ist heute eine eigene große „Sparte“ innerhalb der genealogischen Vereine, Netzwerke und Forschungskreise. Die Vielfalt und Fülle der z. T. frei verfügbaren Programme ist ein geradezu unübersichtlicher Markt geworden.

Für die Archive stellen sich angesichts des Angebots genealogischer Arbeitsergebnisse zwei wesentliche Fragen, die in der ersten Sektion erörtert wurden: Erstens muss geprüft werden, inwiefern genealogische Sammlungen als Teil des nichtstaatlichen Archivguts aufgrund der Datenauswahl archivwürdig sind. Oder müssen sogar darüber hinaus weitere Arbeitsergebnisse der universitären Familien- oder Demographieforschung akquiriert werden? Hierfür sind Kriterien erforderlich, die gegenüber den „Schriftgutproduzenten“ – am besten im Anfangsstadium ihrer Arbeiten – transparent zu machen sind. Zweitens ist besonders bei der Anbietung digitaler Daten aus der Forschung nach der Archivfähigkeit zu fragen: Entsprechen die angebotenen Daten, Metadaten und Datenstrukturen den Anforderungen für die Langzeitarchivierung nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse?

Die erste Sektion wurde von zwei Vertretern des Landesarchivs NRW bestritten. Sie legten archivfachliche Kriterien für die inhaltliche und technische Bewertung von privat und wissenschaftlich erarbeitetem Datenmaterial, v. a. genealogischer Sammlungen, dar und lieferten somit zu Beginn der Tagung einen Problemaufriss und archivischen Sachstand.

Im ersten Vortrag ging Hermann Niebuhr, Leiter des Dezernats „Nichtstaatliches und nichtschriftliches Archivgut“ im Staats- und Personenstandsarchiv Detmold, der Frage nach, was „Archivwürdigkeit“ in Bezug auf genealogische Sammlungen bedeutet. Dazu wies er zunächst darauf hin, dass es schon lange vor dem digitalen Zeitalter Datenbanken gegeben hat. Dies sind strukturierte Sammlungen, die aus verschiedenen Quellen zusammengestellt sind, wie Stammbäume, formalisierte Tafeln sowie Erzählungen von Zusammenhängen, aber auch sachthematische Inventare. Normalerweise gehören solche Sammlungen nicht zum Kerngeschäft eines Staatsarchivs. Dennoch werden sie – v. a. nach der intensiven Diskussion darüber in den 1970er Jahren – als sinnvolle Ergänzung zum Behördenschriftgut gesehen und sind dementsprechend auch im Archivgesetz verankert. Wichtige genealogische Sammlungen sind besonders zwischen 1933 und 1945 im Rahmen der NS-Sippenforschung entstanden. Dazu zählen in Detmold beispielsweise die Sammlungen des professionellen Genealogen Karl Gustav von Recklinghausen sowie des Steuerberaters und Erbenermittlers Paul Gersie.

Anhand dieser beiden Sammlungen erläuterte der Referent wichtige Kriterien zur Archivwürdigkeit. Dazu zählen erstens die Benutzbarkeit durch Dritte, zweitens müssen die Quellen genannt werden, aus denen sich die Sammlung zusammensetzt, um die Daten nachprüfen zu können. Drittens ist bei der generellen Übernahme von Sammlungen ins Archiv der regionale Bezug wichtig. Abschließend plädierte der Referent dafür, eigene Sammlungen unter Beachtung der genannten Kriterien anderen Benutzern zur Verfügung zu stellen und warnte vor einer unkritischen Verwendung der von der NS-Ideologie beeinflussten Sammlungen.

In dem auf Probleme der Praxis bezogenen Vortrag „Digitaler Stammbaum – für die Ewigkeit? Technische Aspekte der Langzeitarchivierung“ erläuterte Wolfgang Kahnert (Leiter des Technischen Zentrums in Münster, Landesarchiv NRW) die Anforderungen, welche die langfristige Datensicherheit an Datenträger, -formate und Metadaten stellt. Bei Datenträgern (CDs, DVDs, Festplatten und Magnetbänder) ist die einige Jahre begrenzte Lebensdauer sowie die extreme Abhängigkeit von Nutzungs- und Aufbewahrungsbedingungen zu beachten. So kann z. B. bei beschreibbaren CDs und DVDs bereits nach wenigen Stunden Sonneneinstrahlung ein Datenverlust entstehen. Besser geeignet zur dauerhaften Aufbewahrung und als Übergabemedium sind Festplatten. Dabei sollten jedoch stets zwei Medien (eine zusätzliche externe Festplatte) zum Einsatz kommen, denn die praktischen Erfahrungen zeigen, dass bei Festplatten sowohl in der ersten Phase nach der Inbetriebnahme als auch nach längjährigem Gebrauch die Ausfallrate ansteigt. Beim Einsatz von Datenformaten sollten Software-Versions-Inkompatibilitäten und Inkompatibilitäten zwischen Software- bzw. Software-Hardware-Systemen bedacht und von proprietären Datenformaten sowie von Komprimierungen und Verschlüsselungen von Daten abgesehen werden. ISO-genormte Formate eignen sich am besten (z. B. TIFF, JPEG 2000/ISO 15444, PDF/A/ ISO 19005-1:2005). Für eine problemlose Nutzung der Daten durch Dritte ist darüber hinaus eine sorgfältige Dokumentation und gegebenenfalls eine Ergänzung der Metadaten unerlässlich. So ist also die aktive Pflege der digitalen Daten eine absolute Notwendigkeit, um ihre Verfügbarkeit und Interpretierbarkeit auf Dauer zu erhalten. Dazu gab der Referent folgende grundsätzliche Empfehlungen: regelmäßiges Umkopieren (Refreshing) der Daten auf neue Datenträger (CDs, DVDs und Festplatten alle drei Jahre) und Überprüfung der Daten auf ihre Nutzbarkeit hin; rechtzeitiger Wechsel (Migration) auf etablierte Datenträger und -formate. „Offene“ Standards gewährleisten die Benutzbarkeit durch Dritte. Des Weiteren erleichtert eine frühzeitige Abstimmung mit dem Archiv die Übernahme der digitalen Daten.1

In der zweiten Sektion kam die Forschung zu Wort: Zunächst wurden Datenbankanwendungen sowohl der Genealogie als auch aus der historischen Kulturwissenschaft vorgestellt. Dabei spielten einerseits Verfügbarkeit und technische Kriterien (z. B. Kompatibilität, Langzeitaufbewahrung) eine Rolle. Andererseits interessierten an dieser Stelle die mittels einer bestimmten Datenstruktur erfassten und angeordneten Inhalte.

Als erstes stellte Günter Junkers, Vorstandsmitglied der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde e. V. und Redakteur bei der Zeitschrift „Computergenealogie“, die bunte Vielfalt an Genealogieprogrammen vor, die Verkartungsprojekte von Laienforschern unterstützen. Junkers ging dabei besonders auf die Verkartung von Kirchenbüchern und die Erstellung von Ortsfamilienbüchern ein, die in der Regel nach einem schematisierten Ablauf erfolgen. Vielfach werden dafür proprietäre Software-Lösungen verwendet – eine Einbahnstraße, wie Junkers herausstellte. Er betonte, dass es wichtig sei, sogenannte GEDCOM-taugliche Programme zu verwenden. GEDCOM ist ein von den Mormonen entwickelter Austauschstandard für Genealogieprogramme, der die Migration von Daten über eine XML-Schnittstelle erlaubt. Bei der Wahl des Programms muss man darauf achten, ob über Felder für Taufe, Geburt und Heirat hinaus weitere Funktionen wie die Erfassung von Paten und Zeugen unterstützt werden. GEDCOM-Programme sind z. B. Pro-Gen V.3.0b (DOS-basiert), Gen_Plus V.13 oder das kostenlose Programm PC-Ahnen 2000.

Anschließend berichtete Junkers von den Aktivitäten der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde e. V., die bereits 1986 mit der systematischen Kirchenbuchverkartung begann. Junkers verwies dabei insbesondere auf das Projekt „VK-Tabelle“, das sich eine programmunabhängige Erfassung der Kirchenbücher zum Ziel gesetzt hat.2 Bislang sind aus diesem Projekt vier DVDs mit Daten aus dem Bonner Raum hervorgegangen.

Als besonders zukunftsweisend bezeichnete Junkers die Ambitionen des Vereins für Computergenealogie e.V., Ortsfamilienbücher im Internet zur Verfügung zu stellen.3 Dort sind zur Zeit 130 Ortsfamilienbücher abrufbar.). Im Unterschied zu gedruckten Publikationen sind sie auf diese Weise weltweit verfügbar, verursachen nur geringe Kosten, erhöhen die Kontaktmöglichkeiten und sind jederzeit aktualisierbar.

Zum Schluss stellte Junkers fest, dass es trotz diverser Richtlinien und Empfehlungen der genealogischen Vereine immer noch große Unterschiede in der Form der Ortsfamilienbücher gibt. In der anschließenden Diskussion wurde außerdem die Frage nach der Anschlussfähigkeit mit archivischen Erschließungsstandards wie die SAFT-DTD und EAD gestellt. Auch hier bietet der GEDCOM-Standard eine wichtige Schnittstelle zwischen Genealogen und Archiv.

Der Vortrag von Michaela Hohkamp (Freie Universität Berlin) und Astrid Reinecke (Georg-August-Universität Göttingen): „Die Tante: eine Beziehung im Familien- und im Datennetz“ ging auf die Frage ein, welche Sichtweise auf Abstammungszusammenhänge gängige Genealogieprogramme vermitteln und welche Erkenntnisse bei der Betrachtung der Seitenverwandten, v.a. der Tante als „Schlüsselfigur“ gewonnen werden können. Die Referentinnen betrachteten zunächst die Programme kritisch, die eine patrilineare Perspektive fördern. Sie stellten ein weitaus komplexeres Programm (Kleio) vor, das eine erweiterte historische Fragestellung ermöglicht. Wird die Seitenverwandtschaft bei der Datenerfassung einbezogen und der Fokus z. B. mit der Tante auf eine weibliche Seitenverwandte gerichtet, so zeigt die graphische Darstellung der Datenbank das Vernetzungspotenzial dieser Verwandten und damit ihre Bedeutung. Die Darstellung durch einen Graphen (Animation mit dem Programm „Payek“) ohne Hierarchien hat zudem folgende Vorteile: Unwichtiges kann leichter ausgeblendet werden, und verwandtschaftliche Schlüsselstellen („Torwächter“) werden sichtbar. Das Beispiel der graphischen Darstellung des Verwandtschaftsnetzwerkes im Stadtrat von Esslingen in den Jahren 1803 bis 1849 offenbart die Bedeutung der Onkel-Neffe-Verbindungen. Somit ist die Darstellung in solch einer Datenbank und durch einen Graphen auch ein Hilfsmittel zur Netzwerkanalyse, das sich Familienforschern anbietet.

Nach der anschließenden Mittagspause wurde den Teilnehmern die Gelegenheit gegeben, das Staats- und Personenstandsarchiv Detmold von innen und die Bandbreite genealogischer Quellen kennen zu lernen. Angeboten wurde eine allgemeine Führung durch das Personenstandsarchiv für „Newcomer“ sowie zwei Spezialführungen zu den unterschiedlichsten genealogischen Quellen.

Datenbank basierte Forschung einerseits und archivfachliche Anforderungen (v.a. an elektronische Daten) andererseits fordern geradezu einen engeren Kontakt zwischen Forschung und Archiv heraus. In einzelnen Fällen gibt es bereits eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Laien-Forschern und Archiven, z. B. im Rahmen der „Verkartungs-Projekte“ für die Edition Detmold. In Bremen (traditionsreiche Zusammenarbeit mit Die MAUS e.V.) und in den Niederlanden (Genlias-Projekt) weist die Kooperation von Ehrenamtlichen und dem Archiv auf weitere vielversprechende Wege bei Erschließungsarbeiten, Beratungs- und Recherchediensten. Im Nachmittagsblock der Tagung wurden diese und andere Kooperationsmöglichkeiten zwischen Familienforschung und Archiv anhand von konkreten Beispielen ausgelotet.

Rudolf Voss, Vorsitzender der MAUS – Gesellschaft für Familienforschung in Bremen e. V., stellte in seinem Vortrag „Die Maus und das Staatsarchiv: Beispiel Bremen“ die Möglichkeiten einer erfolgreichen Kooperation zwischen Archiv und Familienforschern vor. Die MAUS wurde 1924 als familienkundlicher Verein gegründet. Da das Bremer Staatsarchiv die Zentralstelle für Bremische Familienforschung darstellt – seit 1926 befinden sich hier die Kirchenbücher der Gemeinden Bremens und des Umlands – ist die MAUS eng mit dem Archiv verbunden; sie verfügt im Haus des Staatsarchivs über Arbeits- und Bibliotheksräume. Ein Drittel der Besucher des Staatsarchivs wendet sich mit ihren familienkundlichen Anfragen an die MAUS. Die ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter der Gesellschaft bearbeiten auch schriftliche Anfragen kostenlos. Für die Nutzung der Archivalien zahlt der Verein keine Gebühr. Jedoch nicht nur im Bereich der Beratung oder Recherchetätigkeit ist die MAUS ein Kooperationspartner des Archivs – auch die Erschließung und Publikation sind Tätigkeitsfelder des Vereins. Die Mitglieder beteiligen sich an der Digitalisierung von Kirchenbüchern und Nebenquellen der Bremischen Kirchspiele, um sie online zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise ist bereits eine Reihe von Ortsfamilienbüchern entstanden. Darüber hinaus hat die MAUS an weiteren Online-Datenbanken mitgewirkt (Auswanderung aus Bremen, Genealogische Nebenquellen). Das Bremer Kooperationsmodell hat sich im Laufe der Jahre als überaus fruchtbar für beide Seiten erwiesen.

Im letzten Vortrag berichtete Bettina Wischhöfer, Leiterin des Landeskirchlichen Archivs in Kassel, von ihren Erfahrungen mit der Kooperation von ehrenamtlichen Mitarbeitern und Archiv, dem sogenannten „friendraising“. Dieser Begriff steht für die Notwendigkeit für das Archiv, Unterstützung von außen zu finden. Dies geschieht in Kassel durch die Gewinnung von Freiwilligen, die mit neuen Ideen Innovationen ermöglichen und die Handlungsfähigkeit des Archivs sichern. Die Ehrenamtlichen werden dafür zweimal jährlich im Bereich der Archivpflege geschult. Auf diesem Wege konnte das Landeskirchliche Archiv bereits mehrere Ausstellungen realisieren, historische Karten erstellen sowie eine Postkartenserie publizieren. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter haben zudem von 1994 bis 2006 ein Drittel der Verzeichnung von Pfarr- und Dekanatsarchiven geleistet. Des Weiteren bestehen Kooperationen mit der Archivschule Marburg und mit der Universitätsbibliothek Kassel.

Für Genealogen interessant wird in Zukunft das Internetportal www.kirchenbuchportal.de sein, das zunächst eine archivübergreifende Bestandsübersicht und langfristig die Bereitstellung von digitalisierten Kirchenbüchern anstrebt. Wischhöfer warnte in diesem Zusammenhang eindringlich vor Kirchenbüchern, die auf Flohmärkten oder in Internetauktionen angeboten werden. Diese sind fast immer den Kirchengemeinden unrechtmäßig entwendet worden und sollten dem zuständigen Archiv gemeldet werden.

In der anschließenden von Bettina Joergens, Leiterin des Dezernats Personenstandsarchiv im Staats- und Personenstandsarchiv Detmold, moderierten Podiumsdiskussion wurde schnell deutlich, dass eine Kooperation zwischen Genealogen bzw. Freiwilligen und Archiven grundsätzlich wünschenswert ist. Wie und unter welchen Bedingungen Freiwilligen-Arbeit umgesetzt werden kann, wurde z.T. kontrovers diskutiert, wie etwa das Konzept des „friendraising“. Gerade die Ansicht, dass ein Archiv auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen sei, um seine Kernaufgaben wahrzunehmen, wurde aus Archivarssicht als sehr problematisch gesehen. Die Grenze zwischen jahrelang ausgebildeten Archivaren und fortgebildeten Laien verschwimmt hier zu sehr. Andererseits wurde jedoch die regelmäßige Schulung der Freiwilligen positiv aufgenommen.

In den Vorträgen, die in der Schlussdiskussion noch einmal aufgegriffen wurden, hatten sich drei Kernbereiche herauskristallisiert, in denen eine Beteiligung ehrenamtlicher Mitarbeiter möglich ist: Erschließung (die auf diese Weise tiefer gehend geleistet werden kann, als es den Archivaren möglich ist), Verkartung und Beratung. Zu der Frage, wie eine solche Kooperation von Genealogen und Archiv konkret gestaltet werden kann, wurden verschiedene Ideen gesammelt. Als besonders wichtig wurde die frühzeitige Zusammenarbeit erachtet, um ein gemeinsames Anforderungsprofil für die Freiwilligen festzulegen. Dazu zählen bei Erschließungsarbeiten v. a. die Auswahl der zur Bearbeitung vorgesehenen Bestände sowie die Festlegung von Erschließungsstandards. Darüber hinaus ist eine Schulung der Laien sinnvoll, um eine gewisse Qualität zu sichern und die Ehrenamtlichen mit archivgesetzlichen und datenschutzrechtlichen Bestimmungen vertraut zu machen. Jacques van Rensch aus Maastricht berichtete eindrucksvoll vom Genlias-Projekt in den Niederlanden, in dem Genealogen und Archive sehr fruchtbar zusammenarbeiten. Er nannte v. a. die Bereitstellung von geeigneten Räumlichkeiten sowie gemeinsame Aktivitäten von Archivaren und Freiwilligen als wichtige Elemente, um den Ehrenamtlichen eine Anerkennung ihrer Arbeit zu geben und sie auf diese Weise langfristig an das Archiv zu binden.

Als eine wichtige Kontaktbörse zwischen Genealogen erläuterte Marie-Luise Carl das Internetportal GenWiki. Die Datenbank wird von Ehrenamtlichen „gefüttert“ und sogar betreut. Diskutiert wurden die Möglichkeiten, wie dieses Portal auch zur Kooperation mit den Archiven genutzt werden kann.

Dieses Thema war bereits auf der letzten Tagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Genealogische Verbände (DAGV) zum Teil kontrovers diskutiert worden. Hermann Metzke, der Vorsitzende der DAGV, berichtete davon.

Einen problematischen Aspekt griff schließlich Hohkamp auf, indem sie auf die Fehleranfälligkeit von Abschriften hinwies. Um diese Fehler so gering wie möglich zu halten, müssten die Kirchenbuchabschriften von einer dritten Person kontrolliert werden. Dieser Einwurf sorgte zunächst für etwas Unmut im Publikum, doch das Problem der Qualitätssicherung ist nicht von der Hand zu weisen und muss im Auge behalten werden.

Abschließend kann festgehalten werden, dass die Kooperation zwischen „Profis“ und „Laien“ sehr fruchtbar sein kann, wenn die geeigneten Rahmenbedingungen und Regelungen vorhanden sind. Die Ausgestaltung dieser Zusammenarbeit liegt in der Hand beider Seiten. Ein wichtiger Schritt hin zu einer engeren Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen professionellen Genealogen, Familienforschern, Wissenschaftlern und Archivaren wurde mit dem diesjährigen Sommergespräch gemacht.

Anmerkungen:
1 Weitere Informationen unter: <http://www.langzeitarchivierung.de> (06.09.2007)
2 <http://wiki.genealogy.net/wiki/VK-Tabelle> (06.09.2007)
3 <http://www.ortsfamilienbuecher.de> (06.09.2007)


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