Die Jahrestagung 2010 der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts (DGEJ) fand diesmal am Interdisziplinären Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (IZEA) sowie in den Franckeschen Stiftungen zu Halle statt. Thema waren „Die Sachen der Aufklärung – Matters of Enlightenment – La cause et les choses des Lumières“. Konzeption und Organisation der Tagung oblagen dem IZEA, in Zusammenarbeit mit dem Exzellenznetzwerk „Aufklärung – Religion – Wissen“ und den Franckeschen Stiftungen zu Halle. Gefördert wurde die Veranstaltung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), das Kultusministerium Sachsen-Anhalt, die Franckeschen Stiftungen zu Halle, das Exzellenznetzwerk „Aufklärung – Religion – Wissen“, die Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg und die Vereinigung der Freunde der Universität Tübingen (Universitätsbund) e.V. Für die wissenschaftliche Leitung zeichneten Frauke Berndt (Tübingen) und Daniel Fulda (Halle), der Geschäftsführende Direktor des IZEA, verantwortlich.
Im Fokus der Tagung stand das Spannungsverhältnis zwischen der vernünftig begründeten Sache der Aufklärung und den sinnlich-konkreten Sachen, wobei diese beiden Pole, den Veranstaltern zufolge, weniger als Gegensätze zu verstehen seien, als vielmehr erst in ihrem Wechselspiel das gesamte Spektrum der Aufklärung abbildeten.
UDO STRÄTER (Halle) und LAURENZ LÜTTEKEN (Zürich) begrüßten die Tagungsteilnehmer/innen in der festlichen Aula des Löwengebäudes der Universität zu Halle. Sträter stellte dabei die produktive Rolle der Universität Halle für die Epoche der Aufklärung heraus: Von hier seien entscheidende Impulse, beispielsweise in der Ästhetik und der Rechtslehre, für die Aufklärung ausgegangen. Historisch betrachtet, stelle Halle zudem als Zentrum des Pietismus den Schauplatz einer der wichtigsten protestantischen Erneuerungsbewegungen dar. Heute bewiesen unter anderem der neu eingerichtete Masterstudiengang sowie das Graduiertenkolleg “Aufklärung – Religion – Wissen“, dass Halle zu den exzellenten akademischen Standorten der Aufklärungsforschung gehöre.
In ihrer anschließenden Einführung skizzierten FRAUKE BERNDT (Tübingen) und DANIEL FULDA (Halle) das Konzept der Tagung: Die Sachen der Aufklärung zu diesem Zeitpunkt in den Blick zu nehmen, impliziere keinen turn von der Sache der Aufklärung (dem Geistigen) hin zu den Sachen (den Materialien). Erst aus der Relation zwischen der Sache und den Sachen lasse sich ein komplexeres Epochenmodell und -verständnis entwickeln als das, welches die jeweils einseitigen Interessen der Intellectual History oder der Material Culture Studies abbilden könnten. Die Doppeleinheit Sache/Sachen als Kehrseiten einer Medaille zu betrachten, führe zu einer neuen Vielfalt der Befunde, die den Umgang mit der Epoche komplexer mache: Denn einerseits werde der Gehalt der Sachen erst durch die Sache, in deren Dienst sie stehen, definiert, andererseits könne sich die Sache nur dann durchsetzen, wenn sie sich anhand von konkreten Sachen manifestiere. Mit der Herangehensweise, Sache und Sachen gleichberechtigt in ihrer Interferenz zu untersuchen, nehme die Tagung eine grundlegende Frage der Kulturwissenschaften auf, nämlich die, ob Kultur, nach Andreas Reckwitz, „in erster Linie auf der Ebene von Diskursen (oder Texten oder Symbolsquenzen) oder auf der Ebene (körperlich verankerter) routinisierter sozialer Praktiken situiert werden soll“. Mit der Hinwendung zu den Sachen sei somit in den vergangenen Jahren eine neue Phase der Aufklärungsforschung eingeleitet worden, deren Entwicklungen und aktuelle Tendenzen die Tagung aufnehmen und in zwölf Sektionen zur Debatte stellen wolle.
Die zwölf parallelen Sektionen behandelten folgende thematische Schwerpunkte: „Redesachen“ (Sektionsleitung: Carsten Zelle, Bochum), „Streitsachen“ (Marian Füssel, Göttingen), „Sinnliches Erfassen der Sachen“ (Ulrike Zeuch, Wolfenbüttel/Göttingen), „Medialität der Sachen“ (Stephan Kammer, Berlin/Düsseldorf), „Schöne Sachen“ (Joachim Jacob, Gießen), „Gedächtnis der Dinge“ (Christiane Holm, Weimar), „Empirie der Tatsachen“ (Olaf Breidbach, Jena), „Schaustücke und Lehrmodelle“ (Thomas Müller-Bahlke/Holger Zaunstöck, Halle), „Fall und Fallgeschichte“ (Yvonne Wübben, Bochum), „Spielsachen und Luxusgüter“ (Dominik Schrage, Dresden), „Wertsachen“ (Martin Krieger, Kiel) und „Kultobjekte“ (Udo Sträter/Christian Soboth, Halle). An der international ausgerichteten wie interdisziplinär angelegten Tagung nahmen 95 Referent/innen aus zwölf Nationen und unterschiedlichen Fachdisziplinen sowie zahlreiche in- und ausländische Gäste teil. Zum Kreis der Vortragenden gehörten zudem erfreulich viele Doktorand/innen und Nachwuchswissenschaftler/innen.
Aufgabe der jeweils den Sektionen vorgeschalteten Plenarvorträge war es, die konzeptuelle Verbindung von programmatischer Sache und empirischen Sachen in Szenen ihres Zusammenspiels an zentralen interdisziplinären Schnittstellen der Aufklärung weiter zu verfolgen. So zeichnete HEINZ J. DRÜGH (Frankfurt am Main) in seinem Vortrag ein facettenreiches Bild von „Wilhelm Meisters Sachen“, die bislang weniger im Fokus des Forschungsinteresses gestanden hätten, als dies etwa beim „Werther“ der Fall sei: Folge man dem Gros der Stimmen der Aufklärungsforschung, so könne man, nach Drügh, den Eindruck gewinnen, „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ seien geradezu „sachenlos“. Dagegen wies er überzeugend nach, dass gerade mittels der Sachen Wilhelm Meisters nicht nur auf der Text-, sondern auch auf der Diskursebene Luxus und Überfluss als moralische und insbesondere ästhetische Kategorien präsent seien. In der lustvollen Aneignung der Sachen sowie der „Überwucherung“, dem Luxurieren textökonomischer Strukturen, liege das „Wilhelm-Meisterliche“. Dabei sei nicht allein die Häufigkeit, mit der die Sachen im Roman thematisiert werden, ausschlaggebend, sondern auch das Übersehen oder Marginalisieren von Sachen. Bei „Wilhelm Meister“ handele es sich, so Drügh abschließend, um einen epochenreflexiven Roman, weil er einen breiten Aufklärungsbegriff einfordere.
BERTRAM SCHEFOLD (Frankfurt am Main) untersuchte in seinem Vortrag „Bedürfnisse und Gebrauchswerte in der deutschen Aufklärung“ das Verständnis der Epoche von wirtschaftlicher Produktion und Austausch in unterschiedlichen Theorien, angefangen bei Aristoteles über die Kameralisten hin zu Vertretern der ‚ökonomischen Klassiker‘ und der ‚Historischen Schule‘. Im ökonomischen Denken der Aufklärung, so Schefold, markiere François Quesnay, der Begründer der Physiokratie, einen entscheidenden Wendepunkt, da er zum ersten Mal ein ökonomisches Modell entwerfe. Die Produktion von Waren beruhe bei Quesnay auf dem tableau économique, einem mechanischen System, das von der Landwirtschaft getragen werde. Die Sachen der Aufklärung erschienen hier gleichsam in einem Rohzustand. Formverändert durch das Handwerk, würden sie zunächst zu (teuren) Repräsentationsgegenständen, um dann in einem letzten Schritt zu massenhaften Objekten des Konsums zu avancieren.
Wie sich das Glücksspiel, trotz der ambivalenten Haltung der Aufklärung zu Lotterien und ähnlichem, für die Episteme Ökonomie und Anthropologie als nutzbringend und modellbildend erwiesen habe, analysierte PETER SCHNYDER (Neuchâtel) in seinem Vortrag „Aufklärung als Glückssache? Zu einer Wissensgeschichte des Hasardspiels im 18. Jahrhundert“. So sei durch die Wahrscheinlichkeitsrechnung eine neue Haltung zum Zufall entstanden und das Kalkül, welches das Glücksspiel erfordere, auf institutionelle und ökonomische Bereiche des bürgerlichen Lebens angewandt worden. In der Anthropologie und der Psychologie verwandele sich der Spieltisch in ein „Labor“: Der Mensch werde beim Spielen beobachtet und dabei zum Paradigma des denkenden Subjekts erhoben. Die Erfahrungsseelenkunde dagegen behandele den Spieler als krankes Genie, Spieltätigkeit und -sucht als Antrieb für künstlerisches Schaffen (Lessing). Damit einher gehe, so Schnyder, die dichtungstheoretische Aufwertung des Spiels als solches.
ELENA ESPOSITO (Modena-Reggio Emilia) thematisierte in ihrem Vortrag „Die Entdeckung des Vergessens: Die Mode im 18. Jahrhundert“ zeitliche und gedächtnistheoretische Aspekte der Mode. Die Mode postuliere bereits im 17. Jahrhundert Neuheit als einen Wert und mache diesen zur Bedingung des Gefallens. Damit sei eine Strategie der Kontingenzbewältigung verbunden: Mode eröffne dem Individuum die Möglichkeit, sich in einem Ordnungsgefüge, welches der permanenten Transformation unterliege, stetig neu zu konstituieren; Kohärenz sei demnach – paradoxerweise – durch Veränderung möglich. Mit der Mode ließe sich somit ein bestimmtes Gedächtnismodell verbinden, dem ein komplexes Verständnis zugrunde liege, das sich durch die Ambivalenz von Erinnern und Vergessen definiere. Mittels der Mode eröffne das Vergessen also eine neue Form des Erinnerns.
In seinem Vortrag „Geschichte, Philosophie, Mathematik? Zur Verortung der Experimentalwissenschaften in der Aufklärung“ demonstrierte FRIEDRICH STEINLE (Wuppertal), wie das Experiment in der Verschaltung von ratio und actio zur zentralen Arbeitsmethode und zum Erkenntnis generierenden Instrument in der naturwissenschaftlichen Forschung der Aufklärung avancierte. Die Arbeit am Objekt, so Steinle, setze sich im 18. Jahrhundert auf breiter Front durch, nicht zuletzt aufgrund der Erfolge, welche die Naturforschung im Bereich der Elektrizität verbuchen könne. So werde das Experimentieren Teil des schulischen Unterrichts; auf Ebene der Hochschulen fänden zahlreiche Akademiengründungen statt, was eine fortwährende Ausdifferenzierung der naturwissenschaftlichen Disziplinen bewirke. Der Drang der Aufklärung, Annahmen und Theorien beweisen zu wollen, mache das Experiment zu einer integralen Sache der Epoche.
Was sind die ‚Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis‘, die über Aufklärung erlangt werden kann? ALBERTO POSTIGLIOLA (Neapel) erörterte im letzten Plenarvortrag „Les Lumières comme catégorie et comme époque dans la recherche contemporaine“ definitorische Probleme, nationale Besonderheiten und aktuelle Rezeptionslinien des Feldes Aufklärung in synchroner und diachroner Perspektive.
Der Kulturwissenschaftler HARTMUT BÖHME (Berlin) legte in seinem öffentlichen Abendvortrag über „Monumente, Dokumente, Wissenschaften. Aporien der Aufklärung bei Alexander von Humboldt“ dar, wie Alexander von Humboldt das Antikenbild europäischer Kolonisten als deren geistige Grundlage zur Eroberung fremder Kulturen erkannt habe – wie also beispielsweise Christoph Kolumbus’ Eroberung Amerikas zu einer „Eroberung durch Nachdenken“ und wie eine tatsächliche Reise zu einer „Fantasiereise“, einer Reise in eine mythologische, konstruierte Welt werden konnte. Beeinflusst von seinen eigenen Eindrücken Südamerikas und in seiner selbst gewählten Funktion als Beobachter fremder Kulturen überschreite Alexander von Humboldt das Vorbild einer antiken Leitkultur, nutze diese aber weiterhin als ‚Vergleichskultur‘ zu indigenen Kulturen. Die vorweggenommene Globalisierung, welche sich in der Kolonialisierung manifestiere, könne, so Böhme, als Zeichen einer Kontinuität der Aufklärung verstanden werden.
Nach den Plenarvorträgen wurden die unterschiedlichen Themenfelder in den zwölf Sektionen auf breiter Materialbasis diskutiert. Im Folgenden sollen daher die Zielsetzungen der Sektionen sowie einzelne Sektionsvorträge genauer beleuchtet werden. Das gesprochene bzw. geschriebene Wort war für das Anliegen der Aufklärung von zentraler Bedeutung, weshalb die erste Sektion, „Redesachen: Gegenstände der Rhetorik“ auf unterschiedlichen Ebenen aufzeigen sollte, wie sich im rhetorischen System des 18. Jahrhunderts einige Paradigmenwechsel vollzogen, wie etwa res und verba zusammenfielen oder eine ausgeschmückte Beredsamkeit in Verdacht geriet, während Deutlichkeit und Klarheit, welche der Vermittlung der Sache dienlich waren, zum Maßstab erhoben wurden. Welchen Ort Kant dem Beispiel zuweist und wie sich Rhetorik, Logik und Epistemologie in dieser Figur verbinden, analysierte CAROLIN BLUMENBERG (Potsdam/Frankfurt an der Oder) in ihrem Vortrag „Die Figur des Beispiels bei Kant“. Das Beispiel solle, so die Referentin, die Natur der Sache, eine objektive Realität, darstellen und nicht länger als praktisches Exempel oder Symbol aufgefasst werden. Kant verabschiede sich dadurch erstens von traditionellen rhetorischen Überlegungen zu der Figur des Beispiels und gehe zweitens gegen die Metaphysik an, da nun nur noch Beispiele, die etwas Konkretes demonstrierten, Erkenntnis generieren könnten.
Da die Aufklärung ihre Sache nicht nur vermitteln, sondern sie auch zur Verhandlung stellen wollte, lässt sich der Streit als wesentliches Merkmal dieser selbstreflexiven Epoche begreifen: Die zweite Sektion, „Streitsachen: Akteure, Praktiken und Situationen“ fragte nicht nur nach den Themen und Anlässen der Kontroversen, sondern auch nach den Formen, Mitteln und der Wirkungsmächtigkeit des Streitens als Praxis. HEIKO POLLMEIER (Berlin) zeigte in seinem Vortrag „Une affaire de dispute polémique. Der französische Streit um die Blatterninokulation (1754-1774). Akteure, Praktiken, Medien“, wie der Streit um das Prophylaktikum zu einer der ersten öffentlichen Debatten im Frankreich nach 1750 avancierte. Der Gegenstand werde dabei sowohl auf ethischer, theologischer und medizinischer als auch auf mathematischer Ebene verhandelt, wobei man die Inokulation nicht selten stellvertretend für eine übergeordnete Fragestellung diskutiere. Die expandierenden Medien als Ort der Auseinandersetzung würden gezielt von den Streitparteien eingesetzt und sorgten dafür, dass sich breite Teile der Bevölkerung eine Meinung über die Streitsache bilden könnten. Der Vortrag veranschaulichte, wie in der Aufklärung eine moderne Öffentlichkeit hergestellt wurde und wie eine konkrete Streitsache generelle Fragen über Normen und Richtlinien des Zusammenlebens aufwerfen konnte.
Sowohl Rede als auch Streit standen in der Aufklärung in epistemischem Zusammenhang mit der Aufwertung der unteren Erkenntnisvermögen. In der dritten Sektion, „Sinnliches Erfassen der Sachen: Ästhetik als neue Wissenschaft“ wurde diskutiert, dass die sogenannte ‚Aufklärung von unten‘ beim ‚ganzen Menschen‘ ansetzte, so dass die Anthropologie als (Inter-)Disziplin ins Zentrum der Episteme rückte. BARBARA THUMS (Tübingen) erörterte in ihrem Vortrag „‘Kann die Phantasie etwas geben, was sie nie empfangen hat?‘ – Geister sehen und Geister beschwören als ‚Sache‘ von Aufklärern und anderen Liebhabern des Sinnlichen“ die Rolle der Einbildungskraft in der Wahrnehmung und das damit verbundene Spannungsverhältnis zwischen Natürlichem und Künstlichem. Die Befürchtung, diese Pole nicht mehr klar voneinander unterscheiden zu können, erzwinge eine Schulung der Wahrnehmung, wie sie in Schillers „Geisterseher“ verhandelt werde: Die Handlung unterliege dem Prinzip der Zerstreuung, der Rahmen des Werkes sei eine Fallgeschichte und die Binnenstruktur die einer Novelle; diese Verschiebung mache eine Unterscheidung zwischen Fakt und Fiktion unmöglich, schärfe aber die Aufmerksamkeit des Lesers. Schillers „Geisterseher“ bewerte die mögliche Vermischung zwischen Fakt und Fiktion als Gefahr, was vom Diskurs der Aufklärung so weiterverfolgt werde. Thums zeigte auf, wie die ‚Sache‘ Geister und Gespenster auf ästhetischer Basis verhandelt wurde und wo hierbei die Schnittstellen zu Anthropologie, Philosophie und Pädagogik lagen.
In der vierten Sektion, „Medialität der Sachen: Materialität der Kommunikation“ wurde vor dem rhetorisch-anthropologischen Hintergrund die Trias Schriftlichkeit, Mündlichkeit und Bildlichkeit fokussiert: Weil die Medien im 18. Jahrhundert einen starken Aufschwung erlebten, konnte das Projekt der Aufklärung breitenwirksamer kommuniziert werden. Dabei entwickelten sich nicht zuletzt diese Medien selbst zu einer Sache der Aufklärung. SIBYLLE BENNINGHOF-LÜHL (Hamburg) demonstrierte in ihrem Vortrag „Vom Buch als Schaukasten: Die Holzbibliothek von Carl Schildbach“ anhand dieses prägnanten Beispiels, wie Holzbibliotheken – Sammlungen kleiner hölzerner Naturalienkabinette in Buchform – zum Medium der Agraraufklärung geworden seien. Die Holzbücher gäben mittels beigefügter Handschriften und Naturalien Auskunft über forstwirtschaftliche Nutzung und botanisches Wissen. Dabei sei eine Holzbibliothek enzyklopädisch angeordnet und auf das anschauliche Betrachten angelegt, verfolge also einen didaktischen Zweck, könne aber darüber hinaus auch der Repräsentation dienen. Derart konnte der Vortrag nachzeichnen, wie sich ‚der Bürger zum Sammler‘ entwickelte und wie sich die zunehmende Wichtigkeit einer Funktionalisierung des Agrarsektors in den Holzbüchern als Sache der Aufklärung niederschlug.
Eng mit der Entwicklung von Medien in der Aufklärung war die Tatsache verbunden, dass auch in den einzelnen Künsten die Sinnlichkeit in den Vordergrund trat. In der Folge wurde in der Ästhetik das Konzept der Allegorie durch das des Symbols abgelöst. Die fünfte Sektion, „Schöne Sachen: Deutung und Bedeutung der Künste und ihrer Geschichte“ widmete sich deshalb der Theorie (der Sache) und der Praxis (den Sachen) der Sinnlichkeit. GABRIELLA CATALANO (Rom) wies in ihrem Vortrag „Vor Augen führen – Die Text-Bild-Konstellation in Winckelmanns ,Monumenti antichi inediti'“ nach, wie die Illustrationen, welche Winckelmann seinen kunsttheoretischen Beschreibungen hinzufügte, die Materialität der Objekte unterstrichen hätten. Die Interdependenz zwischen Bild und Text sowie deren Fixierung wiesen zugleich darauf hin, dass Winckelmanns Texte als eine Art Erinnerungsraum zu verstehen seien, in dem die antiken Werke musealisiert würden.
Die sechste Sektion, „Gedächtnis der Dinge: Materialität von Erinnerungsobjekten und Gedächtnismodellen“ setzte sich dann vor allem mit den konkreten Erinnerungsdingen und -praktiken der Aufklärung auseinander, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Fragen des Raums und der Zeit, der Repräsentation sowie des kulturellen Archivs lag. Zu zeigen war, wie individuell erinnerte Sachen zur kulturellen Sache transformiert werden. So präsentierte ANETT LÜTTEKEN (Bern) in ihrem Vortrag „Gelehrte Köpfe – Porträtprogramme europäischer Porzellanmanufakturen im Vergleich“ Porzellanporträts als Sache der Memorialkultur der Aufklärung: Sie zeichnete nach, wie sich Porträts auf Porzellan, zunächst vornehmlich mit hagiographischen Hintergrund, einer immer größeren Beliebtheit erfreuten und, so Lütteken, zu einer Demokratisierung der Erinnerungskultur beitrugen. Signifikant dabei sei die Auswahl und Kombination, in der ‚Dichter und Denker‘ zusammenkämen, welches Rückschlüsse auf die Bildung eines literarischen Kanons mittels der Porträtprogramme erlaube. Auch die Rolle des Kulturtransfers wurde beleuchtet. So widmete die Manufaktur Weserbergland gerade englischen Schriftstellern Porträts, was auf Anregung des in Braunschweig tätigen Anglisten J. A. Ebert erfolgt sei, der zwischen England und Braunschweig auch als politischer Berater vermittelte.
Während der Aufklärung wurde vor allem in den Naturwissenschaften die Empirie, also die experimentelle Forschung am Objekt, zum Erkenntnisgegenstand per se erhoben. Die siebte Sektion, „Empirie der Tatsachen: Sachverstand in Beobachtung und Versuchsanordnung“ erörterte daher, wie die Entwicklung neuer Verfahren und Apparate vorangetrieben wurde, so dass man – im Sinne des Programms der Aufklärung – einer (laienhaften) Öffentlichkeit Teilhabe an den neuen Erkenntnissen verschaffen konnte. Der Vortrag „Experimentelles Handeln, Laborieren und Probieren am Objekt. Experimentierbücher und Experimentierkästen der Aufklärung“ von GUNHILD BERG (Konstanz) zeichnete nach, wie das Forschen am Objekt vermittelt wurde: Die Experimentierbücher hätten theoretische Anleitungen – vom Versuchsaufbau bis hin zum Festhalten der Ergebnisse – geboten und die Experimentierkästen eine konkrete Ausstattung für Experimente gegeben. Anhand von zahlreichen Beispielen konnte Berg zeigen, dass Experimentierutensilien in Katalogen als Ware ‚für jedermann‘ angeboten wurden und damit eindrücklich vor Augen führen, wie Menschen jenseits der akademischen Sphäre nun zum eigenen Forschen – und damit zum eigenen Nachdenken und Überprüfen – geradezu aufgefordert wurden.
Der Wissenstransfer gewann in der Aufklärung allgemein zunehmend an Brisanz. Die achte Sektion, „Schaustücke und Lehrmodelle: Dingbasierte Bildungskonzepte in Realienunterricht, Museen, Wissenstransfer“ beschäftigte sich deshalb mit der Frage, welche Stellung die Sachen – in singulärer Erscheinung oder im Kontext einer Sammlung – bei der praktischen Vermittlung von Wissen und in pädagogischen Konzepten einnahmen. RENATA SCHELLENBERGER (Sackville) beschäftigte sich in ihrem Vortrag „Protocols of Perception in German Museum Culture“ mit den in der Aufklärung diskutierten Schnittstellen zwischen Sammeln und Belehren, dabei Bezug nehmend auf museumstheoretische Schriften von Neickel, Mechel und Winckelmann. Wie Schellenberger zeigen konnte, war das Arrangement der Ausstellungsobjekte immer auch auf Erziehung und Bildung des Besuchers hin ausgerichtet, und wies somit voraus auf moderne Museumskonzeptionen. Der Vortrag demonstrierte, wie die Sachen (Ausstellungsobjekte aus verschiedensten Disziplinen) in den Dienst der Sache (die Erziehung zu einem selbstbewussten Umgang mit Objekten aus Kunst und Wissenschaft) gestellt wurden.
Dass in der Aufklärung schließlich der ‚ganze Mensch‘ ins Zentrum wissenschaftlichen Interesses rückte, führte zur Entstehung ganz neuer Disziplinen: der Anthropologie und der Erfahrungsseelenkunde. Beide beobachten das Individuum, um empirisch fundierte allgemeine Grundsätze über Körper und Seele ableiten zu können. In der neunten Sektion, „Fall und Fallgeschichte: Der Mensch als Sache anthropologischer Diskurse“ ging es darum, zu zeigen, dass Falldarstellungen zum einen medizinisches Wissen vermittelten und dass sie zum anderen dieses Wissen durch ihre narrativen und rhetorischen Formen prägten. Letzteres nahm ROBERT LEVENTHAL (Williamsburg/Wolfenbüttel) in seinem Vortrag „Die Ästhetik der psychologischen Fallgeschichte“ auf. Er beschrieb die 1780er-Jahre als Wendepunkt, weil die Darstellung der psychologischen Fallgeschichte etwa durch Moritz, Herz und Schiller nun auch auf literarischer und ästhetischer Ebene verhandelt werde. Analog zu Baumgartens Vermögenspsychologie diskutiere man in der Fallgeschichte ‚dunkle‘ Vorstellungen, wie sie sowohl in Träumen oder Ahnungen als auch in den Werken der Literatur vorkämen. Die Fallgeschichte in dieser Ausformung, so Leventhal, erweise sich also als genuine Sache der Aufklärung.
Die letzten drei Sektionen erweiterten den traditionellen Rahmen der Aufklärungsforschung noch einmal: Die zehnte Sektion, „Spielsachen und Luxusgüter: Zum Nutzen der unnützen Sachen“ untersuchte, in wie weit Objekte, die vormals allein dem Vergnügen und der Repräsentation dienten, nun für die Sache der Aufklärung fruchtbar gemacht werden konnten. So erörterte FRÉDÉRIC BUßMANN (München) in seinem Vortrag „Luxus und Habitus am Beispiel der Sammlung des Prince de Conti: zur Nützlichkeit aristokratischer Sammlungen im Frankreich der Aufklärung“, wie der französische Hochadel mittels der Anreicherung von kulturellem Kapital seine Position in der Epoche der Aufklärung neu zu definieren, zu verteidigen und zu stärken suchte. Die Dominanz des Adels sei zunehmend in Frage gestellt worden, weshalb er sich Werte der Aufklärung einverleibt und mit höfischen Normen, welche der Distinktion gegenüber dem aufstrebenden Bürgertum dienten, kombiniert habe. Dadurch hätten Luxusobjekte wie die Sammlung des Prince de Conti einen zweckrationalen Sinn, Sache und Sachen würden also auf das Engste miteinander verschaltet.
Die elfte Sektion „Wertsachen: Ökonomie“ zeichnete nach, wie die Sache ‚Ware‘ in der Aufklärung eine positive Neubewertung erfuhr, was zu einem verstärkten, auch systematischen Interesse an Produkten und Produktion führte. BARRY MURNANE (Halle) untersuchte in seinem Vortrag „‚Alchemistische‘ Verschreibungen. Pharmazie als Geldmacherkunst“ exemplarisch die Kontroversen, welche mit dem wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fortschritt der Aufklärung verbunden waren, und zwar dergestalt, dass Sache und Sachen in eine Schieflage zueinander geraten seien. So habe die Pharmazie, eines der wissenschaftlichen ‚Produkte‘ der Aufklärung schlechthin, zwar den Glauben an die Alchemie zurückdrängen können. Die direkte Konkurrenz zwischen Ärzten und Apothekern jedoch führe zu Werbemaßnahmen, die ‚arzneiliche Wunder‘ versprächen. Murnane veranschaulichte, wie sich Medikamente als Sache der Aufklärung zu Konsum- und Luxusgütern entwickelten und wie diese Kommerzialisierung die alchemistische ‚Goldmacherkunst‘ in Form einer modernen ‚Geldmacherkunst‘ wiederbelebte.
Dass mit den wirtschaftlichen, den nutzlosen und/oder schönen sowie mit den wissenschaftlichen Sachen der Aufklärung eine Tendenz zur Fetischisierung verbunden war, wird bereits seit längerem breit erforscht. Obwohl die Aufklärung jegliche Abhängigkeit vom Fetisch verneinte, bestand dennoch ein erhöhter Bedarf an mit Bedeutung aufgeladenen Objekten, sei es im wissenschaftlichen, religiösen oder künstlerischen Kontext. Die zwölfte Sektion, „Kultobjekte: Reliquien, Fetische, Andachtsmedien“ widmete sich daher diesen Sachen sowie den Praktiken ihres Gebrauchs. In ihrem Vortrag „Archive des Glaubens. Die providentia dei im Zettelkasten“ analysierte SHIRLEY BRÜCKNER (Halle), wie Zettelkästen Teil der pietistischen Glaubenspraxis wurden. Das Ziehen von mit Bibelzitaten versehenen Zettelchen generiere sowohl einen Wissens- als auch einen ‚Glaubensschatz‘ und bette – als eine Strategie zur Bewältigung von Kontingenz – die Biographie des Anwenders in einen göttlich-heilsgeschichtlichen Kontext ein. Auch wenn die Zettelkästen öffentlich kritisiert worden seien, so hätten sie sich doch im privaten Gebrauch großer Beliebtheit erfreut. Der Vortrag zeigte eindrücklich, wie stark das Spannungsverhältnis zwischen der Negierung von Objektbezogenheit einerseits und der Faszination für den Fetisch andererseits in der Aufklärung war.
Die skizzierten Vorträge stellen – bei der beeindruckenden Fülle der Referate – notwendig nur eine kleine Auswahl dar. Gerade die Diversität, Pluralität und Interdisziplinarität der Tagungsbeiträge machten deutlich, dass Aufklärung mehr ist als eine philosophische, literarische und kulturelle Bewegung. Die Hinwendung zu den Sachen der Aufklärung ließ die Sache tatsächlich ‚greifbarer‘ werden, brachte Überraschendes und Neues hervor und vertiefte das Verständnis dieser komplexen Epoche. Ebenso erwies sich die Beleuchtung des Gegenstandes ‚von den Rändern her‘ als gewinnbringend für die zukünftige Forschung zur Aufklärung.
Nicht nur die Vorträge im Plenum und in den Sektionen, sondern auch die anregenden Diskussionen, an denen sich auch die Tagungsgäste mit wichtigen Impulsen beteiligten, machten diese wissenschaftliche Veranstaltung zu einem gelungenen akademischen Großereignis.
Die Universität Halle hat sich mit der Jahrestagung der DGEJ einmal mehr als eines der wichtigsten Zentren der internationalen Aufklärungsforschung erwiesen. Darüber hinaus stellten die historischen Gebäude der Franckeschen Stiftungen, welche den Geist von Pietismus und Aufklärung bis heute transportieren, einen idealen Ort für die Tagung dar. Dies lag nicht zuletzt auch am überaus ansprechenden Rahmenprogramm: Führungen durch die Meckelschen Sammlungen, die Franckeschen Stiftungen – vor allem die Wunderkammer – sowie durch die Marienbibliothek veranschaulichten eindrücklich die Aktualität des Tagungskonzepts, indem sowohl das Spannungsverhältnis als auch das Wechselspiel zwischen Sache und Sachen sinnlich erfahrbar wurde.
Konferenzübersicht:
Eröffnung und Begrüßung
Begrüßung durch den Rektor der Universität Halle-Wittenberg Udo Sträter und den Präsidenten der DGEJ Laurenz Lütteken
Einführung
Daniel Fulda (Geschäftsführender Direktor des IZEA) und Frauke Berndt, Tübingen
Plenarvorträge
Wilhelm Meisters Sachen
Heinz J. Drügh, Frankfurt am Main
Bedürfnisse und Gebrauchswerte in der deutschen Aufklärung
Bertram Schefold, Frankfurt am Main
Aufklärung als Glückssache? Zu einer Wissensgeschichte des Hasardspiels im 18. Jahrhundert
Peter Schnyder, CH-Neuchâtel
Die Entdeckung des Vergessens: Die Mode im 18. Jahrhundert
Elena Esposito, IT-Reggio Emilia
Sektionsvorträge
Anmerkungen zur Materialität von Anmerkungen
Manfred Beetz, Halle an der Saale
Aufklärung und Flugpublizistik. Intentionen, Dynamiken und Auswirkungen von „fliegenden“ Publikationen im urbanen Raum um 1700
Daniel Bellingradt, Berlin
Gelehrte Köpfe – Porträtprogramme europäischer Porzellanmanufakturen im Vergleich
Anett Lütteken, CH-Bern
Experiment und Reform. Naturwissenschaftliche Praxis und politisches Handeln im Großherzogtum Toskana
Frank Jung, München
Die Ästhetik der psychologischen Fallgeschichte
Robert Leventhal, US-Williamsburg
Das Spiel als Medium der Verhaltenskodierung in der Edukationsgrafik Daniel Nikolaus Chodowieckis
Jasmin Schäfer, Berlin
Kunst als nutzbringendes Wirtschaftsgut, politisch wirksames Mittel oder den Menschen verderbendes Luxusgut? Sichtweisen der französischen und deutschen Kunstkritik
Dorit Kluge, FR-Clermont-Ferrand
Die Figur des Beispiels bei Kant
Carolin Blumenberg, Frankfurt an der Oder
Die Geburt der pietistischen und literaturkritischen Apologie aus dem Geiste der juristischen Verteidigungslehre um 1700. Einige Beobachtungen zum Verhältnis von August Hermann Francke und Christian Thomasius
Christoph Schmitt-Maaß, Halle an der Saale
Gelehrte Memorialkulturen und Erinnerungskartelle um 1700
Sebastian Kühn, Berlin
Georg Forster et les problèmes de classification
Marita Gilli, FR-Besançon
Der Mensch als epistemisches Ding? Forschungsprogramm und Forschungspraxis im Fallgeschichten-Anhang zu J.G. Krügers Versuch einer Experimental-Seelenlehre
Nicolas Pethes, Bochum
Sein Glück aufs Spiel setzen? – Pragmatik und Performanz sächsischer Lotteriedevisen des 18. Jahrhunderts
Torsten Sander, Dresden
Koch gesucht: »kein Raisonneur, kein Spieler, Säufer und Flucher«. Stellenanzeigen im Leipziger Intelligenzblatt
Katrin Löffler, Leipzig
Deutlichkeit im 18. Jahrhundert (rhetorisch, logisch, ästhetisch)
Davide Giuriato, Frankfurt am Main
Liebkoste Mißgeburthen. Zur Journaldebatte des frühen 18. Jahrhunderts in Deutschland
Wiebke Hemmerling, Greifswald
Getrocknete Blumen: literarische Figurationen sentimentaler Erinnerungspraktiken zwischen modischer Chiffre und intimem Souvenir
Anna Ananieva, Mainz
„die selbst-eigene Erfahrung zuhülffe nehmen“: Der Maschinenbauer Jacob Leupold und die epistemische Zäsur um 1700
Nikola Roßbach, Darmstadt
Der Kasus zwischen Individuum und Paradigma: Fallgeschichten von Hoffmann bis Pinel
Christiane Frey, US-Princeton
‚Mon plaisir‘ ist Herrschaft über Puppen. Die einzigartige Puppenstadt der Auguste Dorothea von Schwarzburg-Arnstadt (1666-1751)
Barbara Potthast, Stuttgart
Poetik des (Eigen-)Interesses: Diderots Erzählung Les deux amis de Bourbonne als literarisches Manifest der Aufklärung
Konstanze Baron, Halle an der Saale
Attraktion. Anziehungsphänomene im Lehrbuch, in der physikotheologischen und in der populärwissenschaftlichen Literatur
Andreas Kleinert, Halle an der Saale
Der Streit um den Kryptojesuitismus als Vehikel der Verständigung über den öffentlichen Umgang mit Texten?
Carmen Götz, Bochum
Gesammelte Dinge: Zur Beziehung von Ding, Text und Gedächtnis in Sophie von La Roches späten Erzählungen Geschichte von Miß Lony (1789) und Herbsttage (1805)
Claudia Bamberg, Frankfurt am Main
Die Elektrisierung der Aufklärung. Zur Funktion der Elektrizität im Wissenssystem des späten 18. Jahrhunderts
Benjamin Specht, Stuttgart
Totus homo oder ganzer Mensch? Zum Auftakt der Anthropologie an der Universität Halle
Stefan Borchers, Berlin
From the Joujou to the Stilt Shoe: Modeling Innovation in the Journal des Luxus und der Moden
Angela Borchert, CA-London
‚Alchemistische‘ Verschreibungen. Pharmazie als Geldmacherkunst
Barry Murnane, Halle an der Saale
Dinge im Vordergrund. Strategien der Sachlichkeit in akademischen Totenreden
Anna Echterhölter, Berlin
Friedrich der Große als Polemiker
Anne Baillot, Berlin
Objekte der Erinnerung, Unterhaltung und Bildung. Goethe zu Hemsterhuis’ Gemmensammlung in Campagne in Frankreich
Marie Wokalek, Berlin
Experimentelles Handeln, Laborieren und Probieren am Objekt. Experimentierbücher und Experimentierkästen der Aufklärung
Gunhild Berg, Konstanz
Der eigene Zeuge. Selbstthematisierung in juristischen Fallgeschichten und Kriminalerzählungen des 18. Jahrhunderts
Thomas Wegmann, Berlin
Ein Denkmal des teutschen Geschmacks und Kunstfleißes? Prachtausgaben um 1800
Matt Erlin, US-St. Louis
Vom Alamode Teufel zur Modesucht? Wertungen des Konsums im langen 18. Jahrhundert
Julia Schmidt-Funke, Mainz
Verziert – überspannt. Zur Sache der Poesie in Lessings Fabel Der Besitzer des Bogens
Florian Schneider, München
Keine Sache der Aufklärung? Denunziation und Denunziationsresistenz im 18. Jahrhundert
Holger Zaunstöck, Halle an der Saale
Handschriften als Erinnerungsobjekte im Musenarchiv von Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Ute Pott, Halberstadt
Expérimenter la nature des plantes. Les causes et les choses d’une nouvelle approche méthodique
Nicolas Robin, Freiburg/Br.
Über die Rolle des Beispiels in den philosophischen Überlegungen Kants
Anna Szyrwińska, PL-Warschau
Luxus und Habitus am Beispiel der Sammlungen des Prince de Conti: zur Nützlichkeit aristokratischer Sammlungen im Frankreich der Aufklärung
Frédéric Bußmann, München
Abendvortrag
Dinge, Daten, Wissenschaften. Aporien der Aufklärung bei Alexander von Humboldt
Hartmut Böhme, Berlin
Plenarvorträge
Geschichte, Philosophie, Mathematik? Zur Verortung der Experimentalwissenschaften in der Aufklärung
Friedrich Steinle, Wuppertal
Metapher – zwischen Ästhetik und Hermeneutik
Ulrich Barth, Halle an der Saale
Sektionsvorträge
Sprache als Sache der Literatur
Dirk Oschmann, Jena
Une affaire de dispute polémique. Der französische Streit um die Blatterninokulation (1754-1774). Akteure, Praktiken, Medien
Heiko Pollmeier, Berlin
Das Fragment als Sache (und Praxis) der Aufklärung
Annette Graczyk, Halle/Berlin
Erstarrung im Bild oder verlebendigende „Erinnerungs-Erbauung“? Überlegungen zum Weimarer Goethehaus
Johannes Grave, FR-Paris
Vom Exemplum der Treue zum Skandalon: der Graf von Gleichen-Stoff in der Literatur des 18. Jahrhunderts
Jesko Reiling, CH-Bern
Unterhaltungskonsum und Aufklärung. Zur Vermarktung und Kommerzialisierung des Vergnügens im Zeichen der aufgeklärten Vernunft
Ulrich Rosseaux, Dresden
Ästhetik als Paradigma einer Entdeckungslogik. Der Beitrag der deutschen Literatur zum aufklärerischen Programm interdisziplinären, problemlösenden Denkens
Christian Sinn, CH-St. Gallen
Es ist die höchste Zeit […] diese Tonführer der Nationen verstummen zu machen. Der Streit um die Sache der Aufklärung im Kontext der Französischen Revolution
Norbert Otto Eke, Paderborn
Adrasteas Sammelwut. Herders Spätwerk zwischen Lesen und Auflesen
Endre Hárs, HU-Szeged
Die Franzensburg in Laxenburg. Habsburgische Dynastie- und österreichische Vaterlandsgeschichte im Zeitalter der bürgerlichen Revolution
Wolfgang Häusler, AT-Wien
Die Afrikabücher in persönlichen Bibliotheken französischer Aufklärer und deren Einflüsse auf die Entstehungsgeschichte von Afrika-Bildungskonzepten in Frankreich im 18. Jahrhundert
El Hadj Ibrahima Diop, SN-Dakar
Faktoid und Fallgeschichte: Medizinische Fallgeschichten des 17. und frühen 18. Jahrhunderts im Lichte frühneuzeitlicher Lese- und Aufzeichnungstechniken
Fabian Krämer, Berlin
Bernhard Rodes Das glückliche Weltalter nach Jesaja (1778): theologie- und frömmigkeitsgeschichtliche Überlegungen zu einem Programmbild der deutschen Aufklärung
Andres Straßberger, Leipzig
Lehrbücher für Mathematik um 1800 zwischen formalen und reallebensweltlichen Bildungsansprüchen
Kerrin Klinger, Jena
Siege, Katastrophen und Geheimnisse. Zum Gedächtnis der Dinge im 18. Jahrhundert
Günter Oesterle, Gießen
Protocols of Perception in German Museum Culture
Renata Schellenberg, CA-Sackville
„Die Sache der Aufklärung kommunizieren“ – Über Popularphilosophie und Rhetorik
Dietmar Till, Berlin
Relationen von Dingen und Praktiken auf den Bildtafeln der Encyclopédie
Silke Förschler, Halle an der Saale
Der Künstler als zentrale Randfigur. Daniel Chodowieckis Cabinet d’un peintre
Martin Kirves, CH-Basel
Opake Reste, Zeitfluchten, Raumzeiten. Dynamisierte Erinnerungstechniken in Spätaufklärung und Klassizismus
Sabine Schneider, CH-Zürich
Das „Akademische Museum“ der Universität Göttingen. Wissensproduktion und Selbstinszenierung im Evidenztheater
Dominik Collet, Göttingen
Petrarcas Katze, Leibnizens Stuhl und Luthers Löffel – Idole der Aufklärung und ihre „Reliquien“
Stefan Laube, Berlin
Vor-Augen-Stellen – Techniken sprachlicher Vergegenwärtigung in Klopstocks Dichtungstheorie
Michael Dimitrov, Düsseldorf
Kann die Phantasie etwas geben, was sie nie empfangen hat? – Geister sehen und Geister beschwören als ‚Sache‘ von Aufklärern und anderen Liebhabern des Sinnlichen
Barbara Thums, Tübingen
Vom Buch als Schaukasten: Die Holzbibliothek von Carl Schildbach
Sibylle Benninghoff-Lühl, Hamburg
Bilder von Gottes Wort – Illustrierte Bibeln der Aufklärung
Saskia Pütz, Hamburg
A Comet and the Balloon – the matter of enlightenment matters
Dragana Grbic, RS-Belgrad
Seltsame Sachen. Ein Silen-Fund in Lüneburg und Hermann von der Hardts Interpretation
Martin Mulsow, Erfurt/Gotha
Anspruch auf Kommunikation und Rhetorik der Unverständlichkeit in Klopstocks weltlicher Lyrik
Laura Benzi, München
Men of science vs. Macaronis. Die Polemik gegen die Amateur Gentlemen in der Royal Society zwischen 1750 und 1785
Caspar Hirschi, GB-Cambridge
Kunst berührt. Zur Funktion des Kitzels in der Wirkungsästhetik der Aufklärung
Christian Metz, Frankfurt am Main
Deponieren und Exponieren im Sammlungsraum: Gleims Sammlungen als Zentrum der geselligen und literarischen Kommunikation
Diana Stört, Tübingen/Halberstadt
Vor Augen führen. Text-Bild-Konstellation in Winckelmanns Monumenti antichi inediti
Gabriella Catalano, IT-Rom
Archive des Glaubens. Die providentia Dei im Zettelkasten
Shirley Brückner, Halle an der Saale
Plenarvortrag:
Les Lumières comme catégorie et comme époque dans la recherche contemporaine
Alberto Postigliola, IT-Neapel
Sektionsvorträge
Redner im Reifrocke. Zur Figur der Rednerin in der Frühaufklärung
Lily Tonger-Erk, Tübingen
Das Papsttum als Streitsache zwischen Konfessionalismus und Aufklärung
Bernward Schmidt, Münster
Die Sachen als Streitsache der Idylle
Uwe C. Steiner, Mannheim
Reliquie, Fetisch und das ICH. Visuelle „Abgötterey“ und epistolare „Heiligthümer“ in Privatkorrespondenzen des 18. Jahrhunderts
Inka Knittel-Kording, Flein
Ästhetische Wahrnehmungen im Spannungsfeld zwischen Text und Bild. Diderot – Goethe – Kauffmann
Annette Simonis, Gießen
Das „Museum der Aufklärung“ und sein Publikum. Zum Besucherbuch von Kunsthaus und Museum Fridericianum in Kassel 1769-1796
Andrea Linnebach, Kassel
Wissenskontrolle als kulturelle Praxis. Heiligen- und Reliquienverehrung in der katholischen Kirche im Jahrhundert der Aufklärung
Andreea Badea, Münster
Die Sache der Allgemeinverständlichkeit. Vom Desiderat zum Makel der Aufklärung
Annette Meyer, München
Schönheit und Bedeutung bei Johann Christian Günther und Barthold Heinrich Brockes
Lothar van Laak, Bielefeld
Musik zwischen Wahrheit und Wissenschaft. Zu einer Epistemologie des Existentiellen als Vorstufe zu einer Ästhetik der Musik
Karsten Mackensen, Halle an der Saale
Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen – Materialität und Sinnlichkeit deutscher Verssprache in der Epoche der Aufklärung
Jürgen Brokoff, Bonn
Hier sind Abbildungen und Modelle von allem, was dazugehört – Schaustücke über das Mittelalter in der Kinder- und Jugendliteratur der Aufklärung
Sebastian Schmideler, Leipzig
(Sonder)Fall Jean Paul. Zu Figurationen post-mortaler Autobiographie
Bastian Reinert, US-Chicago/Berlin
Lessings ‚Prägnante Zeichen‘: Enlightenment Aesthetics and the Eucharistic Sign
Christopher Wild, US-Chicago
Streitprozedur und Streitentscheidung: Handlungspositionen von Prozessbeteiligten im Strafverfahren des 18. Jahrhunderts
Frank Grunert, Halle an der Saale
„Meine Vernunft ist ein Auge und keine Fackel“. Die sinnliche ‚Organisierung‘ der Erkenntnis in der Ästhetik des 18. Jahrhunderts und ihr Einfluss auf die aktuelle Kulturhermeneutik
Stefan Greif, Kassel
Falten und Früchte – Die Materialisierung der Grazie bei Chardin und Boucher
Julia Gelshorn, AT-Wien
Georg Forsters Architekturbeschreibungen vor dem Hintergrund der theoretischen Auseinandersetzung mit der Baukunst in der deutschen Spätaufklärung
Kathrin Holzapfel, Kassel
Wie die Aufklärung Übersicht gewann: Basrelief und Vue d’oiseau
Erdmut Jost, Halle an der Saale
Die gemeinsame Sache – Anthropologie und Ethnologie in der deutschen Spätaufklärung
Han F. Vermeulen, Halle an der Saale
Das wilde Erzählen
Wolfram Malte Fues, CH-Basel
Abschlussdiskussion
Übersicht der Sektionen:
I Redesachen: Gegenstände der Rhetorik (Leiter: Carsten Zelle, Bochum)
II Streitsachen: Akteure, Praktiken und Situationen (Leiter: Marian Füssel, Göttingen)
III Sinnliches Erfassen der Sachen: Ästhetik als neue Wissenschaft (Leiterin: Ulrike Zeuch, Wolfenbüttel/Göttingen)
IV Medialität der Sachen: Materialität der Kommunikation (Leiter: Stephan Kammer, Berlin/Düsseldorf)
V Schöne Sachen: Deutung und Bedeutung der Künste und ihrer Geschichte (Leiter: Joachim Jacob, Gießen)
VI Gedächtnis der Dinge: Materialität von Erinnerungsobjekten und Gedächtnismodellen (Leiterin: Christiane Holm, Weimar/Halle)
VII Empirie der Tatsachen: Sachverstand in Beobachtung und Versuchsanordnung (Leiter: Olaf Breidbach, Jena)
VIII Schaustücke und Lehrmodelle: Dingbasierte Bildungskonzepte in Realienunterricht, Museen, Wissenstransfer (Leiter: Thomas Müller-Bahlke, Halle an der Saale)
IX Fall und Fallgeschichte: Der Mensch als Sache anthropologischer Diskurse (Leiterin: Yvonne Wübben, Bochum)
X Spielsachen und Luxusgüter: Zum Nutzen der unnützen Sachen (Leiter: Dominik Schrage, Dresden)
XI Wertsachen: Ökonomie (Leiter: Martin Krieger, Kiel)
XII Kultobjekte: Reliquien, Fetische, Andachtsmedien (Leiter: Udo Sträter, Halle an der Saale)