Politics within Nineteenth Century Missionary Periodicals

Politics within Nineteenth Century Missionary Periodicals

Organisatoren
Felicity Jensz / Hanna Acke, Exzellenzcluster „Religion und Politik“, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
02.12.2010 - 04.12.2010
Url der Konferenzwebsite
Von
Benedikt Brunner

Anfang Dezember versammelten sich Wissenschaftler/innen aus Australien, den USA, Südafrika, Polen, England, Taiwan und Deutschland im Rahmen eines Workshop des Münsteraner Exzellenzclusters „Religion und Politik in Kulturen der Vormoderne und Moderne“, um die engen Verbindungen zwischen Religion und Politik in Missionszeitschriften des 19. Jahrhunderts zu diskutieren. Die Schnittstellenfunktion der Missionare spiegelte sich in den von ihnen herausgegebenen Periodika wieder, dennoch besteht hier noch immer eine große Forschungslücke. Im Rahmen des von Felicity Jensz und Hanna Acke organisierten Workshops wurden einige zentrale Desiderata angesprochen und eine Vielzahl von Anregungen und Hinweisen für künftige Forschungen gegeben.

In ihren einleitenden Bemerkungen konturierten Felicity Jensz und Hanna Acke einige zentrale Fragestellungen, die im Umgang mit Missionszeitschriften auftreten. Es sei nach Form und Funktion zu fragen, ebenso wie nach den Gründen und der Art und Weise der Gründung der Zeitschrift, ferner seien die Adressaten und die Zirkulation in den Blick zu nehmen. Wie geht die Konstruktion von Wissen in den periodischen Schriften vonstatten, wie werden Identitäten gebildet?

Im ersten Panel „Fashioning the Other“ ging HANNA ACKE (Universität Münster) in ihrem Vortrag den Hygiene-Diskursen in schwedischen Missionszeitschriften nach. In dem in vielerlei Hinsicht marginal erscheinenden Schweden ohne eigenes Kolonialreich diente die protestantische Missionsarbeit als Instrument, um einen Platz unter den „zivilisierten“ Nationen einzunehmen. Ganz konkret geschah dies im Hinblick auf den Körper-Diskurs, indem „richtige“ Kleidung, der „richtige“ Wohnraum und ein „angemessener“ Umgang mit Hygiene im eigentlichen Sinne zur Abgrenzung von „Christ“ und „Heide“ benutzt wurden. Die schwedischen Missionare machten sich hierbei imperiale Ideen und Ideale zu Eigen, ohne den Rekurs auf ein eigenes Kolonialreich.

Das zweite Panel eröffnete JEFF BOWERSOX (University of Southern Mississippi) mit einem Vortrag über zwei Jugendmissionszeitschriften, zum einem den protestantischen Der Leuchturm und zum anderen die katholische Die Wacht. Beide Zeitschriften – mit durchaus nuancierten Unterschieden – bekannten sich zur kolonialen Mission Deutschlands. Während sie sich also als Teil der zu leistenden Missionsarbeit sahen, benutzen die Zeitschriften unterschiedliche Vermittlungstechniken. Sie ähnelten sich insbesondere im Aufruf, in Deutschland aktiv zu werden und seine eigene Frömmigkeit zu vertiefen. Die Missionszeitschriften fungierten also nicht zuletzt auch als Orte in dem sich ein gewisser Nationalismus konstituierte.

LIZE KRIEL (University of Pretoria) wies in ihrem Vortrag „Reading boer sub-imperialism of the 1890s in the Wesleyan Missionary Notices and the Berliner Missionsberichte“ auf die Techniken hin, mit denen man versuchte, im Heimatland den Kolonisierungsprozess so zu präsentieren, dass man sich für das koloniale Vorhaben engagierte. Der Vergleich zwischen Missionszeitschriften in verschiedenen Ländern, die wiederum verschiedene politische Haltungen zum Buren-Sub-Imperialismus hatten, deutet auf eine kulturell spezifische Formulierung der Texte hin. Methodisch vielversprechend ist der Hinweis, die Originaldokumente, die die Missionare ins Heimatland schickten, mit dem zu vergleichen, was letztlich in der Missionszeitschrift gedruckt wurde.

Das sich hieran anschließende Panel beschäftigte sich mit den „Modes of Nationalism“. JEREMY BEST (University of Maryland) stellte in seinem Beitrag „Science for Mission and Empire: The Allgemeine Missions-Zeitschrift and Missionary Nationalism“ besonders die Komplementarität von Mission und Politik heraus. Diese missionswissenschaftliche Zeitschrift wurde nicht müde, immer wieder die Vorteile der Missionsarbeit für den Staat hervorzuheben. Die Evangelisierung würde loyale Untertanen als Nebenprodukt mithervorbringen. Der Gedanke, dass Mission Dienst an der eigenen Nation sei, habe sich zudem durch den 1. Weltkrieg nochmals intensiviert.

FELICITY JENSZ (Universität Münster) setzte sich in ihrem Vortrag mit der Frage auseinander, wie die Form einer Missionszeitschrift ihre Funktion spiegelte. Durch einen Vergleich zweier Zeitschriften der Brüdergemeine, die englischsprachigen Periodical Accounts und das deutschsprachige Missionsblatt, wies Jensz darauf hin, wie die Form einer Zeitschrift, und besonders die Einführung eines Vorworts des Herausgebers, die Unterschiede in der europäischen Politik und in den kolonialen Ambitionen in den Missionszeitschriften reflektierte. Jensz wies darauf hin, dass durch die unterschiedlichen Zielgruppen die kolonialen Kontexte durchaus recht unterschiedlich dargestellt werden konnten, was weiterhin die Imperialistische Agenda der Briten zeigt. Jensz unterstrich den Punkt, dass nicht nur die Inhalte der Missionszeitschriften, sondern auch ihre Form und Funktion, von Historikern betrachtet werden müssen. .

JUDITH BECKER (Institut für Europäische Geschichte, Mainz) verglich in Ihrem Vortrag deutsche und englische Argumentationsweisen in Missionszeitschriften des frühen 19. Jahrhunderts, wobei sie ein besonderes Augenmerk auf das Verhältnis von Nation, Nationalismus und Europa legte. Die europäischen zivilisatorischen „Errungenschaften“ dienten dabei in beiden Ländern als Vorbild für die Missionsarbeit. Der Transfer der europäischen Werte auf die koloniale Ebene scheint aber oftmals gescheitert zu sein.

Das dritte Panel „Creating the Nation“ wurde von CHRISTINE WINTER (University of Queensland) mit einem Vortrag eröffnet, in dem sie zeigte, wie die fränkisch-lutheranische Zeitschrift Freimund im April 1933 verändert wurde. In der Zeit der Weimarer Republik habe diese versucht durch politische Neutralität mit den Problemen der Republik umzugehen. Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung kam es zu fundamentalen Brüchen sowohl in der äußeren Aufmachung, wie auch in den Inhalten. Durch eine enge Anlehnung an das neue Regime habe der Freimund versucht, den Lutheranern in der Disaspora klare Orientierungspunkte und Antworten zu geben.

Im Anschluss sprach GABRIELE RICHTER (Universität Rostock) über „An ,Indigenous´ Lutheran Mission Periodical in German and Australian Ruled ,New Guinea´ in the Pacific and its entangled political nature.” Sie fokussierte hierbei besonders auf den politischen Charakter einer Zeitschrift, deren Texte von einheimischen Christen in Neu Guinea verfasst wurden. Von der „indigenen“ Bevölkerung wurde sie – und dies unterscheidet sie von den meisten anderen Periodika – zum Teil sogar als Sprachrohr der Kritik an der australischen Kolonialmacht genutzt.

Im nächsten Panel „Constructing Missionary Politics“ trug ALBERT WU (University of California, Berkeley und Academia Sinica, Taipei) zu dem Thema: „Narrating Redemption: Autobiographies and Biographies of Converts in Late Nineteenth Century German Missionary Periodicals” vor. Hierbei legte Wu ein besonderes Augenmerk auf die Unterschiede zwischen protestantischen und katholischen Missionszeitschriften in ihrer Berichterstattung über China. Obwohl beide mit ihrer Arbeit dazu beitragen wollten, dieses Land zu modernisieren, interpretierten sie diese Aufgabe auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Während die protestantischen Missionare in ihren Publikationen Individualität betonten, beispielsweise indem sie persönliche Konversionserzählungen wiedergaben, betonten die Katholiken auch im Zusammenhang mit Konversion eher Kollektivität.

HELGE WENDT (Universität Mannheim) nahm den speziellen Fall der katholischen Lettres édifiantes et curieuses unter dem Gesichtspunkt der politischen Geschichte in den Blick. Diese – zuerst 1819 – von der Societas Jesu herausgegebene Sammlung von Berichten ihrer Missionare vertrat eine katholische Restaurationspolitik. Die Lettres waren von sehr verschiedenen Herausgebern immer neu herausgeben worden, mit der Zweck, die kolonialen Ambitionen neu anzufachen. An der Wirkungsgeschichte der Lettres ließen sich die inneren Veränderungen der Societas Jesu und ihr Einfluss auf die politische Geschichte nachweisen.

In einem weiteren Panel sprachen AMELIA BONEA (Universität Heidelberg) und THORALF KLEIN (Loughborough University) zu „Missionary Discourses“. Bonea referierte über die indische „Coolie“-Mission in Fidschi im Kontext des Australasian Methodist Missionary Review. Anhand dieser Missionszeitschrift zeichnete sie die Veränderungen in der Sprache der Missionare nach. Die so genannten „Coolies“, bei denen es sich meist um indische „indentured laborers“ auf den Fidschis handelte, wurden als eine Gruppe konstruiert, die sich radikal von den Fidschianern unterscheide, ja für diese sogar eine Gefahr bedeute. Während die Fidschianer als „edle Wilde“ und als eine „aussterbende Rasse“ porträtiert wurden, seien die „Coolies“ generell lernunwillig, „heidnisch“ und für die körperliche Arbeit geeignet. In Bezug auf diese rassische Unterscheidung wurden auch verschiedene Missionsstrategien verfolgt.

Thoralf Klein untersuchte anhand verschiedener Missionszeitschriften die Debatten um den Boxer-Krieg in China. An diesem transnationalen Medienereignis beteiligten sich auch die Missionswerke in ihren Publikationen sehr angeregt. Er hob dabei drei zentrale Diskurse besonders hervor. Zum einen das Märtyrertum der China-Missionare, das als „Saat“ für die Evangelisierung Chinas gedeutet wurde und Missionare auch über konfessionelle Grenzen miteinander verband. Zweitens sodann die Solidarität mit den chinesischen Christen, wobei hier eine Attitüde der Schirmherrschaft und Überlegenheit trotz der durchaus vorhandenen transkulturellen Solidarität eine ausgeprägte Rolle spielte. Zuletzt die Verteidigung der Mission gegen ihre Kritiker und die Abwehr des Vorwurfs, dass Missionare für den Boxer-Krieg verantwortlich seien. Katholiken dienten in all diesen Diskursen als „Sündenböcke“ von denen man sich scharf abgrenzte.

Das letzte Panel behandelte das Thema „Politics and World Religions“. AGNIESZKA JAGODZINSKA (Universität Wrocław) sprach hier zu dem Thema: „The Gospel and Politics: The London Society and its mission to the Polish Jews 1848-1855“. Die Missionsbemühungen dieser englischen Missionsgesellschaft unterschieden sich nicht nur insofern von den meisten anderen im Verlauf der Tagung behandelten, als dass sie nicht innerhalb eines außereuropäischen kolonialen Kontextes stattfanden, sondern innerhalb Europas. Außerdem durften die Missionare ihre Berichte aus Polen nicht direkt an die London Society schicken, sondern mussten sie zunächst der polnischen Regierung vorlegen. Dies hatte die Wirkung, dass die Zeitschrift die politischen Beschränkungen, denen die Missionare unterlagen, gespiegelt wurden.

Im letzten Vortrag sprach ARMIN OWZAR (University of San Diego und Universität Münster) über „The Image of Islam in Missionary Periodicals (1870-1930)“. Im Zeitraum des „zweiten konfessionellen Zeitalters“ sei es von einer Verlagerung vom interkonfessionellen Konflikt zum interreligiösen Konflikt gekommen. Islamophobie wurde zu einer Klammer der Zusammenarbeit über konfessionelle Grenzen hinweg, bei der man den Islam als neuen Feind wahrnahm. Gleichwohl verschwand das Konfliktpotential zwischen den Konfessionen keineswegs. Die Zeitschriften der Missionsgesellschaften waren eines der wichtigsten Foren, in denen dieser Konflikt ausgetragen wurde.

Der am Samstagvormittag stattfindende Arbeitskreis diente dazu, über die eher konkrete und empirische Ebene der einzelnen Vorträge hinauszugehen und Missionszeitschriften als Gattung zu betrachten. Indem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser Quellengattung, die Verbindungen zwischen diesen Zeitschriften, über die Ideologie, durch die sie geprägt waren, sowie über die Normen, die sie bestimmten, diskutierten, konnten neue Erkenntnisse über die Rolle, die diese Zeitschriften für die Zusammenarbeit zwischen politischen und religiösen Strukturen innerhalb der kolonialen Welt hatten, gefunden werden.

Insgesamt haben die Beiträge und Diskussionen auf der Konferenz die Bedeutung von Missionszeitschriften als Quellengattung unterstrichen, da in Ihnen besonders deutlich die Interdependenzen von Politik und Religion und die wechselseitigen Beeinflussungsversuche nachzuvollziehen sind. Auch kamen besonders transnationale und globalgeschichtliche Aspekte der Missionsgesellschaften und ihrer Zeitschriften ebenso in den Blick, wie Anregungen zu weiterer Forschung gegeben wurden. Eine offene Frage besteht noch darin, wie sich die Inhalte der Missionszeitschriften auf lange Sicht und vor allem im 20. Jahrhundert veränderten.

Konferenzübersicht:

Fashioning the Other

Janet Rice McCoy & Lisa Shemwell, Morehead State University: Dolls as Transmitters of Western Culture and Modernity: Methodist Episcopal Missionary Magazines for Women and Children, 1869-1895

Hanna Acke, Universität Münster: Body Politics: Swedish Missionary Discourses on Hygiene

Missionary Nationalism

Jeff Bowersox, University of Mississippi: Confessing to an Imperial Mission: Religious Youth Periodicals and the Battle for the Future in Turn-of-the-Century Germany

Lize Kriel, University of Pretoria: Reading Boer Sub-imperialism of the 1890s in the Wesleyan Missionary Notices and the Berliner Missionsberichte

Modes of Nationalism

Jeremy Best, University of Maryland: Science for Mission and Empire: The Allgemeine Missions-Zeitschrift and Missionary Nationalism

Felicity Jensz, Universität Münster: Diverging Reports of European Politics and Colonial Aspirations in the Periodical Accounts and Missionsblatt

Judith Becker, Institut für Europäische Geschichte, Mainz: Nation, Nationalism and Europe in Early 19th Century Missionary Periodicals: A Comparison of German and English Argumentations

Creating the Nation

Christine Winter, University of Queensland: Asserting the Mission, Defending the Nation: The transformation of the Lutheran mission Journal Freimund in April 1933

Gabriele Richter, Universität Rostock : An "Indigenous" Lutheran Mission Periodical in German and Australian Ruled "New Guinea" in the Pacific and Its Entangled Nature

Constructing Missionary Politics

Albert Wu, University of California : Narrating Redemption: Autobiographies and Biographies of Converts in Late Nineteenth Century German Missionary Periodicals.

Helge Wendt, Universität Mannheim: The Lettres édifiantes et curieuses and the Politics of History in Different 19th Century Editions

Missionary Discourses

Amelia Bonea, Universität Heidelberg: The "Indian Coolie Mission" in Fiji: Discourses of Labour, Religion and Race in the Australasian Methodist Missionary Review

Thoralf Klein, Universität Erfurt / Universität Loughborough : Martyrdom, Solidarity, and Justification: Debating the Boxer War, 1900-1901

Politics and World Religions

Agnieszka Jagodzinska, University of Wroclaw: The Gospel and Politics: The London Society and its missions to the Polish Jews, 1848-1855

Armin Owzar, University of San Diego/ Universität Münster: The Image of Islam in Missionary Periodicals (1870-1930)