Praktiken der Frühen Neuzeit. 10. Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands

Praktiken der Frühen Neuzeit. 10. Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands

Organisatoren
Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit, Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands
Ort
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.09.2013 - 14.09.2013
Url der Konferenzwebsite
Von
Jochen Gaab / Brendan Röder, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München

Vom 12.-14. September 2013 fand die 10. Arbeitstagung der AG Frühe Neuzeit in München statt. ARNDT BRENDECKE (München) hieß alle Teilnehmer der Tagung in München willkommen. Die Frühneuzeitforschung behandele seit langer Zeit mit bemerkenswert innovativen Ansätzen Latenzen. Diese werden traditioneller Weise mit einem ‚Plot der Moderne’ in Verbindung gebracht, der unterstellt, dass der Wandel zur Moderne im Modus einer Inkubation vorbereitet, ja ‚ausgebrütet’ werde, wie z.B. beim Geist des Kapitalismus, der Sozialdisziplinierung oder der Konfessionalisierung. Praxeologische Ansätze würden auch auf das Latente verweisen, nämlich auf Praktiken, die dem Diskurs und dem zeitgenössischen Nachdenken weitgehend entzogen waren. Damit bestehe die Chance, an innovative, vielschichtige und stark reflexive Traditionen der Frühneuzeitforschung anzuknüpfen, zugleich aber Distanz zu hegelianischen Unterstellungen über das unsichtbare Wesentliche der Geschichte zu gewinnen.

Die erste Sektion war der Praxis der Theorie und dem Dialog zwischen Soziologie und Geschichtswissenschaft gewidmet. MARIAN FÜSSEL (Göttingen) verwies in seiner Einführung auf die praxistheoretischen Großentwürfe, aus denen der „practice turn“ seine Anregungen bezogen habe. Bei aller methodischen Verwandtschaft dieser Theorieangebote spiegele sich in ihnen doch auch der Grundkonflikt zwischen einer Betonung der Reproduktion oder teilweisen Subversion bestehender Ordnungen und Regeln in der Praxis wider. Gerade diese Spannung mache eine Verständigung über die verschiedenen Praxistheorien und ihren heuristischen Wert unabdingbar. Aus der Perspektive der Soziologie beleuchtete FRANK HILLEBRANDT (Hagen) Wege zur Identifikation vergangener Praktiken. SVEN REICHARDT (Konstanz) stellt neben Aspekten der praxeologischen Geschichtswissenschaft neue Sichtweisen auf die Integrationskraft des Faschismus im Sinne eines „Doing Fascism“ dar. DAGMAR FREIST (Oldenburg) griff die Spannung zwischen Routiniertheit und Veränderungspotential von Praktiken als eine der „Baustellen“ einer praxeologischen Geschichtswissenschaft auf, die sie anhand der Positionierung frühneuzeitlicher Unternehmer als einer sozialen Gruppe exemplifizierte.

Die zweite Sektion behandelte das Verhältnis von Theorie und Praxis in der frühneuzeitlichen Medizin. VOLKER HESS (Berlin) machte anhand von Schreibpraktiken in der frühneuzeitlichen Medizin von 1680 bis 1750 deutlich, dass diese auch zur Inszenierung ärztlicher Autorität dienten, symbolische Bedeutung hatten und selbst epistemische Effekte hervorbrachten. SABINE SCHLEGELMILCH (Würzburg) zeigte an den Journalen von Johannes Magirus (1615-1697) und Heinrich Bossen (1620-1674), wie sehr sich die alltägliche Anamneseerhebung von der zeitgenössischen Beschreibung in den Lehrbüchern unterschied. RUTH SCHILLING (Berlin) verdeutlichte anhand des Praxisbuchs des Arztes Johann Friedrich Glaser (1707-1789), dass auch professionelle Ärzte, wenn es der Patient verlangte, auf Laienmedizin zurückgegriffen haben, um dessen Vertrauen zu gewinnen und den Erwartungen zu entsprechen. Schließlich stellte MICHAEL STOLBERG (Würzburg), der die Sektion auch leitete, die Tagebuchnotizen des böhmischen Arztes Georg Handsch um 1550 vor und fragte, wie Handsch und seine Kollegen die Ursachen und Folgen von Krankheit ihren Patienten erklärten und so mithalfen, die „populäre“ Vorstellung vom Körper zu verstetigen.

Die dritte Sektion untersuchte die räumliche Abhängigkeit von Praktiken zur Wissensproduktion und -zirkulation zwischen Italien und dem Reich im 17. Jahrhundert. In der Einführung zu den konzeptuellen Überlegungen durch SABINA BREVAGLIERI (Mainz / Rom) und MATTHIAS SCHNETTGER (Mainz) gingen die Sektionsleiter darauf ein, dass „Wissen“ in anderen Sprachen auch eine Pluralform besitzt (z.B. „saperi“/„savoirs“) und damit auch der Pluralität von „Wissen“ eine eindeutige sprachliche Ausdrucksform gegeben werden kann. Dabei stünden insbesondere die Wissensproduktion und -zirkulation in Abhängigkeit solcher räumlich differenzierter „Wissen“ im Plural. Sabina Brevaglieri zeigte dies in ihrem Vortrag zur politischen Kommunikation zwischen Rom und dem Darmstädter Hof (1619-1629). Dabei gelang es ihr, die Wechselseitigkeit von Transferprozessen zu verdeutlichen, die nicht nur von Italien ins Reich, sondern auch umgekehrt verliefen. Danach befasste sich SEBASTIAN BECKER (Mainz) mit dem Wissenstransfer durch den Florentiner Pietro Guerrini, der von einer Spionagemission nördlich der Alpen Bericht erstattete. Der Vortrag verdeutlichte, wie sich die Präsentation des Wissens in den Briefen und Zeichnungen an die jeweiligen Adressaten und deren Absichten in der Heimat richtete. Darüber hinaus wurde thematisiert, wie Guerrini als Spion überhaupt auf seiner Mission an Wissen gelangen konnte, das als geheim galt. Der Vortrag von KLAUS PIETSCHMANN (Mainz) befasste sich mit der Wissenszirkulation sowie der Klassifikation von „Wissen“. Er verdeutlichte dies an der Rezension von Andrea Bontempis „Historia musica“ als „historia naturalis“ in der Leipziger Gelehrtenzeitschrift „Acta eruditorum“ 1696. Im Kommentar zur Sektion stellte WOLFGANG SCHMALE (Wien) die konzeptionellen Überlegungen den bisherigen Forschungen zum Kulturtransfer gegenüber und fragte nach den Unterschieden. Er kontextualisierte außerdem die räumliche Verbindung zwischen dem Reich und Italien aus einer gesamteuropäischen Perspektive.

Die vierte Sektion befasste sich mit Praktiken in den Mensch-Tier-Verhältnissen in der Frühen Neuzeit. Die Wechselverhältnisse von menschlichem und Tierverhalten beleuchtete JULIA BREITTRUCK (Bielefeld) anhand von Vögeln in der französischen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts, wobei sie auch auf soziale und gender-spezifische Implikationen des Umgangs mit Vögeln hinwies. Besonders auf der Ebene musikalischer Praktiken seien Vögel dabei als wirkmächtige Partizipanten zu sehen. MARK HENGERER (Konstanz) thematisierte Beispiele von tierischem Leben und enger Koexistenz von Tier und Mensch im Verhältnis zur semantischen Ebene der französischen politischen und gelehrten Literatur. Eines der von ihm diskutierten Probleme lag dabei in der Frage, inwiefern sich in diesen Werken eher Topoi oder empirische Beobachtungen finden ließen. Gewissermaßen auf Reisen befindliche Tiere betrachtete der Vortrag von GESINE KRÜGER (Zürich), die sich mit Transportpraktiken im Umgang mit exotischen Tieren befasste. Mit Menschen und Hunden befasste sich ALINE STEINBRECHER (Zürich), die diese als ein an gemeinsamen Praktiken beteiligtes Akteursduo beschrieb – wie z.B. beim Spazierengehen. Sie stellte dabei die weitere empirische Untersuchung von Tier-Mensch-Interaktionen als Forschungspostulat heraus, wobei es nötig sei, von Menschen produzierte Quellen gegen den Strich zu lesen.

STEFAN BRAKENSIEK (Essen) und BIRGIT EMICH (Erlangen) leiteten die fünfte Sektion der Tagung zu Praktiken frühneuzeitlicher Amtsträger und der Verwaltungspraxis. In seiner Einführung betonte Stefan Brakensiek, dass die Praktiken frühneuzeitlichen Verwaltungshandelns in vorstrukturieren Verfahren nicht von den persönlichen Interessen der Amtsträger zu trennen seien. Dies dürfe nicht aus einer moralischen Perspektive bewertet werden, sondern müsse vielmehr als Chance auf Verwaltungshandeln überhaupt gesehen werden. ULRIKE LUDWIG (Dresden) rekonstruierte die Möglichkeit der Auslagerung von alltäglicher Verwaltungsarbeit in den häuslichen, privaten Bereich – einem frühneuzeitlichen „home office“. Sie beschrieb dies am Beispiel von Gottfried (von) Schröer (1611-1672), einem Beamten am Wismarer Tribunal, und zeigte auch, wie diese häusliche Verwaltungspraxis vor Ort von der Bevölkerung für amtliche Dienstleistungen in Anspruch genommen wurde. Danach trug CORINNA VON BREDOW (Essen) einige Ergebnisse ihrer Untersuchung zu den Berichten der Kreisämter an die niederösterreichische Regierung sowie deren Entscheidungsbegründungen im Zeitraum von 1753-1799 vor. Dabei hob sie die Gestaltungspotentiale und Eigeninitiativen des Kreishauptmannes bei seiner Entscheidungsfindung und Amtsführung hervor. Auch HANNA SONKAJÄRVI (Rio de Janeiro) thematisierte das Verwaltungshandeln von Akteuren in der Wechselwirkung zur übergeordneten Verwaltungsinstanz. Sie verwies auf die Spielräume bei der Interpretation der Anweisungen an die Inquisitionskommissare bei Schiffsinspektionen in Vizcaya (1560-1680). Schließlich stellte HILLARD VON THIESSEN (Rostock) Gestaltungsspielräume anhand der frühneuzeitlichen Diplomatie vor, die einerseits nötig gewesen seien, da Gesandte fernab von ihren jeweiligen Herren Entscheidungen treffen mussten. Zugleich bestand aber auch die Gefahr eines „going native“ und dem Verlust der Loyalität des Gesandten. Im Kommentar betonte Birgit Emich, dass hinter Praktiken immer ein implizites Wissen stehe, das in vielen Fällen im Lauf der Frühen Neuzeit explizit werde z.B. beim Professionalisierungsdiskurs von Amtsträgern. Die Handlungsspielräume der Amtsträger gingen mit der Professionalisierung in der Moderne allerdings nicht verloren, sondern bekämen eine andere Semantik zugeschrieben.

Sektion sechs betrachtete religiöse Praktiken unter den Bedingungen des Exils. Den Einfluss dieser Situation auf den Gemeindeaufbau reformierter Exilsgemeinden des 16. Jahrhunderts betrachtete JUDITH BECKER (Mainz), wobei sie eine gewisse Distanz zur Obrigkeit des Ziellandes und eine häufig spezifisch konfliktive „Konfessionsbildung“ als charakteristisch herausstellte. Dass die Armenfürsorge in reformierten Exilsgemeinden mangels Einbindung in einheimische Strukturen und wegen den materiellen Verlusten der Auswanderung vor besonderen Herausforderungen stand, demonstrierte TIMOTHY FEHLER (Greenville). Zumindest für die Dauer des Exils erwiesen sich deshalb die Vernetzung und Selbstorganisation von eigenen Unterstützungsstrukturen als zentral. Das religiöse Leben von englischen Nonnen, die auf den Kontinent emigriert waren, untersuchte BETTINA BRAUN (Mainz). Sie zeigte, dass die Doppelorientierung „englisch“ und „katholisch“ zu einer spezifischen religiösen Praxis und Formen der finanziellen und personellen Verflechtung mit der Insel führten. Zuletzt sprach MATTHIAS NOLLER (Stuttgart) über böhmische Exulanten in Berlin 1732-1756, wobei er zunächst die Binnendifferenzierung der aus Böhmen emigrierten Gruppen hervorhob. Die genauere religiöse Ausrichtung der in Böhmen zunächst als „Nichtkatholiken“ Unterdrückten habe sich häufig erst unter den Bedingungen des Exils formiert.

Die siebte Sektion wurde von DAGMAR FREIST (Oldenburg) moderiert und eingeführt. Sie verwies sowohl auf die Sozialität von Artefakten wie auch auf die Materialität von Praktiken und nannte als zentralen Referenzpunkt die Praxistheorie Theodore Schatzkis. Der anschließende Vortrag von BENJAMIN SCHMIDT (Washington) argumentierte, dass Bedeutungswandel durch die Verschiebung von einem Medium in ein anderes hervorgerufen werden könne. In diesem Prozess der „Transmediation“ seien es Dinge, die eine produktive Wirkmacht entfalteten. Als über bloße Bedeutungsträger hinausgehende Artefakte analysierte LUCAS HAASIS (Oldenburg) in seinem Vortrag die Briefe des Hamburger Kaufmanns Nicolaus Gottlieb Lütkens und dessen Umgang mit dieser Materialität. CHRISTINE GÖTTLER (Bern) beschrieb die Statue des mythischen Riesen von Antwerpen, Druon Antigoon, als Verkörperung des artistischen und ökonomischen Wertes der Stadt und beschrieb deren performative Inszenierung. Das Wechselverhältnis von materiellen Dingen und Konversionspraktiken war das Thema des abschließenden Vortrags von CONSTANTIN RIESKE (Oldenburg), der die Bedeutung baulicher Arrangements etwa bei der Routinisierung katholischer Praktiken in jesuitischen Kollegs und die konstitutive Rolle von Kleidung und Konversionsnarrativen bei der Darstellung und Wahrnehmung von Konversionen hervorhob. Marian Füssel (Göttingen) resümierte in seinem Kommentar die verschiedenen Herangehensweisen der Vortragenden und betonte die Nutzung der Theorieangebote durch die historische Materialitätsforschung.

Unter der Leitung von ANDREEA BADEA (Rom) widmete sich die achte Sektion den Praktiken der römischen Bücherzensur im 17. und 18. Jahrhundert. Die Sektion fragte nach Praktiken und Handlungsabläufen in den Abwägungsprozessen der Zensur sowie nach Funktionen, die über eine reine Zensurräson hinauswiesen. MARGHERITA PALUMBO (Rom) zeichnete die vielfältigen Wege einer Anzeige bei der Indexkongregation nach und widmete sich dabei der Praxis von Denunziation sowie der Prüfung durch die Indexkongregation. Daraufhin ging BERNWARD SCHMIDT (Aachen) näher auf die Verfahrenspraxis der römischen Bücherzensur selbst ein und erläuterte dies anhand der Bedeutung von Proposition und Qualifikation. Andrea Badea befasste sich im Weiteren näher mit den Kardinälen der Indexkongregation und ihrem gelehrten Interesse. Dabei konnte sie zeigen, dass man einerseits unbekannte Autoren kurzerhand verbot, es umgekehrt aber auch durch das gelehrte Interesse der Kardinäle zu einer Verschleppung des Zensurverfahrens kommen konnte. MARCO CAVARZERE (Pisa) deutete schließlich die Bücherzensur aus systemtheoretischer Sicht als Kommunikationssystem und fragte, inwiefern sie nicht auch als kulturelle Vermittlungsinstanz gedeutet werden könnte.

Die neunte Sektion wurde von DANIELA HACKE (München / Zürich) und JAN-FRIEDRICH MISSFELDER (Zürich) eingeführt. Sie hoben die historische Varianz des „Wie“ der Sinne, die Frage nach Intersensorialitäten als Gegenstände und die mediale Vermittlung vergangener Praktiken und deren Rückbindung an sozio-politische Bedingungen als Aspekte der Vorgehensweise einer Sinnesgeschichte hervor. Der Vortrag von CLAUDIA JARZEBOWSKI (Berlin) behandelte die heterogenen Wahrnehmungspraktiken von Kindern, die entgegen einer normativen Sichtweise, die sie als Phantasien abtue, ernstzunehmen seien und Bestandteil einer Geschichte der Kindheit sein sollten. Momente einer „Intersensualität“ stellte HERMAN ROODENBURG (Amsterdam) anhand der bildlichen Darstellung der Passion Christi und der sinnlichen Wahrnehmung solcher Bilder heraus. Dabei plädierte er für eine Verbindung der Sinnesgeschichte mit der Emotionsgeschichte und für die Aufnahme neurowissenschaftlicher Inspirationen. Daniela Hacke befasste sich mit der sinneshistorischen Dimension von „cultural encounters“ zwischen europäischen und außereuropäischen Akteuren. Sie zeigte auf, wie Alteritätserfahrung, aber auch die Vertrautmachung von Fremdheit sich als sinnlich-körperliche Vorgänge in europäischen Reiseberichten finden lassen, ebenso wie etwa die Darstellung der Sinnes-Reaktionen von Nicht-Europäern. Die sinnliche Dimension des Gesagten war das Thema des Vortrags von ULRIKE KRAMPL (Tours), die französische Akzente als eingeschriebene soziale Ordnung analysierte. Die Akzente seien dabei zugleich Gegenstand normativer Wahrnehmung gewesen. Den Zusammenhang von politisch-sozialer Ordnung und Sinnespraktiken behandelte auch Jan-Friedrich Missfelder anhand von frühneuzeitlichen Nachbarschaftsbeziehungen, wobei sich etwa der Begriff der „Ruhe“ weniger als absolute, denn als relative und politische Größe darstellte. Mit der Rekapitualtion und Schärfung des Begriffs der Sinnespraktiken befasste sich PHILIP HAHN (Tübingen) zunächst, ehe er anschließend Fallbeispiele des quellenmäßig belegbaren Umgangs mit solchen aus der Reichsstadt Ulm ausführte, etwa die Bedeutung von Visibilität, Klangqualität und Geruchsdimension bei der Anordnung von Kirchenräumen.

Die zehnte Sektion befasste sich mit archivalischen Praktiken und der damit verbundenen Wissensproduktion. Der Leiter der Sektion MARKUS FRIEDRICH (Hamburg) betonte die grundlegende Bedeutung von Archiven als Orten, wo Wissensstabilität in der europäischen Kultur produziert wurde. ELIZABETH WILLIAMSON (London) rekonstruierte anhand von Sir Francis Walsingham’s table book die Archivierungspraxis in England zur Zeit Elisabeths I. und verglich diese Praxis mit den theoretischen, zeitgenössischen Schriften von Robert Beale und Nicholas Faunt. RANDOLPH HEAD (Riverside) beleuchtete in seinem Vortrag die Entstehung der Innsbrucker Hofregistratur in zwei Schritten 1523 und 1564 zu einem komplexen Wissensorganisationssystem. Er zeigte, wie die Hofregistratur dabei die Verwaltungsdokumente als Grundlage für zukünftige Entscheidungen des Hofes verfügbar machte. MEGAN WILLIAMS (Groningen) hob schließlich die Rolle von Papier als materielle Schlüsseltechnologie in der diplomatischen Praxis zur Wende vom 15. ins 16. Jahrhundert hervor.

Im Abendvortrag präsentierten WOLFGANG BEHRINGER und JUSTUS NIPPERDEY (beide Saarbrücken) Ergebnisse des DFG-Projekts zur „Institutionalisierung des Faches Geschichte der Frühen Neuzeit“.

Die elfte Sektion widmete sich den Praktiken des Verhandelns. Nach der Einführung von CHRISTIAN WINDLER (Bern) zeigte RALF-PETER FUCHS (München) anhand des Dreißigjährigen Krieges und den Normaljahrsverhandlungen den Konflikt zwischen Kompromissbereitschaft und Interessenswahrnehmung der Konfessionsparteien auf. MATTHIAS KÖHLER (Münster) widmete sich in seinem Vortrag den Friedensverhandlungen auf dem Kongress von Nimwegen. Er erläuterte dabei instrumentelle und symbolische Aspekte im Verhältnis zwischen Argumentation und „bargaining“. Anschließend verglich TILMAN HAUG (Bern) externe und interne Kommunikationspraktiken in den Beziehungen der französischen Krone zum Alten Reich nach 1648. Dabei zeigte er das Verhältnis des Verhandelns zu anderen kommunikativen Praktiken auf und verdeutlichte, wie diplomatische Eklats auf eine höfische Öffentlichkeit wirken sollten. NADIR WEBER (Bern) hinterfragte in seinem Vortrag, ob die Außenbeziehungen Preußens im 18. Jahrhundert losgelöst von inneren Gewalten und Verhältnissen geregelt worden seien und regte die begriffliche Differenzierung an, im diplomatischen Kontext von „Verhandeln“ und im innerherrschaftlichen Kontext aber von „Aushandeln“ zu sprechen. Schließlich widmete sich CHRISTINA BRAUNER (Münster) den Spezifika von Verhandlungen an der Peripherie am Beispiel der englischen und niederländischen Handelskompanien in Westafrika in der Mitte des 18. Jahrhunderts im Spannungsfeld von Ehre und Profit und dem Zwang zum Konsens. Abschließend kommentierte JEAN-CLAUDE WAQUET (Paris) die Sektion und wies darauf hin, sowohl die horizontalen als auch die vertikalen Prozesse des Verhandelns in den Blick zu nehmen.

Die zwölfte Sektion fragte nach den heterogenen Praktiken der Heuchelei, einen Begriff den TIM NEU (Göttingen) als zeitgenössische Beschreibungskategorie von dem Konzept der sozialen Inkonsistenz unterschied. Im Feld konfessioneller Spannungen waren die beiden Vorträge von THOMAS WELLER (Mainz) und NIELS GRÜNE (Innsbruck) angesiedelt. Weller stellte die praktizierte Akzeptanz von Dissimulation heraus, die das Verhältnis von Hamburger Kaufleuten und katholischer Mehrheitsgesellschaft in Spanien bestimmte und stellte sie dem Umgang mit muslimischen oder jüdischen „Conversos“ gegenüber. Konfessionelle Konflikte im Reich dagegen stellten den Hintergrund des Vortrags von Grüne dar, der das Agieren der Wittelsbacher im Umfeld von Bischofswahlen behandelte. Das moraltheologisch gültige Simonieverbot sei dabei situativ mit diesen entgegenstehenden Praktiken der Bestechung vereinbar gewesen. Dass Inkonsistenzen funktionale Bestandteile administrativer Praktiken sein konnten, stellte BIRGIT NÄTHER (Essen) am Beispiel von Verfahren innerhalb der bayerischen Verwaltung dar. Wie allgemeine Verfassungsnormen beibehalten, aber zugleich Wandlungsprozesse inkorporiert werden konnten, machte Tim Neu im letzten Vortrag anhand von konkurrierenden Ansprüchen im Marburger Erbstreit deutlich. Der abschließende Kommentar von MATTHIAS POHLIG (Münster) warf unter anderem Fragen zur Beobachterperspektive bei der Beschreibung von Heuchelei und / oder Inkonsistenz auf. Er leitete damit zu einer hinsichtlich der Begrifflichkeiten intensiv geführten Diskussion über.

Die dreizehnte Sektion befasste sich mit Praktiken des Entscheidens. BARBARA STOLLBERG-RILINGER (Münster) wies in ihrer Einleitung darauf hin, dass Entscheiden, abgegrenzt gegenüber automatisiertem Handeln, als kulturelle Praxis zu historisieren sei. Man könne analysieren, was jeweils überhaupt als Entscheidungssituation identifiziert worden sei und welche Modi, Ressourcen und Darstellungen des Entscheidens es gebe. Nach den Eigenheiten der Entscheidungskultur des frühneuzeitlichen Papsttums fragte BIRGIT EMICH (Erlangen) am Beispiel von Heiligsprechungen. Dabei unterschied sie den hochformalisierten, bürokratischen Modus des Ermittlungsverfahrens, der sich auf Information, Beratung und Expertise stütze, von der nachgeschalteten, „freien“ Entscheidung des Papstes im Modus des Spirituellen. Das Gerichtswesen als „Entscheidungsmaschine“ nahm ANDRÉ KRISCHER (Münster) am Beispiel eines englischen Hochverratsprozesses in den Blick. Er stellte dabei die verschiedenen Funktionen dieses Verfahrens heraus und plädierte methodisch für die Vereinbarkeit des praxeologischen Zugangs mit einem systemtheoretischen Verfahrensbegriff. Der Vortrag von GABRIELE HAUG-MORITZ (Graz) beschäftigte sich mit den Entscheidungsabläufen in der Frühphase der französischen Religionskriege, wobei sich zeigte, welche Rolle gerade die Inszenierung als notwendige Ableitung – und damit gerade nicht als Entscheidung – spielen konnte. Die Entscheidungspraktiken des englischen „cabinet council“ um 1700 behandelte MATTHIAS POHLIG (Münster), der besonders die Funktionen von Information als einer der Ressourcen des Entscheidens in den Blick nahm. Das Verhältnis von Information und Entscheidung sei dabei nicht notwendig eng oder rein instrumentell, sondern vielfach seien symbolische Aspekte zentral. PHILIP HOFFMANN-REHNITZ (Münster) weitete in seinem Schlusskommentar den zeitlichen Blick in Richtung Moderne, wobei er sich gegen die Sichtweise einer bloßen Dichotomie von frühneuzeitlicher und moderner Entscheidungskultur aussprach. Möglicherweise habe die Moderne das Entscheiden auf immer weitere Praxisfelder ausgeweitet und die Frühe Neuzeit sei insofern als Teil einer Entwicklung mit aktuellem Bezug zu sehen.

Die vierzehnte Sektion behandelte das Thema der Ökonomie sozialer Beziehungen als Praktiken des Umgangs mit Ressourcen. GABRIELE JANCKE (Berlin) und DANIEL SCHLÄPPI (Bern) hielten die Einführung und stellten fest, dass ein Nachdenken über Ressourcen nicht bei Materialität, Verfügbarkeit etc. beginnen könne. Vielmehr würden die meisten Ressourcen erst durch Praktiken entstehen und müssten immer wieder neu gebildet werden oder bedürften aufwendiger Investitionen, um als Besitzstände gesichert zu werden. Daniel Schläppi stellte dies im ersten Vortrag am Ritual der Rechnungslegung in der alteidgenössischen Personenkorporation vor. Er konnte dabei zeigen, wie bei der öffentlichen Rechnungslegung indirekt das soziale Beziehungsgefüge thematisiert wurde. SEBASTIAN KÜHN (Berlin) widmete sich am Beispiel Leonhard Thurneyssers (1530-1596) der Rolle des frühneuzeitlichen Botenwesens als Ressourcenkonversion in triadischen Handlungsketten und betonte die Beziehung des Boten sowohl zum Auftraggeber als auch zum Empfänger, die zu einer sozialen Beziehung zwischen Auftraggeber und Empfänger werde, ohne dass der Bote dabei aber abwesend sei. Gabriele Jancke beschrieb im Kontext der frühneuzeitlichen Gastlichkeit unter dem Titel „Der Wert der Worte“ das Bewerten und Prozessieren in Handlungsketten und erläuterte dabei die Funktion von Worten als relationale und performative Ressource. Schließlich ging MARGARETH LANZINGER (Siegen / Wien) in ihrem Vortrag auf Eheverbote und die verwaltungstechnische Dispensierungspraxis ein. Dabei sah sie Verwandtschaft aus praxeologischer Sicht als nicht gegeben an, sondern vielmehr als eine Beziehung, die situativ aktiviert werden musste und somit auch als Ressource gesehen werden konnte.

Der Tagung gelang es, aus den verschiedenen Bereichen des Faches Forschungen zum eher weitgefassten Thema der „Praktiken“ zusammenzubringen und in einen Dialog treten zu lassen. Für einen intensiveren Dialog über diese Tagung hinaus wird es nötig sein, den Begriff der „Praktiken“ weiter zu schärfen. Als kleinsten gemeinsamen Nenner der Vorträge kann man festhalten: Praktiken sind implizit und gehen immer mit einer gewissen Routine oder Wiederholbarkeit einher. Durch diese Implizität der Praxis entstehen allerdings methodische und narrative Schwierigkeiten. Sie beginnen bei der Detektion von wortlosen Praktiken in den Quellen und reichen bis zum Ringen um eine adäquate Beschreibung des ‚stillen’ Geschehens. Es gilt, die praxeologische Perspektive für eine Bestimmung der Frühen Neuzeit als (Teil-)Epoche neu zu nutzen. Dabei setzt die Beobachtung von Praktiken oft auf einer sehr konkreten, anschaulichen Ebene an, was zweifellos eine der Stärken des Ansatzes ist.

Zur begrifflichen Schärfung gehört auch eine deutlichere Bestimmung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen etablierteren Forschungsansätzen wie der Ritualforschung und deren kommunikationsbezogenen Fragestellungen. Es bleibt die Herausforderung bestehen, die Transmissionsvorgänge, die zwischen den konkreten, anschaulichen Beobachtungen und den allgemeinen historischen Erklärungen und Entwicklungen liegen, mehr zu thematisiert und darzustellen. In einigen Vorträgen auf der Tagung klang es stellenweise an, noch öfters aber muss die Frage gestellt werden: Wie wirken die beschriebenen Praktiken auf einer allgemeineren Ebene?

Konferenzübersicht:

Arndt Brendecke (München), Eröffnung

Sektion I: Die Praxis der Theorie. Soziologie und Geschichtswissenschaft im Dialog
Leitung: Marian Füssel (Göttingen)

Marian Füssel (Göttingen), Einführung

Frank Hillebrandt (Hagen), Vergangene Praktiken. Wege zur ihrer Identifikation

Sven Reichardt (Konstanz), Praxeologische Geschichtswissenschaft?

Dagmar Freist (Oldenburg), Praxeologische Relektüre gesellschaftlicher Transformationsprozesse in der Frühen Neuzeit

Sektion II: Ärztliche Praktiken (1550-1750)
Leitung: Michael Stolberg (Würzburg)

Volker Hess (Berlin), Schreibpraktiken der frühneuzeitlichen Medizin, 1680-1750

Sabine Schlegelmilch (Würzburg), Diagnostische Praktiken am Krankenbett. Die Praxisjournale von Johannes Magirus (1615-1697) und Heinrich Bossen (1620-1673)

Ruth Schilling (Berlin), Therapeutische Praktiken im sozialen Kontext. Ein Arzt und seine Besucher in der Mitte des 18. Jahrhunderts

Michael Stolberg (Würzburg), Kommunikative Praktiken: medizinische Popularisierung am Krankenbett im 16. Jahrhundert

Sektion III: Saperi. Praktiken der Wissensproduktion und Räume der Wissenszirkulation zwischen Italien und dem Deutschen Reich im 17. Jahrhundert
Leitung: Sabina Brevaglieri (Mainz/Rom), Matthias Schnettger (Mainz)

Sabina Brevaglieri (Rom / Mainz) / Matthias Schnettger (Mainz), Einführung

Sabina Brevaglieri (Rom), Die Wege eines Chamäleons und der Bienen. „Naturwissenschaftliche“ Praktiken und Räume der politischen Kommunikation zwischen Rom und dem Darmstädter Hof (1619-1629)

Sebastian Becker (Mainz), Wissenstransfer durch Spionage. Ein florentinischer Agent und seine Reise durch Nordeuropa

Klaus Pietschmann (Mainz), Musikgeschichtsschreibung als historia naturalis im italienisch-deutschen Wissenstransfer um 1700. Andrea Bontempis Historia musica (Perugia 1695) und ihre Rezension in den Acta eruditorum (Leipzig 1696)

Wolfgang Schmale (Wien), Kommentar

Sektion IV: Praktiken in den Mensch-Tier-Verhältnissen in der Frühen Neuzeit
Leitung: Julia Breittruck (Bielefeld), Aline Steinbrecher (Zürich)

Julia Breittruck (Bielefeld), Zwitschernde Frauen und Kanaris. Musikpraktiken und Vögel im 18. Jahrhundert

Mark Hengerer (Konstanz), Miaou! Intim mit Tieren

Gesine Krüger (Zürich), Transportgut, Ware, Individuum: Koloniale Tiere auf Reisen

Aline Steinbrecher (Zürich), Zum Leben mit „Lusttieren“ – eine praxeologische Annäherung

Sektion V: Praktiken frühneuzeitlicher Amtsträger und die Praxis der Verwaltung
Leitung: Stefan Brakensiek (Essen), Birgit Emich (Erlangen)

Stefan Brakensiek (Essen), Einführung

Hanna Sonkajärvi (Rio de Janeiro), Kommissäre der Inquisition an Bord. Schiffsinspektionen in Vizcaya ca. 1560-1680

Ulrike Ludwig (Dresden), Verwaltung als häusliche Praxis

Hillard von Thiessen (Rostock), Gestaltungsspielräume und Handlungspraktiken frühneuzeitlicher Diplomaten

Corinna von Bredow (Essen), Gestaltungspotentiale der niederösterreichischen Kreisämter 1753-1799

Birgit Emich (Erlangen), Kommentar

Sektion VI: Religiöse Praxis im Exil
Leitung: Bettina Braun (Mainz), Judith Becker (Mainz)

Judith Becker (Mainz), Praktiken des Gemeindeaufbaus in reformierten Exilsgemeinden im 16. Jahrhundert

Timothy Fehler (Greenville), Armenfürsorge und die Entwicklung der Informations- und Unterstützungsnetzwerke in und zwischen reformierten Exilsgemeinden

Bettina Braun (Mainz), Englische katholische Inseln auf dem Kontinent: Das religiöse Leben der englischen Nonnen im 17. und 18. Jahrhundert

Matthias Noller (Stuttgart), „Unruhige Hussiten“ und „Stille im Lande“. Die Formierung der böhmischen Exulanten-Gemeinden in Berlin 1732-1756.

Sektion VII: Dinge als Ko-Akteure des Sozialen? Materielle Praktiken in der Frühen Neuzeit
Leitung: Dagmar Freist (Oldenburg)

Dagmar Freist (Oldenburg), Einführung

Benjamin Schmidt (Washington), Form, Meaning, Furniture: On Exotic Objects and their Transmediations

Lucas Haasis (Oldenburg), Postwendend – Geschriebene und beschriebene Dinge zwischen fiktiver, immaterieller und konkreter Materialität

Christine Göttler (Bern), The Giant of Antwerp: Materiality and the Practice of the Mathematical Arts in Sixteenth Century Antwerp

Constantin Rieske (Oldenburg), Stein, Stoff, Papier: Materielle Praktiken des Glaubenswechsels im 17. Jahrhundert

Sektion VIII: Praktiken der römischen Bücherzensur im 17. und 18. Jahrhundert
Leitung: Andreea Badea (Rom)

Margherita Palumbo (Rom), “Deve dire il Segretario che li sono stati accusati...” Die vielfältigen Wege der Anzeige an die Indexkongregation

Bernward Schmidt (Aachen), Beleidigung für fromme Ohren! Zur Bedeutung von Proposition und Qualifikation im Kontext der Römischen Bücherzensur

Andreea Badea (Rom), Über häretische Bücher richten oder diskutieren? Die Indexkongregation als kuriale Kommunikations- und Informationszentrale

Marco Cavarzere (Pisa), Funktionale Ambiguität bei Zensurprozessen der römischen Zensur im 17. Jahrhundert

Sektion IX: Can you hear the light? Sinnes- und Wahrnehmungspraktiken in der Frühen Neuzeit
Leitung: Daniela Hacke (München / Zürich), Philip Hahn (Tübingen), Ulrike Krampl (Tours), Jan-Friedrich Missfelder (Zürich). Moderation: Renate Dürr (Tübingen)

Daniela Hacke (München / Zürich) / Jan-Friedrich Missfelder (Zürich): Einleitung

Claudia Jarzebowski (Berlin), „... daß sie mich aufbrennen wie die Mutter.“ Ängste von Kindern im 17. Jahrhundert

Herman Roodenburg (Amsterdam), Sich in die Leiden Christi hineinversetzen: Taktilität und Gefühl in der mittelalterlichen niederländischen Passionsmalerei und in Rembrandts Gemäldezyklus der Leiden Christi

Daniela Hacke (München / Zürich), Das Fremde betrachten. Sehpraktiken im englischen Kolonialdiskurs

Ulrike Krampl (Tours), Sprechen und Verstehen als sensorielle Praktiken des Sozialen. Situationen aus Frankreich im 18. Jahrhundert

Jan-Friedrich Missfelder (Zürich), Der Krach von nebenan. Nachbarschaftskonflikte und akustische Sensibilitäten im frühneuzeitlichen Zürich

Philip Hahn (Tübingen), Sinne im Wandel? Konjunkturen sensorieller Praktiken im städtischen Wahrnehmungsraum am Beispiel von Ulm in der Frühen Neuzeit

Sektion X: Archival Practices. Producing Knowledge in early modern repositories of writing
Leitung: Markus Friedrich (Hamburg)

Markus Friedrich (Hamburg), What is the History of Archives and what could it be?

Elizabeth Williamson (London), Producing political knowledge: from the ‘late great Confusion’ of papers to Sir Francis Walsingham’s table book

Randolph Head (Riverside), From Scribal Practices to Archival Knowledge Systems in Innsbruck, 1480-1565

Megan Williams (Groningen), Diplomatic Diplomatics? Approaching Early Modern Diplomacy through Paperwork Practices

Abendvortrag - Wolfgang Behringer / Justus Nipperdey (beide Saarbrücken), Präsentation und Diskussion des laufenden DFG-Projektes: „Die Institutionalisierung des Faches ‚Geschichte der Frühen Neuzeit’“

Sektion XI: Praktiken des Verhandelns
Leitung: Christian Windler (Bern)

Ralf-Peter Fuchs (München), Normaljahrsverhandlungen und Wahrnehmung von Interessen

Matthias Köhler (Münster), Instrumenteller und symbolischer Aspekt von Friedensverhandlungen auf dem Kongress von Nimwegen

Tilman Haug (Bern), Zweierlei Verhandlung? Zur Dynamik „externer“ und „interner“ Kommunikationspraktiken in den Beziehungen der französischen Krone zum Alten Reich nach 1648

Nadir Weber (Bern), Praktiken des Verhandelns – Praktiken des Aushandelns. Versuch einer Begriffsschärfung am Beispiel der preußischen Außenbeziehungen im 18. Jahrhundert

Christina Brauner (Münster), Zwischen Ehre und Profit. Rollenvielfalt und Ressourcennutzung in der Verhandlungspraxis von Handelskompanien in Westafrika

Jean-Claude Waquet (Paris), Kommentar

Sektion XII: Praktiken der Heuchelei? Funktionen und Folgen der Inkonsistenz sozialer Praxis
Leitung: Tim Neu (Göttingen), Matthias Pohlig (Münster)

Tim Neu (Göttingen), Einführung

Thomas Weller (Mainz), Heuchelei und Häresie. Religiöse Minderheiten und katholische Mehrheitsgesellschaft im frühneuzeitlichen Spanien.

Niels Grüne (Innsbruck), Heuchelei als Argument. Bestechungspraktiken und Simoniedebatten im Umfeld von Bischofswahlen der Frühen Neuzeit

Birgit Näther (Essen), Systemadäquate Artikulation von Eigeninteressen. Zur Funktion von Heuchelei in der bayerischen Verwaltung des 18. Jahrhunderts

Tim Neu (Göttingen), „nicht in Meinung das (...) etwas neuwes eingeführt werde“. Heuchelei und Verfassungsgenese im frühen 17. Jahrhundert

Matthias Pohlig (Münster), Kommentar

Sektion XIII: Praktiken des Entscheidens
Leitung: Barbara Stollberg-Rilinger (Münster)

Barbara Stollberg-Rilinger (Münster), Praktiken des Entscheidens – Einleitung

Birgit Emich (Erlangen), Roma locuta – causa finita? Zur Entscheidungskultur des frühneuzeitlichen Papsttums

André Krischer (Münster), Die Performanz des Entscheidens. Der Hochverratsprozess gegen Christopher Layer 1722

Gabriele Haug-Moritz (Graz), Entscheidung zu physischer Gewaltanwendung. Der Beginn der französischen Religionskriege (1562) als Beispiel

Matthias Pohlig (Münster), Entscheiden im Krieg. Entscheidungspraktiken und Entscheidungskultur der englischen Regierung um 1700

Philip Hoffmann-Rehnitz (Münster), Schlusskommentar

Sektion XIV: Die Ökonomie sozialer Beziehungen. Praktiken des Umgangs mit Ressourcen
Leitung: Gabriele Jancke (Berlin) / Daniel Schläppi (Bern)

Gabriele Jancke (Berlin)/Daniel Schläppi (Bern), Einleitung

Daniel Schläppi (Bern), Rechnungen und Rituale. Kollektive Praktiken als Schnittstelle zwischen den Finanz- und Beziehungshaushalten alteidgenössischer Personenkorporationen

Sebastian Kühn (Berlin), Die Boten Thurneyssers. Praktiken der Ressourcenkonversion in triadischen Handlungsketten

Gabriele Jancke (Berlin), Der Wert der Worte – Bewerten und Prozessieren in Handlungsketten im Kontext von frühneuzeitlicher Gastlichkeit

Margareth Lanzinger (Siegen / Wien), Verwandtenheiraten und das „gemeine Wohl“ – divergierende Ressourcenlogiken


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