Still „Caput Mundi“? The Role of Rome between Late Antiquity and the Early Middle Ages in the Western Mediterranean

Still „Caput Mundi“? The Role of Rome between Late Antiquity and the Early Middle Ages in the Western Mediterranean

Organisatoren
Sabine Panzram / Rocco Selvaggi, Universität Hamburg
Ort
Hamburg und digital
Land
Deutschland
Vom - Bis
03.03.2022 - 05.03.2022
Url der Konferenzwebsite
Von
Dominik Kloss, Historisches Seminar - Arbeitsbereich Alte Geschichte, Universität Hamburg

Mit einer internationalen Konferenz beabsichtigte das DFG-geförderte Center for Advanced Studies „RomanIslam – Center for Comparative Empire and Transcultural Studies“ in diesem Frühjahr sein zweites Jahresthema „Imperial Religion versus local beliefs“ angemessen zu beschließen. Was bot sich da näher an als die Beschäftigung mit Rom – jenem Angelpunkt zwischen Spätantike und Frühmittelalter und wichtigem Schauplatz vieler im westlichen Mittelmeerraum während dieser Übergangsepoche auftretenden Transformationen insbesondere religiöser Natur.

Als Gastgeber der Veranstaltung, die Teil einer Kooperation mit dem Dipartimento di Studi Umanistici der Università degli Studi Roma Tre ist, rekurrierte SABINE PANZRAM (Hamburg) einleitend auf einige Fragen, die dem durchaus auch provokativ lesbaren Titel der Tagung inhärent sein dürften. Das Wie und Wann der Ablösung einer paganen von einer christianisierten (Kult-)Topographie unter sich wandelnden politischen wie sozialen Rahmenbedingungen ist bei diesem Thema stets mitzudenken; gleichermaßen eine Forschungsrichtung, die – traditionell von Epochenjahren und weiteren Zäsuren geprägt – ihre Beobachtungen inzwischen fruchtbar auf Transformationsprozesse der late Late Antiquity ausgeweitert hat. Der zeitgenössische Blick nicht nur der Römer selbst auf ihre Stadt, sondern zusätzlich der von außen – etwa aus Gallien, Hispanien oder Nordafrika – kann abermals zu einem Wechsel der Perspektiven beitragen und war daher ein Schwerpunkt der Tagung.

Kaiserzeitlich errichtete Tempel als noch lange danach das Stadtbild dominierende Monumente einerseits und das anhaltende Selbstbewusstsein senatorischer Eliten andererseits können als Konstanten im spätantiken Rom gelten, wie die beiden Eingangsvorträge deutlich machten. Dabei wies zunächst CARLOS MACHADO (St Andrews) auf die Diskrepanz hin, die in der ästhetisch-bewundernden Wahrnehmung jener vielfach schon ruinösen paganen Bauten in der alten Reichshauptstadt durch Autoren wie Rutilius Namatianus oder Claudian lag. Doch während die kaiserliche Gesetzgebung im Codex Theodosianus reichsweit den Schutz der ornamenta vernachlässigter Tempel anmahnte, beobachteten zeitgleich christliche Gewährsleute wie Prudentius bereits den raschen Niedergang der ebenfalls von höchster Stelle ihrer finanziellen Unterstützung beraubten paganen Kulte. In Rom hatte noch in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts die inschriftlich hervorgehobene Instandsetzung des Saturntempels oder die Wiedererrichtung der porticus deorum consentium das Bemühen um eine anhaltende Stiftungspraxis heidnischer Amtsträger wenigstens am Forum Romanum sichtbar werden lassen.

Dass sich die unverändert etwas auf ihre Abstammung haltenden Senatsangehörigen unter Konstantin dem Großen und seinen Söhnen zumindest noch ihres Wohlstands und ihrer familiären Netzwerke bedienen konnten, führte FABRIZIO OPPEDISANO (Pisa) aus. Der Umstand, dass Entscheidungen seitens der Kaiser zunehmend fern von Rom und unabhängig vom römischen Senat getroffen wurden, beschnitt zwar bewährte Aufstiegsmöglichkeiten der stadtrömischen nobiles, räumte ihnen auf lokaler Ebene aber eine gewisse Autonomie ein.

Im Rahmen des Kaiserkultes blieben auch längst andernorts residierende Herrscher im spätantiken Rom präsent, wusste CHRISTIAN RASCHLE (Montréal) zum Auftakt der ersten Sektion zu berichten. Religiöse Ehrungen wie die Verleihung des Divus-Titels, die bildliche Darstellung der Apotheose (etwa auf Elfenbein-Diptychen) oder ein im städtischen Festkalender eingeschriebenes Geburtstagsgedenken behielten ihre hochkaiserzeitliche Bedeutung bei, mussten aber nunmehr um christliche Komponenten ergänzt werden. Da die Kultausübung auch unter den neuen Vorzeichen als staatstragend verstanden wurde, zeigte sich die Ausweitung etwa von soldatischen Eidesformeln als weniger problematisch – anders als die Frage, ob auch Christen als flamines (also Priester des Kaiserkultes) oder gar als Veranstalter der unter ihren Glaubensgenossen stark umstrittenen paganen Festspiele tätig werden durften.

Eine kurzlebige heidnische Restauration im wieder als kaiserliche Residenz fungierenden Rom nach der Mitte des 5. Jahrhunderts nahm UMBERTO ROBERTO (Neapel) in den Blick. Oströmische Autoren wie Johannes Lydos oder Damaskios richteten ihre Aufmerksamkeit nicht allein auf die politischen Folgen der vandalischen Eroberung der Stadt im Jahr 455, sondern auch auf Figuren wie den Stadtpräfekten Messius Phoebus Severus oder den General Marcellinus als externe Unterstützer des Anthemius. Das Interesse griechischsprachiger Quellen für diese Zusammenhänge dürfte allerdings deutlich unter den Eindrücken von Justinians eigenen Restauratio imperii-Plänen gestanden haben und müsse dementsprechend problematisiert werden.

PHILIPPE BLAUDEAU (Angers) hingegen zeigte, dass trotz des programmatischen Reformwerks Justinians das Primat des Bischofs von Rom im östlichen Mittelmeerraum – insbesondere im Umfeld des Zweiten Konzils von Konstantinopel 553 n. Chr. – theologisch weiterhin umstritten blieb. Noch im späten 5. Jahrhundert hatte Papst Gelasius entsprechende Konkurrenzansprüche der neuen Reichshauptstadt mit dem Verweis abgewehrt, dass zwischenzeitliche Kaiserresidenzen wie Ravenna, Sirmium oder Trier auf eine entsprechend hervorgehobene kirchenrechtliche Stellung verzichtet hätten. Doch gegenüber den ihm in der nunmehrigen Pentarchie formal gleichgestellten Patriarchaten Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem konnte sich Rom als Grablege zweier Apostel allenfalls noch einen ideellen Vorrang bewahren.

Konkreten Einfluss nahm die römische Kirche allerdings auf das Wirtschaftsleben Italiens, etablierte sie sich, wie PAOLO TEDESCO (Tübingen) ausführte, hier doch als einer der größten Landbesitzer. Von den reichhaltigen Einkünften, die sich (gemäß dem Liber Pontificalis) in der regen Bautätigkeit in Rom widerspiegeln, profitierte auch der kaiserliche Fiskus, der die Kirche aus gutem Grund von munera und indirekten Steuern, nicht aber von der Bodensteuer befreite. Die starke Zentralisierung der kirchlichen Reichtümer überdauerte indes auch den Zerfall der imperialen Fiskalverwaltung und ermöglichte dem Papsttum im 6. und 7. Jahrhundert auch ohne überseeische Besitzungen die Sicherstellung von Importen aus Nordafrika und dem Nahen Osten.

In der zweiten Sektion präsentierte zunächst ALBERTO D’ANNA (Rom) die frühen Quellen für eine lokale Verehrung des Petrus und des Paulus, aus der die spätere Stellung Roms als sedes apostolica erwachsen sollte. Zeigten sich bereits im 4. Jahrhundert durch die Bischöfe Julius und Liberius Ansätze einer Instrumentalisierung des Petruskultes, vereinheitlichte infolge erst die Passio Petri et Pauli des sogenannten Pseudo-Marcellinus beide Apostelviten in einer Legende und verknüpfte sie zugleich nachhaltig mit der stadtrömischen Topographie.

Das noch von heidnischen Protagonisten und paganer Mythologie geprägte Rom und mitunter Erlebnisse wie ein einschüchternder Besuch der Katakomben offenbarten sich laut INGO SCHAAF (Freiburg) in den Schriften des heiligen Hieronymus. Dem Vettius Praetextatus in den Mund gelegte senatorische Polemik gegenüber Bischof Damasus findet sich hier ebenso wie der rhetorische Rückgriff auf Gründungslegenden Roms gegenüber Hieronymus' christlichem Kontrahenten Jovinian – was erkennen lässt, dass der Kirchenvater an den religiösen Transformationsprozessen in der Stadt am Tiber regen Anteil nahm.

Als „Schlüsseldokument europäischer Geschichte“, das den Wandel vom spätantiken stadtrömischen Episkopat zum frühmittelalterlichen Papsttum nachzeichnet, hat KLAUS HERBERS (Erlangen-Nürnberg) den Liber Pontificalis benannt. Dabei stellt sich die schlichte Auflistung von Herkunft, Dauer des Pontifikats und Zahl der jeweils versendeten Briefe, wie sie für frühe Viten (etwa die Leos I.) kennzeichnend ist, vordergründig als wenig wirkungsvoll dar. Doch die nachmalige Redaktion der anpassungsfähigen Texte aus jenem „Baukasten“ erwies ihren Wert bei der Kompilation späterer, deutlich mehr ausgeschmückter Papstbiographien. Dass selbige wiederum wiederholt als Leitfaden für Bischofsviten im lateinischen Westen dienten, zeigt die erfolgreiche Aktualisierung und weitreichende Rezeption jener Sammlung. Mit dem seit 2007 an der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen angesiedelten Projekt „Papsturkunden des frühen und hohen Mittelalters“ wird der Forschung sukzessive eine Parallelüberlieferung zum Liber Pontificalis erschlossen.

Auf den Arbeiten Philippe Jaffés bereits in den 1850er-Jahren fußend und seit 1931 von der Förderung Papst Pius' XI. profitierend, ist der Corpus der Regesta Pontificium Romanorum inzwischen beachtlich angewachsen. Als eines der jüngsten Beispiele präsentierte WALDEMAR KÖNIGHAUS (Göttingen) den von ihm bearbeiteten Band Dalmatia-Croatia Pontificia und wies auf die hohe Dichte der Bistümer als auch auf die – gerade in Relation zur Überlieferung der Gebiete jenseits der Donau – beachtliche Zahl (447) der Regesten hin, die für die Landschaften an der östlichen Adriaküste zu verzeichnen sind. Die Vorstellung dieses wichtigen Editionsprojektes bot die passende Überleitung zur dritten Sektion, mit der die Perspektive auf die mit dem päpstlichen Rom korrespondierenden Regionen in Westeuropa und Nordafrika ausgeweitet werden sollte.

Hier richtete GEOFFREY D. DUNN (Lublin) den Blick zunächst nach Gallien, wobei er Wert auf die Feststellung legte, dass der Begriff des päpstlichen Primats je nach Region oder lokaler Interessenlage zwischen unangefochtener Autorität und einem reinen Ehrentitel changieren konnte. Papst Zosimus hielt es jedenfalls im Jahr 417 für angeraten, sich nur wenige Tage nach seiner Wahl mit dem ambitionierten Patroclus von Arles abzustimmen und diesen unter Fingierung einer auf den heiligen Trophimus zurückführenden Tradition als Metropolit Galliens zu unterstützen. Dass dieses Vorgehen nicht widerspruchslos hingenommen wurde, zeigt sich daran, dass schon Zosimus’ Nachfolger Bonifatius I. gegenüber Hilarius von Narbonne die Unrechtmäßigkeit jener Kompetenzausweitung des arelatischen Bischofs bekräftigte.

Auch im Hispanien des frühen 5. Jahrhunderts war die Einflussnahme des römischen Bischofs gefragt, wenngleich angesichts einer noch fehlenden Metropolitanverfassung zunächst weniger bei der Aushandlung städtischer Hierarchien, sondern vorrangig als externe Instanz zur Disziplinierung nachlässiger Kleriker. Entsprechende Dekretalen wurden in den 630er-Jahren in der Collectio Hispana gesammelt und jüngst von SABINE PANZRAM, ROCCO SELVAGGI und LORENZO LIVORSI (Hamburg) für die Aufnahme im siebten Teilband der Iberia Pontificia kritisch ausgewertet. Das von ihnen präsentierte Fallbeispiel eines Briefes von Papst Vigilius an den (anderweitig nicht bezeugten) Profuturus von Braga aus dem Jahr 538 – unter dem Eindruck der ostgotischen Belagerung Roms entstanden und wohl vorrangig gegen den in Gallaecia noch Anhänger findenden Priscillianismus gerichtet – zeigte die Probleme dieser Quellengattung. So erwies sich der letzte, das Primat Roms thematisierende Abschnitt jenes Briefes als Interpolation, die erstmalig für das 9. Jahrhundert bei der Übernahme des Schreibens in die Collectio Pseudo-Isidoriana zu attestieren sei. Auch die weitere Entwicklung im übrigen Hispanien scheint diesen in die handschriftliche Überlieferung Einzug gehaltenen Anachronismus zu bestätigen: Ehe sich Toledo im 7. Jahrhundert unter den Westgotenkönigen als Metropolitansitz etablierte (und Rom somit als Mittler in hispanischen Angelegenheiten ohnehin obsolet werden ließ), wurden Gesuche nach Italien nur dann abgesandt, wenn man sich – an eigentlich regional übergeordneten Bischöfen vorbei – eine päpstliche Sanktion erhoffte.

Ähnlich disparate Kommunikationsmuster gegenüber Rom lassen sich auch beim spätantiken nordafrikanischen Klerus finden, wie STANISŁAW ADAMIAK (Warschau) darlegte. Dem päpstlichen Urteil in innerkirchlichen Konflikten wie dem Pelagianischen Streit maß man hier durchaus Autorität zu, verbat sich aber – seit der Erfahrung mit dem sich direkt an Zosimus wendenden Priester Apicius – die unaufgeforderte Einmischung Roms in die Befugnisse der nordafrikanischen Bischöfe. Dementsprechend verbot das Konzil von Karthago im Jahr 525 zum wiederholten Male das Anrufen überseeischer Rechtsinstanzen und insbesondere Roms.

FRANCESCA TINTI (Bilbao) warf schließlich einen Blick auf die unter Gregor dem Großen wieder als Missionsziel relevant werdende nördliche Peripherie – nach Britannien. Goldfolierte Kreuze als Beigaben eines angelsächsischen Prinzengrabes in Essex und die rasche Etablierung des Erzbistums Canterbury bezeugen die erfolgreiche Christianisierung im Südosten der Insel bereits im frühen 7. Jahrhundert. Einige Jahrzehnte darauf verewigten sich nicht nur angelsächsische Pilger mit Graffiti in den Katakomben Roms, sondern suchte auch Bischof Wilfrid von York auf wiederholten Reisen an den Tiber päpstliche Unterstützung gegen Beschneidungen seiner Diözese zu erwirken.

Die finale Sektion eröffnete RICCARDO SANTANGELI VALENZANI (Rom) mit einer Übersicht über den archäologisch dokumentierbaren Wandel des römischen Stadtbildes vom 5. bis zum 7. Jahrhundert. Zahlreiche Bestattungen, die in der zweiten Hälfte dieses Zeitraums verteilt über das gesamte Gebiet innerhalb des aurelianischen Mauerrings angelegt wurden, bestätigen den durch literarische Quellen bezeugten vorangehenden Bevölkerungseinbruch. In dieses Bild passt die Profanisierung der Kaiserfora: bot die südliche Hälfte des Templum Pacis einem horreum Platz, so errichtete man wenig später in der Portikus des Caesarforum einen Brennofen. Gleichwohl weisen (sich quantitativ erst im 8. Jahrhundert merklich verringernde) Importkeramik und – noch einige Jahrzehnte darauf – Häufungen von Münzen in den Fundzusammenhängen darauf hin, dass die Stadt als Abnehmer überregionaler Handelswaren zeitweise noch relevant blieb.

Genauso wie Kirchenbauten erst relativ spät am Forum Romanum Einzug hielten, blieb auch die von ANTONIO E. FELLE (Bari) präsentierte christliche Inschriftenpraxis noch lange auf die städtische Peripherie beschränkt. In den loculi der hiesigen Katakomben dominierte zunächst die Wiederverwendung einfacher Namenszüge, die um sprechende Symbole wie Anker ergänzt wurden. Hinzu kamen dann aber auch in den Putz eingeritzte Bittgebete an Petrus und Paulus und – vor allem unter Damasus – durchkomponierte Grabepigramme. Letztere sollten sich als vorbildhaft für die Epitaphe und Bauinschriften der im 5. Jahrhundert als Stifter zunehmend öffentlicher auftretenden Päpste erweisen.

In den spärlichen spätantiken Mauerzügen unterhalb der Bibliothek, die – unmittelbar westlich des Palazzo Farnese – der Kirche San Girolamo della Carità angegliedert ist, vermeint JAVIER A. DOMINGO (Rom) das Haus der heiligen Paula und damit den stadtrömischen Aufenthaltsort des Hieronymus in den Jahren 382 bis 385 ausfindig machen zu können. Konkrete Bezüge zur Verehrung des asketischen Gelehrten in diesem räumlichen Umfeld lassen sich allerdings erst in frühneuzeitlichen Schriften und Stadtplänen finden.

Im abschließenden Beitrag, mit dem er die (oft selektiven) Wahrnehmungsmöglichkeiten des spätantiken Roms durch zeitgenössische Rezeptoren analysierte, nahm RALF BEHRWALD (Bayreuth) noch einmal Bezug auf Hieronymus und Prudentius. Ebenso wie sich ersterer wörtlicher Zitate aus der Aeneis Vergils bediente, um das Begräbnis der Fabiola zu zelebrieren, wusste sich letzterer die heidnischen Monumente Roms im Sinne einer christlichen Neuinterpretation nutzbar zu machen. Im Medium der Inschriften war es andererseits für Angehörige höchster senatorischer Kreise wie den consul Marinianus oder den praefectus urbi Rufius Viventius Gallus unproblematisch, im Kontext der Peters-Basilika Stiftungen zu Ehren des Apostels kundzutun. Offenbar erübrigte sich im Angesicht der selbst im Verfall noch an exempla reichen stadtrömischen Topographie zumindest noch bis ins 5. Jahrhundert eine jeweils exklusive Vereinnahmung durch unterschiedliche Interessentenkreise mit jeweils eigener Agenda.

Im Resümee von JAVIER ARCE (Lille) stellte sich die Erweiterung der etablierten Materialbasis, insbesondere was die Urkunden, Briefe und Regesten der Päpste als Absender wie auch Adressaten anbelangt, als vorteilhaft für eine sich aktualisierende Betrachtung des spätantik-frühmittelalterlichen Roms dar. Aber auch komparatistische Zugänge zum klassischerweise auf die Ewige Stadt bezogenen Spektrum epigraphischer und literarischer Quellen konnten sich mitunter als innovativ zeigen, während sich die archäologischen Untersuchungen im Bereich des antiken Stadtzentrums wohl künftig noch stärker von der Erwartungshaltung freimachen müssen, prominente missing links zwischen imperialer Größe und päpstlicher Pracht zu präsentieren. Deutlich wurde in jedem Fall, dass isolierte Analysen einzelner Protagonisten, Gruppen oder Befunde mit Bezug zu Rom angesichts weiterer einzunehmender (fachlicher) Blickwinkel Gefahr laufen, schnell an ihre Grenzen zu stoßen. In mehreren Beiträgen war der übergeordneten Frage, ob Rom „noch das Haupt der Welt“ sei, mit Verweis auf eine eher mediävistische Sicht entgegengehalten worden: „War Rom schon das Haupt der Welt?“ Offenbar bleibt die Interaktion mit den Spielarten der Stadt als Caput Mundi heute wie vor eineinhalb Jahrtausenden allen gleichermaßen offen. Mit Spannung darf daher die Tagung im nächsten Frühjahr in Rom erwartet werden, auf der ein Vergleich mit Konstantinopel angestrebt wird.

Konferenzübersicht:

Sabine Panzram (Hamburg): Welcome and Introduction

Carlos Machado (University of St Andrews): Imagining pagan topography in Christian Rome

Fabrizio Oppedisano (Scuola Normale Superiore di Pisa): Subversive aristocracy: the Roman senate and the end of the ancient world

History: Between Imperial Features and Religious Identity

Christian Raschle (Université de Montréal): Rome without emperor – the transformations of the „emperor cult“ in the Western Empire from the 4th to the 6th century

Umberto Roberto (Università di Napoli Federico II): The pagan reaction to the decline of Rome in the 5th century

Philippe Blaudeau (Université d’Angers): The Petrinian primacy of Rome: claim and reception of an elaborated geo-ecclesiological conception (IV-VIIth centuries)

Paolo Tedesco (Eberhard-Karls-Universität Tübingen): Economic trajectories of the Italian Churches in Late Antiquity

Literature I: Central Religion vs. Local Beliefs

Alberto D’Anna (Università degli Studi Roma Tre): Political function and evolution of the story about Peter and Paul in Rome

Ingo Schaaf (Université de Fribourg): Mutatio rerum at Rome: Urban religious change through the eyes of Jerome

Klaus Herbers (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg): The Liber pontificalis: Images and constructions of Roman papacy?

Waldemar Könighaus (Akademie der Wissenschaften zu Göttingen): Project and book presentation: Regesta pontificum Romanorum – Dalmatia-Croatia Pontificia (2021)

Literature II: Communication between Rome and the Western Dioceses

Geoffrey D. Dunn (Katolicki Uniwersytet Lubelski Jana Pawła II): Hilary of Narbonne and papal correspondence with bishops in Gaul: the example of Boniface I, Ep. 12 (Difficile quidem)

Sabine Panzram / Lorenzo Livorsi / Rocco Selvaggi (Universität Hamburg): Letters from Rome to the Iberian bishops: The case of Vigilius and Profuturus of Braga – challenges and problems

Stanisław Adamiak (University of Warsaw): Maintaining autonomy and asking for intervention: the relation between the churches of North Africa and Rome in the Late Antiquity

Francesca Tinti (Universidad del País Vasco): Rome and the Anglo-Saxons in the 7th century

Archaeology: Transforming Architecture and Urban Planning

Riccardo Santangeli Valenzani (Università degli Studi Roma Tre): The transformation of Urbs Roma in Late Antiquity

Antonio E. Felle (Università degli Studi di Bari Aldo Moro): Inscriptions by Christians in Late Antique Rome (3rd to 7th century): an overview

Javier A. Domingo (Pontificia Università della Santa Croce): Saint Jerome in Rome. Historical data, tradition and archaeological evidence

Ralf Behrwald (Universität Bayreuth): A Cityscape dissolved and reassembled. Rome’s many meanings at the end of Antiquity

Javier Arce (Université de Lille): Conclusions