FUER-„Early Career Researchers”-Kolloquium

FUER-„Early Career Researchers”-Kolloquium

Organisatoren
Professur für die Didaktik der Geschichte (GEDIOS), Universität Osnabrück
Ort
Osnabrück
Land
Deutschland
Vom - Bis
31.03.2022 - 01.04.2022
Url der Konferenzwebsite
Von
Jessica Wehner, Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung / Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS), Universität Osnabrück; Imke Sofie Selle, Didaktik der Geschichte, Universität Osnabrück

Das FUER-Kolloquium (Förderung und Entwicklung eines reflektierten und (selbst-)reflexiven Geschichtsbewusstseins) wurde in diesem Durchgang an der Universität Osnabrück ausgerichtet und von der Professur für die Didaktik der Geschichte (GEDIOS) organisiert. Nachdem das Kolloquium im letzten Jahr aufgrund der Corona-Pandemie digital stattfinden musste, konnte die Veranstaltung in diesem Jahr im Präsenzformat mit ungefähr 30 Teilnehmer:innen durchgeführt werden. In diesem Rahmen stellten fünf Wissenschaftler:innen auf unterschiedlichen Qualifikationsstufen ihre Forschungsprojekte vor und diskutieren diese. Zudem gab es einen Abendvortrag von WOLFGANG HASBERG (Köln) sowie ein Diskussionsforum.

Die Zeitslots für Vorstellung und Diskussion umfassten jeweils 60 Minuten. Bei den Diskussionen galt die Regel, zuerst den studentischen Teilnehmenden und den Promovierenden die Möglichkeit für Rückmeldungen einzuräumen, um den Sprechanteil der Statusgruppen ausgewogen zu gestalten.

In diesem Jahr gab es eine breite thematische Vielfalt: So wurden Aspekte Historischen Denkens auf Seiten der Schüler:innen und der Lehrer:innen sowie geschichtsphilosophische und -theoretische Ansätze vorgestellt und diskutiert.

Nach einer kurzen Begrüßung aller Teilnehmer:innen durch LALE YILDIRIM (Osnabrück) begann das Kolloquium.

Im ersten Vortrag „Historisches Lernen in der ‘App in die Geschichte’. Lernprozesse und Narrationen von Schüler:innen im digitalen Medium” stellte ALEXANDRA KREBS (Paderborn) Zwischenergebnisse ihres Promotionsvorhabens vor. Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt zwischen der Universität Paderborn, den von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel und QUA-LiS Nordrhein-Westfalen (Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule). Sowohl die Entwicklung der App als auch die daran anschließende Studie sind Teil des Projekts. Sie verfolgt mit diesem die Fragestellung, wie Schüler:innen in der App Geschichte(n) erzählen und damit einhergehend die Frage nach möglichen Prozesstypen historischen Erzählens. Anhand von drei Gruppen zeigte sie exemplarisch, wie Schüler:innen mit der App arbeiteten (Dauer, Arbeitsschritte etc.) und historische Erzählungen verfassten. Diese Narrationen sowie die Lernprozesse, die zu ihnen führten, analysiert Krebs mithilfe eines Mixed-Method Designs, in welchem sie sowohl die Texte der Lernenden (mit der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz in MAXQDA) als auch quantitative Logfile-Daten (u.a. mithilfe selbst implementierter Python-Programme) untersucht.

Anschließend stellte PHILLIP PAULI (Köln) die Ergebnisse seiner Bachelorarbeit unter dem Titel „Geschichte und Vernunft in der Kritik von Immanuel Kant nebst einem denkenden Zwiegespräch mit Martin Heidegger” vor. Dabei ging es um die Untersuchung der geschichtsphilosophischen Annahmen Kants, (obwohl dieser nie eine vollständige Geschichtsphilosophie verfasst habe) und die Kant-Interpretation Heideggers. Thematisch gliederte sich der Vortrag in drei Abschnitte, bei dem erstens Kants zeitgenössische Kritik der Historik, zweitens seine Transzendentalphilosophie und drittens die Kant-Interpretation Heideggers dargelegt wurden. Für die geschichtsdidaktische Diskussion waren vor allem die angesprochenen Zusammenhänge der theoretischen Annahmen und Begrifflichkeiten bei Kant und Rüsen relevant.

STEFANIE HÖLZLWIMMER (Eichstätt-Ingolstadt) hielt einen Vortrag unter dem Titel „Können zur Untersuchung der Reflektiertheit der Lehrpersonen inhaltliche Codierungen mit Qualitätsbewertungen korreliert werden?” Im Rahmen ihres Promotionsvorhabens befasst sie sich mit der Reflektiertheit der Lehrpersonen, die an dem KLUG-Projekt (inKLUsiv Geschichte lehren) – einem vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) geförderten Verbundprojekt der Disziplinen Geschichtsdidaktik, pädagogische Psychologie und Sonderpädagogik – teilgenommen haben. Als Datenbasis dienen adaptierende Aufgaben, die im Anschluss an die einzelnen Fortbildungsveranstaltungen von den Lehrpersonen bearbeitet wurden. In ihrem Vortrag wurde zunächst theoriebasiert „Reflektiertheit” erläutert und anschließend ein Einblick in die methodische Herangehensweise bei der Datenanalyse gegeben. Hölzlwimmer veranschaulichte an einigen Beispielen im Kontext „Feedback geben und bekommen”, welche Schwierigkeiten bei der Codierung des Reflexionsgrades der Lehrer:innenantworten entstanden sind.

Der erste Kolloquiumstag endete mit einem Abendvortrag WOLFGANG HASBERGS (Köln) zu „Geschichte als Repräsentation vorgestellter Vergangenheit und schlicht Vergangenem”. In dem Vortrag diskutierte er zum einen die Rolle „des Beständigen” im Umgang mit Vergangenheit sowie Vergangenem und zum anderen, in welcher Form Vergangenheit uns begegnet. Abschließend forderte er, dass der Inhalt der Vermittlung von Geschichte (und damit die Frage nach dem Beständigen in der Vergangenheit) sowie der formale Prozess des Historischen Denkens stärker reflektiert und in den Fokus gerückt werden sollten. In der anschließenden Diskussion wurde sich unter anderem über die Frage ausgetauscht, wie „das Beständige im Vergangenen” hergestellt werde und ob dieses Beständige der Vergangenheit inhärent sei oder in der Gegenwart konstruiert werde.

Am zweiten Kolloquiumstag schlossen sich einem allgemeinem Austauschs- und Diskussionsforum weitere Vorträge an.

Den ersten Vortrag hielt DONGHYUN LEE (Köln) mit dem Titel „Historisches Denken und Kompetenzmodelle in Geschichtsschulbüchern und Lehrplänen in England, Deutschland und Südkorea”. In seinem Vortrag stellte er erste Ansätze für sein Promotionsvorhaben vor, bei dem es um einen Vergleich der Entwicklung von Konzepten Historischen Denkens und von Kompetenzmodellen in Deutschland, England und Südkorea gehen soll. Lee veranschaulichte, dass diese Länder das Konzept des Historischen Denkens als Kernziel des Geschichtsunterrichts formulieren, es aber dennoch einige Unterschiede in den spezifischen Begrifflichkeiten gebe. Beispielhaft nannte er Second Order Concepts, Historical Literacy, Chronological Narrative (England), Frage-, Methoden-,Urteils-, Orientierungs- und Sachkompetenz (Deutschland) sowie Research Function, Imagination und Doing History (Südkorea). Als Ziele formulierte er, erstens herauszustellen, wie die Entwicklung der Konzepte zu Historischem Denken und Kompetenzmodellen in den einzelnen Ländern ablief, zweitens diese Konzepte theoretisch zu vergleichen und drittens darzulegen, auf welche Weise diese im Geschichtsunterricht angewendet werden.

Zum Abschluss stellte SUSANNE SACHENBACHER (Eichstätt-Ingolstadt) in ihrem Beitrag unter dem Titel „Was kommt in der Klasse an? Evaluation der Fortbildungsreihe des KLUG-Projekts auf der Ebene des Unterrichts” einen Teil ihres Dissertationsprojekts vor, einer qualitativen Evaluation der Fortbildungsreihe des KLUG-Projekts auf der Ebene des Unterrichts. Darin fragte sie danach, wie sich das geschichtsdidaktische Handeln der Lehrkräfte durch die Fortbildung veränderte. Die Fallstudie wurde im pre-post-Design konzipiert und um fortbildungsbegleitende Erhebungszeitpunkte angereichert. Die Datenerhebung erfolgte über eine teilnehmende Beobachtung im Unterricht von vier Proband:innen mit je zehn beobachteten Unterrichtsstunden. Erste Ergebnisse bezüglich der veränderten Formulierung von Leitfragen im Geschichtsunterricht durch die Fortbildung wurden in der Präsentation veranschaulicht. In der Diskussion wurden vor allem Aspekte der Auswertung ihrer empirischen Erhebung besprochen.

Insgesamt konnten an beiden Kolloquiumstagen sowohl empirische als auch theoretische Fragestellungen diskutiert werden. Die Schwerpunkte in den Diskussionen bildeten einerseits die Reflexion von verwendeten Begrifflichkeiten und andererseits – insbesondere für die empirischen Untersuchungen – Fragen und Reflexion bezüglich des methodischen Vorgehens.

Konferenzübersicht:

Alexandra Krebs (Paderborn): Historisches Lernen in der „App in die Geschichte“. Lernprozesse und Narrationen von Schüler:innen im digitalen Medium.

Phillip Pauli (Köln): Geschichte und Vernunft in der Kritik von Immanuel Kant nebst einem denkenden Zwiegespräch mit Martin Heidegger.

Stefanie Hölzlwimmer (Eichstätt-Ingolstadt): Können zur Untersuchung der Reflektiertheit der Lehrpersonen inhaltliche Codierungen mit Qualitätsbewertungen korreliert werden?

Wolfgang Hasberg (Köln): Geschichte als Repräsentation vorgestellter Vergangenheit und schlicht Vergangenem.

Donghyun Lee (Köln): Historisches Denken und Kompetenzmodelle in Geschichtsschulbüchern und Lehrplänen in England, Deutschland und Südkorea.

Susanne Sachenbacher (Eichstätt-Ingolstadt): Was kommt in der Klasse an? Evaluation der Fortbildungsreihe des KLUG-Projekts auf der Ebene des Unterrichts.


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