Zwischen ‚Kleinen‘ und ‚Großen‘ Welten. Herrschaft vor Ort im Rheinland der Vormoderne

Zwischen ‚Kleinen‘ und ‚Großen‘ Welten. Herrschaft vor Ort im Rheinland der Vormoderne

Organisatoren
Michael Rohrschneider, Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte, Institut für Geschichtswissenschaft, Universität Bonn; Andrea Stieldorf, Historische Grundwissenschaften und Archivkunde, Institut für Geschichtswissenschaft, Universität Bonn
PLZ
53113
Ort
Bonn
Land
Deutschland
Fand statt
In Präsenz
Vom - Bis
25.09.2023 - 26.09.2023
Von
Simone Traichel, LVR-LandesMuseum Bonn; Severin Werner, Institut für Geschichtswissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Die alljährliche Herbsttagung der Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte des Instituts für Geschichtswissenschaft der Universität Bonn, veranstaltet in Kooperation mit der Abteilung für Historische Grundwissenschaften und Archivkunde und dem Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande, widmete sich dem Verhältnis zwischen „Kleinen“ und „Großen“ Welten im Rheinland der Vormoderne von der Antike bis ins 18. Jahrhundert.

In ihrer inhaltlichen Einleitung gingen Michael Rohrschneider und Andrea Stielorf auf den thematischen Schwerpunkt der durch den Landschaftsverband Rheinland geförderten und vom Blog „Histrhen. Rheinische Geschichte wissenschaftlich bloggen“ begleiteten Tagung ein, wonach ein Perspektivwechsel vollzogen werden sollte, der anstelle der in Forschungen zur Vormoderne zumeist üblichen Fragen nach den Top-down-Maßnahmen zur Herrschaftslegitimierung und -durchsetzung die Formen, Ziele und Wirkungsweisen von Bottom-up-Prozessen verstärkt in den Blick nimmt. Die Tagungsbeiträge warfen Schlaglichter auf die Wirkmächtigkeit der lokalen Herrschaftsträger der „Kleinen Welten“ im Rheinland von der Antike bis zur Frühen Neuzeit gegenüber den ihnen übergeordneten, zentral agierenden Herrschaftsträgern, den „Großen Welten“. Zwischen den beiden Welten bestanden asymmetrische Herrschafts- und Machtbeziehungen, deren Reziprozität stärker in den Fokus gerückt wurde.

Den Auftakt machte KONRAD VÖSSING (Bonn) mit einer Gegenüberstellung der „Großen Welt“ der politischen Machtkämpfe Roms und der „Kleinen Welt“ des römischen Bonn anhand des Geschichtsschreibers Tacitus. Das Legionslager im heutigen Bonn geriet als Dreh- und Angelpunkt der regionalen römischen Militärpräsenz in den Strudel der Ereignisse des Bataveraufstands im Vierkaiserjahr 69/70 n. Chr. Die Revolte rüttelte an den Grundfesten der römischen Militärpolitik, da die bestens ausgebildeten und eng mit dem römischen Militär vertrauten batavischen Auxiliartruppen eine nicht zu unterschätzende Bedrohung darstellten, welche die Partei Vespasians zur Kontaktaufnahme mit den Aufständischen zwang. Die Machtverhältnisse zwischen den „Großen und Kleinen Welten“ hatten sich im Bataveraufstand umgekehrt. Die „Kleine Welt“ hatte der „Großen“ das Fürchten gelehrt.

Um Welten im Umbruch und die Kontinuität gesellschaftlicher Eliten im Rheinland des 4. bis 7. Jahrhunderts ging es im Vortrag von WINFRIED SCHMITZ (Bonn). Anhand von Grabinschriften und des Wandels des „Epigraphic Habit“ zeichnete Schmitz die gesellschaftlichen Umbrüche nach dem Rückzug der „Großen Welt“ Rom im Rheinland nach. In den Grabinschriften manifestieren sich alte sowie neue, spätantike und frühmittelalterliche Eliten. Qualitativ hochwertige Steinmetzarbeiten in römischer Tradition und mit römischen Namen in Grabinschriften bestanden fort. Anders als zu römischer Zeit waren es in der Spätantike und im Frühmittelalter aber Kleriker, denen in der „Kleinen Welt“ die Aufgaben der ordnungsstiftenden Instanz zufielen und die in ihren Grabinschriften ihre herausgehobene Position festhielten. Daneben existieren qualitätvolle Inschriften von Personen mit germanischen Namen. Für sie stand die Hinwendung zum Christentum im Vordergrund – im Gegensatz zu den Grabinschriften der Angehörigen der neuen fränkischen Herrscherelite, die zur Legitimierung ihrer Herrschaft Wert auf die Darstellung ihrer sozialen Position legten.

Der Vortrag von TORSTEN RÜNGER (Bonn) nahm, basierend auf Ergebnissen der Siedlungsarchäologie, die ländlichen Siedlungsräume von Pier und Morken im Rheinland in den Blick. Die „Kleinen Welten“ der beiden Orte waren zwischen der Spätantike und dem Hochmittelalter einem mehrfachen und tiefgründigen Strukturwandel unterworfen. In dieser ländlichen Lebenswelt manifestierte sich Herrschaft im Frühmittelalter vorrangig noch in Form von flächendeckend vernetzten ortsansässigen Eliten. Im Hochmittelalter basierte die Herrschaft hingegen auf verwandtschaftlich verbundenen und kleinräumig organisierten Adelsfamilien. Die Orte Morken und Königshofen scheinen in dieser Hinsicht angesichts der archäologischen Befunde in deutlich stärkerem Maße herrschaftlich durchdrungen gewesen zu sein als Pier. Die Befunde deuten zudem auf eine dynamische Siedlungsweise, eine kleinräumige Territorialisierung sowie die Möglichkeit eines bäuerlichen Nebenerwerbs und damit einer gewissen Agency hin.

MICHAEL ROHRSCHNEIDER (Bonn) referierte zu der Frage, ob die Erforschung von Asymmetrien Erkenntnispotential für die Untersuchung der Erscheinungsformen von Herrschaft im Kurfürstentum Köln bieten kann. Der Begriff der Asymmetrie wird in dem Kontext der vielgestaltigen Herrschaftsverhältnisse des Kurfürstentums Köln als verflochtenes Miteinander von „Großen“ und „Kleinen Welten“ verstanden. Dazu wurden drei Forschungsansätze vorgestellt: 1) Die Frage nach dem Spannungsverhältnis von Persönlichkeit und Struktur (Akteurszentrierung), 2) der Ansatz der ‚Jeux d'échelles‘ des französischen Historikers Jacques Revel aus dem Kontext des wissenschaftlichen Diskurses über die Mikrogeschichte und 3) das damit verbundene Konzept der Fraktalität, das seit einigen Jahren in der deutschen und französischen Frühneuzeitforschung diskutiert wird. Alle drei Forschungsansätze lassen sich auf das Kurfürstentum Köln, auf seine politischen und sozialen Eliten sowie die zahlreichen Verflechtungen von Akteuren und Räumen verschiedener Herrschaftsebenen anwenden. Asymmetrien waren im Rahmen der vielgestaltigen Aushandlungsprozesse zwischen den „Großen“ und „Kleinen Welten“ stets ein signifikanter Faktor.

DAVID SCHULTE (Bonn) legte die Umstände der Entstehung und Ausdifferenzierung der landständischen Verfassung des Kurfürstentums Köln am Beispiel der Neufassung der westfälischen Erblandesvereinigung von 1590 dar. Die Erneuerung der Erblandesvereinigung war eine Antwort auf den Angriff auf die landständische Verfassung im Kölner Krieg. In Reaktion auf den Versuch, die Erblandesvereinigung des Herzogtums Westfalen auszuhebeln, forderten die Landstände in einer Bottom-up-Initiative eine Neufassung der Erblandesvereinigung. Die folglich ausgearbeitete Neufassung fixierte erstmals die bisher ungeschriebenen Verfahrensregeln eines Landtags schriftlich. Die Entwicklung der landständischen Verfassung im Kurfürstentum Köln wurde von der Partizipation der „Kleinen Welt“ der Landstände getragen, die sich den Top-down-Bemühungen der Kurfürsten entgegenstellten.

Einen Bericht über erste Forschungsergebnisse zur Herrschaftsweise des Kölner Domkapitels im Vest Recklinghausen lieferte PHILIPP GATZEN (Bonn). Aus den Quellen zur „Kleinen Welt“ des Vests Recklinghausen setzt sich das Bild des domkapitularischen Oberhofs Oer als einer besonderen Unterherrschaft zusammen. Die unterherrschaftlichen Beamten vor Ort waren durchaus in der Lage, dem Landesherrn Schwierigkeiten zu bereiten. Dies zeige beispielhaft ein langjähriger Konflikt um die Gerichtsbarkeit. Es sei immer wieder zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Hofgericht und dem kurfürstlichen Gericht in Recklinghausen gekommen. Daneben lassen sich auch Auseinandersetzungen mit anderen Akteuren festmachen. Im Streit um die Teilnahme des domkapitularischen Vertreters an den vestischen Landtagen etwa berief sich das Domkapitel auf die in der Erblandesvereinigung verbrieften Rechte und versuchte argumentativ eine Asymmetrie aufzubauen. Erst eine Machtverschiebung sorgte letztlich dafür, dass es sich in diesem Konflikt durchsetzen konnte.

Einen Vergleich frühneuzeitlicher Herrschaft vor Ort im Europa zwischen dem Westfälischen Frieden und der napoleonischen Zeit bot STEFAN BRAKENSIEK (Duisburg/Essen) in seinem Abendvortrag. Dazu wurden als zwei Aspekte lokaler Herrschaft die Auswahl der Amtsträger vor Ort sowie die Förderung der Kooperation der Untertanen mit dem Herrscher genauer betrachtet. In den großen „zusammengesetzten“ Monarchien wurde bis in das 18. Jahrhundert hinein meist kein Versuch unternommen, den Alltag vor Ort mit eigenem Personal vollständig zu kontrollieren. Stattdessen war eine Form der indirekten Herrschaft üblich, in der wenige delegierte Amtsträger des Monarchen gemeinsam mit den aristokratischen Großgrundbesitzern sowie den lokalen und regionalen Herrschern in einer hierarchisch geordneten Kooperation agierten. Angesichts ihrer mitunter prekären politischen Lage und den begrenzten militärischen Mitteln entwickelten einige Fürsten des Alten Reichs ein besonders ausbalanciertes Herrschaftsverhältnis zu Unterherrschaften und Untertanen.

FLORIAN BESTE (Bonn) zeigte am Beispiel der Reichsabtei Burtscheid Möglichkeiten der Konsolidierung und Krisenbewältigung auf. Anhand zweier Konflikte verdeutlichte er, wie die Zisterzienserinnen bereits in der Gründungsphase der Abtei um ihre Rechte kämpfen mussten. Streitigkeiten habe es sowohl um die rechtliche Stellung des Vogts im Verhältnis zum Konvent als auch um die Höhe der Abgaben einer vom Konvent abhängigen Kirche an den Dechanten des Aachener Marienstiftes gegeben. Auffällig sei hierbei mit Blick auf das Thema der Tagung, dass die Äbtissin sich nicht etwa an den Erzbischof als die nächstgrößere „Welt“, sondern proaktiv gleich an die höchstmögliche verfügbare Autorität gewandt habe, sodass die vorgestellten Konflikte auf der Ebene der „Kleinen Welt“ der Abtei letztlich durch Schiedsverfahren im Auftrag der „Großen Welten“ gelöst wurden.

Ähnliche und zugleich divergierende Vorgehensweisen im Umgang mit Konflikten innerhalb der „Kleinen Welten“ der mittelalterlichen Frauenkonvente schilderte ANDREA STIELDORF (Bonn) am Beispiel der Streitigkeiten um den und mit dem Vilicher Frauenkonvent im 13. und 14. Jahrhundert, dessen Verhältnis zur Außenwelt ebenfalls immer wieder durch Konflikte mit den Vögten, aber auch mit den Erzbischöfen von Köln geprägt war. Obwohl die Reichsunmittelbarkeit des Klosters nominell bestätigt gewesen sei, entbrannten mehrfach Konflikte in Fragen der schriftlich bescheinigten Privilegien der freien Vogt- und Äbtissinnenwahl. Diese hätten sich wiederum in der Ausstellung aktualisierter Bestätigungen und überarbeiteter Beglaubigungsmittel1 niedergeschlagen, wobei Transsumpte königlicher Urkunden der „Kleinen Welt“ als Ausweis einer materialisierten Herrschernähe und Reichsunmittelbarkeit dienten. Anders als im Fall der Äbtissin von Burtscheid habe sich die Vilicher Äbtissin zur Lösung der Streitigkeiten jedoch nicht an die „größtmögliche“ sondern an verschiedene nächstgrößere Welten gewandt, sodass der Kölner Erzbischof nicht nur als Konfliktgegner, sondern auch als potenzieller Konfliktlöser aufgetreten sei. Das Beispiel zeige somit, dass Fraktalität durchaus ein Vorteil für „Kleine Welten“ gewesen sei, da sie in Konflikten mitunter auf verschiedene „Große Welten“ zurückgreifen konnten.

NAEMI WINTER (Bonn) schilderte, wie die spätmittelalterlichen Fälschungen des Klosters St. Eucharius-Matthias vor Trier auf einen genuin pragmatischen Umgang mit Urkunden als Beglaubigungsmedium zurückzuführen seien, wonach der umfassende Fälschungskomplex von weit über zwanzig Pseudo-Originalen mit teils recht offensichtlichen Fälschungsmerkmalen als Ausgleich für die infolge eines Raubes verlorenen Originale entstanden sei. Auf dessen Basis seien später neue Bestätigungsurkunden aus dem erzbischöflichen Umfeld erwirkt worden, welche die Rechte des Konventes bekräftigten. Zudem habe in einem Verfahren gegen den am Raub beteiligten Abt die eigens für diesen Zweck verfasste und mit päpstlichen Schreiben versehene Gesta Henrici (archiepiscopi) et Theoderici abbatis als Streitschrift fungiert. Auch im Fall dieses Konventes, in der die Urkundenfälschungen wie auch die Gesta Henrici als Medien materialisierter Nähe zu „größeren Herrschaften“ fungiert hätten, habe Schriftlichkeit eine strategische Bedeutung in der Lösung von Konflikten „Kleiner Welten“ eingenommen.

Dass mittelalterliche Medien auch aufgrund ihrer Öffentlichkeitswirksamkeit als Mittel zur Kommunikation in „Kleinen Welten“ dienen konnten, zeigte SOPHIA VICTORIA CLEGG (Bonn) am Beispiel von Inschriften als Zeugnissen des Verhältnisses zwischen Bischöfen und „ihren“ Städten am Niederrhein und in Westfalen auf. Während bischöfliche Bauinschriften etwa zum Ausdruck von Herrschaftsansprüchen sowie zur Kennzeichnung von Städten als Herrschaftsräumen gedient hätten, zeugten städtische Inschriften hingegen oftmals von der Abwehr entsprechender Herrschaftsansprüche und dienten zum Ausdruck des städtischen Selbstverständnisses als selbstständige Stadt. Sowohl die bischöflichen als auch die städtischen Inschriften sorgten als Gedächtnismedien durch ihre Sichtbarkeit zudem für eine Öffentlichkeitswirksamkeit, die den darin enthaltenen Ansprüchen der jeweiligen Auftraggeber zu einer fortwährenden Reaktualisierung in der kollektiven Erinnerung der Rezipienten verhalf.

Als ein Verhältnis zwischen freundschaftlicher Nähe und vorsichtiger Distanz charakterisierte MANUEL HAGEMANN (Pulheim) das Verhältnis kleiner Herrschaften am Niederrhein zum Klever Hof im Spätmittelalter. Am Beispiel von sechs Unterherrschaften im klevisch-geldrisch-münsterischen Grenzraum erläuterte er, dass lokale Herrlichkeiten als Inhaber „Kleiner Welten“ durchaus einen großen Einfluss auf die „Großen Welten“ haben konnten, deren Hof(staat) sie bildeten. Die vorgestellten Beispiele zeigten, dass die kleinen Herrschaften sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbrachten, die ihre Möglichkeiten zur Einflussnahme bedingten. Gemeinsam sei den Inhabern kleiner Herrschaften im Grenzraum jedoch gewesen, dass sie den Ausbau der eigenen Herrschaft durch Maßnahmen zur Annäherung an – aber auch zur Abgrenzung von – großen Herrschaften zu erreichen suchten. Dabei hätten die Unterherrschaften in der Regel guten Kontakt zu verschiedenen größeren Herrschaften gepflegt, um der Abhängigkeit von einem übermächtigen Oberherrn zu entgehen.

Zum Abschluss stellte TILL BODDEN (Duisburg) ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Projekt vor, in dessen Rahmen unter anderem über 5.000 Akten aus den Beständen von Geldern und Moers digitalisiert wurden. Anhand eines Nachbarschaftsstreits an der Kendel schilderte Bodden ferner die geldrisch-moersischen Limiten im frühen 18. Jahrhundert und lieferte somit einen Beitrag zur Ergründung der Handlungsspielräume „Kleiner Welten“ in preußischer Zeit. Die Konfliktparteien hätten sich zur Lösung des Konflikts an die jeweiligen Regierungen als nächst höhere Instanzen gewandt und in den meisten Streitpunkten intern eine Lösung finden können. In einem Punkt aber hätte die preußische Regierung in Berlin als „Große Welt“ schlichtend eingreifen müssen, da eine Konfliktbeilegung auf Ebene der „Kleinen Welten“ nicht möglich gewesen sei. Erwähnenswert sei hierbei, dass die Weisungen der jeweils höheren Instanzen beachtet worden seien, aber auch die höheren Ebenen bei der Entscheidungsfindung Einschätzungen der unteren Ebenen beachtet hätten.

Den Abschluss der Tagung bildete eine Würdigung des Wirkens von Thomas Becker, dem die Tagung anlässlich seines Eintritts in den Ruhestand gewidmet ist. Becker war Lehrbeauftragter am Institut für Geschichtswissenschaft und hatte die Leitung des Archivs sowie des Universitätsmuseums der Universität Bonn inne. Daneben war und ist Becker Mitglied in diversen Arbeitskreisen, wissenschaftlichen Beiräten und Gesellschaften, darunter etwa in der Geschäftsführung der Arbeitsgruppe „Universitätsgeschichte“ zur Vorbereitung der 200-Jahr-Feier der Universität Bonn. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte des Rheinlandes in der Frühen Neuzeit, insbesondere des Kurfürstentums Köln, die Universitätsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie die katholische Konfessionalisierung, Hexenverfolgung und Volksfrömmigkeit in der Frühen Neuzeit. Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Leiter des Universitätsarchivs und des Universitätsmuseums nahm er zahlreiche Aufgaben im Kontext der Öffentlichkeitsarbeit wahr, erstellte die jährliche Universitätschronik und bildete Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste in der Fachrichtung Archiv aus.

Zusammenfassend zeigte die transepochal und transdisziplinär angelegte Tagung das Potenzial entsprechender Zugänge auf, auf deren Grundlage Materialität, Fraktalität, Asymmetrien und Agency über einzelne Epochen und Blickwinkel hinaus als bestimmende Faktoren und Konstanten in den Beziehungen zwischen „Kleinen“ und „Großen Welten“ im Rheinland identifiziert werden konnten.

Konferenzübersicht:

Michael Rohrschneider (Bonn) / Andrea Stielorf (Bonn): Begrüßung und Einführung
Sektion I: Antike und archäologische ‚Kleine Welten‘

Moderation: Matthias Becher (Bonn)

Konrad Vössing (Bonn): Lokale Hilfstruppen, Legionäre, Offiziere und Kaiser – in der ‚Schlacht von Bonn‘ 69 n. Chr. (Tacitus, Historien 4,19-20)

Winfried Schmitz (Bonn): Eine Welt im Umbruch. Alte und neue Eliten im Rheinland des 4.-7. Jahrhunderts

Torsten Rünger (Bonn): Die ländlichen Siedlungsräume von Pier und Morken im Rheinland. Zwei mittelalterliche ‚Kleine Welten‘ im Kontext lokaler Herrschaft

Sektion II: Geistliche Herrschaft im Alten Reich: Das Beispiel Kurköln

Moderation: Claudia Jarzebowski (Bonn)

Michael Rohrschneider (Bonn): Asymmetrien als Erscheinungsform frühneuzeitlicher Herrschaft in den ‚Kleinen‘ und ‚Großen Welten‘ des Kurfürstentums Köln

David Schulte (Bonn): Die ‚Kleine Welt‘ des frühneuzeitlichen Kurköln im Spiegel von landständischer Verfassung und Politik

Philipp Gatzen (Bonn): Im Dienste des Apostelfürsten – Domkapitularische Amtsträger zwischen Rhein und Lippe

Jahreshauptversammlung des Vereins für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande

Abendvortrag: Stefan Brakensiek (Duisburg/Essen): Frühneuzeitliche Herrschaft vor Ort – Europäische Vergleiche

Sektion III: Immer Ärger mit der Äbtissin? Die ‚Kleinen‘ und ‚Großen Welten‘ rheinischer Frauenkonvente

Moderation: Wolfgang Rosen (Bonn)

Florian Beste (Bonn): Immer Ärger für die Äbtissin – Konsolidierung und Krisenbewältigung der Reichsabtei Burtscheid unter der ersten Äbtissin Helswindis I. von Gymnich (1219-1269)

Andrea Stieldorf (Bonn): Jenseits des Gebets. Streitigkeiten um den Vilicher Frauenkonvent im 13. und 14. Jahrhundert

Sektion IV: Herrschaft zwischen Kooperation und Konfrontation: Medialität – Konflikte – Strategien

Moderation: Tobias Weller (Bonn)

Naemi Winter (Bonn): Wer schreibt, der bleibt. Die spätmittelalterlichen Urkundenfälschungen des Klosters St. Eucharius-Matthias vor Trier

Sophia Victoria Clegg (Bonn): Mein bester Feind. Inschriften als Zeugnisse des Verhältnisses zwischen Bischöfen und ‚ihren‘ Städten am Niederrhein und in Westfalen

Manuel Hagemann (Pulheim): Zwischen freundschaftlicher Nähe und vorsichtiger Distanz. Kleine Herrschaften am Niederrhein und ihr Verhältnis zum Klever Hof im Spätmittelalter

Till Bodden (Duisburg): Ein innerpreußischer Grenzstreit – Die Bestimmungen der geldrisch-moersischen Limiten im frühem 18. Jahrhundert (Projektvorstellung)

Würdigung Thomas Becker

Moderation: Claudia Wich-Reif (Bonn)

Anmerkungen:
1 Explizit handelt es sich hier um das Vilicher Konventssiegel, welches den Anspruch des Konvents auf Unabhängigkeit im Siegelbild repräsentiert, indem die Gründerin Adelheid unmittelbar Petrus unterstellt wird. Das betreffende Typar hat Stieldorf vor der Tagung bereits in einem kurzen Beitrag auf der Plattform Histrhen ausführlicher behandelt; vgl. http://histrhen.landesgeschichte.eu/2023/07/vilich-konventssiegel-engelbert-koeln-stieldorf/ (01.12.2023).

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