Zwischen Erinnerung und Amnesie: Zeugnisse und Bilder des GULag

Zwischen Erinnerung und Amnesie: Zeugnisse und Bilder des GULag

Organisatoren
Wissenschaftliches Informationszentrum "Memorial"; Internationale Gesellschaft "Memorial"; Stiftung D. S. Lichačev; Europäische Universität Sankt-Petersburg; mit Unterstützung: Konrad Adenauer Stiftung, Büro Sankt-Petersburg; "Matra"-Programm des Generalkonsulats der Niederlande in Sankt-Petersburg; Generalkonsultat der Bundesrepublik Deutschland in Sankt-Petersburg; Generalkonsulat der Republik Polen in Sankt-Petersburg; Generalkonsulat der Republik Litauen in Sankt-Petersburg; Generalkonsulat der Republik Estland in Sankt-Petersburg
Ort
Sankt-Petersburg
Land
Russian Federation
Vom - Bis
05.11.2007 - 07.11.2007
Url der Konferenzwebsite
Von
Ronny Heidenreich, Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Das Erbe des sowjetischen GULag-Systems und seine Verankerung im historischen Gedächtnis Russlands waren die zentralen Fragen auf der von Memorial Sankt-Petersburg und Memorial Moskau organisierten Konferenz, die vom 5. bis zum 7. November 2007 in der Europäischen Universität Sankt-Petersburg stattfand. Hierzu hatten die Veranstalter neben Wissenschaftlern und Museumsfachleuten vor allem Vertreter verschiedener Aufarbeitungsinitiativen aus allen Teilen der Russischen Föderation und des Auslandes eingeladen. Damit waren die Vorraussetzungen gegeben, über die gegenwärtigen Historiographiediskurse wie auch die Schwierigkeiten konkreter Arbeit vor Ort zu diskutieren. Ziel war es, wie Arsenij Roginskij (Memorial International) einleitend meinte, aus einem postulierten "Krieg der Gedächtnisse" Schlussfolgerungen für die praktische Arbeit zu ziehen. Doch wie sich zeigen sollte, ging der Diskussionsbedarf über diese Fragen hinaus.

Die Verortung des GULags als Teil des stalinistischen Repressionssystems im historischen Gedächtnis Russlands war Gegenstand der ersten Referate. BORIS DUBIN (Levada-Institut, Moskau) formulierte die These, dass zwar durchaus eine allgemeine Kenntnis sowjetischer Verbrechen vorhanden sei, diese aber nur auf lokaler Ebene durch exemplarische historische Ereignisse und Orte im kollektiven Bewusstsein verankert seien. Diese Dezentralisierung der Erinnerung ginge mit einer "Demoralisierung des historischen Gedächtnisses" einher. ALEKSANDR DANIEL' (Memorial Moskau) griff diese Überlegungen auf und sprach von einer Fragmentierung der Erinnerung an den GULag. Ziel der Aufarbeitung des sowjetischen Unrechtssystems müsse es deshalb sein, die einzelnen lokalen "Splitter" wieder zu einem ganzen "Spiegel" zusammenzufügen, in dem sich die russische Gesellschaft ihrer Vergangenheit stellen könne. Der in beiden Vorträgen mitgedachte Wunsch nach einem national einheitlichen Geschichtskonzept kulminierte in der Feststellung Daniel's, dass der historische "Liberalismus" der 1990er Jahre, der alle Spielarten der Vergangenheitsbewältigung und -auseinandersetzung zugelassen hätte, letztendlich schädlich gewesen sei. Die putinsche Geschichtspolitik sei nun wieder ein Gegner, mit dem man sich auseinandersetzen könnte, auch wenn die Aussichten auf einen Erfolg dabei gering seien. EVGENIJA LËZINA (IMT Lucca, Moskau) wies darauf hin, dass die unzureichende Beschäftigung mit der totalitären Vergangenheit auch eine Folge des heutigen starken Nationalismus in Russland sei. Am Beispiel der Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Deutschland verwies sie auf konkrete Defizite und Probleme im russischen Bewältigungsprozess, wenngleich dieser Vergleich in der anschließenden Diskussion deutlicher Kritik ausgesetzt war. DINA CHAPAEVA (Smol'nyj-Institut, St. Petersburg) legte exemplarisch dar, welche Einstellungs- und Interpretationsmuster bei den Anhängern der russischen Parteien gegenwärtig festzustellen sind. Bis auf wenige Abweichungen wurde deutlich, dass in Hinblick auf eine "Opfermartyrologie des russischen Volkes" ein übergreifender Konsens herrscht, das dem stalinistischen Gewaltsystem ausgeliefert gewesen sei. Diese Exkulpationsstrategie, welche die Frage nach den Tätern ausklammert, geht mit einer positiven Assoziation der "Einheit und Stärke der Sowjetunion" einher. Diese affirmative Einstellung geht soweit, dass zwischen den Kommunisten und der regierungsnahen Vereinigung "Edinaja Rossija" kaum noch Unterschiede auszumachen sind.

Der Nachmittag war der Vergangenheitsbewältigung außerhalb Russlands gewidmet. VALERIU PASSAT (Akademie der Wissenschaften Moldova, Chişinău), der erst wenige Wochen zuvor aus politischer Haft entlassen worden war, gab einen Überblick zur Geschichte stalinistischer Repressionszyklen auf dem Gebiet der heutigen Republik Moldova. Er verwies auf die schwierige Position einer kritischen Auseinandersetzung mit der sowjetischen Vergangenheit und deren oftmals antirussischen Stoßrichtung, die bislang gesamtgesellschaftliche Debatten in Moldova verhindert haben. AIVAR NIGLAS (Akademie der Wissenschaften Estland, Tallinn) gab Einblicke in die sowjetische Rehabilitationspraxis von Opfern politischer Repressionen in der Estnischen SSR zwischen 1953 bis Ende der 1960er Jahre. Er verwies darauf, dass allein der Rehabilitierungsbegriff im sowjetischen Strafrecht nicht kodifiziert war und deshalb von einem einheitlichen Prozess der Urteilskassierung und Wiedergutmachung nicht gesprochen werden könne. JULIETTE DENIS (Universität Paris-Nanterre, IHTP/CNRS, Paris) setzte sich mit der unterschiedlichen Interpretation sowjetischer Repressionen in der lettischen und russischen Historiographie auseinander. In Anlehnung an die Debatten über eine "Nationalisierung des Leidens" und vor allem der Frage der Bewertung sowjetischer wie nationalsozialistischer Besatzungsverbrechen machte sie deutlich, dass es in Lettland durchaus einen Unterschied zwischen regierungsoffizieller und unabhängiger, vor allem von der Exilgemeinde beeinflusster, Geschichtspolitik gibt.

Nach der Diskussion dieser allgemeinen Erörterungen zur Vergangenheitsbewältigung widmeten sich die anschließenden Referate einzelnen Projekten vor Ort, die sich mit der Geschichte des GULags in der Russischen Föderation auseinandersetzen. Trotz der eingangs aufgezeigten "nationalstaatlichen" Probleme wurde deutlich, dass die lokalen Initiativen trotz ihrer beschränkten Reichweite gegenwärtig einem wichtigen, wenn nicht sogar den wichtigsten Beitrag zur Bewahrung der Erinnerung an das Leid des GULags leisten. Den Auftakt machte MICHAIL ROGAČEV (Gesellschaft "Pokajanie", Syktyvkar, Republik der Komi), der die Arbeit seiner Vereinigung vorstellte. Hauptziel ist das Auffinden der ehemaligen zahlreichen Lagerkomplexe und deren Markierung mit Gedenkzeichen. Daneben werden Erinnerungsberichte von heutigen Anwohnern und überlebenden Opfern gesammelt. Im Ergebnis entstand eine inzwischen 12-bändige Ausgabe des Gedenkbuches für die Opfer politischer Repressionen in der Republik Komi, welche die Ergebnisse dieser Bemühungen vereint.[1] Schwierigkeiten ergeben sich aus der mangelnden Finanzierung und der über die Republikgrenzen hinaus kaum wahrgenommenen Arbeit.

Einen anderen Ansatz stellte SVETLANA BYKOVA (Staatliche Universität Ekaterinburg, Gebiet Sverdlovsk) vor. In Kooperation mit dem staatlichen Gebietsarchiv und der Universität Ekaterinburg werden mit großem Erfolg studentische Ausstellungsprojekte zur Repressionsgeschichte realisiert. Diese seit einigen Jahren praktizierte Arbeit erfreut sich eines großen Interesses, wenngleich die Ergebnisse in den Räumen des Gebietsarchivs nur eingeschränkt zugänglich sind.

Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Aufarbeitungsvorhaben bot die Vorstellung des Museums im ehemaligen NKVD-Untersuchungsgefängnis Tomsk. Dessen Leiter Vasilij Chanevič schilderte die Entwicklung der Gedenkstätte von einer kleinen Memorial-Initiative in ein heute in staatlicher Trägerschaft befindliches Museum. Neben Bildungsarbeit und zahlreichen Ausstellungsprojekten werden auch hier Exkursionen für Schüler und Studenten mitorganisiert. Durch die Vernetzung des Museums mit anderen Initiativen in Westsibirien konnten zudem viele Denkmalsinitiativen sowie der Aufbau neuer Museen in Belostok (Gebiet Tomsk) sowie zukünftig auch in Chanty-Mansijsk in Angriff genommen werden.

Die in den staatlichen Museen anzutreffenden Narrative der GULag-Geschichte waren Gegenstand des Referates von ZUZANNA BOGUMIŁ (Dom Spotkań z Historią, Warschau), welche die Heimatmuseen in Uchta, Inta und Vorkuta (alle Republik der Komi) einer Analyse unterzog. Diese Siedlungen gingen aus großen Lagerkomplexen hervor, was sich jedoch nur am Rande in den meist noch aus sowjetischer Zeit stammenden Expositionen niederschlägt. In der überall anzutreffenden Meisterzählung von urzeitlicher Besiedlung, russischer Kolonisierung und der als "industrieller Aufbau" apostrophierten Erschließung durch das GULag-System wird der Lagerkontext in affirmativer Weise beschrieben. So werden selbst im Lager inhaftierte Künstler und Wissenschaftler zu "großen geistigen Söhnen" der jeweiligen Städte erklärt, während Umstände ihres "Aufenthaltes" unerwähnt bleiben.

Das Problem einer adäquaten und vor allem didaktisch aufbereiteten Vermittlung von Lagererfahrung war eine der meist diskutierten Fragen. Ein Beispiel für eine in den Augen aller Tagungsteilnehmer gelungenen Musealisierung bot die Vorstellung der Konzeptes der Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager und späteren NKVD-Speziallager Sachsenhausen, durch INES REICH (Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten / Gedenkstätte Sachsenhausen, Berlin). Die behutsame Überformung des historischen Ortes, wie auch die vor allem mittels biographischer Zugänge kontextualisierten Artefakte in der Dauerausstellung fand breite Resonanz.

Anschließend beschäftigten sich ALENA KOZLOVA (Memorial Moskau) und BORIS BELENIKIN (Memorial Moskau) mit den persönlichen Nachlässen als Quellengattung des GULag. Beide verwiesen darauf, dass nur wenige unmittelbare Artefakte in Familienarchiven anzutreffen sind. Noch schwieriger erweist sich deren Erklärung und Kontextualisierung, da die dafür benötigten Informationen, wenn überhaupt, nur im engsten Familienkreis tradiert werden. Die im Archiv von Memorial Moskau aufgebaute und kurz vorgestellte Sammlung bot hierzu interessante Einblicke.

Der Ikonografie des GULag widmete sich der polnische Publizist TOMASZ KIZNY (Wrocław, Polen), dessen russische Ausgabe des hervorragenden Bildbandes "Gulag" während der Konferenz vorgestellt wurde.[2] Kizny verwies darauf, dass es im Gegensatz zum nationalsozialistischen Konzentrationslagersystem für den GULag keine "Ikonografie des Schreckens" geben kann. Die wenigen überlieferten Fotografien wurden zu Propaganda- oder, ebenfalls affirmativen, NKVD-internen Dokumentationszwecken angefertigt. Aufnahmen des Lageralltags, von Transporten, kranken oder gar toten Insassen, wie sie im Falle der KZ's im kollektiven Bewusstsein verankert sind, fehlen für den GULag vollständig.

Höhepunkt der Konferenz war die Vorstellung des von IRINA FLIGE (Memorial Sankt Petersburg) initiierten und koordinierten Projektes "Virtuelles GULag-Museum", dessen erste Version seit nunmehr zwei Jahren im Internet zugänglich ist. In einer überaus beeindruckenden Dokumentationsarbeit wurden hunderte neue Artefakte zusammengetragen und beschrieben; mehr als 300 Institutionen und Verbände konnten zur Kooperation bewegt werden. Im Ergebnis entstand eine umfassende Datenbank, die es dem Nutzer erlaubt, nahezu alle Aspekte des GULag anhand von sichergestellten Artefakten, Zeitzeugenberichten, Dokumenten und Fotografien selbst zu erforschen. Dem Anspruch, eine zentrale und umfassende Sammlung zum sowjetischen Lagersystem entstehen zu lassen, sind die Macher damit ein deutliches Stück näher gekommen. Jenseits dieser Verdienste wurde berechtigte Kritik an der Konzeption des Vorhabens laut. So wurde der im Projekttitel formulierte Anspruch, ein Museum des GULag entstehen zu lassen, aus den Augen verloren. Die jetzige Version ist eine ansprechend aufbereitete Datenbank zur Geschichte des sowjetischen Lagersystems. Ein Museum, das vor allem den unbedarften Nutzer den GULag näher bringt, ist sie nicht. Hierzu fehlt bislang ein geeignetes didaktisches Konzept. Dieser Schwachpunkt wurde während der Tagung deutlich hervorgehoben. Konstruktive Lösungsansätze waren gleichfalls nicht zu verzeichnen, zumal die verdienstvollen Vorleistungen der Materialerhebung und -dokumentation darüber ins Hintertreffen zu geraten schienen. Ungeachtet dieser Kontroversen ist es den Machern des GULag-Museums erstmals gelungen, die Arbeit der zahllosen Initiativen in den Regionen zu bündeln, was angesichts der gegenwärtig schwierigen Situation eine höchst erfreuliche und zukunftsweisende Entwicklung ist. Dass daraus Folgeprojekte erwachsen können, zeigte die kurze Vorstellung eines ebenfalls geplanten "Nekropol des Terrors" durch ARSENIJ ROGINSKIJ (Memorial Moskau). In diesem sollen vor allem die zahllosen unbekannten Massengräber, ehemalige Haftanstalten usw. verzeichnet werden. Am Ende steht eine sowjetische "Topographie des Terrors", die ihrerseits einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung in Russland leisten kann.

Die Suche nach Massenbegräbnisstätten in der Russischen Föderation ist dabei ähnlichen Schwierigkeiten ausgesetzt wie die Dokumentation der Lager. Wiederum wurden Initiativen aus den Regionen vorgestellt, die sich dieser Aufgabe verschrieben haben. MARIJA SBITNEVA (Redaktion der Reihe Gedenkbücher für die Opfer politischen Repressionen im Gebiet Omsk, Omsk), ANATOLIJ SMILINGIS (Kortkeros, Republik der Komi), IRINA DUBROVINA (Gesellschaft "Sovest'", Kotlas, Gebiet Archangel'sk) und TAT'JANA AFANAS'EVA (Museum "Pokojanie", Pečora, Republik der Komi) berichteten von ihren Bemühungen bei der Suche und vor allem Markierung dieser historischen Orte im öffentlichen Raum. Wie deutlich wurde, sind die meisten dieser Initiativen trotz mannigfacher Widerstände, vor allem der staatlichen Adimistrationen, zumeist von bescheidenem Erfolg gekrönt. Ein dafür nicht unwesentlicher Faktor ist entgegen der allgemeinen Erwartung die trotz ihrer jahrzehntelangen Tabuisierung bestehende Kenntnis der Massengräber im lokalen Kontext. So konnten die meisten überhaupt nur durch Aussagen von Einheimischen lokalisiert werden. Die vor allem von Arsenij Roginskij nachdrücklich eingeforderte "Verifizierung" dieser Orte durch Archivrecherchen scheint indes aufgrund des oftmals schlichtweg fehlenden Quellenmaterials schwierig. Der damit verbundene Wunsch nach staatlicher Anerkennung dieser etwa 800 Orte als nationale Gedenkstätten wird damit auch in absehbarer Zeit kaum möglich sein. Der Wunsch, die Gräber der Opfer zu finden und in würdige Gedenkorte umzugestalten, besitzt zudem eine über die russischen Grenzen hinaus gehende Dimension. Wie die kurzen Vorträge von EIZENS UPMANIS (Komitee der Lettischen Brüderfriedhöfe, Riga) und EITVYDAS BAJARUNAS (Generalkonsul der Republik Litauen in Sankt-Petersburg) zeigten, ist die Frage der Begräbnisstätten auch Bestandteil der bilateralen Beziehungen zwischen Russland und den baltischen Staaten. Die Kritik an der Kooperation der russischen Behörden war deutlich zu hören, da die staatlichen Verwaltungen bislang kaum in der Lage waren, Massenbegräbnisorte ausfindig zu machen und deren Schutz zu gewährleisten. Dass diese mangelnde Zusammenarbeit aber nicht nur auf den Unwillen der Behörden zurückzuführen ist, wurde in der anschließenden Diskussion deutlich. Quellenprobleme sowie Organisationsschwierigkeiten innerhalb der staatlichen Archive tragen ebenfalls nicht unwesentlich zu dieser verdrießlichen Situation bei.

In der abschließenden Diskussion wurde die eingangs aufgeworfene Frage der zersplitterten Erinnerung noch einmal aufgegriffen. Wie die Tagung eindrucksvoll zeigte, sind in Russland allen Widrigkeiten zum Trotz sehr wohl viele erfolgreiche Initiativen entstanden, die eine vollständige Verdrängung der Verbrechen des Kommunismus auf absehbare Zeit verhindern werden. Der Stellenwert, den diese allerdings im staatlich gelenkten Geschichtsbild einnehmen, wird indes eher randständig bleiben. Gleichwohl ist eine Rückkehr zu den alten "weißen Flecken" nicht zu erwarten. Die zu spürende Enttäuschung der Memorialaktivisten über dieses unbefriedigende Resultat sollte allerdings nicht zu einer Sehnsucht nach ähnlich omnipotenten geschichtspolitischen Machtmitteln führen. Vielmehr liegt eben in der Pluralität der Ansätze und Projekte die Chance, die Aufarbeitung zumindest in den Regionen voranzutreiben und damit in der Bevölkerung zu verankern. Das Projekt des Virtuellen GULag-Museums und seine Nachfolgevorhaben sind dementsprechend richtungweisend. Auf gesamtstaatlicher Ebene scheint die Auseinandersetzung mit der Kremladministration um eine grundlegende Revision des Geschichtsbildes wenig Erfolg versprechend.

Konferenzübersicht:

Boris Dubin: Der GULag heute. Erinnerung und Vergessen
Aleksandr Daniel': Spiegelsplitter oder die Überwindung der fragmentierten Erinnerung
Evgenija Lëzina: "Überwindung der Vergangenheit" in der posttotalitären Gesellschaft als Garant für gesellschaftliche Freiheit
Dina Chapaeva: Die sowjetische Vergangenheit und die Wahlen 2007
Juilette Denis: Kontroverse Erinnerungen an Repressionen und Gulag. Lettische und Russische Historiographie im Vergleich
Aivar Niglas: Planmäßige Säuberung und Rehabilitierung ungesetzlich Repressierter von 1953 bis in die 1960er Jahre am Beispiel Estlands
Tomasz Kizny: Gedächtnis und Bilder: Das fotografische Erbe des GULag
Alena Kozlova: Dokumente als Spuren und Bilder des GULag
Boris Belenikin: Gegenstände als Elemente des Familiengedächtnisses
Michail Rogačëv: Martyrologe als Form der Erinnerung
Vasilij Chanevič: Das Tomsker Museum der Geschichte politischer Verfolgung: Praxis der regionalen und überregionalen Realisierung von Projekten
Ines Reich: Probleme der Musealisierung des NKVD-Speziallagers in der Gedenkstätte Sachsenhausen
Zuzanna Bogumił: Komi. Vorreiter und Häftling. Die Darstellung der Geschichte des 20. Jahrhunderts in den Heimatmuseen der Republik Komi
Vorstellung des "Virtuellen GULag-Museums":
Irina Flige, Aleksandr Margolis, Petr Grinfel'd, Maksim Šubinskij
Vorstellung des Projektes "Nekropol des Terrors"
Arsenij Roginskij: "Nekropol des Terrors: Stand und Probleme
Marija Sbitneva: Feststellung der Todesursache, des Hinrichtungsortes und -datums in den Dokumenten der Omsker Archive
Anatolij Smilingis: Kreuze in der Tajga. Suche, Nachforschung und Errichtung von Gedenkzeichen auf Häftlingsgräbern des LokčimLag
Irina Dubrovina: Nekropol des GULag in Kotlas
Tat'jana Afanas'eva: Geschichte eines Gräberfeldes
Eizens Upmanis: Lettische Initiativen zur Suche und Memorialisierung von Massenbegräbnisorten. Lettische Gedenkzeichen an Haft- und Verbannungsorten
Eitvydas Bajarunas: Lokalisierung litauischer Gräber auf dem Territorium Russlands
Aleksandr Margolis: Gräber von Opfern des Roten Terrors auf dem Gelände der Peter-und-Pauls-Festung in Sankt-Petersburg
Jurij Pirjutko: Einige Probleme der heutigen Nekropolie


Redaktion
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