Schreiben im Krieg-Schreiben vom Krieg - Feldpost im Zeitalter der Weltkriege

Schreiben im Krieg-Schreiben vom Krieg - Feldpost im Zeitalter der Weltkriege

Organisatoren
Museum für Kommunikation Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.09.2010 - 15.09.2010
Url der Konferenzwebsite
Von
Sebastian Ziegler, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

Das Medium Feldpost ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus des öffentlichen und wissenschaftlichen Interesses gerückt, wie sich an der gestiegenen Anzahl jüngerer Publikationen zu dem Thema ablesen lässt. Solche Egodokumente können dazu beitragen, die individuellen Dimensionen der weltpolitischen Konfliktgeschichte zu erhellen, gerade zu einer Zeit, in der sich die involvierten Generationen allmählich verabschieden und unsere Fragen nicht mehr selbst beantworten können. Das Museum für Kommunikation Berlin, das unter seinem Dach die größte Sammlung von Feldpostbriefen in Deutschland beherbergt, nahm diesen Trend zum Anlass, die erste internationale Konferenz zu veranstalten, die sich ausschließlich der persönlichen Kriegskorrespondenz widmet. Unter dem Motto „Schreiben im Krieg-Schreiben vom Krieg - Feldpost im Zeitalter der Weltkriege“ kamen zwischen dem 13. und 15. September 2010 mehr als 100 Teilnehmer zusammen um sich über den Stand der Forschungen auszutauschen. Die 48 Referenten kamen aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien, Russland, Bulgarien, Belgien, Spanien, Italien, Kanada und den USA. Neben Historikern nahmen auch Vertreter weiterer Disziplinen wie Germanistik, Pädagogik, Psychologie, Kunstgeschichte, Sozial- und Kommunikationswissenschaft teil, wodurch sich ein diversifiziertes Spektrum von Schwerpunkten und Betrachtungsweisen ergab.

Nach der Begrüßung durch Museumsdirektorin LIESELOTTE KUGLER (Berlin) und Konferenzleiter JENS EBERT (Berlin), hatte ORTWIN BUCHBENDER (Bad Münstereifel) das Wort. Der Ideenstifter des Berliner Feldpostarchivs rezitierte Brecht in seinem Eröffnungsvortrag: „Der junge Alexander eroberte Indien. Er allein? Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich? Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte untergegangen war. Weinte sonst niemand?“ Über die Jahrtausende hinweg wurde Geschichte wie selbstverständlich von „Großen Männern“ gemacht. Die Vermächtnisse der Herrschenden prägten lange Zeit unser Bild von der Vergangenheit. Das 20. Jahrhundert räumte auf mit dem Objektivitätspostulat, deckte unter der reinen Ereignisgeschichte Strukturen auf und setzte der einen allgemeinen, eine Vielzahl subjektiver Wirklichkeiten entgegen. Während es die Quellenlage für den Althistoriker oder Mediävisten schwierig gestaltet, individuelle Kriegserfahrungen zu rekonstruieren, hat die Medienrevolution der Moderne einen reichhaltigen, kaum überschaubaren Fundus hinterlassen. Den Stein der Weisen hält der Zeithistoriker deshalb noch lange nicht in den Händen, denn jeder Feldpostbrief ist nur ein mögliches, kein absolutes Wirklichkeitsangebot.

Die ersten zwei Panels gingen dezidiert auf die Charakteristika der Quellengattung ein und auf die Forschungsfragen, die an sie gerichtet werden können. CLEMENS SCHWENDER (Potsdam), Mitbegründer des Feldpostarchivs, konstatierte, dass sich mittels Feldpost historische Ereignisse kaum rekonstruieren lassen, denn ein einzelner Soldat besaß keinen Überblick über das Kriegsgeschehen. Vielmehr waren solche Briefe eine Form der Alltagskommunikation in einer aus den Fugen geratenen Zeit, welche Erkenntnisse über Motivationen und Eindrücke liefern könne. Sie transportieren großenteils intime zwischenmenschliche Inhalte, schließlich waren sie der einzige Kanal zur Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen. In ihrer elementarsten Funktion bedeuteten sie ein Lebenszeichen. Vor dem Hintergrund, dass die historische Anthropologie sich zunehmend dem einzelnen Individuum zuwendet und gewissermaßen „Geschichte von unten“ schreibt, warf ELKE SCHERSTJANOI (Berlin) die Frage nach der Repräsentativität jener Schicksale auf, die methodologisch stets aufs Neue zu präzisieren sei. Ferner müsse die Quellenkritik ihren Blick auf die jeweiligen Adressaten richten und nicht nur das Geschriebene in die Betrachtungen mit einbeziehen, sondern eben auch das Weggelassene. MARTIN HUMBURG (Detmold) beschrieb das Spannungsfeld zwischen Mitteilungsbedürfnis und Verschweigen existenzieller Erlebnisse. Die Korrespondenz mit der Heimat erschuf demnach eine kompensatorische Gegenwelt zu einem Umfeld entgrenzter Gewalt. ANDREAS JASPER (Tübingen) formulierte, dass sich Kriegserfahrung aus kognitiv-emotionalen Wahrnehmungen und deren ideologisch-rationaler Deutung zusammensetzt. Seine Schlussfolgerung daraus ist, dass Feldpost nicht mit einer „geschlossenen“ Theorie zu ergründen ist, sondern vielmehr einer Kombination verschiedener theoretischer Ansätze (zum Beispiel aus Soziologie, Psychologie und Militärgeschichte) bedarf.

Im Arbeitskreis zu „kriegerischen (Welt)Anschauungen“ stießen diametral entgegengesetzte Sichtweisen aufeinander. SEBASTIAN HAAK (Erfurt) bemerkte, dass die Faszination, die vom Krieg ausgeht, heute in der öffentlichen Wahrnehmung größtenteils verdrängt wird. Gerade in Europa, weniger in den USA, würden die positiven Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg von dem Schrecken überlagert. Anhand ausgewählter Briefe von GIs beleuchtete er die andere Seite des Kriegserlebens, die von unserer ethischen Beurteilung erheblich divergieren kann. MICHAELA KIPP (München) kam bei der Auswertung von 7.000 Briefen von an der Ostfront operierenden Wehrmachtssoldaten zu der Erkenntnis, dass das zivilisatorische Grundmotiv der Reinlichkeit im Vernichtungskrieg eine mörderische Wirkung entfaltete. Die NS-Ideologie zeigte hierbei ihre Anschlussfähigkeit an Alltagsüberzeugungen, die vorgefundenen Eindrücke korrespondierten mit den kollektiven Deutungsmustern. Das „harte, aber saubere“ Vorgehen der Wehrmacht gegen „verlauste Russenweiber“ und „stinkende Juden“ wurde in dieser Hinsicht legitimiert. Die Sprachregelung half den Soldaten, bei den brutalen Einsätzen zu funktionieren und den Aktionen einen Sinn zu geben. Bei aller Zensur, Auslassung und Beschönigung bieten Feldpostbriefe gerade für die Täterforschung Aufschluss über Rechtfertigungsmechanismen, Situations- und Selbstwahrnehmung „gewöhnlicher“ Protagonisten.

Der Arbeitskreis „Weltkrieg und/oder Revolution“ betrachtete den 1.Weltkrieg aus linkspolitischer Perspektive. GERHARD ENGEL (Berlin) stellte hervor, dass organisierte sozialdemokratische Frontsoldaten in Feldpostbriefen ihre Wahrnehmung des Krieges, der politischen Debatten und der Gesellschaft mit Gesinnungsgenossen diskutierten und dadurch die parteilichen Bindungen über die räumliche Distanz aufrechterhielten. RALF HOFFROGGEs (Potsdam) Fallstudie zu dem Briefwechsel der Brüder Scholem öffnete ein Fenster in die Gedankenwelt jüdischer Jugend in Zeiten des Umbruchs. Werner und Gerhard Scholem verband die Abneigung gegen Nationalismus und der Konflikt mit dem konservativen Elternhaus. Beide zogen am Ende unterschiedliche Konsequenzen. Der Vater enterbte sie mit den Worten „Sozialdemokratie und Zionismus - alles dasselbe, deutschfeindliche Umtriebe." In der Diskussion wurde festgestellt, dass in der Frontpost des Ersten Weltkrieges häufiger defätistische Meinungen artikuliert wurden als in der des Zweiten Weltkrieges. Es gelang zumeist nicht, dem Krieg eine Sinnstiftung abzuringen, insbesondere aus Sicht der Arbeiterklasse.

Im Arbeitskreis „Erinnerungskulturen“ deckte KLAUS LATZEL (Braunschweig) den gesellschaftlichen Wandel in der Einstellung zu Tod und Krieg am Begriff des „Gefallenen“ auf. Die Verwendung des Synonym „Fallen“ für den Soldatentod habe sich erst seit dem Ersten Weltkrieg zu einer massenhaft verwendeten Pathosformel entwickelt. Daran habe sich ein Opfermythos geknüpft, der Soldat sei für sein Land, sei für die konkrete Sache „gefallen“. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet der Begriff in die Versenkung, um heute, unter veränderten Vorzeichen, wieder aufzuerstehen. Während einst das „Fallen“ zur verklärenden Weichzeichnung des Kriegstodes diente, gilt seine Verwendung heute als Ausweis eines sinnlos verwirkten Menschenlebens. Die in St. Petersburg tätige Historikerin TATIANA VORONINA (St. Petersburg) widmete sich der russischen Erinnerungskultur, deren offizielles Antlitz noch immer sowjetisch geprägt ist. Doch die heroische Darstellung des „Großen Vaterländischen Krieges“ ist nicht die einzige Deutungsweise. Die in Form von Dreiecken gefalteten Feldbriefe wurden zu markanten Symbolen der Epoche. Sie stehen für eine Erfahrungswelt jenseits von Durchhalteparolen und Heldentum.

Im Themenkomplex der „Europäischen Kriegserfahrungen“ bewegte sich der Vortrag von XOSE NUNEZ (Santiage de Compostela) zu spanischen Kämpfern an der Ostfront. Kaum bekannt ist, dass sich ca. 47.000 Spanier in der so genannten „Blauen Division“ an der Operation Barbarossa beteiligten. Einen wichtigen Aspekt der Kriegserfahrung stellte der implizite und manchmal auch explizite Vergleich des „antibolschewistischen Kampfes“ von 1941-45 mit dem spanischen Bürgerkrieg dar. KERSTIN VON LINGEN (Heidelberg) untersuchte den Sonderfall des „besetzten Verbündeten“ Italien. Die Aufzeichnungen von Wehrmachtssoldaten geben Aufschluss über Einstellungen den „Verrätern“ gegenüber, den NS propagandistischen Freundschaftsbekundungen zum Trotz.

„Feldpost und Literatur - Feldpost als Literatur“ war ein weiterer Themenschwerpunkt. Die Diskussion um Buch und Film „Im Westen nichts Neues“ war eine der zentralen kulturpolitischen Kontroversen der Weimarer Republik. Laut THOMAS SCHNEIDER (Osnabrück) wurde die Authentizität des Romans von vielen Rezensenten angezweifelt. Häufig wurde Feldpost, die „wahre“ Literatur des Weltkrieges, als Argument herangezogen, um Remarques Schilderungen zu delegitimieren. JENS EBERT (Berlin) präsentierte seine Forschungsergebnisse zu den Feldpostmythen der Ärzte von Stalingrad. Narrative bildeten die Grundlage für die von Konsalik und Plievier erschaffenen Romanfiguren. Die Erzählungen vom heroisch helfenden Arzt im Kessel von Stalingrad lassen sich auf Berichte über den Regimentsarzt Dr. Horst Rocholl zurückführen.

„Feldpost im Schulunterricht“ beschäftigt CHRISTIAN HEUER (Freiburg). Die Zeitzeugen der Feldpostbriefe werden in Schulbüchern zum Ausgangspunkt der Suggestion von Authentizität und Faktizität. Die „Falle der Subjektivität“ wird häufig ausgeklammert, da sich Autorentext und Quellenteil gegenseitig stützen. Nur selten wird zur quellenkritischen Auseinandersetzung mit diesen konstruierten Erinnerungen im Schulbuch durch Arbeitsaufträge aufgefordert. Heuer möchte dazu anregen, diese Problematisierung in die Geschichtsdidaktik mit einfließen zu lassen.

In „Mediale Beziehungen“ wurden Feldpost, Fotografie und bildende Kunst in Zusammenhang gebracht. Petra Bopp und Sandra Starke, die Kuratorinnen der Ausstellung „Fremde im Visier“, zeigten eine Auswahl von Fotoalben deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg. NINA SIMONE SCHEPKOWSKI (Berlin) befasste sich mit Max Beckmann, dessen Bildern seine Kriegstraumata visualisieren. So bekannte er: „Seitdem ich draußen im Feuer war, erlebe ich jeden Schuss mit und habe die wildesten Visionen" Während üblicherweise Beckmanns Bilder mit Zitaten aus seinen Erinnerungen und Aufzeichnungen hinterlegt werden, erfolgte diesmal die bildliche Untermalung seiner schriftlichen Reflexionen des Krieges.

„Jenseits des Kampfgeschehens“ belichtete KERSTIN WÖLKI (Dortmund) Eindrücke deutscher Wehrmachtssoldaten in Frankreich. Der Krieg war für viele Soldaten die erste Gelegenheit, die Heimat zu verlassen, daher gingen sie oft mit dem touristischen Blick des Reisenden durch das fremde Land. RÜDIGER OVERMANS (Freiburg) berichtete von dem vermutlich erfolgreichsten Propagandacoup der Sowjetunion gegen das NS-Regime. Im Winter 1942/43 wurden ca. 25.000 Briefe im GULAG internierter deutscher Kriegsgefangener in Umlauf gebracht. 600 Sendungen wurden versehentlich zugestellt. Die Angehörigen waren mehr als überrascht, wurden die Soldaten von deutscher Seite doch für tot erklärt.

Im Arbeitskreis „Erfahrungswelten“ ging SABINE GRENZ (Berlin) auf Tagebücher ein, die in Briefform verfasst wurden. Sie stammen fast ausschließlich von Frauen, die diese Form der Niederschrift wählten, da der Kontakt mit dem Angehörigen unterbrochen oder nicht mehr möglich war. Weitere exemplarische Frauenschicksale beleuchtete das Panel zu „Frauen an der (Heimat)Front“ Dabei wurde festgestellt, dass sich Heimatbriefe wesentlich seltener überliefert haben als Frontbriefe, was im Wesentlichen damit zusammenhängt, dass erstgenannte bei den Kampfhandlungen verloren gingen.

Auf den Genderaspekt konzentrierte sich der Arbeitskreis „Männerwelten? Frauenwelten.“ CHRISTA EHRMANN-HÄMMERLE (Wien) vertritt den Standpunkt, dass Feldpost ohne die Kategorie Geschlecht nicht adäquat ausgewertet werden kann. Neben einem Überblick über den Stand der Geschlechterforschung die Quellengattung betreffend, wurde aufgezeigt, welche Formen der Weiblichkeit, respektive Männlichkeit sich in den Egodokumenten konstituieren. Wie „männlich“ war der verbrecherische Krieg im Osten, und welche Funktion erfüllten Geschlechterkonstrukte bei der Suspendierung traditioneller Moral und der Anwendung genozidaler Gewalt? Diesen zentralen Fragen ging FRANK WERNER (Auetal) nach. Erst die Formulierung militärischer Anforderungen als männliche Tugenden, so die These, verlieh dem soldatischen Ethos jene subjektive Bindungs- und Geltungskraft.

Ein besonderes Augenmerk wurde gegen Ende auf die „Abschiede“ von Soldaten gelegt. THOMAS JANDER (Berlin), Mitorganisator der Konferenz, ging auf Spurensuche nach den Deserteuren und Dissidenten innerhalb der Wehrmacht. Diese hätten kaum die Gelegenheit gehabt, ihre Intentionen und Einstellungen schriftlich zu formulieren, berücksichtigt man Zensurpraxis und Strafmaß. Dennoch lassen sich in Einzelfällen Andeutungen oder auch mehr oder weniger deutliche Kritik ausfindig machen. Somit bietet die Quelle Feldpost durchaus die Möglichkeit, abweichende Motivationen und individuelle Handlungsspielräume zu erforschen. PETER STEINKAMP (Freiburg) hat im Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg knapp 3.500 Akten so genannter Todesermittlungsverfahren ausfindig gemacht. Nach einer umfangreichen Auswertung des Materials kategorisierte er die Motive von Suizidienten in der Wehrmacht.

Im Rahmen der Konferenz hatten die Teilnehmer zudem die Möglichkeit das Berliner Feldpostarchiv näher kennenzulernen. Dieses umfasst mehr als 100.000 Dokumente der letzten drei Jahrhunderte; ein Teil davon ist bereits digital erfasst und online zugänglich. Sammlungsleiter VEIT DIDCZUNEI (Berlin) führte das Publikum durch das Depot des Hauses. Aufgabe der Stiftung sei es nicht zuletzt, aussagekräftige Zeugnisse menschlicher Kommunikation zu sammeln, diese thematisch zu erschließen und der Wissenschaft und Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bei der anschließenden Diskussionsrunde mit den Kommentatoren KURT PÄTZOLD (Berlin) und BERND ULRICH (Berlin) kam die berechtigte Frage auf, wie wohl in Zukunft mit den Egodokumenten der heutigen Kriege umgegangen wird. E-Mail, SMS und Skype haben die klassische Feldpost zu einem musealen Relikt werden lassen. Selbst wenn sich ausreichend digitale Schriftsätze erhalten werden, ist es fraglich, ob diese Medien eine umfassende Reflexion der Eindrücke wiedergeben werden. Telekommunikation vernetzt die Menschen über Distanzen hinweg, wie in keiner Zeit zuvor, der Austausch findet unmittelbar statt.

Bei der Abschlussdiskussion wurde angeregt, verstärkt einen transnationalen Blick auf das Medium Feldpost zu wagen. In vergleichenden Ansätzen sollten Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Generationserfahrung Weltkrieg herausgearbeitet werden. Ferner könnte eine synoptische Betrachtung der beiden Weltkriege aufschlussreich sein. Sowohl quantitativ, als auch qualitativ lassen sich hier deutliche Unterschiede feststellen, es bleibt Wissenschaftler/-innen sicherlich freigestellt, Parallelen aufzuzeigen. In Anbetracht der Tatsache, dass alleine auf deutscher Seite 30 bis 40 Milliarden Feldpost-Sendungen im Zweiten Weltkrieg zugestellt wurden, lässt sich erahnen, dass sich noch eine Unzahl von Konvoluten in Privatbesitz befinden muss. Von daher ist es insbesondere beim Thema Feldpost wichtig, eine breite Öffentlichkeit anzusprechen. Der ein oder die andere wird solch einen privaten Fundus dazu nutzen, die eigene Familienbiographie zu ergründen. So erfreulich die wachsende Anzahl von Briefeditionen ist, bedarf es dennoch weiterer wissenschaftlich-analytischer Beschäftigung mit den Quellen.

Konferenzübersicht:

Grußwort und Eröffnung:
Lieselotte Kugler, Direktorin des Museums für Kommunikation Berlin

Konferenzeinführung:
Jens Ebert (Berlin), wissenschaftlicher Leiter der Konferenz

Eröffnungsvortrag:
Ortwin Buchbender (Bad Münstereifel):
Auf den Spuren der subjektiven Wirklichkeit: Feldpostbriefe als Wirklichkeitsangebot

AK I Forschungsfragen I

Clemens Schwender (Potsdam): Feldpost als Medium sozialer Kommunikation.

Elke Scherstjanoi (Berlin): Als Quelle nicht überfordern! Zu Besonderheiten und Grenzen der wissenschaftlichen Nutzung von Feldpostbriefen.

Gerhard Hirschfeld (Stuttgart): Ego-Dokumente (Feldpost) und die neue Kulturgeschichte der Weltkriege im 20. Jahrhundert.

AK II Kriegerische (Welt)Anschauungen

Rüdiger von Dehn (Wuppertal): „Und wirklich der Feind hat einen heillosen Respect vor den deutschen Soldaten...:“ Feldpost deutscher Auswanderer im Amerikanischen Bürgerkrieg 1861-1865.

Sebastian Haak (Erfurt): Schreiben über die Faszination des Krieges. Über eine (verdrängte) Wahrnehmung des Tötens und Sterbens in den Briefen US-amerikanischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg.

Michaela Kipp (München): Reinlichkeitsvorstellungen in Feldpost – Herausforderung für die Kriegsgeschichte.

AK I Forschungsfragen II

Martin Humburg (Detmold): „Jedes Wort ist falsch und wahr – das ist das Wesen des Wortes“ Vom Schreiben und Schweigen in der Feldpost.

Aribert Reimann (Oxford/UK): Eine Semantik des Krieges. Zur transzendentalen Wende in der Erforschung der symbolischen Erfahrungskonstruktion.

Andreas Jasper (Tübingen): Zweierlei Weltkriege. Kriegserfahrung in der Feldpost – zwischen Konstruktion und Wirklichkeit.

AK II Weltkrieg und/oder Revolution

Gerhard Engel (Berlin): Sozialdemokratische Feldpost-Netzwerke im Ersten Weltkrieg.

Ralf Hoffrogge (Potsdam): Utopien am Abgrund. Der Briefwechsel Werner Scholem – Gershom Scholem in den Jahren 1914-1919.

Ryan Zroka (San Diego/USA): To the Bitter End: Morale and Motivation in the German Army in Defeat, 1918.

AK Erinnerungskulturen

Klaus Latzel (Braunschweig): Die Gefallenen – wie man in Feldpostbriefen aus der Geschichte für die Gegenwart lernen kann.

Astrid Irrgang (Berlin): Feldpost Peter Stölten – internationale Reaktionen auf eine Buchveröffentlichung.

Tatjana Voronina (St. Petersburg/RUS): Wie liest man Briefe von der Front? Aktuelle Darstellungen der Feldpost in russischen Museen des Zweiten Weltkrieges.

AK II Europäische Kriegserfahrungen I

Angela Schwarz (Siegen): „…whenever I feel depressed I dash off a page or two of scribble“: Briefe in die Heimat als Überlebensstrategie britischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg.

Xose Nunez (Santiago de Compostela/SPA): Zwei Fronten, ein Krieg? Feldpostbriefe und Kriegserfahrung der Kämpfer der spanischen Blauen Division an der Ostfront, 1941-1945.3

Kerstin von Lingen (Heidelberg): Kriegserfahrung an der Südfront: die Perspektive der Soldaten auf den Bündnispartner und Besatzungsherrschaft 1943-1945.

AK I Feldpost und Literatur - Feldpost als Literatur

Thomas Schneider (Osnabrück): „Realität“ vs. „Fiktion“. Feldpost in der Diskussion um Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ 1928/29.

Denis Bousch (Paris/FRA): Kriegsroman und Feldpost, Kriegsroman statt Feldpost? Französischsprachige Romane über die zwangseingezogenen Elsässer und Lothringer im Zweiten Weltkrieg.

Jens Ebert (Berlin): Feldpostmythen: Ärzte in Stalingrad.

AK II Europäische Kriegserfahrungen II

Snezhana Dimitrova (Blagoevgrad/BG): Of the other Archives, Documents, Witnesses. The Great War soldier’s letters.

Marco Mondini (Padua/ITA). „Paper Heroes”. Letters from the Front during the First World War in Italy and the Construction of a Masculine Warrior Ideal.

Rik Opsommer (Gent/BEL): Feldpostkarten aus Westflandern. Historische Forschungsmöglichkeiten und Beschränkungen eines Alltagsmediums im Ersten Weltkrieg.

AK I Feldpost im Schulunterricht

Hajo Diekmannshenke: Feldpostbriefe als linguistischer Forschungsgegenstand
Christian Heuer (Freiburg): Feldpost und Erzählung – „Unentdeckte“ Potentiale für das historische Lernen.

AK II Mediale Beziehungen

Petra Bopp (Jena) und Sandra Starke (Dresden): „Ich lege dir ein paar Bilder bei ...“. Feldpost und Fotografie von Fritz Bopp und Theodor Groß.

Nina Simone Schepkowski (Berlin): „Seitdem ich draußen im Feuer war, erlebe ich jeden Schuß mit und habe die wildesten Visionen.“ Max Beckmanns Briefe aus dem Krieg und die künstlerische Reflexion seiner Fronterlebnisse.

Dorothee Schmitz-Köster (Berlin): Der Krieg meines Vaters. Die Feldpost-Briefe von Rudolf S. und seiner Mutter Anna.

AK I Jenseits des Kampfgeschehens

Kerstin Wölki (Dortmund): „Und ab ging die Reise!“ Kriegserfahrung deutscher Soldaten in Frankreich.

Heike Frey (München): „... aber es war mal eine Abwechslung“ – Truppenbetreuung im Spiegel von Feldpost-Briefen.

Rüdiger Overmans (Freiburg): Die leidige Affäre Heitz.

AK II Erfahrungswelten

Claudia Schlager (Friedrichshafen): Feldpost-Briefe als Quellen zur Religiosität im 1. WK. Anmerkungen zu Aussagewert und Authentizität.

Sabine Grenz (Berlin): Feldpost-Briefe, die nie versandt wurden: Tagebücher aus dem Nationalsozialismus.

Thomas Vogel (Potsdam): „Im Briefe kann man sich nicht erklären“. Von der relativen Bedeutung des Feldpostbriefes als Quelle der historischen Forschung. Erfahrungen mit dem schriftlichen Nachlass des Hauptmanns Wilm Hosenfeld (1895-1952).

Veit Didczuneit (Berlin): Museum und Feldpost. Vom Reichspostmuseum zum Museum für Kommunikation Berlin.

Round-Table
Kommentare: Bernd Ulrich (Berlin), Kurt Pätzold (Berlin)
Moderation: Clemens Schwender (Potsdam)

AK I Abschiede

Helmut Peitsch (Potsdam): „Die Edition von Soldatenbriefen als „Letzte Briefe“ in der Nachkriegszeit.

Thomas Jander (Berlin): Gefährliche Worte. Dissens und Desertion in Kriegsbriefen deutscher Soldaten.

Peter Steinkamp (Freiburg): „Ich habe mehr leisten wollen für den Sieg!” Abschiedsbriefe von Suizidenten bei der Wehrmacht.

AK II Frauen an der (Heimat)Front

Judy Barett Litoff (Rhode Island/USA): One American Woman’s War in China. The World War II Letters of an American Red Cross Club Direktor in Yunnan Province.

Julia Paulus (Münster) / Marion Röwekamp (Cambridge/USA): Anette Schücking – Briefe einer Soldatenheimschwester von der Ostfront.

Helen Steele (Swansea/UK): „Schreiben oder schweigen?” Feldpost and Frauenalltag in Vienna 1943-1945.

AK I Männerwelten? Frauenwelten?

Christa Ehrmann-Hämmerle (Wien/AT): Entzweite Beziehungen? Forschungen zur frauen- und geschlechtergeschichtlichen Perspektive.

Frank Werner (Auetal): Soldatische Männlichkeit in der Feldpost. Geschlechtsspezifische Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 – 1944.

AK II Bedeutungshorizonte

Siegfrid Hoefert (Waterloo/CAN): Zur Funktion und Nutzung von Feldpostbriefen und ähnlichen Dokumenten in Publikationen über den Zweiten Weltkrieg.

Ingo Stader (Düsseldorf): Feldpostbriefe – eine Art „Social Media“ im Dritten Reich?

Round-Table und Abschlussplenum
Kommentare: Clemens Schwender (Potsdam), Jens Ebert (Berlin), Thomas Jander (Berlin)
Moderation: Veit Didczuneit (Berlin)