9. Workshop "Historische Spanienforschung"

9. Workshop "Historische Spanienforschung"

Organisatoren
Arndt Brendecke / Xosé Manoel Núñez Seixas, Ludwig-Maximilians-Universität München; Christian Windler, Universität Bern; Till Kössler, Ruhr-Universität Bochum
Ort
Kochel am See
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.09.2014 - 21.09.2014
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Von
Andrés Antolín Hofrichter, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München

Vom 19. bis zum 21. September 2014 fand der 9. Workshop zur ‚Historischen Spanienforschung‘ in der Georg-von-Vollmar-Akademie in Kochel am See statt. Das diesjährige Treffen wurde von Arndt Brendecke, Xosé Manoel Núñez Seixas (beide Ludwig-Maximilians-Universität München), Christian Windler (Universität Bern) und Till Kössler (Ruhr-Universität Bochum) veranstaltet und sowohl von der LMU München als auch von der Münchener Universitätsgesellschaft gefördert.

Auch in diesem Jahr bot der Workshop insbesondere Nachwuchsforscherinnen und -forschern die Möglichkeit, ihre Projekte auf dem Gebiet der spanischen Geschichte vom Spätmittelalter bis zur Zeitgeschichte zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen. Ziel der seit 2005 in Kochel am See stattfindenden Workshops ist es nicht nur, einen Überblick über aktuelle Forschungsinteressen und -tendenzen zu gewinnen und thematische und methodische Neuansätze zu diskutieren. Darüber hinaus sollen die Tagungen zu einer stärkeren Vernetzung der Spanienhistorikerinnen und -historiker beitragen.

Die erste von insgesamt sieben Sektionen beinhaltete zwei Vorträge, die sich dem Handel und dem Handwerk im Spätmittelalter widmeten. So beschäftigte sich MONA ALINA KIRSCH (Heidelberg) in ihrem Vortrag mit den Handelsprivilegien aragonesischer Kaufleute im spätmittelalterlichen Sizilien, das von der Krone Aragon beherrscht wurde. Mittels einer detaillierten Analyse der einschlägigen Regelungen von Handelsprivilegien und -hemmnissen versuchte die Vortragende zu zeigen, dass der lokale Handel in einem Maße gefördert wurde, der von der bisherigen Forschung weit unterschätzt worden sei. LISA WALLEIT (Erlangen) stellte wiederum einen Teilaspekt ihrer derzeitigen Dissertation vor, die sich in vergleichender Perspektive der Ausbildung handwerklicher Zusammenschlüsse und Vereinigungen in Toledo und Nürnberg im 15. Jahrhundert widmet. In ihrem Vortrag konzentrierte sie sich auf den toledanischen Fall. Ausgehend von einer städtischen Verordnung (Ordenanza) aus dem Jahr 1400 untersuchte die Referentin die Herausbildung und Etablierung der sogenannten Gremios, die im Verlauf des 15. Jahrhunderts aus den religiösen Cofradías und Hermandades erwuchsen.

Die Vorträge der zweiten Sektion nahmen sich den Aspekten des Glaubens und der Ökonomie im imperialen Zeitalter an (16.-18. Jahrhundert). Die Sektion eröffnete VITUS HUBER (München), der seinen Fokus auf die Kontinuitäten zwischen den Beuteökonomien der Reconquista (der christlichen Rückeroberung der Iberischen Halbinsel) und der Conquista (der Eroberung und Kolonisierung Spanisch Amerikas) legte. Ausgehend von der These, dass Beute als ein zentrales und dynamisierendes Element der spanischen Expansion verstanden werden muss, fragte er nach den Praktiken der Beuteökonomie, bei denen die Kategorien Leistung und Verteilungsgerechtigkeit eine zentrale Rolle spielten. Im Anschluss trug ALEXANDRA KOHLHÖFER (Münster) zum Mythos und zur Verfolgung der saludadores im Nordspanien des 17. Jahrhunderts vor. Diese „magischen Heiler“ nahmen eine höchst ambivalente Rolle ein: Einerseits, so Kohlhöfer, wurden sie von der Inquisition der Ketzerei bezichtigt und verfolgt. Andererseits erhielten manche von ihnen bischöfliche Lizenzen, um ihre Tätigkeit auszuüben. Die Referentin interessierte sich in ihren Ausführungen vor allem für das Verhältnis von Gelehrtendiskursen und der juristischen Praxis bei der Verfolgung und Verurteilung der saludadores. JOËL GRAF (München) beschäftigte sich im letzten Vortrag dieser Sektion ebenfalls mit dem Verhältnis von Politik und Glaube. In seiner Dissertation untersucht er in vergleichender Perspektive die unterschiedliche Behandlung von ausländischen Protestanten in Spanisch Amerika und auf der Iberischen Halbinsel im 17. und 18. Jahrhundert. Graf wies darauf hin, dass die internationalen Friedensverträge, die die Duldung von Protestanten auf spanischem Boden regelten, nicht unmittelbar für die Besitzungen in Spanisch Amerika gültig waren. Die Inquisitoren in Übersee hätten nicht nur einen großen Handlungsspielraum bei der Durchsetzung der Friedensverträge vor Ort genossen, sondern wesentlich zur ihrer konkreten Auslegung gegenüber der Madrider Obrigkeit beigetragen.

Die Vorträge der dritten Sektion entstammten dem Gruppenprojekt der Universidad Autónoma de Madrid ‚Die tugendhafte Krone. Kunst, Politik und Spiritualität am habsburgischen Hof im 17. Jahrhundert’ (La corona virtuosa. Arte, política y espiritualidad en la corte de los Austrias, siglo XVII). Im ersten der fünf Vorträge analysierte ANTONIO ÁLVAREZ-OSSORIO ALVARIÑO (Madrid) die umkämpfte Verwendung bestimmter Glaubensdogmen für die Inszenierung monarchischer Legitimation im 17. Jahrhundert. Dabei konnten vor allem die Jesuiten die Marienverehrung in den monarchischen Repräsentationsformen nachhaltig verankern. Den historischen Hintergrund für die Gemälde, die der Referent in seinem Vortrag eingehend analysierte, bildeten die politischen Grabenkämpfe, die, so Álvarez-Ossorio, wesentlich zwischen Lagern geführt wurden, die sich entlang der Debatten um die „Unbefleckte Empfängnis“ bildeten. Auf derselben Ebene monarchischer Repräsentationsformen bewegte sich ÁLVARO PASCUAL CHENEL (Alcalá de Henares), der die Inszenierung der Monarchie Karls II. und ihrer Sakralität auf der Grundlage von Gemälden untersuchte. In seinem Vortrag verfocht der Referent die These, dass das Königtum Karls II. auch aufgrund der körperlichen Schwäche des Königs einer besonderen legitimatorischen Stütze bedurft habe. Diese Legitimation wurde daher auf einer doppelten Grundlage inszeniert: Die Hingabe sowohl an die Unbefleckte Empfängnis als auch an die Eucharistie. Dabei habe, so Pascual, die Hinzunahme dieses letzten Elements eine Zäsur in den Repräsentationstraditionen der spanischen Habsburgermonarchie bedeutet. Wie die anschließende Diskussion zeigte, ließen beide Vorträge allerdings die Frage offen, ob sich die Zunahme sakraler Elemente in den monarchischen Inszenierungen auch als Kompensationsstrategie angesichts einer weniger repressiven Konfessionspolitik erklären ließen. ROBERTO QUIRÓS ROSADO (Madrid) beschäftigte sich im dritten Vortrag der Sektion aus kolonialhistorischer Perspektive mit der Politik Philipps IV. gegenüber Äquatorialguinea. Der Referent legte seinen Fokus auf die Überlagerung dreier Phänomene: Die konkurrierenden und dennoch zunehmend verflochtenen Interessen des internationalen Handels, die spanische Politik missionarischer Expeditionen und die rechtlichen Legitimationsgrundlagen. Quirós fasste anschließend den Vortrag von JOSÉ MARÍA DOMÍNGUEZ (Logroño) zusammen, der seine Teilnahme kurzfristig hatte absagen müssen. Domínguez untersucht in seinem Forschungsprojekt die musikalische Festkultur am spanischen Hof des 17. Jahrhunderts auf Grundlage der Korrespondenz, die die Madrider Nuntiatur zwischen den Jahren 1687 und 1700 mit dem Heiligen Stuhl führte. Er fragte dabei insbesondere nach dem Verhältnis von musikalischer Repräsentation und soziopolitischem Prestige. Ziel seines Forschungsprojekts ist es letztlich, das gängige Bild einer sich durch „Schwäche und Dekadenz“ auszeichnenden spanischen Adelsgesellschaft zu hinterfragen. CRISTINA BRAVO LOZANO (Madrid) schloss die Sektion mit einem Vortrag zur Königlichen Kapelle, die sich in der spanischen Botschaft in London befand und in der Herrschaftszeit Karls II. weiterhin ein aus diplomatiehistorischer Perspektive signifikanter Ort war. Die Referentin erkannte die besondere Bedeutung dieser Kapelle vor allem darin, dass sie als „Raum monarchischer Repräsentation“ den missionarischen Charakter der Monarchie Karls II. unterstrich.

Gegenstand der vierten Sektion waren die Selbst- und Fremdbilder der „spanischen Nation“ im 19. Jahrhundert. Den Auftakt bildete der Vortrag von ANTONIO CALVO MATURANA (Maynooth), der sein neues Projekt zu Heroisierungen im Übergang vom Ancien Régime zur Moderne präsentierte. Am Beispiel zweier „Helden“, José Cadalso (gest. 1782) und Federico Gravina (gest. 1805), zeigte der Referent auf, inwiefern die Konstruktion von Heldenfiguren noch vor der Etablierung nationaler Deutungsmuster und dem eigentlichen Aufkommen des spanischen Nationalismus mit der Zuschreibung typisch „nationaler“ Tugenden einherging. Einen Schwerpunkt auf die Fremdbilder legte ALBERTO SEVILLANO SÁNCHEZ (Greifswald) in seinem Vortrag zum Spanienbild schwedischer Maler im 19. Jahrhundert und zum Transfer zwischen einer nördlichen und einer südlichen „Peripherie“. Ausgehend von der (Wieder-)Entdeckung Spaniens als Gegenstand literarischer, musikalischer und piktorischer Kunstproduktionen in Zentral- und Nordeuropa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts widmete sich der Referent den exotisierenden Gemälden von Malern wie Egron Lundgren (1815-1875) und den Reaktionen spanischer Intellektueller auf diese folkloristischen Darstellungen. Die Sektion zum 19. Jahrhundert schloss LOUISE ZBIRANSKI (Frankfurt am Main), die sich mit der Milicia Nacional, einer im Jahr 1814 nach dem Vorbild der französischen Garde Nationale gegründeten Bürgermiliz, beschäftigte. Die Referentin ging dabei insbesondere auf die Debatten und Kontroversen rund um die Milicia Nacional ein, die die bürgerlich-liberale Revolution und ein bestimmtes „nationalisiertes, maskulinisiertes und militarisiertes Bild der politischen Sphäre“ verkörpert habe. Dabei hätten nicht nur antiliberale Denker wie Donoso Cortés die Milicia Nacional mit der Institutionalisierung einer „insurrección“ (Aufstand) assoziiert.

Wie in den vorhergehenden Jahren zog auch dieses Mal das Francoregime (1936/39-1975) große Aufmerksamkeit auf sich. Die fünfte Sektion begann mit dem Vortrag von LINDA ERKER (Wien), die im Rahmen ihres Dissertationsprojektes das Verhältnis von Universität und Faschismus in Österreich und in Spanien erstmals in vergleichender Perspektive untersucht. In ihrem Vortrag konzentrierte sich die Referentin auf das Phänomen der Gewalt. Erker analysierte anhand verschiedener Fallbeispiele und unter Verweis auf Peter Imbuschs Gewaltbegriff die rechtlichen Exklusionsinstrumente, die Ausübung physischer Gewalt im öffentlichen Raum und die Aufmärsche, die zur Inszenierung der „faschistischen Universität“ dienen sollten. CAROLIN VIKTORIN (Berlin) analysierte für die Spätphase des Francoregimes die Fremdenverkehrsausstellung Expotur als Mittel der franquistischen Kulturdiplomatie in Europa. Die Vortragende ging auf die einzelnen Aspekte dieser Fremdenverkehrsausstellung ein, die vom spanischen Informations- und Tourismusministerium Mitte der 1960er-Jahre lanciert wurde und zwei Jahrzehnte lang verschiedene Länder des westlichen Blocks bereiste. Dabei legte Viktorin ein besonderes Augenmerk auf die Rezeption dieser Ausstellung, die dazu dienen sollte, „die Beziehungen zu demokratischen Staaten zu verbessern“ und die sich in der Tat großer Beliebtheit erfreuen konnte. ANINA KNITTEL (Marburg) schloss die Sektion mit einem Vortrag zu ihrem Dissertationsvorhaben, das auf die Analyse der kolonialen Erinnerungskultur unter dem Francoregime abzielt. Die Referentin fragte nach der Instrumentalisierung einer kolonialen Vergangenheit, die neben dem Spanischen Bürgerkrieg und der Reconquista zu den wichtigsten Erinnerungskomplexen des Francoregimes gehörte. Knittel konzentrierte sich dabei auf den (Aus-)Bau von Denkmälern, die auf das Zeitalter des Imperio verwiesen. Die letzten beiden Vorträge gaben Anlass zur Frage, inwiefern die Fokussierung auf die Tourismus- und die Erinnerungspolitik des Francoregimes den Blick auf Kontinuitäten und Brüche verstelle. So war die koloniale Erinnerungskultur weit vor der Errichtung des „Neuen Staates“ im Jahr 1939 bereits etabliert und wirkte über die transición in die Parteiendemokratie hinaus. Gerade die Tourismuspolitik würde sich ferner als geeigneter Forschungsgegenstand anbieten, um nach Kontinuitäten und Brüchen nach 1975/78 zu fragen.

In ihrem gemeinsamen Abendvortrag loteten MANUEL BORUTTA und FABIAN LEMMES (beide Bochum) neue Wege zu einer Erforschung des Mittelmeerraums im 19. und 20. Jahrhunderts aus. Unter dem Titel „Das Mittelmeer schlägt zurück“ präsentierten sie verschiedene Perspektiven, unter denen das „mediterrane Paradigma“, das in den letzten Jahren „zurück auf der Agenda der Sozialwissenschaften“ gelangt sei, für die historische Forschung (zurück)gewonnen werden könnte. Trotz unterschiedlicher Vorträge betonten beide die Notwendigkeit, die diskursive Konstruktion des „Mittelmeers“ und ihre Überlagerung mit anderen imperialen und nicht-imperialen Raumkonstruktionen neu zu erforschen. Auch die Fragen der Mobilität und Konnektivität innerhalb des Mittelmeerraums müssten stärker in den Fokus geraten, wobei vor allem Borutta darauf verwies, dass die physische Dimension des Raumes auch jenseits radikal konstruktivistischer Kategorien berücksichtigt werden müsste. Nicht zuletzt sei, so Lemmes, das „mediterrane Paradigma“ auch für komparative Studien vielversprechend. Die Diskussion kreiste dabei um den heuristischen Mehrwert, den die Kategorie „Mittelmeer“ für die Untersuchung jener historischen Phänomene haben könnte, die im Rahmen der Vorträge angesprochen worden waren. Zwar habe das „Mittelmeer“ in der Frühen Neuzeit als physischer und als imaginierter Raum eine zentrale Bezugsgröße dargestellt. Diese Bedeutung nahm aber spätestens im 19. und 20. Jahrhundert rapide ab, nicht zuletzt, da die Kommunikationstechnologien und -infrastrukturen das „Mittelmeer“ zumindest als strukturierenden Raum immer unbedeutender werden ließen.

Den Auftakt zur sechsten Sektion zu „Gewalt und Öffentlichkeit“ machte JAN STEINBACH (Bochum), der seine interdisziplinär angelegte Masterarbeit zur Darstellung kolonialer Gewalt in der spanischen Literatur zum Rif-Krieg (1921-1927) vorstellte. Mit La cruz de Monte Arruit von Enrique Meneses y Puertas (1922) und Ramón J. Senders Imán (1930) verglich der Referent zwei Romane, die die physische Gewalt in unterschiedlicher Weise beschrieben. Im zweiten Vortrag dieser Sektion präsentierte EVA MARIA HOLLY (Düsseldorf) ebenfalls aus einer interdisziplinären Perspektive ein medienanalytisches Raster, um die „Entstehung transnationaler Öffentlichkeiten in Europa am Beispiel der Zerstörung Gernikas im Spanischen Bürgerkrieg“ zu untersuchen. Der Referentin ging es vor allem darum, durch eine Analyse der wechselseitigen Rezeptionsprozesse in der englischen, französischen, schweizerischen und deutschen Presse den Begriff der „transnationalen Öffentlichkeit“ operationalisierbar zu machen und eine Intensivierung grenzübergreifender Öffentlichkeiten aufzuzeigen.

Die siebte und letzte Sektion eröffnete PIERO SASSI (Weimar) mit einem Vortrag zu Planung und Bau der Ciudad Universitaria von Madrid. Dieses urbanistische Großprojekt wurde nach den ersten Entwürfen aus dem Jahr 1911 unter der Diktatur von General Miguel Primo de Rivera (1923-1930) und unter der Zweiten Republik (1931-1936/39) erbaut. Nachdem die Ciudad Universitaria im Bürgerkrieg fast vollständig zerstört worden war, bildete der Plan Bidagor (Beginn 1941) zur urbanen Neuordnung Madrids den Anlass für einen Neuentwurf: Die Iglesia de Santo Tomás, die neuen Sportanlagen und die Rehabilitierung der traditionsreichen studentischen Wohnheime (Colegios Mayores) zeugten dabei von den ideologischen Präferenzen des 1939 errichteten „Neuen Staates“. Den letzten Beitrag zu dieser Sektion bot MORITZ GLASER (Kiel), der einen Auszug seiner Dissertation zu den Auswirkungen des Massentourismus in den spanischen Küstenregionen in der Spätphase des Francoregimes vorstellte. Am Beispiel der Balearen ging der Referent erstens auf den sich verändernden Blick auf die touristischen Räume ein. In einem zweiten Schritt untersuchte er die Umweltbewegungen und deren Genese sowie Breitenwirkung auch in transnationaler Perspektive. Zuletzt sprach sich der Referent gegen die These eines direkten Transfers demokratischen Gedankenguts über den Tourismus aus. Die Entstehung von Protestbewegungen, die für das Francoregime schnell zum Politikum wurden, verweise eher auf eine indirekte Demokratisierung.

Wie die insgesamt zweiundzwanzig Vorträge des diesjährigen Workshops zeigen, erfreut sich die Spanienforschung eines anhaltenden Interesses. Dabei scheint sich weiterhin die Tendenz hin zur Komparatistik sowie zu transfer- und verflechtungsgeschichtlichen Themen fortzusetzen. Allerdings ist es offensichtlich weiterhin so, dass Themen aus der spanischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts zwar erfreulich viele Promotionen hervorbringen, dafür aber für Habilitationen kaum eine Rolle spielen. Mit Ausblick auf den kommenden Workshop wäre es interessant zu diskutieren, welche Gründe es für diese anhaltende Tendenz gibt und wie die Spanienforschung stärker im deutschsprachigen universitären Kontext etabliert werden könnte.

Konferenzübersicht:

Arndt Brendecke (München) / Till Kössler (Bochum) / Xosé M. Núñez Seixas (München) / Christian Windler (Bern), Begrüßung

Sektion 1: Handel und Handwerk im Spätmittelalter
Moderation: Arndt Brendecke (München)

Mona Alina Kirsch (Heidelberg), Handelsprivilegien für Einheimische oder Fremde? Aragonesische Kaufleute im spätmittelalterlichen Sizilien

Lisa Walleit (Erlangen), Die Handwerker Toledos 1400-1516

Sektion 2: Glaube und Ökonomie im imperialen Zeitalter (16.-18. Jh.)
Moderation: Christian Windler (Bern)

Vitus Huber (München), Vom Mittelmeer über den Atlantik. Beuteökonomie(n) in der spanischen Expansion (Reconquista und Conquista)

Alexandra Kohlhöfer (Münster), Mythos und Verfolgung der Saludadores in Nordspanien (Schwerpunkt 17. Jh.)

Joël Graf (München), Die Inquisition und ausländische Protestanten in Spanisch-Amerika (17./18. Jh.)

Sektion 3: Gruppenprojekt der Universidad Autónoma de Madrid: La corona virtuosa. Arte, política y espiritualidad en la corte de los Austrias, siglo XVII
Moderation: Antonio Calvo (Maynooth)

Antonio Álvarez-Ossorio Alvariño (Madrid), Inmaculada y trono sacro en la monarquía de Carlos II

Álvaro Pascual Chenel (Alcalá de Henares), “Eucharistia y Concepcion fueron los dos Relicarios de su aprecio”. Pietas Hispana y representación de la Majestad durante el reinado de Carlos II

Roberto Quirós Rosado (Madrid), ¿Misión, derecho o comercio? Guinea y la monarquía de Felipe IV

José María Domínguez (Logroño), “Celebrati con rara musica”. La fiesta religiosa y cortesana durante las postrimerías de la Casa de Austria a través de los avisos de la nunciatura apostólica

Cristina Bravo Lozano (Madrid), Una majestad misionera: la Real Capilla de Londres durante el reinado de Carlos II

Sektion 4: Identität und Alterität − spanische Nationalidentitäten im 19. Jahrhundert
Moderation: Diego Navarro Bonilla (Madrid)

Antonio Calvo Maturana (Maynooth), Los héroes de la nación antes del nacionalismo. De Cadalso a Gravina (1782-1805)

Alberto Sevillano Sánchez (Greifswald), Schwedische Maler in Spanien im 19. Jahrhundert und ihr Bild vom Süden

Louise Zbiranski (Frankfurt am Main), Milicia Nacional und Bürgerbilder. Erste Ansätze zu ideengeschichtlichen Wandlungen im 19. Jahrhundert

Sektion 5: Das Francoregime − Vergleich, Verflechtung, Erinnerung
Moderation: Walther L. Bernecker (Erlangen)

Linda Erker (Wien), Universität und Faschismus. Kooperationen von Wissenschaft und Politik in Wien und Madrid

Carolin Viktorin (Berlin), „Una buena propaganda en favor de nuestra Patria“. Die Fremdenverkehrsausstellung Expotur als Mittel der franquistischen Kulturdiplomatie in Europa

Anina Knittel (Marburg), Das koloniale Erbe unter Franco

Abendvortrag
Manuel Borutta / Fabian Lemmes (Bochum), Das Mittelmeer schlägt zurück. Neue Wege zur Erforschung des Mittelmeerraums im 19. und 20. Jahrhundert

Sektion 6: Gewalt und Öffentlichkeit − Fremdwahrnehmung und Selbstbilder
Moderation: Till Kössler (Bochum)

Jan Steinbach (Bochum), „Al otro le cortaron la cabeza, etc., y le quemaron medio vivo“. Gewalt und ihre Darstellung in der spanischen Literatur zum Rif-Krieg (1921-27)

Eva Maria Holly (Düsseldorf), Die Entstehung transnationaler medialer Öffentlichkeiten in Europa am Beispiel der Zerstörung Gernikas im Spanischen Bürgerkrieg.

Sektion 7: Stadtplanung und -entwicklung im 20. Jahrhundert
Moderation: Xosé M. Núñez Seixas (München)

Piero Sassi (Weimar), Städtebau, Universität und Diktatur. Die Ciudad Universitaria von Madrid

Moritz Glaser (Kiel), Touristische Räume in spanischen Küstenregionen. Wahrnehmung, Einrichtung und Widerstand

Abschlussdiskussion
Moderation: Arndt Brendecke (München) / Xosé M. Núñez Seixas (München)