Comunità e società nel Commonwealth veneziano

Comunità e società nel Commonwealth veneziano

Organisatoren
Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti; Centro Tedesco di Studi Veneziani; Österreichische Akademie der Wissenschaften; Spezialforschungsbereich Visions of Community (FWF-SFB F42); Goethe-Universität Frankfurt am Main; Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Ort
Venedig
Land
Italy
Vom - Bis
09.03.2017 - 11.03.2017
Url der Konferenzwebsite
Von
Fabian Kümmeler, Institut für Osteuropäische Geschichte, Universität Wien

Im Mittelpunkt der vom 9. bis 11. März 2017 in Venedig abgehaltenen interdisziplinären Tagung „Comunità e società nel Commonwealth veneziano“ stand die spezifische Dialektik zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen venezianischen Commonwealth. Thematisch knüpfte die DFG-geförderte Tagung an die 2015 publizierten Ergebnisse der vorangegangenen Konferenz an, die venezianische Staatlichkeit als Commonwealth interpretiert und neue Fragen nach den komplexen Gemeinschaftsstrukturen der Markusrepublik aufgeworfen hatte.1 Ziel dieser Tagung war es daher, den Stellenwert von Gemeinschaft für den venezianischen Staat und seine Gesellschaft entlang der heterogenen Strukturen, Konzeptionen und Praktiken des Gemeinschaftslebens im venezianischen Commonwealth zu diskutieren. Als Leitmotiv diente dabei die Frage nach dem Verhältnis und den Wechselwirkungen zwischen lokalen Gemeinschaften und staatlichen Strukturen, Institutionen und Akteuren. Diese wurde anhand vier thematischer Schwerpunkte diskutiert: 1) konstitutionell-politische Gemeinschaften, 2) professionelle Gemeinschaften (corporazioni), 3) religiöse bzw. karitative Gemeinschaften (Klöster, Bruderschaften) sowie 4) über ihre Herkunft definierte Gemeinschaften (scuole nazionali). Konzeptionell abgerundet wurde die Tagung durch die enge interdisziplinäre Verschränkung historischer und kunsthistorischer Zugänge auf textliche und visuelle Quellen sowie Architektur.

In seinem Eröffnungsvortrag diskutierte OLIVER JENS SCHMITT (Wien) den Stellenwert von Gemeinschaft als Schlüsselbegriff der Venezianistik im Lichte konzeptioneller Unschärfen der klassischen Zugänge von Tönnies, Weber, Durkheim, Anderson und Oexle. Gemeinschaften galten im venezianischen Commonwealth nicht bloß als Sinnbild sozialer Ordnung, sondern waren Ausdruck von hochdynamischen Gemengelagen multipler sozialer Zugehörigkeiten. Deren Gemeinschaftssinn (socialità) entfaltete sich entlang soziopolitischer, professioneller, karitativer, religiöser oder über die Herkunft definierter Faktoren und konnte sich in symbolischer, materieller und räumlicher Dimension ebenso ausdrücken, wie in konkreten Handlungen. Dabei war die strukturgebende Wirkung sozialer Konflikte ebenso von zentraler Bedeutung, wie die Rolle venezianischer Rechtsprechung als Katalysator multipler Gemeinschaftsbildung. In der longue durée venezianischer Geschichte müsse deren komplexe „dimensione comunitaria“ daher stets in der Zusammenschau der formalen Ebene politischer und rechtlicher Zugehörigkeiten, der sozio-kulturellen Ebene von Praktiken und Ritualen gemeinschaftlicher Interaktion sowie der Ebene gemeinsamer Diskurse und Symbole untersucht werden.

Ausgehend von den Anfängen mediävistischer Gemeinschaftsforschung (Gioacchino Volpe, Luigi Simeoni) unternahm GIAN MARIA VARANINI (Verona) einen Parforceritt durch die italienische Historiographie. Varanini unterstrich die Vielfalt der Forschungsansätze, die in den 1970er-Jahren mit Edoardo Grendis Studien ländlicher Gemeinschaften in Norditalien frische Impulse aus der Anthropologie und den Community-Studies aufnahmen. Angeregt durch die Arbeiten von Monique Bourin, Peter Blickle und Chris Wickham, konzentriert sich die neueste italienische Forschung auf die Komplexität lokaler Gemeinschaften jenseits idealtypischer Modellbildung. So zeigte Massimo Della Misericordia, dass die innere Einheit ländlicher Gemeinschaften im spätmittelalterlichen Veltlin konstanten Aushandlungsprozessen unterlag, während Luigi Provero politische Handlungen und Diskurse ländlicher Akteure im 13. Jahrhundert analysierte.

Bezugnehmend auf den vertraglichen Charakter venezianischer Staatlichkeit im kommunal organisierten Ostadriaraum hob EGIDIO IVETIC (Padua) hervor, dass Venedig die Idee der Gemeinschaft gezielt als konstitutives Instrument zur Definition politischer Zugehörigkeit nutzte. Unterstützt durch die kapillare Präsenz venezianischer Konfraternitäten entwickelten selbst periphere Gemeinschaften einen „senso di vicinanza“ zum Herrschaftszentrum der Lagunenstadt. Diesbezüglich untersuchte NELLA LONZA (Zagreb) den Einfluss der Markusrepublik auf politische Gemeinschaftsbildungsprozesse in Dalmatien, die ihre institutionelle Ausformung erst unter venezianischer Oberherrschaft abschlossen. Während ländliche Gemeinschaften im Hinterland Zadars und Splits in der Kommunikation mit Venedig die politische Repräsentanz ihrer Gemeinschaft in den Vordergrund stellten, gab sich die Jakobsbruderschaft in Zadar 1458 mithilfe von Matrikula ein juristisches Fundament und entsandte einen Mediator nach Venedig. Dagegen wandelte sich die Inselstadt Pag erst mit venezianischer Unterstützung von einer von Zadar kontrollierten Protokommune zu einer vollwertigen städtischen Gemeinschaft. ALESSANDRA RIZZI (Venedig) spürte den politischen Gemeinschaften Istriens und Dalmatiens in den Instruktionen venezianischer Rektoren und Untersuchungskommissionen (sindici) nach. Am Beispiel Kopers, Zadars, Splits, Trogirs und Rabs ergründete sie eine normative Perspektive auf den Umgang Venedigs mit lokalen Gemeinschaften, die Machtteilung zwischen venezianischen Rektoren und lokalem Patriziat sowie Partizipations- und Kooperationsspielräume in den Peripherien.

LUCIANO PEZZOLO (Venedig) erörterte die Komplexität von Gemeinschaftsstrukturen entlang von Identitäts-, Solidaritäts- und Partizipationsfragen im Spiegel venezianischer Rechtsprechung und Fiskalität auf der Terraferma. Zwar biete die Markusrepublik auch kleinsten Gemeinschaftsformen einen Rechtsraum, doch seien diese Gemeinschaften im städtischen und ländlichen Raum so stark von inneren Konflikten durchsetzt und in diverse „subunità cittadine“ gespalten, dass kaum Solidaritätsmuster identifizierbar seien, die eine Gemeinschaft als Ganzes umfassten. Daran anknüpfend demonstrierte ERMANNO ORLANDO (Siena) eindrucksvoll den dialektischen Charakter urbaner Zugehörigkeitsmuster und die Flexibilität von Identitätsdiskursen in Konfliktsituationen. Am Beispiel eines 1468 in osmanische Gefangenschaft geratenen Patriziers aus Split betonte er die Bedeutung sozialer Bruchlinien und Stressfaktoren in städtischen Interaktions- und Gemeinschaftsstrukturen. Dabei hob er die gleichzeitige Austauschbarkeit und Bindungsstärke einzelner Zugehörigkeiten im Gesamtbild eines entlang multipler Solidaritätsbegriffe strukturierten urbanen Gemeinschaftslebens hervor. Diese Vielfalt unterstrich CLAIRE JUDDE DE LARIVIÈRE (Toulouse) am Beispiel des diffusen Gemeinschaftsbegriffs der ‚popolani’. Denn während der Sammelbegriff ‚popolo’ als sozio-politischer Kontrapunkt zum Patriziat konzipiert war, einte die „comunità sfuggente“ der ‚popolani’ kaum mehr als ihre sozio-professionelle Heterogenität. Da eine rechtliche Definition der ‚popolani’ noch im 15. Jahrhundert fehlte, müssten territoriale, soziale und emotive Faktoren wie räumliche Nähe, persönliche Vertrautheit und soziale Interaktion berücksichtigt werden. Aus dieser Perspektive bildeten die ‚popolani’ auch eine politische Gemeinschaft, die zwar formell machtlos war, aber dennoch als aktiver Akteur die venezianische Machtsphäre mitgestaltete.

Darauf aufbauend analysierte FABIAN KÜMMELER (Wien) sesshafte Hirten auf der Insel Korčula als sozio-professionelle Gemeinschaftsform im ländlichen Raum. Auf breiter Quellenbasis beleuchtete er die statutenrechtliche Sonderstellung der Hirten, die duale Dokumentationspraxis ihrer Hüteverträge mit Tierbesitzern (Kerbhölzer, Kanzleiakten) sowie ihre vielfältige saisonale Routine. Angefacht durch die räumliche Konkurrenz zwischen Land- und Viehwirtschaft, fanden sich Hirten aufgrund zahlreicher Flurschäden oftmals im Epizentrum innerdörflicher Konflikte mit Bauern, Winzern und kommunalen Amtsträgern. Daher war die emotive Dimension von Konflikten entscheidend für die Einbindung der Hirten als sozio-professionelle Gemeinschaft in das vielschichtige Gefüge Korčulaner Inselsolidaritäten. Diesbezüglich beleuchtete VALENTINA SAPIENZA (Lille) die gemeinschaftliche sozio-professionelle Identität venezianischer Maler zwischen Lehre und Handwerkspraxis. Ausgehend von Tönnies’ Theorie der Gemeinschaft und anknüpfend an das Modell der sozio-professionellen Gemeinschaften, deutete sie die gemeinsame Arbeit der venezianischen Maler als Form der Soziabilität und folglich als Gemeinschaft. Dem verliehen bereits die Statuten der Zunft venezianischer Spielkarten- und Druckfigurenzeichner von 1271 Ausdruck, die ihre gemeinschaftlichen Wurzeln in ihrem „patrimonio del uso di colore e pennello“ sahen.

GHERARDO ORTALLI (Venedig) verband sozio-professionelle und religiöse Gemeinschaftsaspekte am Beispiel venezianischer Handelskolonien an der tunesischen Küste während des Handelskrieges mit dem Maghreb (1325–1333). Die venezianische Handelskolonie in Tunis gründete sich auf einen Vertrag, der den Venezianern neben christlichen Kanzlisten und Dragomanen die Unterhaltung eines eigenen Ofens und Bades ermöglichte. Spätestens als die venezianischen Kaufleute in Tunis aufgrund des Krieges nach Tripolis ausweichen mussten, stieg die Bedeutung der Religion als gemeinschaftsbildendes Identitätsmerkmal. Vor diesem Hintergrund präsentierte THIERRY GANCHOU (Paris) neue Erkenntnisse zur inneren Reorganisation der venezianischen Gemeinschaft Konstantinopels nach der Osmanischen Eroberung im Mai 1453. Bisher ging die Forschung davon aus, dass die ins genuesische Pera geflohenen Venezianer bis Mai 1454 einen Zwölferrat bildeten und Battista Gritt zum interimistischen Vize-Bailo ernannten. Zuvor unbekannte Quellen zeigten jedoch, dass die Venezianer in Pera bereits im August 1453 wieder einen beschlussfähigen Zwölferrat gebildet und mit Giovanni Loredan de Paolo ein Mitglied der einflussreichen Admiralsfamilie Loredan zu ihrem Vizekonsul gewählt hatten. Daneben wies DAVID D'ANDREA (Stillwater) auf die Schlüsselrolle von Laienbruderschaften und Spitälern in der venezianischen Gesellschaft hin. Deren soziales, religiöses und karitatives Engagement reflektierte individuelle Bedürfnisse ebenso wie lokale Religiösität. Gleichzeitig erblickte der venezianische Staat in den über 450 durch Treueide und Statuten institutionalisierten Gemeinschaften nicht nur Organisationen des Gemeinwohls und der Geselligkeit, sondern auch parallele Machtstrukturen, deren Ziele, Aktivitäten und Mitglieder kontrolliert werden mussten. An Beispielen aus Venedig und Treviso verdeutlichte D'Andrea die Bedeutung der Schriftform bei Armenpetitionen und die Verflechtung von Gemeinschaft und Gesellschaft vor dem Hintergrund vormoderner venezianischer Sozialpolitik.

Als ethnisch konnotierte Gemeinschaft waren die nahe der Rialtobrücke angesiedelten ‚deutschen’ Händler und Handwerker zwar in ihrer Sprache geeint. Dennoch warnte PHILIPPE BRAUNSTEIN (Paris) davor, in ihnen angesichts des Sammelbegriffs eine homogene Minderheitengemeinschaft mit gemeinsamen Kulturtraditionen zu sehen. Gleichwohl zeigten die multilingualen Testamente ‚deutscher’ Händler, dass Alteritätsmuster in der Selbst- und Fremdwahrnehmung zwischen Assimilation und Integration einen hohen emotiven Stellenwert einnahmen. Daran anknüpfend diskutierte ANDREA ZANNINI (Udine) die Integration, Naturalisation und Assimilation Fremder als unterschiedliche Inklusions- und Exklusionsdynamiken. Ausgehend von der onomastischen Rolle der geographischen Herkunft als Namensbestandteil eines Zugesiedelten, problematisierte Zannini das Konzept der „cittadinanza forestieri“ angesichts bestehender Regelungen zur Elitenimmigration (Händler, Handwerker), aber fehlender Regelungen für ärmere Individuen. Zudem betonte er die Bedeutung der „nazioni“ als Integrations- und Institutionalisierungsoption ganzer Gruppen in Form eigener Bruderschaften und Spitälern.

Mit Blick auf die kunsthistorische Dimension des Gemeinschaftsbegriffs verwies MARTIN GAIER (Basel) auf die – im Gegensatz zu Florenz oder Rom – noch im 16. Jahrhundert schwach ausgeprägten Institutionalisierungstendenzen venezianischer Künstler. Gaier betonte die verpassten Chancen Venedigs, Künstler zu kontrollieren und die Unterscheidbarkeit venezianischer Kunst zu fördern, während der Kampf venezianischer Künstler um Anerkennung als Meister ihres Fachs andauerte. Überdies näherte sich GIANMARIO GUIDARELLI (Padua) dem Themenkomplex Architektur und Gemeinschaft über einen Streit in der Benediktinerabtei Praglia. Der Konflikt wurzelte im gestörten Gleichgewicht zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Aspekten in den Routinen der monastischen Gemeinschaft. Die monastische Architektur spiegelte dagegen die Idee der Gemeinschaft und die heiligen Texte, auf denen sie basierte, in der Organisation des Raums. Zudem nutzte sie architektonische Elemente (Kapitelle) als symbolisches überregionales Wiedererkennungsmerkmal ihrer monastischen Gemeinschaft. MARTINA FRANK (Venedig) schloss die Tagung mit einem Vortrag über die architektonische Gestaltung der venezianischen Akademien, Casini und Ridotti im 17. und 18. Jahrhundert und die Zusammenhänge ihrer Architektur mit ihrem funktionellen Gemeinschaftsnutzen. Besonders die privaten bzw. halb-öffentlichen Ridotti definierten assoziative Kreise, deren Gemeinschaftsgefühl konsequent in die Architektur und Dekoration ihrer Räumlichkeiten übertragen wurde.

Intensive Diskussionen entwickelten sich aus der Frage nach verbindenden Elementen in den komplexen Wechselwirkungen zwischen den polymorphen Gemeinschaftsformen und staatlichen Strukturen der Markusrepublik. Nella Lonza hob den hohen Stellenwert des Rechts in der Selbstdefinition spätmittelalterlicher Gemeinschaften im venezianischen Commonwealth hervor. Oliver Jens Schmitt unterstrich, dass Venedig in Dalmatien nicht nur hochentwickelte Verwaltungsstrukturen und Rechtstraditionen übernahm, sondern auch eine Gesellschaft, in der selbst ländliche Gemeinschaften ihren Handlungsspielraum durch präzise Statutenkenntnisse entscheidend mitprägen konnten. Gherardo Ortalli betonte, dass Venedig diverse juridische und politische Mechanismen zur Herrschaftsstabilisierung verband. Der enge Konnex zwischen Politik und Rechtsprechung spiegelte sich in institutionellen Strukturen: Während die kommunalen Richter Korčulas ihre straf- und zivilrechtlichen Kompetenzen unter dem venezianischen Comes als oberstem Richter beibehielten, reduzierte die Markusrepublik den Einfluss der kommunalen Richter Splits in Strafprozessen auf eine beratende Funktion.

Überdies wies Michael Matheus darauf hin, dass Migration eine treibende Kraft der Gemeinschaftsbildung war, da ohne die Interaktion mit und Abgrenzung zu Anderen (im Sinne Fremder) keine Gemeinschaftsbildung nach Innen möglich sei. Thierry Ganchou ergänzte, dass der starke Solidaritätszuwachs zwischen Genuesen und Venezianern nach dem Fall Konstantinopels zeige, welche Verschiebungen umfassende Bedrohungslagen im Wertesystem exponierter Gemeinschaften auslösen können. David D’Andrea ergänzte, dass die Fürsorge venezianischer Bruderschaften selbst in der Krise des 16. Jahrhunderts so ausgeprägt war, dass es in der Stadt weder zu Revolten kam, noch zwischen „eigenen“ und „fremden“ Bedürftigen unterschieden werden musste. Dies zeige, so Gherardo Ortalli, die stabilisierende Wirkung von Gemeinschaften auf den venezianischen Staat ebenso wie die Routine, mit der die Markusrepublik solidaritätsfördernde Institutionen in ihr Sozialgefüge integrierte.

Auch das Schlüsselkonzept der Gemeinschaft sorgte für intensive heuristische Diskussionen. Während Konsens über die rechtliche und soziokulturelle Vielfalt der Gemeinschaftsformen im venezianischen Commonwealth herrschte, war die Frage nach der Prämisse gemeinschaftlicher Institutionalisierung umstritten. Andrea Zannini argumentierte, dass informelle Solidaritätsbezüge und nicht-institutionalisierte Formen der Soziabilität, die sich terminologisch nicht als Gemeinschaft definierten, keinesfalls Gemeinschaft genannt werden dürften. Dagegen argumentierte Claire Judde de Larivière mit dem institutionellen Entwicklungsprozess von Gemeinschaften in der longue durée. So konstruierten die Bewohner Muranos Gemeinschafts- und Alteritätsbezüge über Begriffspaare (cittadini–habitanti) bis sie Mitte des 16. Jahrhunderts eine rechtliche Definition ihrer Gemeinschaft entwickelten. Analog dazu verwies Oliver Jens Schmitt auf die Immigranten aus Albanien, die sich erst nach einer Phase informeller Gemeinschaftsbildung institutionell zu einer Bruderschaft formten. Ermanno Orlando betonte außerdem die prägende Rolle räumlicher Nähe in der fluiden Dynamik sozialer Interaktion und die gemeinschaftsbildende Wirkung sozialer Konflikte. In diesen Punkten steht die heutige Venezianistik am Beginn einer umfassenden Relektüre. Neben vertiefender quellenbasierter Grundlagenforschung versprechen vor allem interdisziplinäre Zugänge, die materielle, architektonische und visuelle Aspekte miteinschließen, einen ertragreichen Mehrwert in der Erforschung von Gemeinschaft und Gesellschaft im venezianischen Commonwealth.

Konferenzübersicht:

Begrüßung
Michael Matheus, Presidente del Centro Tedesco di Studi Veneziani
Gherardo Ortalli, Presidente dell'Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti

Keynotes
Oliver Jens Schmitt (Universität Wien; FWF-SFB F42 Visions of Community; Centro Tedesco di Studi Veneziani; Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti): Comunità: orizzonti di un concetto nella venezianistica

Gian Maria Varanini (Università degli studi di Verona; Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti): Tendenze recenti della storiografia italiana negli studi sulle comunità (tardo medioevo-prima età moderna)

1. – Comunità politiche

Egidio Ivetic (Università degli studi di Padova; Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti): Tra appartenenza e contrattazione: le comunità dello Stato da mar

Luciano Pezzolo (Università Ca' Foscari Venezia): Identità, solidarietà, partecipazione: le comunità dello Stato da terra

Alessandra Rizzi (Università Ca' Foscari Venezia): Essere comunità nelle istruzioni ai rettori veneziani in Istria e Dalmazia (secc. XIII-XV)


Ermanno Orlando (Università per stranieri di Siena; FWF-SFB F42 Visions of Community; Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti): Strutture di interazione di una comunità urbana: Spalato nel XV secolo

2. – Comunità socio-professionali


Claire Judde de Larivière (Université de Toulouse): I popolani a Venezia: identità e appartenenze di una comunità sfuggente

Gherardo Ortalli (Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti): Una comunità in terra islamica: la colonia veneziana di Tunisi


Nella Lonza (Hrvatska akademija znanosti i umjetnosti; Zavod za povijesne znanosti HAZU u Dubrovniku): Il ruolo catalizzatore del dominio veneziano nell'articolazione di alcune comunità popolane e contadine dalmate

Fabian Kümmeler (Universität Wien; FWF-SFB F42 Visions of Community): Herdsmen as a Socio-Professional Community in Late Medieval Dalmatia

3. – Comunità etnico-religiose


Thierry Ganchou (Collège de France, Paris): La communauté vénitienne de Constantinople à l'épreuve de la chute de la cité impériale (1453), à la lumière de nouveaux documents


David D'Andrea (Oklahoma State University): Ospitalità e assistenza: confraternite e ospedali tra Venezia e Treviso

Philippe Braunstein (Paris): I Tedeschi a Venezia alla fine del Medioevo

Andrea Zannini (Università degli studi di Udine): Le comunità straniere a Venezia e le dinamiche di inclusione/esclusione in città

4. – Comunità e produzione artistica


Valentina Sapienza (Université de Lille; Institut de recherches historiques du Septentrion): L'Arte dei pittori a Venezia fra Quattro e Cinquecento: una comunità? Alla ricerca di un'identità tra apprendistato e pratiche di mestiere


Martin Gaier (Universität Basel; Centro Tedesco di Studi Veneziani): Aspirazioni accademiche nella comunità artistica veneziana del Cinquecento?

Gianmario Guidarelli (Università degli studi di Padova): Una comunità benedettina e l'architettura monastica: il caso dell'abbazia di Praglia


Martina Frank (Università Ca' Foscari Venezia): Accademie, casini e salotti nella Venezia tra Sei e Settecento: quale comunità?

Anmerkung:
1 Gherardo Ortalli / Oliver Jens Schmitt / Ermanno Orlando (Hrsg.), Il Commonwealth veneziano tra 1204 e la fine della Repubblica. Identità e peculiarità, Venezia 2015.