Vergangenheit Kohle und Stahl Zukunft Bildung und Wissen

Vergangenheit Kohle und Stahl Zukunft Bildung und Wissen

Organisatoren
Studiengruppe "Bildungsgeschichte von Montanregionen", Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets (RAG), Essen
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.09.2018 - 21.09.2018
Url der Konferenzwebsite
Von
Pia Eiringhaus, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Schwerindustrielle Ballungsräume und Montanregionen werden in besonderem Maße als Räume problematisiert, deren „Krisenzustände“ durch Bildung, Wissen und Qualifikation zu überwinden sind beziehungsweise als erfolgreich überwunden scheinen. Hierfür sind Vorstellungen einer spezifischen „Bildungsferne“ und „Immobilität“, aber auch die Neuaushandlung der Zukunft der Arbeit zentrale Kategorien. Mit dem Ziel, die Implikationen und Ambivalenzen dieses potenziellen Transformationsversprechens zu untersuchen und gegenwärtige Narrative von Bildung und Wissen an ihre historische Entwicklung rückzubinden, veranstaltete die von der RAG geförderte Studiengruppe „Bildungsgeschichte von Montanregionen“ diese internationale und interdisziplinär angelegte Tagung. Wissenschaftler/innen verschiedener Disziplinen kamen zusammen, um sich in sechs thematischen Panels zum Thema Bildungs- und Wissensgeschichte von Bergbau- und Montanregionen auszutauschen und mögliche Schnittmengen zu finden sowie vergleichende Perspektiven zu entwickeln.

Nach der Begrüßung von STEFAN BERGER (Bochum) führte SARA-MARIE DEMIRIZ (Düsseldorf) in den Forschungsgegenstand der Tagung ein und identifizierte drei übergreifende Fragekomplexe. Erstens sei die Frage nach dem Wandel durch Wissen immer mit Blick auf den Wandel von Ungleichheiten zu betrachten, so habe das Konzept der „Bildungsfähigkeit“ Kategorisierungen wie race, class, gender und ability verändert und neu konstruiert. Zweitens rückten die Konstruktionen von „Bildungsferne“ mit Blick auf ihre Mechanismen und Wirkungen in den Blick, beispielsweise im Narrativ des Wandels von der „bildungsfernen“ Vergangenheit zu einer Zukunft der „Wissensgesellschaft“ (beziehungsweise „Wissensregion“). Drittens sei die Qualifizierung und Subjektivierung als zentraler Erzähl- und Untersuchungsstrang zu identifizieren. Welche Bedeutung hatten das Versprechen bzw. der Imperativ, Individuen, Gruppen, Räume, Gesellschaften oder Arbeit durch Qualifizierung und Wissen zu transformieren, für die verschiedenen Subjektivierungsweisen? Diese Komplexe, so Demiriz, seien durch die vielfältigen Beiträge vergleichend und kontextorientiert und im Hinblick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten.

Der Auftakt zur Konferenz erfolgte durch JAKOB VOGEL (Berlin / Paris), der das erste Panel unter der Fragestellung „Von der Industrie- zur Wissensgesellschaft? Bildung und Wissen im ‚Strukturwandel‘“ einleitete und kommentierte. Im ersten Beitrag betrachtete JÖRG ARNOLD (Nottingham) Bildung im Sinne einer politischen Schulung und fragte nach der Verknüpfung von Wissen, Bildung und Politik anhand des Beispiels der National Union of Mine Workers in England. Bildung fungiere hier primär als Instrument der gewerkschaftlichen Anti-Zechenschließungspolitik und somit als Mittel der politischen Mobilisierung, wie Arnold anhand der groß angelegten Bildungskampagne zur Stärkung der politischen Bildung der Bergleute exemplarisch herausstellte. In seinem Beitrag zur „Bildbarkeit“ des Erwachsenen im außerschulischen Bereich zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren unterzog JAN KELLERSHOHN (Bochum) die dominanten Bildungsnarrative der postindustriellen Welt einer kritischen Prüfung. Im deutsch-französischen Vergleich zeigte er auf, dass die Mobilisierungsbestrebungen des „Strukturwandels“ die Arbeiter auf eine neue Weise „vermessbar“ machten und dabei die Vorstellungen und Bilder von Arbeit verschoben. Dabei hätten Qualifizierungsprogramme und Vermessungsmethoden die Grenzen von „Normalität“ und „Behinderung“ mehr gesetzt denn verhandelt. Im anschließenden Kommentar hielt Vogel beide Referenten an, ihre Forschungsvorhaben in einem weiteren europäischen Kontext zu verorten und diese auch mit Vorstellungen des 19. Jahrhunderts über Arbeit und Bildung abzugleichen.

Das zweite Panel zu Bildung und Wissen in Bezug auf die (Arbeits-)Migration nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von JOCHEN OLTMER (Osnabrück) kommentiert. Im ersten Beitrag referierte Demiriz zur Bildung des „Gastarbeiters“ im „Migrationsregime“ Ruhrgebiet mit Blick auf die institutionellen Akteur/innen sowie die entstehenden Prozesse von In- und Exklusion. Ausgehend von den bereits früh einsetzenden Kultur- und Bildungsprogrammen für die erste Generation der Gastarbeiter identifizierte Demiriz für die 1980er-Jahre eine regelrechte „Maßnahmenflut“, die wiederum Migrant/innen im Sinne einer Defizitpolitik als „Problem“ stigmatisierten. Ihre abschließende Frage nach der langfristigen Wirkung von „kurzfristigen Bildungsexperimenten“ verortete das Thema der Gastarbeiter in die größere Deutungsperspektive der bundesdeutschen Migrations- und Bildungspolitik. Daran anschließend referierte LAURA LADEMANN (München) zur Bildung der zweiten Generation und fragte mit Rückgriff auf Bourdieus Kapitaltheorie nach In- und Exklusionsprozessen in der jungen Generation. Bildungsprogramme seien als Verschränkung von gesellschaftspolitischen Zielsetzungen und unternehmerischen Interessen zu identifizieren, wie sie anhand ihrer Untersuchung der MBSE-Kurse (Maßnahmen zur beruflichen und sozialen Eingliederung jugendlicher Ausländer) herausstellte. Hier thematisierte sie das Problem, dass häufig gender-spezifische Stereotype reproduziert und fortgeschrieben würden. Den Blick „von unten“ präsentierte ENGIN DENIZ YORULMAZ (Braunschweig) in seinem Beitrag zu den Bildungsdebatten innerhalb linker migrantischer Organisationen. Am Beispiel von türkischen Vereinen und Gruppen fragte er nach der Zirkulation von nationalistischem Wissens via Zeitschriften, Schulbüchern, aber auch durch Lehrer. Im anschließenden Kommentar wies Oltmer auf die doppelte Aktualität der Beiträge hin, da die Arbeiten nicht nur nach der historischen Dimension fragten, sondern auch die aktuellen Debatten der Migrationsforschung tangierten. Der Integrationsbegriff sei hierbei zentral. Ferner plädierte er dafür, den Begriff der „Aushandlung“ zu schärfen, um den verschiedenen Akteur/innen und ihren Konzepten stärkere Konturen zu geben.

Das dritte Panel richtete den Blick hin zur institutionellen Bildung der Schule mit Fokus auf das Verhältnis von Demokratie und Bildung. Geleitet wurde das Panel von GERHARD KLUCHERT (Wien / Berlin). Als erste Vortragende unterzog ANNE OTTO (Halle an der Saale) die Parole „Freie Bahn dem Tüchtigen“ aus der Weimarer Republik einer kritischen Prüfung. Sie fragte nach den Transformationsversprechen, die sich in Form von Aufstiegschancen und neuer Bildungsteilhabe hinter diesem Ausspruch verbargen. Otto stellte heraus, dass es sich weniger um eine umfassende Demokratisierung des Bildungswesens handele, sondern vielmehr um eine politisch bestimmte Förderung von „einigen auszulesenden Tüchtigen“. Anhand der Debatten über die – letztlich an Kommunal- oder Reichspolitik gescheiterten – Aufbauschulen zeigte Otto, dass zahlreiche Akteur/innen im Ruhrgebiet ein Potenzial zur Demokratisierung und Bildung der Arbeiterkinder anerkannten und zu fördern versuchten. Eine Entwicklung, so Otto, die im Reich so nicht zu erkennen sei. Im Anschluss richtete PHILLIP WAGNER (Halle an der Saale) den Blick auf bildungspolitische Aushandlungsprozesse der 1970er-Jahre am Beispiel der Einführung des Politikunterrichts in Nordrhein-Westfalen. Anhand der politischen Diskurse um die Richtlinienentwürfe identifizierte er eine Form der Normalisierung politischen Handels, die, so Wagner, immer auch die Idee einer kybernetisch steuerbaren Gesellschaft widerspiegele. Gleichsam fungiere der Entwurf als Spielball der internen Auseinandersetzungen über die unterschiedlichen Politikverständnisse von SPD und CDU, was die Instrumentalisierbarkeit von Bildung und Bildungsvorstellungen verdeutliche. In seinem Kommentar bekräftigte Kluchert, wie gewinnbringend es sei, Bildung – Schule – System (Demokratie) zusammenzubringen und die Frage zu stellen, warum die einen mit ihren Vorstellungen und Forderungen scheiterten, während andere sich durchsetzten. Der Blick auf Widersprüche zwischen nationalen und regionalen Debatten eröffne dabei hilfreiche „Sonden“, um zeit- und kontextspezifische Eigenarten zu Tage zu fördern. Hier sei allem voran die stärkere Rückführung der Befunde in gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge sowie bestehende Deutungslinien der Zeitgeschichte notwendig.

Das vierte Panel unter der Leitung von WILFRIED RUDLOFF (Kassel) rückte die Bildungspolitik in „bildungsfernen“ Bergbau- und Montanregionen in den Kontext von Restriktion und Emanzipation. Im ersten Beitrag referierte STÉPHANE LEMBRÉ (Lille) zur Berufsausbildung im Norden Frankreichs von der Industrialisierung zur Deindustrialisierung (1950–1980). Am Beispiel der Einführung neuer Ausbildungswege und -zertifikate wie dem CAP (Certificat d’Aptitude Professionelle) in der Region Nord-Pas-de-Calais untersuchte er, inwiefern Ausbildung die sozialen Konsequenzen des Deindustrialisierungsprozesses abfedern konnte oder diese weiter fortschrieb. Dabei machte Lembrés Vortrag die Bruchstellen zwischen dem theoretischen Glauben an Bildung als Mittel zur Krisenbewältigung und den Problematiken ihrer Umsetzung in der Realität sichtbar. Der anschließende Vortrag von INGRID MIETHE (Gießen) erweiterte den geschichtswissenschaftlichen Blick der Konferenz um die Deutungsperspektiven der Erziehungswissenschaft. Anhand der biographischen Betrachtung von Familien aus dem Ruhrgebiet argumentierte Miethe, dass der Zerfall von Milieus Kinder für Bildung „freisetze“. Dabei identifizierte sie einen „Typus Ruhrgebiet“, der sich durch eine männliche Prägung und starke Regionsverbundenheit auszeichne. Für die Kontextualisierung der Befunde erscheine allerdings die stärkere Rückbindung der individuellen Narrative an übergreifende zeithistorische Entwicklungen zwingend notwendig. Im dritten Panelbeitrag beschäftigte sich SANDRA WENK (Halle an der Saale) mit der Konstruktion der „Hauptschüler“ als „bildungsferne“ Gruppe und arbeitete alte und neue Ungleichheiten im Kontext der Bildungsexpansion und der Pädagogisierung jugendlichen Aufwachsens heraus. Wenk machte die Ambivalenz des „Hauptschülers“ deutlich, der im Diskurs einerseits als „Mangel“, andererseits als zu mobilisierendes Potenzial verhandelt wurde. Mit Blick auf die Frage nach gesellschaftlichen Transformationsversprechen und dem „Scheitern“ der Hauptschule sei die Konzeption der Hauptschule selbst stärker zu berücksichtigen. Auch hier würden Ambivalenzen von Bildungspolitik als Produzenten von neuen „Verlierern“ sichtbar. In seinem Kommentar regte Rudloff an, die Arbeiten vor weiteren Untersuchungsfolien, wie Berufssysteme, Milieus und lokale Wirtschaften sowie internationale Perspektiven, abzugleichen.

Im fünften Panel rückte Bildung und Wissen in den Zusammenhang von „Menschenführung – Menschenformung“. Die Leitung des Panels übernahm LARS BLUMA (Wuppertal). Zum Auftakt des Panels referierte FRANK BECKER (Duisburg-Essen) zum DINTA (Deutsches Institut für technische Arbeitsschulung, gegründet 1925) und seinen Versuchen, Arbeitswissenschaften in betriebliche Praxis zu überführen. Anhand der historischen Entwicklung von DINTA charakterisierte er das Institut als Instrument zur Arbeitsoptimierung, die durch verschiedene Maßnahmen wie verbesserte Arbeitsbedingungen, neue Ausbildungsformen und körperliche Gesundheit sowie Talentförderung und Wissensvermittlung realisiert werden sollte. Die problematische Relation von Arbeit und Bildung als Mittel zur Optimierung stellte Becker anhand der Aktivitäten des DINTA während der NS-Zeit heraus und eröffnete somit eine weitere Perspektive auf die Ambivalenzen von Bildung und Wissen im gesellschaftlichen Kontext. Im Anschluss fragte FRANZISKA REHLINGHAUS (Göttingen) in ihrem Vortrag am Beispiel der gemeinsamen Bildungsarbeit von Kohle und Kirche (1949–1977) nach „Menschenführung und Nächstenliebe“. Anhand der Gemeinsame Sozialarbeit der Konfessionen im Bergbau (GSA) stellte sie heraus, dass die Seminare nicht als bloßes „Gespräch“ oder Weiterbildung zur Karriereförderung geplant waren, sondern Verbindlichkeiten für eine bessere Zusammenarbeit im Betreib schaffen sollten. Dieses theoretische Ziel, so Rehlinghaus, sei allerdings in der praktischen Arbeit nur bedingt umgesetzt worden. Auch hier würden Diskrepanzen zwischen theoretischer Planung von Bildungsprogrammen und ihren Effekten in der Arbeitsrealität sichtbar. Im letzten Vortrag des Panels fragte WIEBKE WIEDE (Trier) nach Normalisierungspflichten und Subjektivierung von Arbeitslosigkeit seit den 1970er-Jahren. Anhand der Auswertung verschiedener Interviews mit Jugendlichen stellte sie heraus, dass das Scheitern häufig als selbstverschuldetes Problem wahrgenommen wurde. Wiede machte deutlich, dass Jugendliche sich als „selbst ernannte“ Verlierer einer gescheiterten Bildungspolitik konstruierten. In seinem Kommentar identifizierte Bluma die hier thematisierten Beispiele als verschiedene „Narrationen des Scheiterns“ und schloss das Panel mit der übergreifenden Frage, inwiefern Bildung und Qualifikation als das gesellschaftliche Selektionselement des 20. Jahrhundert zu betrachten seien.
Das sechste Panel unter der Leitung von DAGMAR KIFT (Dortmund) stellte Bildung und Wissen in einen Bezug zu gender und fragte nach der Geschlechtlichkeit von Bildung in Bergbauregionen. Im ersten Beitrag untersuchte ALICIA GORNY (Bochum) die Vorstellungen von männlichen und weiblichen Fähigkeiten im Anlernberuf des Kranfahrers. Am Beispiel der Henrichtshütte konnte sie aufzeigen, dass primär Frauen sowie Männer mit körperlichen Einschränkungen den Beruf des Kranfahrers ausführten, da diese Berufsgruppen, so Gorny, für andere Berufe nicht infrage kamen. Die Chancen der Frauen blieben dabei eng verknüpft mit dem Handeln beziehungsweise den Berufsbedürfnissen der Männer. Gornys Beitrag regte zur stärkeren Betrachtung von Intersektionalität in Bergbauregionen an, um Fragen von Berufschancen, Bildungsqualifikationen und Selektions- beziehungsweise Diskriminierungsformen in ihrer Relation und Wirkung zu untersuchen. STEFAN MOITRA (Bochum) verwies in seinem Beitrag auf das Forschungsdesiderat zu Männlichkeitskonstruktionen in Bergbauregionen. Daran anknüpfend erörterte er am Beispiel des Ruhrgebiets die Produzenten und Aushandlungen der Vorstellungen von Männlichkeit in „Zeche“ und „Zuhause“ und fragte nach den dabei entstehenden Bruchstellen. Männlichkeitskonstruktionen ließen sich unter anderem über die Kategorien Arbeit, Sport und Körper, Migration und Integration, Hierarchie und Gewalt untersuchen. Hierfür spiele Bildung eine zentrale Rolle, so Moitra, da ein „männlicher Habitus“ durch Wissen tradiert sowie während der Ausbildung und Arbeit gesetzt würde. Im letzten Beitrag des Panels referierte MICHAEL WARD (Swansea) zu Männlichkeitskonstruktionen und ihren Wandlungen in Zeiten der Deindustrialisierung am Beispiel der walisischen Arbeiterklasse. Für die Fragestellung des Panels erwies sich die von Ward herausgestellte Relation zwischen Männlichkeiten, sozialer Klasse und Raum als gewinnbringend. Im anschließenden Kommentar bestärkte Kift erneut die Notwendigkeit, die Kategorie gender stärker in die Deutungslinien zur Deindustrialisierung einzubeziehen. Sie regte an, sich den Themenkomplexen „Bildung“ und „Wissen“ nicht nur über schulische und berufliche Bildung, sondern auch über Kultur und kulturelle Bildung zu nähern.

Das Ende der Tagung bildete die von Otto, Kellershohn und Demiriz geleitete und kommentierte Abschlussdiskussion. Demiriz resümierte, dass im Rahmen der interdisziplinären Konferenz verschiedene Facetten der Bildungs- und Wissensgeschichte ehemaliger Montanregionen beleuchtet wurden. Hierfür habe die Frage, wie unterschiedliche Akteur/innen in verschiedenen Zeiten und Kontexten Bildung und Wissen verhandelt haben, den „roten Faden“ gebildet. Besonders die Ambivalenzen zwischen bildungspolitischen Großprojekten und ihren Wirkungen in den Gesellschaften spielten eine immer wiederkehrende Rolle, wobei die Diskrepanz zwischen Transformationsversprechen und „selbst produziertem Verlieren“ die zentrale Deutungslinie bilde. Teilweise wäre es wünschenswert gewesen, die einzelnen Fallbeispiele und ihre „Detailsituationen“ stärker an gesamtgesellschaftliche Deutungsperspektiven, wie der Frage nach Bildung und Qualifikation als zentrales gesellschaftliches Selektionselement des 20. Jahrhunderts, rückzubinden.

Konferenzübersicht:

Stefan Berger (Bochum): Begrüßung und Einführung

Panel I: Von der Industrie- zur Wissensgesellschaft? Bildung und Wissen im „Strukturwandel“
Chair: Jakob Vogel (Paris)

Jörg Arnold (Nottingham): ‘Once the thirst for knowledge begins to grow, it knows no bounds’: The National Union of Mineworkers and the politics of education in the British coalfields, ca. 1965-1985

Jan Kellershohn (Bochum): Die Erprobung der postindustriellen Welt. Umschulung und die Bildbarkeit des Erwachsenen (1960-1980)

Panel II: Arbeitsmigration und Bildung
Chair: Jochen Oltmer (Osnabrück)

Sara-Marie Demiriz (Bochum): Die Bildung der „Gastarbeiter“? Bildungspolitische Aushandlungsprozesse im „Migrationsregime Ruhrgebiet“

Engin Deniz Yorulmaz (Braunschweig): „Pädagogik der Unterdrückten“ – Die Dynamik des Wissens über Bildung in linken MigrantInnenorganisationen

Laura Lademann (München): Die Bedeutung der Berufsqualifikation für die Integration von ausländischen Jugendlichen der „2. Generation“ in Nordrhein-Westfalen in den 1970er- und 1980er-Jahren

Panel III: Demokratiebildung und Demokratieversprechen
Chair: Gerhard Kluchert (Wien)

Anne Otto (Halle-Wittenberg): „Freie Bahn dem Tüchtigen“? – Aushandlungsprozesse demokratischer Schulreformen im Ruhrgebiet in der Weimarer Republik

Phillip Wagner (Halle-Wittenberg): Wie sollen Demokraten handeln? Die nordrhein-westfälischen Richtlinien für den Politikunterricht und der Wandel der Bundesrepublik Deutschland in den 1970er-Jahren

Panel IV: Bildungspolitik in „bildungsfernen“ Bergbau- und Montanregionen zwischen Restriktion und Emanzipation
Chair: Wilfried Rudloff (Kassel)

Stéphane Lembré (Lille / Arras): The vocational training from industrialization to deindustrialization in the North of France (1950s-1980s)

Ingrid Miethe (Gießen): Bildungsaufstieg in drei Generationen. Biografische Verläufe bei Familien aus der Montanindustrie

Sandra Wenk (Halle-Wittenberg): Hauptschüler als „Bildungsferne“? Alte und neue Ungleichheiten im Kontext der Bildungsexpansion und der Pädagogisierung jugendlichen Aufwachsens

Panel V: Menschenführung – Menschenformung
Chair: Lars Bluma (Wuppertal)

Frank Becker (Duisburg-Essen): Arbeitsoptimierung durch Wissen? Das DINTA und die Arbeitswissenschaften in der Weimarer Republik

Franziska Rehlinghaus (Göttingen): Menschenführung und Nächstenliebe. Die Gemeinsame Bildungsarbeit von Kohle und Kirche im Rahmen der Kommende (1949-1977)

Wiebke Wiede (Trier): Bildungspflichten und Subjektivierung von Arbeitslosigkeit seit den 1970er-Jahren

Panel VI: „Männliche“ Bergbauregionen? Die Geschlechtlichkeit der Bildung
Chair: Dagmar Kift (Dortmund)

Alicia Gorny (Bochum): „Die Ausbildung der Anderen“. Kranfahren auf der Henrichshütte Hattingen unter Berücksichtigung von Gender und Disability Studies

Stefan Moitra (Bochum): Aufbruch im Bergbau? Berufssozialisation und Männlichkeit im industriellen Wandel

Michael R. M. Ward (Swansea): From Labouring to Learning: Working-Class Masculinities, Education and De-industrialization in Wales

Abschlussdiskussion

Verabschiedung