Neue Eliten? Werdung, Wahrnehmung, Wandlung. Eucor-Herrscherinnen-Nachwuchsworkshop

Neue Eliten? Werdung, Wahrnehmung, Wandlung. Eucor-Herrscherinnen-Nachwuchsworkshop

Organisatoren
Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte I / Abteilung Landesgeschichte, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; Universität Basel
Ort
Basel / Freiburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
18.01.2019 - 19.01.2019
Url der Konferenzwebsite
Von
Nektaria A. Hanker, Departement Geschichte, Universität Basel

Ziel des Nachwuchs-Workshops war es, einen Diskurs zwischen Studierenden und Promovierenden der Universitäten von Freiburg und Basel rund um das Thema Herrscherinnen und andere Frauen in repräsentativen oder führenden Rollen im Mittelalter anzustoßen und anhand verschiedener Forschungsansätze und Fragestellungen mehrere Herangehensweisen zu beleuchten.

Nach der Begrüßung durch HEINZ KRIEG (Freiburg) und JESSIKA NOWAK (Basel) am Departement Geschichte der Universität Basel begann DANIEL SCHUMACHER (Freiburg) die Vortragsreihe mit einer Untersuchung der Entwicklung der missionierenden angelsächsischen Eliten in der Normandie und deren Lebensweise im Kontext der Peregrinatio. MAX WOHLTMANN (Freiburg) widmete sich im Anschluss daran der Darstellung von Herrscherinnen in der Historiographie des früheren Mittelalters und warf die Frage auf, inwieweit diese misogyne Charakteristika aufweist.

In einem nächsten Block stellte SALOME BENDER (Basel) ihre Erkenntnisse über die Veränderungen im Eherecht unter Pippin dem Jüngeren, Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen vor. Dass epochenübergreifende Parallelen bei der Erforschung bestimmter Machtstrukturen interessante Einblicke ermöglichen können, verdeutlichte ANDREAS BÜHLER (Basel) mit einem Vergleich der Viten der Kaiserin Theophanu und der ägyptischen Pharaonin Hatschepsut. LUKAS PFEIFFER (Basel) richtete daraufhin sein Augenmerk erneut auf Westeuropa, genauer gesagt auf die Normandie, und stellte die Strukturen der Erbfolge- und Herrschaftspraxis innerhalb des herzoglichen Netzwerkes und die daraus resultierenden Einwirkungen auf die Gestaltung der Normandie zum Herzogtum im 10. und 11. Jahrhundert vor.

Nach einer Pause beleuchtete DOMINIC WEBER (Basel) das Minnekonzept in Wolframs von Eschenbach Gawan-Büchern anhand der Interaktionen des Helden mit Obilot, Obie, Antikonie, Bene und Orgeluse und der sich insbesondere in der Beziehung zu Orgeluse verdeutlichenden Verkoppelung von minne und triuwe. LISA KLOCKE (Bochum) schloss den ersten Tag des Workshops mit einer Vorstellung ihrer Resultate zu den Hintergründen der Annullierung der Verbindung Adelas von Vohburg mit Friedrich I. Barbarossa ab, wobei sie einen Vergleich mit Laudine in Hartmann von Aues Iwein zog.

Den Beginn des zweiten Tages, der in Freiburg in der Abteilung für Landesgeschichte abgehalten wurde, leitete BENJAMIN TORNS (Freiburg) Vortrag zur Rolle von Müttern, Töchtern und Gehmalinnen als Teil von Gesandtschaften und deren Einbettung in ein weiteres Kommunikationsnetz ein. Daraufhin erläuterte SIMONE WAGNER (Freiburg) die Bedeutung von Religiosität versus Geschlecht für die Akzeptanz der Autorität der Äbtissin und zog das Fazit, dass von Zeitgenossen erstere Facette als die gewichtigere angesehen und somit die Äbtissin weniger als Frau denn in ihrer Amtsfunktion betrachtet wurde. SARAH MAMMOLA (Freiburg) schloss einen Vortrag zur Absicherung der eigenen Memoria durch Mitglieder der städtischen Eliten am Beispiel des Regelhauses der Turnerin in Freiburg an.

Welche Einblicke die Lüner Briefe in die Bildung und insbesondere in das Selbstverständnis der Nonnen des Kloster Lüne, nicht zuletzt vor den Turbulenzen der Reformation, erlauben, veranschaulichte daraufhin MERET WÜTHRICH (Freiburg).

MARIA KAMMERLANDER (Freiburg) ging ihrerseits der Frage nach, welche neuen Perspektiven sich über den Handlungsraum von Herrscherinnen – wie Blanca von Kastilien – sowie damit einhergehende Symbole – etwa der Heranziehung der Marienverehrung und deren Übertragung auf Aspekte weiblicher Herrschaft (Allegorie der Sapienza) – erschließen lassen, und eruierte, auf welche Weise sich solche Symbole im scholastischen Diskurs des ausgehenden Hochmittelalters präsentieren. Der anschließende Vortrag von TERESA STEFFENINO (Basel) legte das Augenmerk auf die Wirkung Eleonoras von Arborea in ihrem umstrittenen Status als Guidicessa von Arborea im eigenen Namen sowie als Regentin für ihren Sohn und betonte Eleonoras noch heute währendes Andenken in Sardinien. JOHANNES KRÄMER (Freiburg) richtete abschließend den Fokus auf den Konstanzer Bischof Hugo von Hohenlandenberg und beleuchtete insbesondere die Reform des Augustiner-Chorfrauenstifts Klingental.

Wie Heinz Krieg in seinem Schlusswort festhielt, wurde im Rahmen des Nachwuchsworkshops – der ein breites geographisches Feld erschloss und von der Lokalgeschichte über West- und Südeuropa bis nach Byzanz und Ägypten reichte – die Möglichkeit zur regen Diskussion anhand verschiedener Themenbereiche unter den Studierenden und Promovierenden beider Universitäten gefördert und wahrgenommen. Der erfolgreiche Austausch zwischen den Studierenden trägt mit sich die Hoffnung auf zahlreiche weitere Zusammenkünfte dieser Art.

Konferenzübersicht:

Begrüßung
Heinz Krieg (Freiburg), Jessika Nowak (Basel)

Daniel Schumacher (Freiburg): Angelsächsische Nonnen im Frankenreich

Max Wohltmann (Freiburg): Die Böse Königin. Misogyne Darstellungen in der Historiographie des früheren Mittelalters

Salome Bender (Basel): Die Bedeutung der Veränderungen im Eherecht für die weiblichen Angehörigen der karolingischen Herrschaftselite

Andreas Bühler (Basel): Theophanu und Hatschepsut: Ein Vergleich

Lukas Pfeiffer (Basel): Polygynie, Erbfolge- und Herrschaftspraxis im herzoglichen Familiennetzwerk der Normandie des 10./11. Jahrhunderts

Dominic Weber (Basel): Das Minnekonzept in den Gawan-Büchern im Parzival Wolframs von Eschenbach

Lisa Klocke (Bochum): Adela von Vohburg und Laudine. Motive mittelalterlicher Scheidungen

Benjamin Torn (Freiburg): Töchter, Gemahlinnen und Mütter als Gesandte (12./13. Jahrhundert)

Simone Wagner (Freiburg): Kommunikation über die Autorität der Äbtissin von Säckingen

Sarah Mammola (Freiburg): Regelhäuser in Freiburg

Meret Wüthrich (Freiburg): Partizipation durch Schreibtätigkeit. Die Lüner Briefe und ihre Bedeutung für das Selbstverständnis der Nonnen

Maria Kammerlander (Freiburg): Die erfundene Frau? Zum Frauenbild in der Scholastik des ausgehenden Hochmittelalters

Teresa Steffenino (Basel): Eleonora von Arborea – Regentin im Judikat Arborea

Johannes Krämer (Freiburg): Der Konstanzer Bischof Hugo von Hohenlandenberg und die Reform des Augustiner-Chorfrauenstifts Klingental