Italien in hellenistischer Zeit

Italien in hellenistischer Zeit

Organisatoren
Frank Daubner, Fachbereich III, Alte Geschichte, Universität Trier
Ort
Trier
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.07.2019 - 20.07.2019
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Von
Patrick Reinard, Alte Geschichte, Fachbereich III - Alte Geschichte, Universität Trier

Die Geschichte Italiens zwischen dem 4. Jh. und dem Ende des 2. Jahrhundert v. Chr., d. h. der Prozess der Einigung Italiens durch die römische Eroberung, erscheint ob des romzentrischen Fokus der literarischen Quellen und auch der Forschung zumeist als weitestgehend einheitlich. Dabei lassen sich heterogene Entwicklungen anhand einer umfassenden, auch archäologische Befunde berücksichtigenden Quellenarbeit erarbeiten. Sie offenbaren ein deutlich differenziertes Verständnis der italischen Geschichte innerhalb der Römischen Republik.

FRANK DAUBNER (Trier) führte methodisch und inhaltlich in das Tagungsthema ein. Er betonte, dass weite Gebiete der antiken Welt zwischen dem 4. und 1. Jahrhundert v. Chr. in den literarischen Quellen nur dann beachtet würden, wenn sie mit der makedonischen oder römischen Geschichte unmittelbar in Kontakt kommen würden. Weiter führte er aus, dass sich das Forschungsthema deshalb nur in einer Kombination aus althistorischer und archäologischer Quellenarbeit erschließen könnte, und hob den interdisziplinären Zugang der Tagungsbeiträge hervor. Nach einem wissenschaftsgeschichtlichen Exkurs über das Nichtwahrnehmen Italiens in der Hellenismus-Forschung machte er ferner deutlich, dass mit "hellenistisch" kein thematischer oder gar programmatischer Inhalt zu verbinden sei. Der Terminus solle lediglich zeitlich zu verstehen sein. Nicht die große Frage, warum Italien denn nicht hellenistisch geworden wäre, sondern eine Betrachtung inner-italischer Entwicklungen sei anzustreben, die einerseits unabhängig voneinander oder andererseits in gegenseitiger Beeinflussung miteinander vonstattengingen. Entwicklungszäsuren seien dabei nur anhand von breiten Quellenwahrnehmungen zu erkennen.

RAFAEL SCOPACASA (Belo Horizonte / Exeter) stellte in seinem Vortrag die Frage, inwieweit sich das Verhalten italischer Staaten während des römischen Aufstiegs verändert hat. Dabei wies er u. a. auf die italische Akteure einende Wirkung von außeritalischen Bedrohungen hin, was er am Beispiel der gallischen Einfälle aufzeigte. Insgesamt betonte Scopacasa, dass Rom zunächst innerhalb Italiens nur als ein Einzelakteur unter vielen angesehen worden sei. Erst später sei durch die Expansion die Stadt am Tiber langsam zu einem neuen Bezugspunkt geworden, der sich hegemonial über andere Staaten erhob. Zudem zeigte er, dass sich in Phasen römischer Schwäche auch immer wieder Spielräume für städtische oder Stammesakteure aufgetan hätten, wie dies etwa nach der Schlacht von Cannae der Fall gewesen sei. Allerdings blieben solche Phasen Episode, da sich in Italien durch Roms Aufstieg das Stadt-Bund-Verhältnis grundsätzlich geändert und ein neues, auf Rom ausgerichtetes System etabliert habe. Den inneren Vorgang, den man sich in den italischen Gemeinwesen vorstellen muss, skizzierte Scopacasa, indem er das Verhalten romfreundlicher Familien und Parteien thematisierte. Diese agierten mehr und mehr individuell, was den Zusammenhalt der Samniten untereinander aufbrach, wenn er denn je vorhanden gewesen war. Diese Fragmentierung ging einher mit der Erkenntnis Roms, dass seine Vertragspolitik nur mit verhältnismäßig schwachen Partnern funktionieren konnte, so dass sich letztlich in diesem Zusammenspiel der Interessen die römische Herrschaft über Samnium festigen konnte.

Einen wissenschaftsgeschichtlichen Zugriff entwickelte zunächst FRANK DAUBNER (Trier). Eindrücklich legte er die seit Niebuhr, Mommsen oder Bleicken verbreitete Forschungstradition offen, nach welcher die römische Eroberung als Fortschritt für die italischen Völker angesehen und als einende Entwicklung begriffen worden sei. Dieser Prozess würde allzu friedlich und romzentrisch gesehen, alle italischen Völker hätten letztlich zu Rom gestanden und die Herrschaft der Tiberstadt akzeptiert. Auf verblüffende Parallelen in der historischen Deutung der italischen Expansion des republikanischen Roms und des Risorgimento wies er hin. Daubner zeigte, dass sich die Forschungstradition unkritisch auf die literarischen Quellen stütze, die intentionell die römische Perspektive böten und deren Sprachregelung kaum problematisiert werde. Ferner wies er darauf hin, dass spätestens nach dem 2. Punischen Krieg Rom Italien als sein legitimes Stammland angesehen habe, weshalb "reguläre" Kriege gegen Aufstandsbewegungen hier nicht mehr möglich gewesen seien. So sensibilisiert für eine quellenkritische Neubewertung der literarischen und archäologischen Funde untersuchte Daubner u. a. die infrastrukturelle Entwicklung Roms nach der vermeintlich friedlichen "Einigung". Insgesamt verdeutlichte er, dass es der römische Militärdruck und das vehemente Bestrafen von Vertragsbrüchen gewesen seien, die Roms Herrschaft über die Italiker etabliert hätten. Es gelang ihm überzeugend, den Mythos der friedlichen Einigungsbewegung Italiens zu entlarven.

SASKIA T. ROSELAAR (Leiden) verfolgte in ihrem Beitrag zunächst eine wirtschaftsgeschichtliche Fragestellung, indem sie nach Zäsuren in der ökonomischen Entwicklung Italiens fragte, um daran anschließend soziale Prozesse ablesen zu können. Intensiv wurden dabei archäologische Funde und Befunde wie etwa die Ausstattung der Casa del Fauno oder Trozella-Vasen thematisiert. Insgesamt zeige sich, dass die Quellen wenige direkte Einflüsse aus Rom aufweisen würden. Rom sei in dem Untersuchungszeitraum nicht das Vorbild für andere Städte gewesen. Meist gab es für die italischen Städte keinen Anlass, sich anders als ökonomisch mit Rom auseinanderzusetzen. Außerdem würde deutlich, dass viele Städte im 2. Jahrhundert v. Chr. prosperiert und ihre kulturelle Identität aufrechterhalten hätten. Sozialgeschichtlich leitete Roselaar aus ihren Quellen ab, dass italische Eliten jenseits ihrer Gemeinwesen von den Römern nicht als gleichberechtigt angesehen worden seien, ganz anders als im griechischen Osten. Zudem wies sie nach, dass das in den literarischen Quellen verbreitete Bild des "arroganten Italikers" von deren Reichtum und den kulturellen Unterschieden zu Rom polemisierend abgeleitet worden sei.

FILIPPO CARLÀ-UHINK (Potsdam) thematisierte verschiedene "Pull-" und "Pushfaktoren", welche zu gesellschaftlicher sowie Migrationsmobilität führen konnten. Ausführlich betonte er basierend auf einer umfänglichen Quellenanalyse den einschränkenden Charakter der Bürgerrechtsverleihungen und behandelte die Bedeutung von Eheschließungen bei der Anlange und Etablierung von Kolonie- oder Siedlungsgründungen. Zugleich sei, wie deutlich gezeigt wurde, das Bürgerrecht bei aller Einschränkung aber auch als "Pullfaktor" anzusehen. Wie anhand ausgewählter Quellenstellen nachgewiesen wurde, diente die Eheschließung auch als Möglichkeit lokaler Netzwerkbildung.

Der Beitrag von ROMAN ROTH (Kapstadt) problematisierte die inneren Veränderungen bei etruskischen Eliten während des römischen Aufstiegs. Zunächst wurden die archäologischen und literarischen Quellen, z. B. Grabmalereibefunde oder Informationen aus dem Geschichtswerk des Livius, umsichtig behandelt und darauf aufbauend auf Verschiebungen in der Darstellung gesellschaftlicher Eliten hingewiesen. Man könne den Ausbau kleinerer Städte innerhalb der Großterritorien von Städten wie Tarquinia, Vulci und Veii als Resultate neuer Repräsentationsformen der lokalen Eliten ansehen, die sich, wie auch die im Beitrag von Scopacasa behandelten samnitischen, von größeren Zentren und Zusammenhängen unabhängig zu machen versuchten. Diese territoriale Zersplitterung wurde von der römischen Politik unterstützt, so dass es, wiederum wie in Samnium, zu einem Zusammengehen lokaler und römischer Eliten gekommen sei.

JON ALBERS (Bochum) untersuchte die Tempelformen in Italien und verglich insbesondere Grundrisstypologien. Dabei ergab sich südlich von Rom ein heterogenes Bild, während gen Norden die Befunde homogener seien. Als Beispiele für die Homogenität führte er Cosa und Luna an, für die Heterogenität u. a. Isernia/Aesernia, Herdonia/Ordona und San Leucia di Canosa. Weiterführend konzentrierte sich Albers auf Peripteros-Tempel, wobei es in hellenistischer Zeit einen Rückgang an Neubauten von Ringhallentempel gab. Ausführlicher wurden die Peripteroi von Paestum, Velia und Tauromenion sowie der Apollon-Tempel von Pompeji behandelt. Auf den wichtigen architektonischen Unterschied, dass manche Tempel über ein Podium verfügen, wurde hingewiesen. Zudem wurde herausgearbeitet, dass der griechische Einfluss in Kampanien größer gewesen sein muss, da hier mehr Peripteroi dokumentiert sind. In einem nächsten Schritt konnte Albers aufzeigen, dass sich peripterale Tempel mit Podium aber auch im republikanischen Rom nachweisen lassen, wie dies z. B. der Marstempel beim Circus Flaminius oder die Tempel unter San Nicola in Carcere zeigten. Besonders bemerkenswert sei zudem die hexastyle Frontgestaltung, die Verbindungen zwischen Rom und Kampanien aufweise. Obwohl die Tempelformen südlich von Rom insgesamt eher heterogen seien, zeigten sich zwischen Rom und den griechischen Städten anhand der Peripteroi enge Kulturkontakte und im Vergleich zu anderen Regionen eine kulturelle Nähe.

SUSANNE BOSCHE (Heidelberg) wählte eine statistische Herangehensweise, um für einen kritischen Umgang mit architekturhistorischen und archäologischen Quellen zu sensibilisieren. Gut dokumentierte Tempelbauten kategorisierte sie nach gemeinsamen Bauelementen und ermittelte statistische Zuschreibungswerte, um aufzuzeigen, wie oft ein bestimmtes identisches Bauelement belegt war. Anhand dieser Daten problematisierte sie Kontaktsysteme und Kommunikationsmodelle von verschiedenen Übermittlungsmöglichkeiten für identische Bautraditionen in Italien. Deutlich wurde dabei, dass bauliche Übereinstimmungen sehr häufig nur vermeintlich quantitativen Auffälligkeiten entsprechen, sondern solche Befunde eher sehr zufällig sind, in der Forschung aber allzu oft als belastbare direkte Kontaktmöglichkeit interpretiert werden. Bosche betonte auf diese Weise das Kontingenzproblem historisch-archäologischer Überlieferung. Die genutzte Methode sei geeignet, unabhängig von der eher willkürlichen Hervorhebung gewisser Charakteristika, die anhand von Kategorien wie Kulturzuschreibungen oder Kulturkontakten gedeutet werden, überregionale Dynamiken zu erkennen.

RAFFAELLA DA VELA (Florenz) ging Fragen nach der lokalen Implikation globaler Vorbilder in der Selbstdarstellung etruskischer Eliten sowie allgemein Aspekten des inneritalischen Kulturtransfers nach. Ausführlich wurden anhand ausgewählter Beispiele wie etwa der Tanella di Pitagora die Form, Verbreitung und Entwicklung etruskischer tonnengewölbter Grabkammern präsentiert, um darauf aufbauend diese Monumente als reziproken Kommunikationsträger von Kulturtransfer zu untersuchen, der Aussagen über Eliten erlaubt. Weitere Fragen widmeten sich dem "internationalen" Kommunikationswert der Grabmonumente hinsichtlich der Repräsentation von Eliten. Mittels der Untersuchung von Formen und Vorbildern konnte Da Vela Austausch- und Traditionsbeziehungen wahrscheinlich machen, welche soziale Verbindungen spiegeln dürften.

MARION BOLDER-BOOS (Darmstadt) untersuchte die Stiftungstätigkeit römischer Feldherrn von der Mittleren Republik bis zum Bundesgenossenkrieg. Mittels einer Kombination von literarischen und archäologischen Quellen gab sie einen Überblick über die Stiftungen von Feldherrn in mittelrepublikanischer Zeit. Hinsichtlich unterschiedlicher Bauwerke wie Tempel oder auch anderer öffentlicher Stiftungen – M. Aemilius Lepidus finanziert z. B. eine Mole in Terracina –, aber auch hinsichtlich der Unterschiede zwischen Rom und anderen Städten wurde die Stiftungstätigkeit erfolgreicher Feldherrn sowie deren Intention untersucht. Der Befund zeigte dabei manche Auffälligkeit, wie etwa das Ergebnis, dass im 1. Punischen Krieg sechs, im 2. Punischen Krieg hingegen nur zwei Tempel gestiftet wurden. Allgemein wurde deutlich, dass sich die Stiftungstätigkeit jenseits von Rom im 2. Jahrhundert v. Chr. zu intensivieren schien.

In ihrem Vortrag richtete BIRTE RUHARDT (Düsseldorf) den Blick dezidiert auf eine griechische Stadt, Tarent, und fokussierte sich auf die Entwicklung einer besonderen Grabarchitektur sowie deren Ausstattung. Einzelne Kammergräber wie etwa das Ipogeo Genoviva wurden ausführlich vorgestellt. Dabei wurde als Zäsur etwa das Abklingen für Tarent ansonsten typischer dionysischer Motive in den Kleinfunden im 2. Jahrhundert v. Chr. deutlich. Um 200 v. Chr. kam es auch zu einer Veränderung in den Wandmalereiszenen. Hier wurden für das 2./1. Jahrhundert v. Chr. etwa Girlandendarstellungen typisch. Zu beobachten sei auch die Entwicklung, dass statt Efeumotiven nun goldene Eichenblattmotivik Einzug in die tarentinischen Grabkammern hielt. Ferner wurden Zäsuren in den Grabbeigaben ersichtlich. Allgemein konstatierte Ruhardt für Tarent einen klaren Bruch der Sachkultur zwischen 4./3. und 2./1. Jahrhundert v. Chr. bei gleichbleibender ökonomischer Prosperität. Womöglich hingen diese Phasen mit politischen Entwicklungen zusammen, wie mit einer Veränderung innerhalb der Eliten um 200 herum.

Siedlungsdynamik und urbane Entwicklung in Hirpinien in republikanischer Zeit untersuchte CHRISTIANE NOWAK (Tübingen) und stellte dabei einleitend, nach kurzen Ausführungen über das heterogene Verhalten der Hirpini im 2. Punischen Krieg, eine Veränderung des samnitischen Siedlungssystems bereits für das 3. Jahrhundert v. Chr. fest, ohne dass deutlich würde, ob hierfür bereits römischer Einfluss verantwortlich sei. Stärker würde diese Entwicklung dann im 2. Jahrhundert v. Chr. fassbar, was etwa an einer "Monumentalisierung" in Stadtsiedlungen ablesbar sei. Intensiv stellte Nowak Befunde aus Benevent vor und konnte, gestützt auf eine feinchronologische Einordnung von Kapitellen, eine eindrückliche Entwicklung hin zur monumentalen Ausgestaltung bis in das letzte Drittel des 1. Jahrhunderts v. Chr. aufzeigen. Dabei lasse sich im Architekturstil ikonographisch ein direkter Austausch mit der Stadt Rom nachweisen. Insgesamt könne anhand der archäologischen Quellen aber kein einheitliches Erklärungsmodell für die Entwicklung hirpinischer Koloniegründungen erarbeitet werden. Komplexere und heterogene Prozesse seien hier wie im übrigen Samnium und in Etrurien, mit dem zunehmend ausgenutzten Handlungsspielraum der führenden Familien auch der kleineren Städte und der damit einhergehenden Zersplitterung ehemals zentralisierter Territorien wahrscheinlich.

LISA GÖTZ (Augsburg / Leiden) konzentrierte sich in ihrem methodisch reflektierten Beitrag auf die landwirtschaftliche und allgemeine wirtschaftliche Entwicklung in einer Mikroregion, die als Grenzraum zwischen Südlatium und Nordkampanien anzusehen und zudem durch das Nebeneinander von latinischen und römischen Kolonien (Suessa Aurunca bzw. Minturnae u. Sinuessa) charakterisiert sei. Sie betonte die Zunahme entsprechender archäologischer Funde im 2. Jahrhundert v. Chr. und thematisierte ausführlich die Hafensituation in Sinuessa, welche durch Amphorenfunde ersichtlich werde. Verbindungen zwischen Wein- und Keramikproduktion konnten in der Region aufgezeigt werden. Dabei werde das Ineinandergreifen von Stadt und Hinterland deutlich, aber auch der Austausch zwischen den Koloniesiedlungen. Götz betonte die anzunehmende personelle Konnektivität, welche durch onomastische Hinweise für Minturnae ersichtlich werde, und ging von einer Kontinuität vorrömischer Netzwerkstrukturen aus. Römische Kolonien sowie indigene Strukturen würden zunächst parallel bestehen und sich dann aneinander anpassen.

Genese und Bedeutung italisch-römischer municipia-Siedlungen nahm CHIARA BLASETTI FANTAUZZI (Göttingen) aus archäologischer Perspektive in den Blick. Neben Alba Fucens oder Anxa fokussierte sie sich insbesondere auf die Befunde von Marruvium, das sie als Zentrum für die Siedlungsdynamik am Fuciner See, im einstigen Gebiet der Marser und Aequer, ausgemacht hat. Marruvium eigne sich als Siedlungsraum, aber auch als Untersuchungsraum sehr gut, da im Norden wie im Süden natürliche Grenzen vorhanden sind. Anhand von Ausführungen zur Wohnbebauung, Keramik oder zur Weide- und Landwirtschaft zeigte Blasetti Fantauzzi, dass für das 3.-2. Jahrhundert v. Chr. wenige Entwicklungsunterschiede zu erkennen sind. Eine klare Zäsur werde tatsächlich erst in der Munizipialisierungsphase im 1. Jahrhundert v. Chr. deutlich, wenn etwa die Bedeutung regionaler Heiligtümer und auch der übrigen Siedlungen wie der alten Kolonie Alba Fucens klar rückläufig zu sein scheint.

HENNING BÖRM (Konstanz) zeigte, dass innere Konflikte und gewaltvolle Umstürze in aller Regel in einer Kombination aus außenpolitischer Motivation und innenpolitischer Probleme erwuchsen. Dabei betonte er das agonale Verhalten griechischer Eliten, welches zu einer steten Steigerung physischer Gewalt geführt habe. Durch die römische Expansion sei dann eine neue regionale Großmacht entstanden. Als neue Bezugsgröße habe diese die Spielregeln der internen Machtkämpfe innerhalb griechischer Poleis verändert. Während eine multipolare Umgebung für das Ausbrechen von Stasis-Umbrüchen förderlich gewesen sei, da die beteiligten Parteien externe Unterstützer finden konnten, habe eine monopolare Umgebung solche Prozesse eher verhindert. Die Größe und Stärke Roms habe die Stellung der römerfreundlichen Eliten innerhalb griechischer Poleis unangreifbar gemacht. Als Zäsur interpretierte Börm die Feldzüge des Pyrrhos und des Hannibal, nach welchen die römisch-monopolare Umgebung fest etabliert gewesen sei.

Die Tagung hat mit teils archäologischen, teils historischen Vorträgen die Differenziertheit und Eigenständigkeit der Geschichte Italiens in hellenistisch-republikanischer Zeit aufgezeigt. Dabei wurde ersichtlich, wie unterschiedlich die soziale und kulturelle Entwicklung nach dem 2. Punischen Krieg bis in die ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts. v. Chr. vielerorts zu bewerten ist.

Konferenzübersicht:

Einführung

Abteilung 1: Ordnungen
Diskussionsleiter: Christian Rollinger (Trier)

Rafael Scopacasa (Belo Horizonte/Exeter), Between two worlds? Non-Roman perceptions of the changing international order in third-century BC Italy

Frank Daubner (Trier), Hirten, Sklaven, Räuber und die „Einheit Italiens“ im 2. Jh. v. Chr.

Saskia T. Roselaar (Leiden), Economy, integration and war: the Italians in the late second century BC

Filippo Carlà-Uhink (Potsdam), Horizontal Marriage Mobility in Italy before the Social War

Roman Roth (Kapstadt), Tombs, Territories and the Rise of Rome: The Transformation of South Etruria, c. 400–250 BC

Abteilung 2: Repräsentationen
Diskussionsleiter: Frank Daubner (Trier)

Jon Albers (Bochum), Rom und seine Kolonien: Zu den Konzepten und Problemen hellenistischer Tempel in Süditalien

Susanne Bosche (Heidelberg), Im Spannungsfeld von lokaler Planung und überregionalem Kontakt - Zur Genese von Tempelgrundrissen im italischen Raum des späten 4.-frühen 1. Jh. v.u.Z.

Raffaella Da Vela (Leipzig), Tonnengewölbte Kammergräber in Etrurien. Zur sozialen Bedeutung internationaler Vorbilder in der spätetruskischen Grabarchitektur

Marion Bolder-Boos (Darmstadt), Generals as builders: Public munificence in Rome and the colonies sponsored by Roman generals from the Middle Republic to the outbreak of the Social War

Birte Ruhardt (Bonn), Die Kammergräber von Tarent. Untersuchungen zur Grabarchitektur und Ausstattung vom 4. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr.

Abteilung 3: Regionen
Diskussionsleiter: Patrick Reinard (Trier)

Christiane Nowak (Tübingen), Römische Koloniengründungen in Hirpinien in republikanischer Zeit – Ressourcennutzung und Ressourcenverwertung

Lisa Götz (Leiden/Augsburg), Von materieller Kultur und regionalen Grenzen – eine inter-koloniale Fallstudie zu Minturnae, Sinuessa und Suessa Aurunca

Chiara Blasetti Fantauzzi (Göttingen), Die Entstehung von municipia. Stadtentwicklung und ländliche Besiedlung am Fuciner See in der spätrepublikanischen Zeit

Henning Börm (Konstanz), Stasis und Außenpolitik: Die Externalisierung interner Konflikte in hellenistischen Poleis Großgriechenlands

Abschlussdiskussion


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