X. Nachwuchskolloquium des Forschungsverbundes FUER Geschichtsbewusstsein

X. Nachwuchskolloquium des Forschungsverbundes FUER Geschichtsbewusstsein

Organisatoren
Christoph Kühberger, Universität Salzburg
Ort
Salzburg
Land
Austria
Vom - Bis
27.06.2019 - 28.06.2019
Url der Konferenzwebsite
Von
Kristina Karl, Universität Salzburg

Auch dieses Jahr bot das internationale Nachwuchskolloquium des Forschungsverbundes FUER (Förderung und Entwicklung reflektierten und selbstreflexiven Geschichtsbewusstseins) dem Nachwuchs der Geschichtsdidaktikforschung die Gelegenheit, seine wissenschaftlichen Arbeiten zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen. Die Tagung wird im Wechsel von den beteiligten Hochschulstandorten Aarau, Basel, Eichstätt-Ingolstadt, Hamburg, Kassel, Köln, Paderborn, Rostock und Salzburg ausgerichtet. Der diesjährigen Einladung nach Salzburg sind 22 (Nachwuchs-) Forscher/innen gefolgt. In einer konstruktiven Arbeitsatmosphäre wurden an zwei Tagen acht Dissertations- und Habilitationsprojekte vorgestellt. Den Referent/innen standen jeweils 60 Minuten für Präsentation und Diskussion ihrer Projekte zur Verfügung.

Den Beginn machte ANDREA BRAIT (Innsbruck) und präsentierte Auszüge aus ihrer qualitativen Forschung, in der sie die Einbettung von Museumsbesuchen in den Prozess des Lernens im Rahmen des Geschichtsunterrichts analysiert. Zusätzlich zu Beobachtungen und Experteninterviews werden auch Schüler/innenperformanzen mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet, die Auskunft darüber geben sollen, wie Schüler/innen den Museumsbesuch wahrnahmen. Präsentiert wurden erste Auswertungsergebnisse ihrer Habilitationsschrift, die tiefe Einblicke ins museale Geschichtslernen in Wiener Schulen, von der zweiten bis zur siebten Schulstufe, gibt.

Mit Lernaufgaben in österreichischen und deutschen Schulbüchern beschäftigt sich das präsentierte Dissertationsprojekt von CHRISTOPH BRAMANN (Bochum), das er in Hildesheim und Salzburg realisiert. Mittels qualitativer Inhaltsanalyse wird herausgearbeitet, welche konzeptionellen Möglichkeiten zur Förderung historischen Denkens die untersuchten Schulbuchaufgaben enthalten und welche Herausforderungen es im Bereich der theoretischen Einordnung in den geschichtsdidaktischen Diskurs gibt.

JOHANNES BRZOBOHATY (Wien) stellt in seiner Forschungsarbeit Testarbeitsaufgaben in den Mittelpunkt und analysiert, inwiefern diese bei schriftlichen Tests im Unterrichtsfach „Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung“ der Sekundarstufe I den Anforderungen des kompetenzorientierten Lehrplans (2008) entsprechen. Anhand eines breiten Samples von in der Praxis eingesetztem Material wird untersucht, inwiefern sich die fachspezifische Kompetenzorientierung bereits in der Art der Aufgaben zur Leistungsfeststellung erkennen lässt. Im Vortrag lag der Fokus hauptsächlich auf der für die Untersuchung relevanten Fragestellung, was eine Lernaufgabe von einer Testarbeitsaufgabe unterscheidet und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um von einer kompetenzorientierten Testarbeitsaufgabe zu sprechen.

NIKOLAUS EIGLER (Salzburg) erhebt in seinem Promotionsprojekt konzeptionelle Schüler/innenvorstellungen in der Primarstufe zu ausgewählten historischen und politischen Aspekten von Macht mit Hilfe von leitfadengestützten Einzelinterviews (n=209). Im Rahmen einer noch ausstehenden qualitativen Inhaltsanalyse sollen Einsichten zu einer Typologie bzw. einem Muster dieser Vorstellungen gewonnen und für die Erstellung konkreter Concept Cartoons nutzbar gemacht werden. Soziodemographische Daten dienen dabei dem Einbezug weiterer Variablen in den Auswertungsprozess, in dem auch Quantifizierungen vorgenommen werden sollen. Die erhobene Datenmenge bietet potentiell die Möglichkeit, weitere quantifizierende Verfahren anzuwenden.

Im fünften Beitrag beschäftigte sich BURGHARD BARTE (Kiel) mit dem Thema „Fachwissen angehender Geschichtslehrpersonen“. Die zentrale Frage seines Dissertationsprojektes ist, wie Studierende historisches Wissen in konzeptorientierten Lehr-Lern-Kontexten des Geschichtsstudiums organisieren. Als Forschungsinstrument verwendet er dazu Concept Maps. In seinem Vortrag gab er exemplarische Einblicke in die Ergebnisse der Pilotstudie und erläuterte die Konzeption der Auswertungsmethode, einer offenen, induktiv ausgerichteten qualitativen Inhaltsanalyse, die den individuellen Ausbau von konzeptionellem Wissen bei Lehramtsstudierenden in den Mittelpunkt stellt.

KRISTINA KARL (Salzburg) referierte zum Stand ihres Dissertationsprojektes, in welchem sie Darstellungen über Vergangenheit von Studierenden mit MAXQDA und qualitativer Inhaltsanalyse auswertet und versucht, in den Texten Aspekte historischen Denkens zu identifizieren. Präsentiert wurden erste Ergebnisse der Längsschnittstudie mit insgesamt drei Erhebungszeitpunkten. Durch weitere Erhebungen über den Verlauf des Studiums soll beobachtet werden, wie sich das historische Denken der Studierenden im Laufe ihrer Ausbildung entwickelt und sich dies in ihren schriftlichen Performanzen widerspiegelt.

HORST SCHILLING (Kiel) beschäftigt sich mit der Fragekompetenz von Schüler/innen und stellte sein theoretisch hergeleitetes Kompetenzraster für die geplante Analyse von Schüler/innenperformanzen vor. Sein Promotionsprojekt verfolgt das Ziel, Lehrkräften eine systematische Orientierungsmöglichkeit für die subjektorientierte Förderung des historischen Fragestellens zu bieten. Dafür erhebt er in einer qualitativen Studie Essays und leitfadengestützte Interviews von Schüler/innen (n=90) in der Sekundarstufe I in Schleswig-Holstein. Gerade befindet sich das Projekt in der Pilotierungsphase, die Haupterhebung wird im Schuljahr 2019/20 erfolgen.

Abschließend stellte VERA TAUTORAT (Köln) ihr Promotionsprojekt vor – eine explorative Studie, die darauf abzielt, durch problemzentrierte Interviews Überzeugungen und Haltungen von Geschichtslehrkräften bezüglich der Kategorie „Geschlecht“ sichtbar zu machen. In ihrem Vortrag stellte sie ihr geplantes Erhebungsdesign vor, mit dem sie herausstellen möchte, wie Geschichtslehrkräfte mit der Analysekategorie "Geschlecht" im Unterricht umgehen, welche Ziele sie dabei verfolgen und welche Überzeugungen und Haltungen dahinterstehen. Über eine dazu ausgearbeitete „Themenfeld-Landkarte“ nähert sie sich in problemzentrierten Interviews dieser Thematik an.

Insgesamt wurde an den zwei Tagen in Salzburg eine große Bandbreite an Projekten vorgestellt, die die Vielfalt der Theorien und methodischen Herangehensweisen der Geschichtsdidaktik dokumentiert. Als diejenige Disziplin, die sich mit Entwicklung und Förderung von Geschichtsbewusstsein beschäftigt, liegt der Fokus zwar auf dem schulischen Geschichtsunterricht, aber auch darüber hinausgehende Handlungsfelder werden bespielt. Die Teilnehmer/innen der Tagung erhielten somit breit gestreute Einblicke in aktuelle Fragestellungen, die sich aus der Anwendung des FUER-Modells in Empirie und Unterrichtspragmatik ergeben, und die Vortragenden profitierten von wertvollen Rückmeldungen für die Weiterarbeit. Das Zusammenkommen war geprägt von intensivem Austausch in entspannter Atmosphäre, der auch im Anschluss an das offizielle Programm fortgeführt wurde. Das nächste FUER-Nachwuchskolloquium wird 2020 in Hamburg stattfinden.

Konferenzübersicht:

Andrea Brait (Innsbruck): „Es hat sehr viel Spaß gemacht und ich habe ein bisschen was neues gelernt“. Erforschung des historischen Lernens zwischen Schule und Museum.

Christoph Bramann (Bochum/Hildesheim/Salzburg): Aufgaben und Arbeitsaufträge erforschen im Kontext einer Aufgabenkultur historischen Denkens.

Johannes Brzobohaty (Wien): Von der Lernaufgabe zur Testarbeitsaufgabe.

Nikolaus Eigler (Salzburg): Vorstellungen zu „Macht“ bei Volksschüler/innen – Einsichten aus Pilotstudie und Haupterhebung.

Burghard Barte (Kiel): Historisches Wissen revisited. Begriffsbildung und Konzeptentwicklung in fachlichen Lehr-/Lern-Kontexten des Geschichtsstudiums.

Kristina Karl (Salzburg): Angehende Geschichtslehrkräfte „schreiben Geschichte“. Der Versuch einer Kompetenzerfassung durch die Analyse ihrer Darstellungen von Vergangenheit.

Horst Schilling (Kiel): Die Fragekompetenz und ihre Graduierung – Eine qualitative Studie zur Entwicklung eines Kompetenzrasters zur historischen Fragekompetenz.

Vera Tautorat (Köln): Überzeugungen und Haltungen von Geschichtslehrkräften in Bezug auf die Kategorie Geschlecht. Eine explorative Studie.


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