Bischof Lorenz von Bibra (1495–1519) und seine Zeit – Franken und Sachsen um 1500

Bischof Lorenz von Bibra (1495–1519) und seine Zeit – Franken und Sachsen um 1500

Organisatoren
Enno Bünz, Lehrstuhl für Sächsische und Vergleichende Landesgeschichte, Universität Leipzig; Stefan Kunze, Erster Vorsitzender des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins; Wolfgang Weiß, Erster Vorsitzender des Würzburger Diözesangeschichtsvereins
Ort
Bastheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
23.05.2019 - 25.05.2019
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Von
Stefan W. Römmelt, Professur für Fränkische Kirchengeschichte, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Lorenz von Bibra, der vor 500 Jahren, am 6. Februar 1519, verstorbene Würzburger Fürstbischof, ist der Nachwelt vor allem wegen des Treffens mit Martin Luther am 18. April 1518 auf der Festung Marienberg und des von Tilman Riemenschneiders geschaffenen Grabmals im Würzburger Dom bekannt. Dass der Fürstbischof, wenn er länger gelebt hätte, lutherisch geworden wäre, behauptete später Georg Spalatin, Luthers Mentor bei Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen – eine Spekulation.

Nicht unter dem Vorzeichen der sich am Ende von Bibras Regierungszeit formierenden Reformation, sondern aus der Perspektive des Spätmittelalters setzte sich vom 23. bis 25. Mai 2019 die von dem Kirchenhistoriker WOLFGANG WEISS (Würzburg) und dem Mediävisten und Landeshistoriker ENNO BÜNZ (Leipzig) organisierte Tagung „Bischof Lorenz von Bibra (1495-1519) und seine Zeit. Franken und Sachsen um 1500“ im ehemaligen Kloster Wechterswinkel mit Bibra auseinander. Zu den Kooperationspartnern und Förderern des Symposiums gehörten die Universität Leipzig, die Julius-Maximilians-Universität Würzburg, der Würzburger Diözesangeschichtsverein, der Hennebergisch-Fränkische Geschichtsverein, der Bezirk Unterfranken und die Kulturagentur Rhön-Grabfeld.

In seinem Eingangsreferat würdigte Wolfgang Weiss Leben und Werk des Lorenz von Bibra. Der Fürstbischof habe sich weniger als Geistlicher, sondern vielmehr als Reichsfürst verstanden, der seine Hauptaufgabe in der Entwicklung des Hochstifts Würzburg gesehen habe. Bibras positive Wahrnehmung resultiere auch aus der Gunst der historischen Stunde, denn der Fürstbischof sei nicht mit der „aus unserer Sicht problematischen Intoleranz, nicht mit dem Bauernkrieg und seinen Folgen belastet, und auch nicht mit dem Makel eines Hexenverfolgers.“ Insgesamt erscheine die Bibra-Zeit als eine „hoffnungsvolle Zeit des Aufbruchs“. Die Grundlage für seine Karriere habe Bibra mit einer „Bildung von europäischem Format“ gelegt – der junge, später in den rheinischen Erzstiften Mainz und Köln bepfründete Niederadelige hatte unter anderem an der Universität Bologna kanonisches und weltliches Recht studiert. Die Seelsorge habe Bibra nicht als seine unmittelbare Aufgabe empfunden.

Bibras starke Seite führte der Historiker REINHARD SEYBOTH (Regensburg) vor, der Bibra als Vertrauten Kaiser Maximilians I. und Reichspolitiker vorstellte. Bibra sei im Vergleich mit seinen Kollegen ein Ausnahmefall: Er habe einem begrenzten Kreis geistlicher Reichsfürsten um 1500 angehört, die nicht nur den Ehrgeiz, sondern auch die notwendigen Fähigkeiten besessen hätten, über die Grenzen ihres Hochstifts hinaus nennenswerte Bedeutung zu erlangen. Die Reichspolitik habe zu den „markantesten und effektivsten Wirkungsbereichen“ Bibras gehört. Gute Beziehungen habe Bibra zu dem fast gleichaltrigen Kaiser Maximilian I. gepflegt. Beide hätten bis zu ihrem Tod in wichtigen Angelegenheiten immer wieder eng zusammengearbeitet. Zu ernsthaften Meinungsverschiedenheiten sei es nie gekommen. Die Reichstreue des Fürstbischofs habe sich auch in der zügigen Erfüllung der finanziellen und militärischen Verpflichtungen gegenüber dem Reich gezeigt. Als „einer der gefragtesten und bewährtesten Konfliktmoderatoren seiner Zeit“ habe Bibra im Reich, das er als „vitale Gemeinschaft seiner zahlreichen Glieder“ verstanden habe, erheblichen Einfluss besessen – und damit auch die Bedeutung des Hochstifts Würzburg gesteigert. Kaum eine andere Persönlichkeit habe im Reich um 1500 so oft als Vermittler fungiert wie Bischof Lorenz. Die Streitgegenstände seien äußerst vielfältig gewesen: So habe Bibra unter anderem in Konflikten zwischen dem Bischof von Bamberg und dem Markgrafen von Ansbach, Kursachsen und dem Bischof von Utrecht und dem Erzbischof von Mainz und den Wetterauer Grafen vermittelt.

Einen Blick auf die Konflikte Bibras mit den benachbarten Grafen von Henneberg warf der Mediävist JANIS WITOWSKI (Schleusingen). Der Fürstbischof habe mit Hermann von Henneberg-Römhild und Wilhelm von Henneberg-Schleusingen permanent um Einzelrechte gestritten. Im Gegensatz zum 12. und 13. Jahrhundert sei der Konfliktaustrag allerdings nicht mit Gewalt, sondern mit juristischen Mitteln erfolgt. Die Inanspruchnahme von Zoll und Geleit auf den Land- und Wasserwegen in der Maingegend habe nicht nur einen finanziellen Hintergrund gehabt, sondern habe für die Oberherrschaft am Main gestanden. Letztlich sei es bei den gerichtlich ausgetragenen Streitigkeiten auch um die „soziale Stellung innerhalb der hierarchisch organisierten Adelsgesellschaft des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit“ und die Frage der Oberhoheit des Würzburger Bischofs über die Grafen von Henneberg gegangen.

Wirtschafts- und kulturgeschichtliche Fragestellungen griffen die Vorträge der Sektion „Befruchtende Partnerschaft“ auf. Die engen sozialen und wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Franken und dem thüringisch-sächsischen Raum um 1500 nahm der Landeshistoriker USW SCHIRMER (Jena) in den Blick. Er betonte die enge Verzahnung des mitteldeutschen Wirtschaftsraums mit Franken im Untersuchungszeitraum. Die Verflechtung sei auch eine Folge der internationalen Standortverlagerung der Nürnberger Hütten nach Thüringen gewesen. Mindestens die Hälfte der Neubürger in Mitteldeutschland sei in dieser Zeit aus Franken gekommen. Eine wichtige Rolle für den durch die sächsischen Kurfürsten kontrollierten Warenverkehr hätten die Fuhrleute gespielt, die Kupfer, Salz, Holz, in Zentnern gehandelte „Zentnerware“ wie Wolle und Hochseefische transportierten. Zu den wichtigsten Spediteuren hätten die Fuhrleute aus dem Spessartdorf Frammersbach gehört.

Den Humanismus im Umfeld Bibras stellte der Mediävist FRANZ FUCHS (Würzburg) vor. Zu den prominentesten Vertretern hätten unter anderem der Neumünsterer Stiftsdekan Dr. Engelhard Funck, genannt Scintilla, und der von Bibra 1506 nach Würzburg berufene Benediktiner Johannes Trithemius. Der Fürstbischof selbst hatte nach einem kurzen Studienaufenthalt an der Universität Erfurt an die Universität Bologna gewechselt. Wie Bibra hatte auch der Bamberger Domherr Leonhard von Egloffstein in Italien studiert. Der „Hauptvertreter des Bamberger Humanismus“ habe auch eine Elegie auf die Wahl Bibras zum Fürstbischof verfasst und in einem anderen panegyrischen Gedicht die Freundschaft der benachbarten Bistümer Bamberg und Würzburg gewürdigt. Um Bibra habe sich ein Netzwerk humanistischer Gelehrter entwickelt, zu dem neben dem von Klaus Arnold intensiv erforschten „Leuchtturm“ Johannes Trithemius unter anderem die für die deutsche Antikenrezeption wichtigen Übersetzer und Bischöflichen Sekretäre Johannes Sieder und Johannes Pfeiffelmann gehört hätten.

Laut dem Kunsthistoriker STEFAN BÜRGER (Würzburg), der über die Baukunst unter Lorenz von Bibra referierte, gehört die Bibra-Treppe im Fürstenbau der Festung Marienberg zu den künstlerischen Höhepunkten der Bibra-Zeit – eine der „kunstvollsten Treppen in Süddeutschland“ (Bürger). Einen eindeutigen sächsisch-fränkischen Bezug konstatierte Bürger am Netzgewölbe der Pfarrkirche in Münnerstadt, das in Sachsen erstmals in der Deutschordenskirche in Podelwitz zum Einsatz gelangt sei. Das Gewölbe habe höchsten Ansprüchen genügt und sei in Konkurrenz zur Kirche im benachbarten (Bad) Königshofen entstanden. Insgesamt seien aber wenig sichere sächsisch-fränkische Bezüge festzustellen. Einen besonderen Akzent setzte Bürger mit der eingehenden Vorstellung neuester Forschungsergebnisse zur Würzburger Bauhütte, die nach 1500 „buchführende Bauhütte“ gewesen sei. In dieser Zeit hätten sich auch vermehrt baukünstlerische Einflüsse aus anderen Regionen bemerkbar gemacht.

Der Kunsthistoriker DAMIAN DOMBROWSKI (Würzburg) stellte das Bibra- und Scherenberg-Epitaph im Würzburger Dom und das Kenotaph für Lorenz‘ Vater Hans von Bibra in St. Leo in Bibra vor. Das im Chorraum prominent platzierte Kenotaph hatte Hans‘ Sohn Lorenz bei Riemenschneider in Auftrag gegeben. Der Gedenkstein für den bereits 1473 Verstorbenen habe wohl dazu gedient, den Vater des Fürstbischofs als Beginn einer neuen genealogischen Reihe in der Nähe des Stammsitzes der Familie zu präsentieren. Zwischen den miteinander kontrastierenden und sich ergänzenden Epitaphien für Rudolf von Scherenberg und Lorenz von Bibra bestehe ein Gesamtzusammenhang: Der Fürstbischof des vertikal orientierten Scherenberg-Grabmals vermittle durch seinen aufwärts gerichteten Blick den Eindruck, er sei „entrückt“. Bibra hingegen entfalte sich im Raum. An den Vorbildcharakter der italienischen Kunst erinnerten die Putten, die „Whalhischen Kindlein“, die am Bibra-Grabmal mit traditionellen spätgotischen Formen konkurrierten. Das Bibra-Monument im Würzburger Dom zeichne sich deswegen durch eine „strukturelle Hybridität“ aus, die möglicherweise durch eine nachträgliche Planänderung verursacht worden sei.

Die nachmittägliche Exkursion führte nach Irmelshausen und nach Bibra. Das Wasserschloss der Bibra in Irmelshausen stellte Baron HANS VON BIBRA vor. Dann erschloss der Kirchenhistoriker DANIEL GREB (Würzburg) die von den Bibra erbaute Kirche St. Jakobus dieses Ortes. In Bibra standen die Kirche St. Leo (Führung Enno Bünz), ebenfalls ein Projekt der Familie Bibra, und die Stammburg der Bibra (Führung TITUS BÖTTGER) auf dem Programm.

Bei dem anschließenden Abendvortrag in Meiningen verdeutlichte Enno Bünz, dass sowohl die Kurfürsten von Sachsen als auch die Würzburger Fürstbischöfe eine aufwändige Hofhaltung betrieben hätten, um ihren Rang zu demonstrieren. Das Hochstift Würzburg und das Kurfürstentum Sachsen hätten sich in geographischer Lage, Ausdehnung und Bedeutung deutlich unterschieden: Franken habe zu den im 8. und 9. Jahrhundert Altsiedellandschaften östlich des Rheins und nördlich der Donau gezählt. Der größte Teil Mitteldeutschlands östlich von Saale und Elbe hingegen sei im 12. und 13. Jahrhundert geformtes Kolonisationsgebiet. Beide Territorien hätten streckenweise aneinandergegrenzt, und die „Sächsischen Ortlande in Franken“, das Coburger Land, und das nordöstlich von Haßfurt gelegene Amt Königsberg (in Franken), gehörten zum Bistum Würzburg. Der sächsische Einfluss im Hochstift Würzburg habe im Episkopat des 1440 zum Würzburger Fürstbischof gewählten, bereits 1442 wieder abgesetzten Sigismund von Sachsen kulminiert. 1495 hingegen habe sich Lorenz von Bibra bei der Wahl durchgesetzt, obwohl der kaiserliche Wahlkommissar angewiesen worden sei, die Wahl eines sächsischen Herzogs zu fördern. Während Kursachsen zum Hegemon des mitteldeutschen Raums aufgestiegen sei, habe das Hochstift Würzburg die im Herzogstitel formulierte Hegemonie in Franken gegen die Markgrafen von Brandenburg und die Reichsstädte nicht durchsetzen können.

Mit den „Verflechtungen der Augustiner-Eremiten in Franken und Thüringen um 1500“ innerhalb der reformkritischen sächsischen Ordensprovinz „Saxonia“, die nicht mit der sächsisch-thüringischen Reformkongregation identisch war, setzte sich der Landeshistoriker ALEXANDER SEMBDNER (Leipzig) auseinander. Die Einflussnahme des weltlichen Landesherrn, in diesem Fall durch sächsische Amtsleute, zeigte Sembdner am Beispiel des Klosters der Augustiner-Eremiten in Königsberg in Franken: Der Konvent sei 1490 nach einer im Auftrag des weltlichen Landesherrn erfolgten Visitation endgültig in die sächsisch-thüringische Reformkongregation eingegliedert worden. Der Reformdiskurs sei Teil eines umfassenden Diskurses gewesen, der auf die „Gefährdung des göttlichen Heils“ durch Verstöße gegen Gehorsam, Disziplin und Keuschheit reagiert habe. Der Würzburger Fürstbischof Rudolf von Scherenberg hingegen habe die Reformgegner in der sächsischen Ordensprovinz 1472 in der Auseinandersetzung mit der sächsisch-thüringischen Reformkongregation unterstützt. Um 1500 seien politische und religiöse Interessen untrennbar miteinander verbunden gewesen.

Die Frauenklöster Rohr, Zella und Wechterswinkel im Norden des alten Bistums Würzburg nahm der Historiker JOHANNES MÖTSCH (Meiningen) in den Blick. Der Einfluss der Würzburger Bischöfe auf die drei Konvente sei unterschiedlich stark gewesen: Das um 1140 wohl durch den Würzburger Bischof Embricho gegründete Kloster Wechterswinkel habe als Versorgungseinrichtung für adelige Frauen aus der Region gedient. 1495 habe Lorenz von Bibra eine Verordnung zur Verbesserung der Klosterzucht erlassen. Nach einer schweren Krise im Bauernkrieg wurde Wechterswinkel 1592 in eine Propstei umgewandelt. Das um 1130 gegründete Kloster Zella, das von dem Edelfreien Erph von Neidhartshausen mit Unterstützung Bischofs Embrichos gegründet wurde, sei dem Abt von Fulda unterstellt und von adeligen Fuldaer Stiftskapitularen als Pröpsten betreut worden. Nach der Plünderung im Bauernkrieg und der Einführung der Reformation in Henneberg wurde das Kloster um 1560 in eine fuldische Außenpropstei umgewandelt. Das um 1200 vom Kloster Fulda gegründete Kloster Rohr, dessen Nonnen niederadeligen Familien der Region entstammten, sei von adeligen Fuldaer Pröpsten betreut worden. Nach der Einführung der Reformation habe Graf Georg Ernst von Henneberg das Kloster Rohr aufgehoben und es in eine Domäne umgewandelt.

Seine Forschungen zur Geschichte des Archidiakonats Mellrichstadt präsentierte der Kirchenhistoriker WINFRIED ROMBERG (Würzburg). Laut der Diözesanmatrikel von 1460 habe das Bistum Würzburg zu diesem Zeitpunkt über 844 Pfarrstellen, 10 Archidiakonate und 18 Landkapitel verfügt. Zum Archidiakonat Mellrichstadt mit mehr als 160 Pfarreien hätten als „Unterbezirke“ die Landkapitel Geisa mit 42 Pfarreien, Mellrichstadt mit 57 Pfarreien und Coburg mit 46 Pfarreien gehört. Bereits 1528 sei das Landkapitel Coburg nach der Einführung der Reformation völlig neu gegliedert und in Superintendenturen umgewandelt worden. Die Unabhängigkeitsbestrebungen Fuldas hätten in den 1580/90er Jahren zu einer Zäsur und dem faktischen Verlust des Landkapitels Geisa geführt. Um 1600 seien nur die 26 Pfarreien des „Rumpfkapitels“ Mellrichstadt übriggeblieben. Kritisch äußerte sich Romberg zur Vergabepraxis der Seelsorgestellen: Beispielsweise habe der Würzburger Domkapitular Kilian von Bibra, der nominelle adelige Oberpfarrer von Mellrichstadt, über ein Einkommen von 130 Gulden verfügt. Der Vikar der Meininger Pfarrkirche als Seelsorger vor Ort habe hingegen nur 20 Gulden im Jahr bezogen. Das System der Delegation habe zu einer „Bindungslosigkeit, letztendlich Verantwortungslosigkeit“ geführt.

Mit den ökonomischen Konflikten zwischen Bischöfen und Landesherren um „neue" Wallfahrten um 1500 zwischen Werra und Ostsee beschäftigte sich der Kirchenhistoriker HARTMUT KÜHNE (Berlin). Besonderes Augenmerk legte Kühne auf die Verteilung der Wallfahrtseinnahmen, die häufig Anlass zu Streit zwischen den zuständigen Ortsbischöfen und den jeweiligen Territorialherren der Wallfahrtsorte gegeben habe. Beispielsweise habe der Graf von Henneberg-Schleusingen bei dem Wittenberger Theologen Henning Goede ein Gutachten über die juristisch korrekte Verteilung der Einnahmen aus der Wallfahrt nach dem zum Bistum Würzburg gehörenden Grimmenthal in Auftrag gegeben. Die juristische Grundlage für die Forderung der Bischöfe nach dem dritten Teil der Einnahmen aus Wallfahrtsorten habe eine Bestimmung der Synode von Orléans aus dem Jahr 511 geliefert, die Eingang in das im 12. Jahrhundert kompilierte „Decretum Gratiani“ gefunden habe.

Als Ergebnis der Tagung lässt sich festhalten, dass Lorenz von Bibras Zugriffsmöglichkeiten auf die geistlichen Institutionen in seinem großen Bistum – beispielsweise die Bettelorden – begrenzt waren. Sein Rollenverständnis war eher weltlich geprägt: Der mit Kaiser Maximilian I. eng verbundene Bibra nutzte die Gelegenheiten, sich als Diplomat und Vermittler auf Reichsebene einen Namen zu machen. Er wurde so zu einem der wichtigsten Fürsten der Zeit um 1500. Einer abschließenden Bewertung entzieht sich die Persönlichkeit Lorenz von Bibras. Seine Stellung zwischen Spätgotik und Renaissance symbolisiert das von Riemenschneider geschaffene Epitaph im Würzburger Dom. Einen Hinweis auf Demut, Frömmigkeit und Stolz des Fürstbischofs gibt möglicherweise die Inschrift auf Bibras palliumartigem Schulterschmuck über der Casel. Sie zitiert den 12. Vers von Psalm 94: „BEATVS HOMO QVEM (TV) ERVDIERIS DOMINE“ – „Selig der Mann, den Du, Herr, erziehen wirst.“

Konferenzübersicht:

Lorenz von Bibra – Prälat und Politiker

Wolfgang Weiss (Würzburg): „Princeps probus, praesul pius“ – Leben und Wirkung des Lorenz von Bibra

Reinhard Seyboth (Regensburg): Lorenz von Bibra als Reichspolitiker

Janis Witowski (Schleusingen): Bischof Lorenz von Bibra, das Hochstift Würzburg und die Grafen von Henneberg

Befruchtende Nachbarschaft

Uwe Schirmer (Jena): Franken und der thüringisch-sächsische Raum um 1500. Soziale und wirtschaftliche Vernetzungen

Franz Fuchs (Würzburg): Humanismus im Umkreis des Lorenz von Bibra

Stefan Bürger (Würzburg): Die Baukunst unter Lorenz von Bibra. Beziehungen zwischen Unterfranken und Sachsen im Bauwesen um und nach 1500

Damian Dombrowski (Würzburg): Die Grabdenkmäler für Johann von Bibra in St. Leo zu Bibra und für Lorenz von Bibra im Dom zu Würzburg: Ein Auftraggeber, ein Bildhauer, zwei Welten

Exkursion: Auf den Spuren der Familie von Bibra

Hans von Bibra: Schloss Irmelshausen

Daniel Greb: Kirche St: Jakobus Irmelshausen

Enno Bünz: Kirche St. Leo Bibra

Titus Böttger: Burg Bibra

Abendvortrag in Meiningen

Enno Bünz (Leipzig): Raum und Herrschaft: Kursachsen und Hochstift Würzburg im Vergleich

Kirchliches und religiöses Leben

Alexander Sembdner (Leipzig): Reform und Widerstand: Verflechtungen der Augustiner-Eremiten in Franken und Thüringen um 1500

Johannes Mötsch (Meiningen): Frauenklöster im Norden des alten Bistums Würzburg – Rohr, Zella, Wechterswinkel

Winfried Romberg (Würzburg): Mittelalterliche Seelsorge in der Region: Das Archidiakonat Mellrichstadt mit seinen drei Landkapiteln Coburg, Geisa und Mellrichstadt – ein Forschungsaufriss

Hartmut Kühne (Berlin): Bischöfe und Landesherren im Konflikt um „neue“ Wallfahrten um 1500 zwischen Werra und Ostsee


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