Erinnerung an die Leiden, Gefallenen und Vermissten des Ersten Weltkriegs. 31. Tagung zur Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben

Erinnerung an die Leiden, Gefallenen und Vermissten des Ersten Weltkriegs. 31. Tagung zur Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben

Organisatoren
Schwabenakademie Irsee; Heimatpflege des Bezirks Schwaben
Ort
Irsee
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.11.2019 - 15.11.2019
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Von
Corinna Malek, Heimatpflege, Bezirk Schwaben

Im Nachgang zum 100jährigen Jubiläum des Endes des Ersten Weltkriegs nahm die diesjährige Tagung zur Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben die Erinnerung an die Leiden an der Front und in der Heimat in den Blick. Angelehnt an die Leitfrage, welche Form die Erinnerung an das Leid annehmen konnte (Kriegerdenkmale, Gedenktafeln, Opferbücher), untersuchte die Tagung vergleichend das Gedenken in den schwäbischen jüdischen Gemeinden an ihre Gefallenen und Vermissten.

Nach der Begrüßung durch Markwart Herzog (Irsee) gab PETER FASSL (Augsburg) eine kurze thematische Einführung in die Geschichte und Funktion von Kriegerdenkmalen sowie ihrer Gestaltung und intendierten Deutung. Er erläuterte kurz den aktuellen Forschungsstand zu Kriegerdenkmalen, deren Erforschung von Reinhart Koselleck 19791 begründet worden war. Interessant und erkenntnisleitend seien die nach Ort und Region verschiedenen Formen und Deutungsmöglichkeiten von Kriegerdenkmalen, so Fassl. Die Juden erhofften sich durch den Beweis ihrer Tapferkeit an der Front mehr Anerkennung und Respekt. Diese Hoffnung spiegelte sich in der Gestaltung spezieller jüdischer Gedenkzeichen in den Gemeinden wider. Ein Problem für vergleichende regionale Forschungen ergibt sich aus dem Fehlen flächendeckender Untersuchungen in Schwaben und Bayern. Lediglich einzelne Landkreise bilden hier eine Ausnahme, so zuletzt in der Dokumentation von Berthold Schmitt für Aichach-Friedberg2. Die Tagung versuche, auf dieses besondere Desiderat einzuwirken und neue Erkenntnisse zu erzielen.

CORINNA MALEK und PHILIPP LINTNER (beide Augsburg) erläuterten das profane, christliche und jüdische Gedenken in Augsburg. Sie eruierten verschiedene Erinnerungskulturen, einerseits in der Kernstadt, andererseits in den nach und nach eingemeindeten Stadtteilen Oberhausen, Pfersee, Lechhausen, Kriegshaber sowie in den bis 1972 eigenständigen Gemeinden Haunstetten und Göggingen. Es zeigte sich, dass der Disput um die Finanzierung und den Standort eines gesamtstädtischen Kriegerdenkmals dieses schließlich in Augsburg verhinderte, während in den einzelnen Stadtteilen durch entsprechende Initiativen Denkmale realisiert werden konnten. Daneben ermittelten Lintner und Malek spezifische Ausprägungen des Gedenkens in Gesellschaft, Wirtschaft und Militär. So gedachten Augsburger Gymnasien und große Firmen wie die MAN oder die Augsburger Kammgarnspinnerei ihrer gefallenen Angehörigen mit eigens gestalteten Nachrufen und Gedenktafeln. Hinzu kam das Gedenken der in Augsburg stationierten Truppen an ihre gefallenen Kameraden, hierfür erweiterten die Regimenter bereits bestehende Ehrenmale für die Teilnehmer und Gefallenen des Kriegs von 1870/71. Für die jüdische Gemeinde Augsburgs zeigte Lintner anhand mehrerer Beispiele, dass sie einerseits ihrer Toten mit eigenen Kriegerdenkmalen im Bereich der Synagoge und des jüdischen Friedhofs gedachte, während sich einzelne Gemeindemitglieder auch am geplanten städtischen Kriegerdenkmal finanziell beteiligten; gleichzeitig gab es ein familiäres Gedenken.

Im Kontrast zur Großstadt Augsburg stellte CLAUDIA RIED (Augsburg) schlaglichtartig das Gedenken in den drei jüdischen Landgemeinden Fischach, Krumbach-Hürben und Fellheim dar. Sie zeigte, dass die örtlichen Krieger-, Soldaten- und Veteranenvereine, denen sowohl jüdische als auch christliche Mitglieder angehörten, eine zentrale Rolle als Träger der örtlichen Erinnerungskultur besaßen. Von Seiten der Vereine wurde bereits Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts das Gedenken an die Teilnehmer und Gefallenen des Kriegs von 1870/71 angestoßen, wofür in Fellheim eine Friedenslinde gepflanzt und in Krumbach-Hürben ein Gefallenendenkmal errichtet wurde. Das Gedenken an den Ersten Weltkrieg schloss in allen drei Orten sowohl die christlichen als auch die jüdischen Kriegsteilnehmer mit ein. Gefallene beider christlicher Konfessionen finden sich namentlich sowohl auf dem Fischacher als auch auf dem Krumbach-Hürbener Denkmal verewigt. Ebenso gehörten den Denkmalkommissionen, die die Ausführung und Errichtung der Kriegerdenkmale in den Orten übernahmen, jeweils Mitglieder beider Konfessionsgruppen an. Hingegen fehlen jüdische Namen auf dem Fellheimer Denkmal, weil die sechs jüdischen Kriegsteilnehmer den Krieg überlebt hatten. Generell konnte Ried allen drei Orten eine religionsübergreifende Erinnerungskultur bescheinigen, zumindest bis 1933. Beide Konfessionen beteiligten sich gemeinschaftlich an Kriegerdenkmalprojekten, sowohl bei der Planung und Errichtung als auch bei der Finanzierung.

Um die schwäbischen Beispiele besser in den Gesamtkontext der Kriegerdenkmalsforschung einordnen zu können, suchten die Veranstalter den Vergleich mit anderen Regionen. Eine gute Möglichkeit hierfür bot Franken, wo es vor 1945 in einigen Regionen ebenfalls ein blühendes jüdisches Gemeindeleben gab. Als städtischen Vergleich zu Augsburg schilderte BARBARA OHM (Fürth) die Formen des Totengedenkens und die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in Fürth. Fürth hatte Anfang des 20. Jahrhunderts die größte jüdische Gemeinde in Franken. Ohm zeigte verschiedene Fürther Beispiele für jüdisches und nichtjüdisches Gedenken. Vertieft ging sie auf die Entstehungsgeschichte des jüdischen Gefallenendenkmals auf dem jüdischen Friedhof in Fürth und dessen wechselvolle Geschichte in der Zwischenkriegszeit, unter dem NS-Regime und seit 1945 ein. Ergänzend schilderte Ohm den Einsatz jüdischer BürgerInnen in der Kriegsfürsorge während der Kriegszeit und in der Nachkriegszeit. Exemplarisch stellte sie die Biographie Alfred Nathans, eines jüdischen Verlegers aus Fürth, vor.

Ein weiteres Vergleichsbeispiel lieferte MARTINA EDELMANN (Veitshöchheim) für eine fränkische Landjudengemeinde. Das jüdische Leben in Veitshöchheim erlosch Ende der 1920er-Jahre, davor konnte man dort auf eine reiche jüdische Geschichte und Tradition zurückblicken. Heute befindet sich in der restaurierten ehemaligen Synagoge das jüdische Museum der Gemeinde, das an das frühere jüdische Leben erinnert. Ein besonderes Exponat des Museums sind zwei rekonstruierte Gedenktafeln, die die Gemeinde für ihre Gefallenen und Kriegsteilnehmer nach Kriegsende anfertigen ließ. Die Tafeln hingen an der Ostseite der Synagoge links und rechts neben dem Thoraschrein und sind auf zwei zeitgenössischen Fotografien dokumentiert. Die zerstörten Tafeln konnten teilweise restauriert werden und dienen heute als museales Leitobjekt für den Zeitraum zwischen 1918 und 1945. Anhand der auf den Tafeln festgehaltenen Namen konnte das Schicksal der dort verzeichneten jüdischen Einwohner Veitshöchheims rekonstruiert werden.

Zum Abschluss der vergleichenden Sektion präsentierte GERHARD HETZER (Neusäß) Spuren der Erinnerungskultur der jüdischen Gemeinden in den ehemaligen deutschen Ostgebieten jenseits von Oder und Neiße in Pommern, Schlesien und Ostpreußen. Mit einer Bilderserie stellte er die einzelnen Regionen vor und machte deutlich, dass die Gedenkorte nach der Auflösung der Gemeinden während der NS-Zeit sowie der Neueingliederung der Gebiete in den polnischen Staatsverband nach und nach verfielen. Heute kümmern sich weder der polnische Staat noch private Initiativen um die Erhaltung und Pflege der noch vorhandenen Reste jüdischer Friedhöfe. Auf diesen fand das Gedenken oftmals seinen Raum, einerseits durch das Errichten separater Kriegerdenkmale, andererseits durch das persönliche Gedenken an gefallene Angehörige mit entsprechenden Grabsteininschriften.

Der zweite Tag thematisierte die Erinnerungskultur der kleineren jüdischen Gemeinden in Schwaben. CHRISTOPH ENGELHARD (Memmingen) erläuterte die Bemühungen der Stadt Memmingen um ein städtisches Kriegerdenkmal sowie weitere Initiativen mit unterschiedlicher Trägerschaft. Ein gesamtstädtisches Denkmal beschäftigte die Memminger während der ersten Hälfte der 1920er-Jahre, auch beteiligten sich jüdische BürgerInnen intensiv an dem Vorhaben. Letztlich scheiterte das Projekt jedoch an der Uneinigkeit über den Aufstellungsort und seine finale Gestaltung. Realisiert wurde hingen eine 1919 herausgegebene Druckschrift für alle gefallenen Memminger christlicher und jüdischer Konfession. Ebenso errichteten die Angehörigen der in Memmingen stationierten Truppen ein Gefallenendenkmal auf dem neuen Friedhof sowie ein Nageldenkmal im Rathaus, das aber unvollendet blieb. Die jüdische Gemeinde in Memmingen wurde selbst aktiv, sie errichtete auf dem jüdischen Friedhof für die gefallenen Gemeindemitglieder eine steinerne Gedenkbank, die mit einem Brunnen kombiniert war.

Mit einer Lokalstudie für Ichenhausen, der größten jüdischen Landgemeinde in Schwaben (1907 ca. 600 jüdische von 2.500 Einwohnern) zeigte CLAUDIA MADEL-BÖHRINGER (Ichenhausen), welche vielfältigen Formen das Gedenken an jüdische Gefallene in einem einzigen Ort annehmen konnte. Einerseits gedachten die betroffenen Familien ihrer Toten individuell mit der Erinnerung an die Kriegsteilnahme auf den Grabmalen. Andererseits spiegelte sich ein konfessionell übergreifendes, kollektives Gedenken im Ort wider, so durch Meldungen in der örtlichen Presse über die Ichenhauser Kriegsteilnehmer und sie betreffende Informationen wie Auszeichnungen oder Gefallenenmeldungen. Ebenso zeigte sich das kollektive Gedenken in der Stiftung von Gedenktafeln in der katholischen Pfarrkirche wie auch in der örtlichen Synagoge, wo die Tafeln für die insgesamt 13 Kriegstoten links und rechts des Thoraschreins angebracht wurden. Losgelöst von den Konfessionen waren die Bestrebungen der Gemeinde zur Errichtung eines Kriegerdenkmals in Form eines Brunnens auf dem Marktplatz, dem zentralen Platz des Orts. An dessen Finanzierung und Realisierung beteiligten sich Juden und Christen gemeinschaftlich.

Eine ortsübergreifende Studie für den Landkreis Neu-Ulm steuerte RALPH MANHALTER (Buch-Obenhausen) bei. Er verglich die örtliche Ausprägung des Gefallenengedenkens in den drei jüdischen Gemeinden in Altenstadt und Neu-Ulm. Nach einer summarischen Erhebung der jüdischen Gefallenen der einzelnen Orte ging der Referent näher auf deren Biographien ein. Im Anschluss präsentierte er die realisierten Kriegerdenkmale in Neu-Ulm und Altenstadt und skizzierte deren Errichtungsgeschichte sowie die Beteiligung der jüdischen Gemeinde.

Für die im Landkreis Dillingen gelegenen Gemeinden Binswangen und Buttenwiesen präsentierten ANTON KAPFER (Binswangen) und JOHANNES MORDSTEIN (Buttenwiesen/Wertingen) neue Forschungserkenntnisse. Beide hatten bereits bei der Tagung der historischen Vereine im Januar 2019 die jeweiligen Kriegerdenkmale und deren Entstehungsgeschichte vorgestellt. Vertiefend gingen sie nun auf die jüdischen Spuren der Denkmale ein. In Binswangen, so Kapfer, wurden sowohl christliche als auch jüdische Gefallene auf dem Denkmal auf dem Friedhof verewigt. E$s handelt sich um ein Ehrengrab mit zwei Holztafeln, in die die Namen der Gefallenen auf Messingtafeln eingelassen sind. Während der NS-Zeit kam es allerdings zu einer Revision des Denkmals, indem der Bürgermeister die Abnahme der jüdischen Namenstafeln verfügte. Diese wurden erst nach 1945 erneut angebracht. Weitere Gefallenendenkmale für jüdische Binswanger sind die Gedenktafeln der örtlichen israelitischen Kultusgemeinde, die die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg auf einem Dachboden überdauerten und heute in der restaurierten Synagoge erneut ihren Platz gefunden haben. Teil der Erinnerungskultur ist auch eine Trauerfahne des örtlichen Soldaten- und Veteranenvereins, auf der die Namen der gefallenen Vereinsmitglieder eingestickt wurden. Die Trauerfahne ist bis heute Bestandteil der Vereinsfahne, auch wurden auf dieser, im Gegensatz zum Kriegerdenkmal auf dem Friedhof, die Namen der jüdischen Gefallenen nicht getilgt.

In Buttenwiesen, so Mordstein, sei die archivalische Überlieferungslage nicht sehr gut, so dass sich die Erforschung der drei im Ort vorhandenen Erinnerungszeichen schwierig gestaltete. Neben dem profanen örtlichen Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz gab es zwei religiöse Gedenkorte: eine Gedenktafel in der Außenmauer der katholischen Pfarrkirche und eine Gedenktafel in der Synagoge. Auf beiden Tafeln sind jeweils nur die Namen der jeweiligen Konfessionsangehörigen aufgeführt, während das örtliche Kriegerdenkmal sämtliche Gefallenennamen enthält. Anders als in Binswangen wurden die jüdischen Namen während der NS-Zeit nicht vom Denkmal getilgt. Die Gedenktafel der Synagoge stiftete ein ehemaliges Gemeindemitglied, Ignaz Lamm. Er ließ sie für die drei gefallenen Gemeindemitglieder in Bronze anfertigen. Heute befindet sich die Tafel nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz, sondern im Foyer des Rathauses.

PETRA OSTENRIEDER (Oettingen) analysierte die Situation in Oettingen. Aus diesem Ort waren 479 Männer in den Krieg gezogen, von denen 101 nicht mehr zurückkehrten, darunter vier Juden. Der Großteil der Oettinger Kriegstoten ist nicht in Oettingen selbst begraben, nur einige wenige wurden auf den heimischen Friedhof umgebettet, darunter auch ein jüdischer Gefallener, der seine letzte Ruhe auf dem jüdischen Friedhof fand. Von der israelitischen Kultusgemeinde gingen erste Impulse für eine gesamtörtliche Initiative für das Totengedenken aus. Der örtliche Lehrer Gutmann, der einen Sohn im Krieg verloren hatte, engagierte sich für die Stiftung einer Gedenktafel in der Synagoge für die vier toten Gemeindemitglieder. Die Tafel ist heute nicht mehr erhalten. Ein Bestreben für die Errichtung eines Kriegerdenkmals für den gesamten Ort im öffentlichen Raum kam erst in den 1920er-Jahren auf. An der Realisierung beteiligte sich Gutmann erneut intensiv. Um die Finanzierung des Projekts zu gewährleisten, wandte sich die jüdische Gemeinde auch an finanziell potente ehemalige Gemeindemitglieder, die teilweise Spenden für das Oettinger Kriegerdenkmal beisteuerten, obwohl sie schon lange nicht mehr vor Ort ansässig waren, was Ostenrieder als Zeichen tiefer Heimatverbundenheit wertete.

Mit Harburg und Nördlingen präsentierte RICHARD HLAWON (Harburg) in Vertretung für WILFRIED SPONSEL (Nördlingen) zwei weitere Beispiele aus dem Ries. Er ermittelte vier jüdische Kriegsteilnehmer aus Harburg selbst sowie fünf weitere jüdische Kriegsteilnehmer, die in Harburg zwar geboren worden waren, zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs aber nicht mehr dort lebten. Von diesen neun Personen überlebten acht den Krieg, nur einer der geborenen Harburger fiel. Eine besonders prägende Persönlichkeit war Siegried Stein, der bis 1917 als Redakteur bei der Harburger Zeitung arbeitete und über den Werdegang der Harbuger Kriegsteilnehmer berichtete. In den 1920er Jahren engagierte sich Stein für die Schaffung des Harburger Kriegerdenkmals und warb dafür auch unter ehemaligen Harburger Juden Spenden ein. Das 1925 auf dem Burgberg enthüllte Kriegerdenkmal bestand aus einer in den Fels eingelassenen Steinplatte, auf der die Namen der 41 Gefallenen eingemeißelt waren. Das Denkmal wurde nach 1945 umgestaltet und besteht nicht mehr in seiner ursprünglichen Form. Ein dezidiert jüdisches Gedenken in Form der Stiftung eines eigenen Denkmals ließ sich für Harburg nicht feststellen.

Zu einem konträren Befund kam Sponsel für Nördlingen. Dort gab es neben dem profanen und christlichen Gedenken auch ein eigenes jüdisches Gedenken innerhalb der israelitischen Kultusgemeinde. Diese stiftete zu Ehren ihrer sieben Gefallenen eine Erinnerungstafel, die in die Mauer des jüdischen Friedhofs eingelassen wurde. Einer der sieben Gefallenen wurde nach Nördlingen umgebettet und fand seine letzte Ruhe auf dem dortigen jüdischen Friedhof. Überkonfessionell gedachte die Stadt ihrer Gefallenen mit einem biographischen Gedenkbuch, das drei Bände umfasst. Zudem ließ die Gemeinde ein Kriegerdenkmal auf dem Bahnhofsplatz errichten. Die katholische Gemeinde gedachte ihrer Toten mit einer Gedenktafel und einem Gräberfeld auf dem örtlichen Friedhof, auf das Gefallene umgebettet wurden.

In der Abschlussdiskussion zogen die Veranstalter ein positives Fazit. Die Tagung habe viele neue Erkenntnisse zu Tage gefördert, die die Erforschung der jüdischen Gemeinden bereicherten und einen neuen Aspekt im Zusammenleben in den bikonfessionellen Landgemeinden zeigten. Dennoch sollten die Forschungen vor Ort nicht als abgeschlossen betrachtet werden, da oftmals einzelne Quellenbestände, wie die Überlieferung der örtlichen Vereine, noch nicht gesichtet und ausgewertet worden seien. Es deuten sich gewisse Muster an. In Landgemeinden und kleineren Städten gibt es ein gemeinsames, überkonfessionelles Gedenken an die gefallenen Bürger und ein konfessionelles Gedenken. In größeren Städten zeigt sich dagegen ein geteiltes Gedenken. Die Ikonographie der jüdischen Kriegerdenkmale zeigt Elemente der jüdischen Tradition und militärische Zeichen. Es sind eher schlichte Namenstafeln. Auch sei einzelnen Aspekten, wie der Tilgung von Namen von Denkmalen, noch mehr Beachtung zu schenken. Eine flächendeckende Erforschung in den Landkreisen fehle und mit der Tagung sei ein erster Impuls für weitergehende Forschungen ergangen.

Konferenzübersicht:

Markwart Herzog (Irsee): Begrüßung

Peter Fassl (Augsburg): Einführung und zum Stand der Forschung

Corinna Malek / Philipp Lintner (Augsburg): Erinnerungsdenkmale an den Ersten Weltkrieg in Augsburg

Claudia Ried (Augsburg): Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in den jüdischen Gemeinden Fischach, Fellheim und Krumbach

Barbara Ohm (Fürth): Totengedenken und Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus. Zwei Denkmale für die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs in Fürth

Martina Edelmann (Veitshöchheim): Die Erinnerungstafel an den Ersten Weltkrieg in der Synagoge Veitshöchheim

Gerhard Hetzer (Neusäß): Die jüdischen Kriegergedenkstätten in Schlesien, Pommern und Ostpreußen nach dem Ersten Weltkrieg

Miriam Friedmann / Josef Pröll: Die Stille schreit – Filmdokumentation

Christoph Engelhard (Memmingen): „Dem ehrenden Andenken unserer Helden 1914-1918.“ Ein Denkmal für die Gefallenen der israelitischen Kultusgemeinde Memmingen

Claudia Madel-Böhringer (Ichenhausen): Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in der jüdischen Gemeinde Ichenhausen

Ralph Manhalter (Buch-Obenhausen): Die Erinnerung der Juden an den Ersten Weltkrieg im Landkreis Neu-Ulm

Anton Kapfer (Binswangen): Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in der jüdischen Gemeinde Binswangen

Johannes Mordstein (Buttenwiesen / Wertingen): Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in der jüdischen Gemeinde Buttenwiesen

Petra Ostenrieder (Oettingen): Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in Oettingen

Richard Hlawon (Harburg): Die Erinnerung an die jüdischen Teilnehmer am Ersten Weltkrieg in Harburg

Wilfried Sponsel (Nördlingen): Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in der jüdischen Gemeinde Nördlingen

Anmerkungen:
1 Reinhart Koselleck, Kriegerdenkmale als Identitätsstiftungen der Überlebenden, in: Odo Marquard, Karlheinz Stierle (Hrsg.), Identität, München 1979, 255-276.
2 Berthold Schmitt, Dokumentation Kriegerdenkmale im Landkreis Aichach-Friedberg, Backnang 2018.


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