Die Habsburger in Schwaben. 30. Arbeitstagung der Historischen Vereine, Heimatvereine und Museen in Schwaben

Die Habsburger in Schwaben. 30. Arbeitstagung der Historischen Vereine, Heimatvereine und Museen in Schwaben

Organisatoren
Peter Fassl, Bezirksheimatpflege Schwaben; Historischer Verein für Schwaben; Wolfgang Wüst, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg; in Kooperation mit der Schwabenakademie Irsee
Ort
Irsee
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.01.2020 -
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Von
Corinna Malek, Heimatpflege, Bezirk Schwaben

Ihr dreißigstes Jubiläum feierte in diesem Jahr die Arbeitstagung der Historischen Vereine, Heimatvereine und Museen in Schwaben, die traditionell am letzten Wochenende im Januar in Irsee stattfindet. Das von Bezirksheimatpfleger Peter Fassl entwickelte Format bietet den Vereinen und geschichtsinteressierten Personen eine Informations- und Austauschbörse regionalgeschichtlicher Forschung und Kulturarbeit in Schwaben, auf der sich die verschiedenen Gruppierungen treffen und Einblicke in ihre Arbeit präsentieren. Das diesjährige Leitthema befasste sich mit der Rolle der Habsburger in Schwaben, im Nachgang zum 500. Todestag Kaiser Maximilians I. und im Vorgriff auf eine für 2021 geplante Tagung zum selben Thema in Günzburg. Daneben bot die Tagung Raum zur Präsentation der aktuellen Arbeit der Vereine.

Nach der Begrüßung von SYLVIA HEUDECKER (Irsee), die die Tagenden herzlich in Irsee willkommen hieß, führte PETER FASSL (Augsburg) in das Tagungsthema ein. Er erläuterte, dass die Habsburger und ihr Einfluss auf Schwaben in sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtlicher Hinsicht bisher wenig untersucht worden seien, obwohl die Habsburger Grundbesitz und Herrschaftsrechte im frühneuzeitlichen Schwaben besaßen und mit anderen Herrschaftsträgern interagierten. Bis dato standen die Wittelsbacher und ihre Rolle in Schwaben meist im Interesse der regionalgeschichtlichen Forschung. Die Beschäftigung mit den Habsburgern böte, so Fassl, drei Perspektivebenen an: die Habsburger als Grundherren, als deutsche Kaiser und als politische Akteure in Schwaben.

Bevor jedoch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Habsburgern begann, stellten FELIX GUFFLER (Augsburg), BERNHARD KAMMERER (Augsburg) und WOLFGANG KONRAD (Augsburg) sowie GERHARD FÜRMETZ (Augsburg) drei Vereinsprojekte aus Stadt und Landkreis Augsburg vor. Felix Guffler schilderte die Arbeit des Arbeitskreises Kultur und Geschichte der Gemeinde Biberbach aus dem Landkreis Augsburg. Der Arbeitskreis entstand im Zuge der Teilnahme Biberbachs am Dorferneuerungsprogramm 2010. Der Arbeitskreis umfasst sechs bis sieben ständige Mitglieder, die sich bei ihren monatlichen Treffen über verschiedene Themen der Heimatgeschichte Biberbachs quer durch die Epochen austauschen. Seit 2016 gibt der Arbeitskreis zudem eine eigene Zeitschrift, „Biberbachensis“, heraus, in der die erarbeiteten Forschungsergebnisse sowie weitere Informationen rund um den Ort publiziert werden. Guffler ermunterte die Zuhörer, dem eigenen Forschungsdrang nachzugehen und in den eigenen Heimatgemeinden aktiv zu werden.

Bernhard Kammerer und Wolfgang Konrad zeigten mit der Vorstellung ihres virtuellen Stadtrundgangs durch Pfersee1, wie innerhalb einer Stadt auch die Geschichte einzelner Stadtteile gepflegt und lebendig gestaltet werden kann. Erwachsen ist der Rundgang, der die wechselvollen Facetten der Geschichte des 1912 nach Augsburg eingemeindeten Dorfes Pfersee zeigt, aus der Bürgeraktion Pfersee. Diese gründete sich bereits 1982, um sich für den Erhalt und die Umnutzung des damals stark baufälligen Pferseer Schlössles einzusetzen. Die Idee für den virtuellen Stadtrundgang entstand im Zuge der Schließung der letzten großen Pferseer Textilfabrik und der damit anstehenden Umnutzung des Umfelds der Augsburger Straße. Anhand mehrerer Stationen entlang der Augsburger Straße kann die Pferseer Geschichte seit dem Mittelalter bis in die Neuzeit erlaufen werden. Weitblickend zeigten sich Kammerer und Konrad mit ihrer damaligen Idee, den Stadtrundgang digital im Internet anzubieten.

Gehard Fürmetz fasste in einem kurzen Portrait die Arbeit der GeschichtsWerkstatt Augsburg zusammen, die 1988 als Gegenentwicklung zur Verklärung Augsburgs als „goldenes Augsburg“ entstanden war. Bei ihrer Arbeit verpflichte sie sich stets dem Grundsatz, „Stadtgeschichte für alle“ zu bieten. Mittels ihrer lokalen Arbeit leiste sie einen wichtigen Beitrag zur städtischen Erinnerungskultur, indem sie kritische und schwierige Themen, wie die Ausprägung der NS-Zeit in Augsburg, in den Blick nehme. Dennoch stünden der GeschichtsWerkstatt neue Herausforderungen bevor, einerseits durch eine zunehmende thematische Überschneidung und Verflechtung mit anderen Geschichtsvereinen in Augsburg, als auch andererseits dem Problem, neue, jüngere Mitglieder für die eigene Arbeit zu begeistern. Dieses Problem sei aber kein singuläres der GeschichtsWerkstatt, sondern ein allgemeines, das alle Vereine im historischen und nichthistorischen Bereich betreffe, so Fürmetz. Dennoch blickte er positiv in die Zukunft, für die man bereits neue, noch nicht bearbeitete Themen, wie die italienischen Zwangsarbeiter und deren Leben in Augsburg, im Blick habe.

Thematisch leitete WOLFGANG WÜST (Erlangen) in die Tagung ein. Wüst befasste sich in seinem Vortrag mit der Rolle der Stadt Burgau innerhalb des Gefüges der Markgrafschaft und des vorderösterreichischen Einflussgebiets der Habsburger. Er stellte die Frage, inwieweit Burgau durch die Herrschaft der Habsburger über eine vorderösterreichische Identität verfügte und welches Spannungsverhältnis zu Günzburg, dem Sitz der Markgrafen, bestand. Anhand der Analyse des habsburgischen Einflusses auf die Stadtverwaltung und den Erlass einer neuen Policeyordnung 1597 zeigte Wüst auf, welchen Mehrwert die Betrachtung kleinerer Orte und deren Struktur für die Forschung birgt. Die Frage einer habsburgischen Identität Burgaus konnte er zwar nicht klären, jedoch zeige das Beispiel Burgau die Rolle der Stadt als habsburgischer landsässiger Zentralort zwischen konkurrierenden Herrschaftsträgern, den Reichsstädten Augsburg und Ulm.

HEINER STAUDER (Lindau) griff in seinem Vortrag das vielfältige Beziehungsgeflecht der Reichsstadt Lindau mit den Habsburgern auf, als anrainende Herrschaftsträger und römisch-deutsche Kaiser. Die Wechselbeziehung zwischen den Habsburgern und der Stadt Lindau zeigte er anhand eines epochalen Querschnitts. Seit der Wahl Rudolfs von Habsburg 1273 zum römisch-deutschen Kaiser stammten diese bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 aus dem Haus Habsburg. Über Fallbeispiele aus der Zeit Kaiser Maximilians I., der Reformation und des 30jährigen Krieges zeichnete Stauder die vielfältigen Beziehungen zwischen der Reichsstadt und den Habsburgern nach.

Bei der anstehenden Neukonzeption des Günzburger Museums soll die Habsburger Zeit der Stadtgeschichte stärker berücksichtigt werden. Anhand von vier ausgewählten Objekten zeigte RAPHAEL GERHARDT (Günzburg) vier Zeit- und Themenebenen, darunter eine kartographische Darstellung der Markgrafschaft Burgau um 1740, der Grundstein des abgerissenen Kapuziner Klosters und die Tür des Wirtshauses „Drei König“ von 1793. Das größte und bedeutendste Objekt für die Neugestaltung ist hingegen die Heimat des Museums und des Stadtarchivs, das Piaristenkolleg, welches dank neuester Erkenntnisse eine wechselvolle Baugeschichte aufweist. Anhand des Gebäudes soll den Besuchern nicht nur der Themenbereich Religion und Bildung vermittelt werden, sondern auch die Baugeschichte, die eng mit den Habsburgern verknüpft ist.

Ein weiteres Beispiel aus dem Bodenseeraum stellte FRIDOLIN ALTWECK (Wasserburg) mit der kleinen Herrschaft Wasserburg dar, die ihre Selbstständigkeit gegenüber der umliegenden Herrschaft Montfort-Tettnang behauptete und rund fünfzig Jahre unter der Herrschaft des Hauses Habsburg (1755-1805) stand. Die Habsburger kauften 1755 die Herrschaftsrechte über Wasserburg den Fuggern zur Tilgung einer Geldanleihe ab. Seit 1592 hatten die Fugger die Landeshoheit innegehabt. Die Habsburger initiierten eine Vielzahl von Reformen, darunter die Einführung der Schulpflicht (1774) und den teilweisen Abbau der Leibeigenschaft (1784). Sie sorgten aber auch dafür, dass die Bewohner Wasserburgs die Auswirkungen der Koalitionskriege mit Frankreich zu spüren bekamen, so der Referent. Während der Kämpfe zogen Truppen durch die Herrschaft, die die Bewohner stark belasteten.

Einen biographischen Zuschnitt wählte KLAUS WANKMILLER (Füssen), der sich mit der Beziehung Kaiser Maximilians I. zu Füssen befasste. 2019 wurde anlässlich des 500. Todesjahrs des Kaisers zum Maximilianjahr ausgerufen und mit einer Vielzahl an Veranstaltungen begangen. Die Stadt Füssen und Umgebung hatten eine besondere Beziehung zum Kaiser, insgesamt gelten 36 Besuche Maximilians als gesichert. Anlässe für die Besuche, so schilderte der Referent, waren die verkehrsgünstige Lage Füssens an einer der großen Reichsstraßen sowie die Nähe zur Grafschaft Tirol, in der Maximilian I. seit 1490 sein Domizil hatte. Besuchsanreize boten außerdem die enge Beziehung des Kaisers zum Augsburger Fürstbischof Friedrich II. von Zollern und die umliegenden Jagdmöglichkeiten. Ein weiterer wichtiger Zusammenhang zwischen Füssen und den Habsburgern, den Wankmiller heraushob, ist das anstehende 275jährige Jubiläum des Füssener Friedens von 1745, der den österreichischen Erbfolgekrieg besiegelte.

Mit den vielfältigen Beziehungen zwischen den Fuggern, ihrer Herrschaft in Babenhausen und den Habsburgern widmete sich DIETER SPINDLER (Babenhausen). Er legte dar, dass die Habsburger Babenhausen im Mittelalter in ihrer Funktion als römisch-deutsche Kaiser direkt beeinflussten, zunächst mit der Zuerkennung des Stadt- und Marktprivilegs 1315, bevor sie dieses im 15. Jahrhundert wieder aufhoben. Erst im 16. Jahrhundert fiel die Herrschaft den Fuggern zu. Enge Verflechtungen pflegten die Fugger zu den Habsburgern besonders über ihre Rolle als Finanziers des Kaisers. Durch diese Rolle erhielten sie nicht nur ihr Wappen 1473, sondern auch Macht und Einfluss. Anhand biografischer Einzelbeispiele weiterer Babenhausener Fugger spannte Spindler den Bogen bis ins 20. Jahrhundert und zeigte auf, dass die Verbindung der Fugger zum Haus Habsburg bis zum Ende der k. und k. Monarchie nicht abriss.

Den Abschluss der Vorträge bildeten die Ausführungen von REGINE NÄGELE (Friedberg) zu der Rolle der Habsburger in den kriegerischen Auseinandersetzungen des 18. Jahrhunderts und deren unmittelbaren Auswirkungen auf Friedberg. Markantes Merkmal dabei waren auch immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den Herrschaftshäusern der Wittelsbacher, zu deren Herrschaftsbereich Friedberg gehörte, und der Habsburger. Anhand mehrerer Kriegsereignisse, dem Dreißigjährigen Krieg, dem Spanischen Erbfolgekrieg und den Koalitionskriegen, schilderte Nägele die Verluste und Einbußen, die Friedberg hierdurch erlitt.

Zum Abschluss zogen beide Tagungsleiter ein positives Fazit, bei den Referaten wurde deutlich, welch vielschichtige Verbindungen die Habsburger nach Schwaben hatten. Ebenso belegten die Referate die eingangs von Peter Fassl aufgestellte Ebenengliederung. Zum Abschluss dankten die Veranstalter allen Referenten für ihre Beiträge und zeigten sich erfreut über die neuen Erkenntnisse, die aus diesen gewonnen werden konnten.

Konferenzübersicht:

Sylvia Heudecker, Schwabenakademie Irsee: Begrüßung

Peter Fassl, Heimatpflege des Bezirks Schwaben: Einführung

Felix Guffler, Augsburg: Der Arbeitskreis Kultur und Geschichte der Gemeinde Biberbach

Bernhard Kammerer/Wolfgang Konrad, Augsburg: Virtueller Stadtrundgang durch den Augsburger Stadtteil Pfersee. Geschichte und Erfolg eines Internetprojektes

Wolfgang Wüst, Vorsitzender des Historischen Vereins für Schwaben: Die Habsburger in Schwaben

Heiner Stauder, Stadtarchiv Lindau: Lindau und die Habsburger

Raphael Gerhardt, Archiv und Museum Günzburg: Die Habsburger in Günzburg: Überlegungen zur musealen Präsentation

Gerhard Fürmetz, Augsburg: Die GeschichtsWerkstatt Augsburg e.V. – kritische lokale Geschichtsarbeit in Augsburg seit 1988

Fridolin Altweck, Museum im Malhaus, Wasserburg: Die Habsburger in Wasserburg

Klaus Wankmiller, Füssen: Kaiser Maximilian I. im Füssener Land

Dieter Spindler, Babenhausen: Die Habsburger in Babenhausen

Regine Nägele, Heimatverein Friedberg e.V.: Friedberg im Krieg: Die Habsburger

Anmerkung:
1 Der Virtuelle Stadtrundgang Pfersee, https://pfersee.weebly.com/stadtteilrundgang.html (25.02.2020).