Umfrage zur politischen Stimmung nach der Debatte um das Hochschulrahmengesetz

Von
Michael Sommer, Institut für Geschichte, Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg

Auswertung

Die Umfrage ist beendet, und die Ergebnisse sprechen für sich. 211 Personen haben sich beteiligt, überwiegend aus den historischen Fächern (52%). Die meisten Teilnehmer sind männlich (59%), zwischen 25 und 44 Jahren (82%), auf befristeten Stellen beschäftigt (59%) und haben ihren Wohnsitz in den alten Bundesländern (ohne Berlin, 72%).

Das Herz der Hochschulangehörigen schlägt noch immer mehrheitlich links: 72% bezeichnen sich in der Selbsteinstufung als "links" oder "eher links", nur 8% als "rechts" oder "eher rechts". Entsprechend konnten die Parteien der amtierenden Regierungskoalition bei der Bundestagswahl 1998 breiter Unterstützung aus akademischen Kreisen sicher sein: 84% gaben in der Rückerinnerung an, SPD oder Grüne gewählt zu haben. Die Grünen allein kamen der 50%-Marke nahe (47%). Nach knapp vier Jahren überwiegt Ernüchterung: Die Hälfte der Befragten stuft die Leistungen der Regierung gerade einmal als "mäßig" ein, nur gut 10% als "gut". Freilich geben mit 76% noch wesentlich mehr den Oppositionsparteien ein "schlechtes" oder "sehr schlechtes" Zeugnis. Nachgerade katastrophal ist die Bewertung der Forschungspolitik: 79% glauben, die forschungspolitische Bilanz der Bundesregierung sei "schlecht" oder "sehr schlecht", aber nur 25% sind der Auffassung, eine Regierung Stoiber könnte es besser.

Fraglos am meisten Verstimmung hat die im neuen Hochschulrahmengesetz vorgesehene Abschaffung der Habilitation als Regelvoraussetzung für Berufungen und ihre Ersetzung durch das Modell Juniorprofessur ausgelöst. 79% lehnen die Reform ab, quer durch die Anhängerschaften aller Bundestagsparteien. Entsprechend wird die von Bayern und Baden-Württemberg angekündigte Verfassungsklage gegen das Gesetz von den meisten begrüßt. Sie stößt bei 64% aller Befragten auf Zustimmung, am meisten bei den direkt betroffenen Hochschuldozenten (90%), am wenigsten unter den Studierenden (38%). Indes werden der Klage nur von 23% aller Befragten Chancen auf Erfolg eingeräumt. Eine Mehrheit von 55% gab an, "wahrscheinlich" oder "sicher" durch das neue HRG in der Wahlentscheidung beeinflußt zu werden.

Die schlechte Stimmung findet ihren Niederschlag auch in den Antworten zur Ausstattung von Hochschulen und Instituten sowie zu den Berufschancen für Nachwuchswissenschaftler. 47% beurteilten die finanzielle und personelle Ausstattung der Geisteswissenschaften an ihrer Hochschule/Universität "schlecht" oder "sehr schlecht", 68% meinten, sie habe sich in den vergangenen vier Jahren weiter verschlechtert. Allgemein bewerten 55% die Aussichten für den wissenschaftlichen Nachwuchs als "schlecht" oder "sehr schlecht", fast ebensoviele (51%) blicken skeptisch in die eigene Zukunft. Ein besonders trübes Bild von den Chancen im eigenen Fach zeichnen die Historiker: 82% halten die Aussichten in ihrem Fach für "schlecht" oder gar "sehr schlecht".

Entsprechend deutlich hat sich die politische Stimmung seit 1998 gewandelt: Besonders drastisch ging die SPD in der Sympathie der Befragten zurück (um 26%-Punkte auf jetzt 11%); auch die Grünen verzeichnen Einbußen (um 8%-Punkte auf 39%). Umgekehrt profitieren Union, FDP und PDS vom Stimmungswandel.

Sie können die vollständige Auswertung als pdf-Datei abrufen: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/BEITRAG/DISKUSIO/umfrage_auswertung.pdf [172 KB].
Den Fragebogen und Zwischenbilanzen finden Sie unter:
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/BEITRAG/DISKUSIO/umfrage.html

Allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sei an dieser Stelle herzlich für ihr Engagement gedankt.

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