Forum: S. Cramme: FID Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung

Von
Stefan Cramme, Bibliothek fuer Bildungsgeschichtliche Forschung, Berlin

Der Fachinformationsdienst (FID) Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung, dessen Aufbau im Januar 2015 begann, gehört – nach einem nicht erfolgreichen Antrag im Jahr zuvor – zur zweiten Förderphase der DFG für Fachinformationsdienste. Er wird von fünf Partnern getragen, die überwiegend bereits für vorausgehende Sondersammelgebiete (SSG) zuständig waren:

- Informationszentrum Bildung (IZB) des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt am Main: Projektleitung, betreibt Fachportal Pädagogik und FIS Bildung Literaturdatenbank

- Bibliothek der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: früheres SSG Bildungsforschung

- Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) des DIPF in Berlin: früheres SSG Deutschsprachige Bildungsgeschichte

- Bibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin: früheres SSG Hochschulwesen

- Bibliothek des Georg-Eckert-Instituts – Leibniz-Institut für Internationale Schulbuchforschung (GEI) in Braunschweig: früheres SSG Schulbücher (der Fächer Geschichte, Geografie, Politik/Sozialkunde, Religion/Philosophie/Ethik)

Die fachlichen Zuständigkeiten der bisherigen SSG-Bibliotheken sind auch in den Fachinformationsdienst übernommen worden, allerdings unter der Prämisse, dass weitgehend auf nutzergesteuerte Erwerbung umgestellt wird. Der FID richtet sich, wie man schon der Aufzählung der bisherigen Sondersammelgebiete entnehmen kann, an relativ diversifizierte Zielgruppen, zu denen auch historisch arbeitende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehören.

Konzeption des Fachinformationsdienstes

Der Fachinformationsdienst Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung greift auf die bestehende Infrastruktur des Fachportals Pädagogik und der FIS Bildung Literaturdatenbank1 zurück, die zu einem umfassenden Nachweis- und Recherchesystem im Bereich der Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung ausgebaut werden sollen. Dabei wird zum einen die FIS Bildung Literaturdatenbank durch weitere Bestände ergänzt, zum anderen ein integrierter Suchraum geschaffen, der zusätzliche relevante Datenquellen vor allem aus dem nicht-deutschsprachigen Ausland enthält (z. B. Daten der Library of Congress, des amerikanischen Education Resources Information Center - ERIC, von Casalini Libri u.a.). Dieses erweiterte Angebot soll insbesondere den Verlust bei den Nachweisen aktueller Literatur durch den Wegfall der bisherigen Sondersammelgebiete kompensieren und einen möglichst unkomplizierten Zugang zu Titeln ermöglichen, die bisher noch in keiner deutschen Bibliothek vorhanden sind. Die aktuelle Situation im sozial- und geisteswissenschaftlichen Publikationswesen bedingt aber, dass dies weiterhin auf verschiedenen Wegen geschehen muss und die Vision einer durchgehenden elektronischen Verfügbarkeit noch in weiter Ferne zu verorten ist:

Gedruckte Bücher: Die früheren SSG-Bibliotheken in Erlangen-Nürnberg und Berlin (HU) haben konsequent auf die Fortführung des vorausschauenden Bestandsaufbaus verzichtet. Stattdessen erhalten wissenschaftliche Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit, Literatur, die sie entweder im Suchraum des FID gefunden oder von der sie anderweitig Kenntnis bekommen haben, direkt beim FID zu bestellen, wenn sie noch nicht über die Fernleihe in Deutschland verfügbar ist. Die jeweils zuständige Bibliothek wird den Titel so schnell wie möglich beschaffen und an die Bestellenden im Rahmen eines eigenen Direktlieferdienstes ausleihen. Danach steht er wie gewohnt allen Interessenten zur Verfügung.2

Wissenschaftliche Zeitschriften: Die bisher im Rahmen der Sondersammelgebiete erworbenen hoch spezialisierten Zeitschriften sollen, soweit von den Verlagen angeboten, auf Online-Angebote umgestellt werden. Es hat sich bereits im bisherigen Projektverlauf gezeigt, dass die Lizenzverhandlungen sehr aufwendig sind und vorerst nur wenige Zeitschriften berücksichtigt werden können. Der FID Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung strebt an, die von ihm lizenzierten Zeitschriften in Form einer Nationallizenz allen wissenschaftlichen Nutzerinnen und Nutzern in Deutschland zugänglich zu machen, also – auch im Gegensatz zu anderen Fachinformationsdiensten – nicht nur einer engen Gruppe von Instituten oder Mitgliedern einer Fachgesellschaft.4 Viele Verlage sind dazu noch nicht oder nur mit unrealistisch hohen Vorstellungen bezüglich der Lizenzgebühren bereit.

E-Books: Auch Monografien sollen für den überregionalen Online-Zugang bereitgestellt werden, dies stößt jedoch im Moment noch auf größere Schwierigkeiten als bei den Zeitschriften.

Open Access: Frei zugängliche Bestände (etwa aus BASE3) werden in den Suchraum integriert. Ein eigenes Open-Access-Repository baut der FID dagegen nicht auf, weil entsprechende fachliche Angebote bereits existieren, insbesondere der vom IZB betriebene Dokumentenserver pedocs.5 Das GEI strebt darüber hinaus die Sicherung des Zugangs zu internationalen digitalen Schulbüchern an.

Digitalisierung: GEI und BBF bieten im Rahmen des FID die kostenfreie Digitalisierung von forschungsrelevanten älteren Beständen an, wenn dies urheberrechtlich möglich ist.6 Die dabei entstehenden Digitalisate werden in die Repositorien der beiden Bibliotheken (GEI digital, Sripta Paedagogica Online)7 eingebunden.

In zwei Bereichen sieht der FID weiterhin einen vorausschauenden und nicht nutzergesteuerten Bestandsaufbau vor, da hier die Angebotssituation nicht erlaubt, einen konkreten Bedarfswunsch abzuwarten:

- Das GEI erwirbt im Rahmen des FID systematisch Schulbücher aus ausgewählten außereuropäischen Regionen (Afrika südlich der Sahara, Ost- und Vorderasien).

- Die BBF ergänzt ihren Bestand an Quellenliteratur zur Bildungsgeschichte.

Die Forschungsliteratur zu diesen Quellenbeständen beschaffen beide Bibliotheken im Rahmen ihres institutionellen Auftrags unabhängig vom FID.

Ausblick

Die Einbindung der Fachcommunity ist als integraler Bestandteil des Fachinformationsdienstes vorgesehen. Außer einem bereits aktiven Beirat mit VertreterInnen verschiedener Fachgesellschaften werden die Angebote des FID auf einschlägigen Tagungen vorgestellt und diskutiert, für die Bildungsgeschichte etwa bei denen der Sektion Historische Bildungsforschung der DGfE einschließlich der Nachwuchstagung dieser Sektion. Eine Evaluation der bis dahin aufgebauten Angebote soll Bestandteil des für 2017 vorgesehenen Antrags für die zweite Projektphase sein. Dabei wird selbstverständlich auch die Frage angesprochen, wie die weitgehende Umstellung von vorausschauender auf nutzergesteuerte Erwerbung von den Fachcommunitys wahrgenommen und beurteilt wird.

Die Konzeption des Fachinformationsdienstes Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung musste, nicht zuletzt aufgrund der Vorgaben der DFG, von einigen Annahmen ausgehen, deren Eintreffen sich erst in der Praxis zeigen wird. So konnten bei der Antragstellung keine Erfahrungswerte für die nutzergesteuerte Erwerbung oder den ebenfalls auf Nachfrage reagierenden Digitalisierungsdienst zugrunde gelegt werden, die dafür beantragten Mittel konnten daher nur abgeschätzt werden. In der zweiten Projektphase und erst recht bei einer möglichen Verstetigung des Angebots sind auf jeden Fall einige Modifikationen aufgrund des Feedbacks und der konkreten Nutzung zu erwarten. Erst dann wird sich auch zeigen, ob der FID Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung zusammen mit den anderen Fachinformationsdiensten ein System der Informations- und Literaturversorgung bieten kann, das ohne Verluste an die Stelle der früheren Sondersammelgebiete tritt.

Anmerkungen:
1http://www.fachportal-paedagogik.de (alle Urls zuletzt geprüft am 19.09.2016)
2http://www.fachinformationsdienst-bildungsforschung.de/
3http://www.fid-lizenzen.de/fid/fid-erziehungswissenschaft-und-bildungsforschung
4https://www.base-search.net
5http://www.pedocs.de
6 Angebot der BBF: http://bbf.dipf.de/benutzung/digitalisierung-auf-wunsch
7http://gei-digital.gei.de/viewer/; http://bbf.dipf.de/digitale-bbf/scripta-paedagogica-online