Forum: „Mehr Mut zum Experimentieren“ – Digitale Lehre – Interview mit Andreas Fickers (Universität Luxembourg)

Von
Andreas Fickers, Luxembourg Centre for Contemporary and Digital History, Universität Luxembourg

H-Soz-Kult: In unserem Themenschwerpunkt zur Digitalen Lehre haben wir bereits mit vielen Kolleginnen und Kollegen über die grundsätzlichen Erfahrungen in der digitalen Lehrunterstützung gesprochen. Im heutigen Interview mit Andreas Fickers, Professor für Digitale Geschichtswissenschaften an der Universität Luxembourg, wollen wir uns nochmals dem Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Digitalität und auch dem Thema Quellenkritik widmen. Herr Fickers, wie stellt sich aus Ihrer Sicht das Verhältnis von Lehre und Forschung zur Digitalen Geschichtswissenschaft dar?

Andreas Fickers: Wahrscheinlich gibt es heute kaum noch akademische Lehre ohne Einbeziehung digitaler Infrastrukturen, Werkzeuge oder Informationen. Sowohl Forschung als auch Lehre zeichnen sich seit geraumer Zeit durch systematische Hybridität aus. In diesem Sinne gilt es, die neuen Möglichkeiten digitaler Lehrmethoden mit den bewährten Formen akademischer Lehre wie etwa dem Seminar sinnvoll zu kombinieren. „Klassische“ und „digitale“ Methoden stehen also nicht in einem Konkurrenzverhältnis, sondern sind komplementär. Meinen Vorlesungen und Seminaren stelle ich auf der digitalen Lernplattform Moodle begleitende Literatur oder Quellen zur Seite; auch die ppt-Präsentationen werden dort abgelegt. Dies ist heute eine „service-Leistung“, die Studierende einfach erwarten. Die Zurverfügungstellung sämtlicher Lehrmaterialien in kleinen, meist leicht verdaulichen Häppchen, führt aber auch dazu, dass bibliografische Fertigkeiten nachlassen und die Lektüre eines ganzen Buches fast schon als Zumutung erfahren wird. Wichtiger als die vielen praktischen Annehmlichkeiten, welche die digitalen Infrastrukturen bieten, ist ein kritisches Verständnis der Art und Weise, wie digitale Infrastrukturen, Werkzeuge und Informationen das Handwerk historischen Arbeitens verändern. Dieses Verständnis muss zur Grundlage der Ausbildung gemacht werden.

Eine Einführung in die historische Methode kommt meiner Meinung nicht mehr ohne die Einübung basaler digitaler Arbeitstechniken und Methoden aus. Hierzu gehören eine Einführung in die digitale Heuristik des Suchens im „age of abundance“ (Roy Rosenzweig), die nach einem Grundverständnis algorithmusbasierter Suchmaschinen verlangt; das Installieren von Software für das Verwalten und Organisieren von Literatur (etwa Zotero) oder die Indexierung und Annotation digitaler Quellen (z.B. Tropy); eine kritische Reflexion über Fragen der Datenintegrität (also eine Erweiterung der klassischen Quellenkritik in Richtung einer historischen Datenkritik); das Experimentieren mit digitalen Werkzeugen zur Datenanalyse (z.B. text-mining tools) und Visualisierung im Sinne einer Werkzeug- und Interface-Kritik; und schließlich das Erstellen transmedialer Formate historischer Erzählung, die zur kritischen Diskussion über lineare Zeitvorstellungen, der unterschiedlichen indexikalischen Referentialität von Quellengattungen und der Analyse von narrativen Konventionen anregen. Mills Kelly hat all diese Elemente bereits 2013 in seinem Buch „Teaching History in the Digital Age“ systematisch durchgespielt.1

H-Soz-Kult: Damit sprechen Sie eine Vielzahl notwendiger Kompetenzen an, die für Forschung und Lehre gelten: Welche spezielle Kompetenzen jedoch sollten insbesondere Lehrende heute für den Umgang mit digitalen Inhalten und Werkzeugen mitbringen?

Andreas Fickers: Wichtiger als digitale Instrumente oder der Einsatz von technischen Medien sind kommunikative und pädagogische Kompetenzen in der anregenden Vermittlung von historischem Wissen. Leider gehört dies immer noch nicht zur Grundausbildung akademischer LehrerInnen, weshalb es oft an Kreativität und Experimentierfreudigkeit mangelt. Es ist gerade der Aspekt des Spielerischen, der zum kreativen Nachdenken anregt und Studierende aus ihrer „comfort zone“ herauslocken kann. Dies gilt für analoge ebenso wie für digitale Lernsituationen. In dem Buch „Pastplay. Teaching and Learning History with Technology“2 finden sich zahlreiche Beispiele dafür, wie man mit digitalen Quellen, Werkzeugen, Modellen oder Computerspielen Geschichte im akademischen Rahmen vermitteln und herstellen kann. Ich habe diese „hands-on“-Philosophie in vielen meiner Lehrveranstaltungen zum pädagogischen Grundsatz gemacht, da sie Geschichte für Studierende auf ganz andere Weise erfahrbar und nachvollziehbar macht, etwa im Bereich der experimentellen Medienarchäologie https://www.c2dh.uni.lu/data/doing-experimental-media-archaeology-practice-theory-dema.

Besonders in den dreisemestrigen Forschungsseminaren im Masterprogramm kommen digitale Techniken systematisch zum Einsatz. Ziel dieser Seminare ist immer die gemeinschaftliche Produktion von historischen Erzählungen mittels digitaler Werkzeuge und Plattformen, die unsere Studierenden potentiell auf zukünftige berufliche Arbeitsumgebungen vorbereiten – auch auf die Forscherlaufbahn. Die Projektlogik heutiger Forschungsförderung in der Geschichtswissenschaft verlangt „team player“-Fähigkeiten sowie multiple Kompetenzen (technische wie historische). Neben der Retrodigitalisierung von Quellen geht es bei den Forschungsseminaren vor allem darum, Erfahrung mit neuen Möglichkeiten der Vermittlung historischen Wissens zu erlangen, etwa bei der Produktion von podcasts, web-documentaries, Videoessays oder virtuellen Ausstellungen. Die Resultate dieser Forschungsseminare werden anschließend auf der Webseite des Masterprograms veröffentlicht: http://h-europe.uni.lu/. Dabei geht es weniger um technische oder ästhetische Perfektion als um die Erlangung von „tacit knowledge“ im Umgang mit digitalen Werkzeugen.

Noch ein letztes Wort zur Kommunikation: gerade die aktuelle Krise zeigt, wie produktiv zwischenmenschliche Kommunikation auch über digitale Plattformen geführt werden kann. Das Luxemburgische Schulsystem nach französischem Vorbild zeichnet sich durch eine gewisse „culture de peur“ aus – selbst an der Universität haben Studierende oft Angst, etwas „Falsches“ zu sagen und verkriechen sich deshalb lieber hinter ihren Tablets oder Laptops. In den augenblicklich durchgeführten virtuellen Lehrveranstaltungen beteiligen sich die Studierenden deutlich aktiver am Unterricht – zum Beispiel durch Nutzung der Chat-Funktion.

H-Soz-Kult: Damit haben Sie bereits einige Inhalte und Werkzeuge angesprochen. Welche weiteren Angebote und Tools nutzen Sie selbst bzw. können Sie empfehlen?

Andreas Fickers: Neben bekannten Tools für die Herstellung virtueller Ausstellungen wie Omeka https://omeka.org/ experimentieren Studierende häufig mit online frei verfügbaren Programmen für die Produktion von Chronologien oder räumlichen Darstellungen historischer Prozesse und Ereignisse. Besonders beliebt sind hier die vom Knightlab der Northwestern University bereitgestellten Tools wie „Juxtapose“, „Storyline“ und „Storymap“ https://knightlab.northwestern.edu/. Wie Ian Milligan3 oder Alan Liu4 kürzlich gezeigt haben, provoziert das Experimentieren mit Werkzeugen zur Visualisierungen von Zeitleisten, historischen Netzwerken oder georeferenzierten Karten ein kritisches Nachdenken über Grundfragen der historischen Sinnbildung und schärft das methodische Bewusstsein für die technisch vermittelte Konstruktion historischer Evidenz. Um das heuristische Potenzial solcher Werkzeuge aber kritisch ausloten zu können, bedarf es der (zeit)intensiven Beschäftigung mit diesen Werkzeugen und den Bedingungen ihres sinnvollen Einsatzes. Das Kuratieren von Datensätzen (d.h. die Erstellung eines auf die analytischen Fähigkeiten der Software zugeschnittenen Datenbestandes), ohne das ein spezialisiertes digitales Werkzeug nicht sinnvoll einsetzbar ist, ist meist sehr zeitaufwendig. Das Versprechen der legendären Kodak-Werbung „You press the button – we do the rest“, mit der George Eastman 1888 das Fotografieren popularisierte, wird bei den meisten digitalen Werkzeugen, die mit ähnlicher Rhetorik vermarktet werden, nicht eingelöst!

Aus pädagogischer Perspektive hat es sich daher bei Einführungsveranstaltungen in die Digital History an der Universität Luxemburg bewährt, den Studierenden nur eine begrenzte Anzahl solcher Werkzeuge an die Hand zu geben. Die unterschiedlichen Erkenntnispotentiale dieser Werkzeuge werden am besten anhand eines speziell zu diesem Zweck erstellten Datensatzes expliziert. Mein ehemaliger Doktorand Max Kemman hat dies beispielhaft am geleakten E-Mail-Bestand von Hillary Clinton durchgeführt https://www.maxkemman.nl/category/teaching/. So lassen sich die Möglichkeiten aber auch die Limitierungen, die jedem Werkzeug eingeschrieben sind, konkret diskutieren. Auch die Erfahrung, dass der Erkenntnisgewinn dieser „Übersetzungsarbeit“ von einer komplexen historischen Fragestellung in maschinengerechte Befehle oftmals enttäuschend gering ausfällt, stellt eine wichtige Lernerfahrung für die Studierenden dar! Genau diese Erfahrungen zu teilen – etwa in reflexiven Blogeinträgen – kann in meinen Augen einen wichtigen Beitrag zur kritischen Selbstverortung des Faches leisten. In dem Doktorandenkolleg „Digital History and Hermeneutics“ haben wir die methodische Selbstreflexion zum verpflichtenden Bestandteil der „skills trainings“ gemacht und so eine Plattform für Werkzeugkritik aufgebaut https://dhh.uni.lu/category/blog/digital-tool-criticism/.

Da sich online-Plattformen besonders für partizipative Projekte und crowd-sourcing Aktivitäten eignen, ist ihre Einbeziehung in Public History Lehre und Forschung besonders geeignet. Am C2DH laufen mehrere Dissertationsprojekte in diesem Bereich, deren intellektuelle und methodologische Überlegungen auch in die Lehre einfließen. Anita Lucchesi, die für ihre Dissertation zur Geschichte der Migration in Luxemburg die online-Plattform „Memoryrecord“ https://memorecord.uni.lu/ zum Teilen von Erinnerungen entwickelt hat, hat zusammen mit Richard Legay einen BA-Kurs „Digital Public History“ unterrichtet, in dem die Studierenden „hands-on“ ein kleines Public History-Projekt auf die Beine stellen mussten.5 Auch in diesem Kurs stand nicht nur das Experimentieren mit digitalen Werkzeugen im Vordergrund der pädagogischen Ziele, sondern eine kollektive und projektbasierte Methodik, in der das ludische Element eine zentrale Rolle spielt. Die Philosophie des „thinkering“ – die kritisches Denken (thinking) und spielerisches Basteln (tinkering) zusammenbringt, gilt generell als leitende Forschungsmaxime am C2DH https://www.c2dh.uni.lu/thinkering).

H-Soz-Kult: Bleiben wir bei den Inhalten: Die Arbeit mit den Quellen, respektive die Quellenkritik ist ein elementarer Bestandteil der Geschichtswissenschaften. Wie gestaltet sich Ihrer Meinung das Verhältnis von klassischer Quellenkritik zu digitalen Inhalten bzw. Quellen? Bedürfen wir nicht einer grundsätzlich Erweiterung der Geschichtswissenschaften um eine digitale Quellenkritik, auch angesichts der weiteren Digitalisierung zukünftigen Archivguts?

Andreas Fickers: Die Frage der digitalen Quellenkritik nimmt einen zentralen Stellenwert innerhalb der Hermeneutik der Geschichtswissenschaft ein. Um klassische Fragen der historischen Quellenkritik – etwa der Provenienz oder Authentizität – bei retrodigialisierten oder „digital born“ beantworten zu können, bedarf eines informationstechnischen „updates“ der historischen Methode.6 Diese Erweiterung der Quellenkritik in Richtung einer historischen Datenkritik erfordert ein Verständnis des doppelten Verweischarakters digitaler Quellen als digitale Repräsentationen vergangener Realität als auch ihres medialen Charakters als fluide und geschichtete Materialität. Geschichtswissenschaftliche Datenkritik muss also nicht nur danach fragen, ob digitale Quellen datentechnisch integer, institutionell vertrauenswürdig und akkurat dokumentiert sind, sondern immer auch die Historizität der elektronischen Datenträger und Formate reflektieren. Da man, wie Matthew Kirschenbaum dies so konzise auf den Punkt gebracht hat, niemals dasselbe elektronische Dokument zwei Mal aufrufen kann, bekommt die Frage nach dem „Original“ eine neue ontologische Dimension.7 Die Wissens- und Kompetenzverlagerung von der historisch-kritischen Methode zu computer- und informationswissenschaftlichen Verfahren bei der Bestimmung von Datenintegrität führt augenblicklich zu Bruchbildungen in den Kontrollzonen archiv- oder geschichtswissenschaftlicher Institutionen und Disziplinen. Dabei bräuchten wir genau das Gegenteil, nämlich einen viel intensiveren fachwissenschaftlichen Austausch zwischen Archiv- und Bibliothekswissenschaften, Informationswissenschaften und Geschichte. Aber so wie die Herausbildung der historischen Hermeneutik ein Prozess der Verwissenschaftlichung des Faches Geschichte im 19. Jahrhundert war, muss die aktuelle Debatte um „Beglaubigungs- und Verbürgungskategorien“ authentischer Speicherung, Wiedergabe und Nutzung von digitalen historischen Informationen als Professionalisierungsdiskurs gedeutet werden, in dem grundlegende Kriterien und Konzepte wissenschaftlicher Praxis neu ausgelotet und verhandelt werden.

Da wie gesagt die Quellenkritik das Herzstück geschichtswissenschaftlicher Methodik ausmacht, es bislang aber an guten Einführungen oder Lehrmaterialien dazu fehlt, haben wir am Luxembourg Centre for Contemporary and Digital History (C2DH) ein online-tutorial für digitale Quellenkritik entwickelt, welches den Titel „Ranke.2“ trägt https://ranke2.uni.lu/ . Ziel der online-Lernplattform ist zum einen die Sensibilisierung einer möglichst breiten Öffentlichkeit von historisch Interessierten für die Bedeutung und Notwendigkeit der kritischen Überprüfung von Digitalisaten als historischen Quellen. Hierzu haben wir auf einer ersten Ebene kurze Videos und Animationen erstellt, die auch im interaktiven Quizzformat angeboten werden. Auf einer zweiten Ebene findet dann eine Problematisierung auf Basis von Lehrmaterialien, Übungen und Onlineverweisen statt, welche die unterschiedlichen Dimensionen der digitalen Quellenkritik am Beispiel verschiedener Quellengattungen oder Datensätze aufzeigt. Je nach zeitlicher Verfügbarkeit oder Vorwissen können Nutzer wählen, ob sie ein S (small), M (medium) oder L (large) Modul nutzen möchten. Zurzeit bietet die Lernplattform 5 thematische Module an; weitere sind in Arbeit. Wir hoffen sehr, dass wir das Angebot an quellenspezifischen Lernmodulen in Zukunft durch die Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen weltweit systematisch ausbauen können. Bei Interesse bitte hier melden: https://ranke2.uni.lu/assets/pdf/C2.1c-howtocollaborate.pdf

H-Soz-Kult: Mit dem Luxembourg Centre for Contemporary and Digital History leiten Sie ein großes Institut zur Digital History. Welche Hinweise würden Sie Universitäten und Entscheidungsträgern in der Politik mitgeben, damit die Digitalisierung in der Lehre an den Universitäten gelingt, welche Voraussetzungen sind dafür zu schaffen?

Andreas Fickers: Ein grundlegendes Problem für alle Universitäten ist die wachsende Spannung, die sich aus der unterschiedlichen zeitlichen Logik von rapider technischer Entwicklung auf der einen und der eher langsamen Aneignung neuer Werkzeuge und Methoden in der akademischen Lehre ergibt. Diese „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ stellt die Lehre vor große Herausforderungen – auch in generationeller Perspektive. Die meisten Debatten um digitale Lehre konzentrieren sich auf die Frage, wie wir die nächste Generation auf aktuelle und zukünftige Anforderungen der digitalen Wissenslandschaft vorbereiten können. Dabei sollte man sich meiner Meinung nach sehr viel intensiver um die systematische Weiterbildung der Dozierenden kümmern. Ohne eine Aufwertung akademischer Lehrkompetenzen und damit auch der „digital literacy“ in Stellenprofilen und Berufungsverfahren wird sich an der fast ausschließlich auf Forschungsresultate und Drittmitteleinwerbung orientierten Evaluierung und damit der Entwicklung von akademischen Karrieren wenig ändern.

Damit Geschichte als gesellschaftlich relevante Orientierungswissenschaft nicht weiter an Deutungshoheit einbüßt, braucht es aber auch von Seiten des Faches eine größere Offenheit für neue Formen und Formate der Geschichtsvermittlung im öffentlichen Raum. Statt die Anzahl publizierter Aufsätze und Bücher zum zentralen Maßstab einer erfolgreichen Sozialisierung im Wissenschaftsbetrieb zu machen, sollte mehr Wert auf neue, experimentelle Weisen der Wissenserzeugung- und Vermittlung gelegt werden. Auch wenn die Geschichtswissenschaft auf absehbare Zeit eine schreibende Zunft bleiben sollte, liegt die Zukunft der digitalen Geschichte im Bereich des „hypergraphical knowlegde“: „The digital age promotes hypergraphical models of knowledge that conform to a world view in which knowledge is conceived by default to be multiperspectival and multiscalar, distributed in its foci and relations, and (connecting all the disparate nodes and levels) ultimately networked.“8 Wie lange es dauern wird, bis wir die neue digitale Kulturtechnik des „scalable readings“ verinnerlicht haben werden, ist schwer abzuschätzen. Die Kombination der hermeneutischen Tradition des „close reading“ mit der maschinenbetriebenen Technik des explorativen „distant reading“ bringt die Geisteswissenschaften aber jetzt schon in einen neuen Dialog mit den Daten- oder Computerwissenschaften, der für beide Seiten eine Horizonterweiterung darstellt. Ich würde mir wünschen, dass diese vielversprechende „trading zone“ sowohl auf forschungspolitischer wie universitärer Ebene in Zukunft konsequent gefördert würde.

H-Soz-Kult: Herr Fickers, vielen Dank für dieses Interview!

Andreas Fickers: Sehr gerne.

Anmerkungen:
1 Mills Kelly, Teaching History in the Digital Age, Ann Arbor 2013.
2 Kevin Kee (Hrsg.), Pastplay. Teaching and Learning History with Technology, Ann Arbor 2014.
3 Ian Milligan, History in the Age of Abundance. How the Web is Transforming Historical Research, Montreal 2019.
4 Alan Liu, Friending the Past. The Sense of History in the Digital Age, Chicago 2018.
5 Anita Lucchesi / Richard Legay, Learning by Doing. Introducing Students to Public History through Digital Projects, in: International Public History, Vol. 2 (2019) 1, 20190004, https://doi.org/10.1515/iph-2019-0004. (08.04.2020).
6 Siehe Andreas Fickers, Update für die klassische Hermeneutik. Geschichtswissenschaft auf dem Weg zur digitalen Forensik? in: Zeithistorische Forschungen 17 (2020), Heft 1 (forthcoming). In dieser Ausgabe der Zeithistorischen Forschungen werden sich mehrere Beiträge mit dem Thema der digitalen Quellenkritik beschäftigen, basierend auf dem Panel „Quo vadis Quellenkritik Digitale Perspektiven“ während des Historikertags 2018 in Münster. Siehe hierzu den Sektionsbericht von Maik Fiedler auf H-Soz-u-Kult: https://www.hsozkult.de/debate/id/diskussionen-4643 (08.04.2020).
7 Matthew Kirschenbaum, The .txtual Condition. Digital Humanities, Born-Digital Archives, and the Future Literary, in: Digital Humanities Quarterly 7 (2013). http://www.digitalhumanities.org/dhq/vol/7/1/000151/000151.html, paragraph 16. (08.04.2020).
8 Liu, Friending the Past: 73.

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