Besprochene Sektionen
"Geschichten von Menschen und Dingen – Potentiale und Grenzen der Verwendung der ANT"
"Kulturen des Wahnsinns. Grenzphänomene einer urbanen Moderne"
"Ökonomien der Aufmerksamkeit im 20. Jahrhundert"
"Was als wissenschaftlich gelten darf"
Wissenschaftsgeschichte fristete lange Zeit als Teildisziplin ein Schattendasein innerhalb der Geschichtswissenschaft. Einerseits ist das Fachwissen hochgradig spezialisiert, da insbesondere die Geschichte der Naturwissenschaften und der Mathematik profunde Vorkenntnisse verlangen. Andererseits begünstigten disziplinäre Barrieren die Randständigkeit: Die Medizingeschichte etwa war und ist Teil der Medizinerausbildung und daher in der Regel an den Medizinischen Fakultäten angesiedelt. Nur selten sind Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaftsgeschichte sowohl geschichtswissenschaftlich als auch naturwissenschaftlich ausgebildet, so dass es häufig an gegenseitiger Akzeptanz mangelt. Hinzu kamen lange Zeit die perspektivischen Differenzen einer Fach- und Institutionengeschichte einerseits und der Frage nach der gesellschaftlichen Rolle von Wissenschaft andererseits. Die von Percy Snow 1959 kritisierte Trennung der „zwei Kulturen“ – der naturwissenschaftlich-technischen einerseits und der geisteswissenschaftlich-literarischen andererseits – scheint auch in der Wissenschaftsgeschichte ihre Spuren hinterlassen zu haben.1
Angesichts dieser Vorgeschichte darf es als Zeichen gewertet werden, dass mit LORRAINE DASTON (Berlin) die Wahl der Festrednerin auf dem diesjährigen Historikertag nicht nur auf eine amerikanisch-deutsche Grenzüberschreiterin sondern vor allem auf eine Wissenschaftshistorikerin fiel, deren Schriften gerade in den letzten Jahren innerhalb der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft große Anerkennung fanden. Die trennenden Grenzen zwischen Wissenschafts- und Allgemeiner Geschichte seien inzwischen überwunden, so konstatierte Daston unter anderem in ihrer Rede auf der Festveranstaltung des Verbandes Deutscher Historiker und Historikerinnen am 30. September 2010 im Deutschen Historischen Museum. Doch sie setzte nach: Der Grenzabbau sei vorrangig einseitig, vonseiten der Wissenschaftsgeschichte geleistet worden, während die Historikerzunft wissenschaftsgeschichtliche Beiträge immer noch weitgehend ignoriere.
Die Abkehr von einer rein wissenschaftsimmanenten Perspektive und die konzeptionelle Vergesellschaftung von Wissenschaft und Forschung in den „Science and Technology Studies“ seit den 1980er-Jahren trug sicherlich dazu bei, wissenschaftshistorische Studien für die Allgemeine Geschichte anschlussfähiger zu machen. Inwieweit Dastons Einwand eines nur einseitigen Rückbaus der Wahrnehmungsbarrieren berechtigt ist, lässt sich auf der Grundlage des Programms des Historikertages zwar nicht abschließend beurteilen. Festhalten kann man jedoch, dass es gleich mehrere Sektionen gab, die, wenn sie wissenschaftliches Wissen auch nicht zum Hauptgegenstand, so aber doch zum integralen Bestand geschichtswissenschaftlicher Analysen zur Neuzeit machten.
Neben der Sektion „Technisierung der Ernährung“ der Teildisziplin Technikgeschichte, wo die Grenzen zur Wissenschaftsgeschichte ohnehin traditionell fließend sind, standen die Definitionsmacht der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie die wissenschaftliche Fundierung der Bevölkerungspolitik zur Diskussion.2 Auch das aktuell große Interesse an den Neurowissenschaften, in deren Versprechen, kognitive wie emotionale Fähigkeiten prognostizierbar zu machen, die Gesellschaft momentan geradezu übergroße Erwartungen setzt, spiegelt sich inzwischen im historiographischen Themenspektrum wider.3 Ein im Vergleich dazu fast schon altbekanntes Thema ist „der“ Wahnsinn, der, wie eine andere Sektion des Historikertages verdeutlicht, weiterhin einen attraktiven Zugriff auf die Geschichte der gesellschaftlichen Moderne bietet. Neben der Neueren Geschichte findet Wissenschaftsgeschichte ebenso im Bereich der Frühen Neuzeit Beachtung: Eine ganze Sektion widmete sich den Grenzziehungsversuchen vormoderner Gelehrtenkultur. Schließlich bleibt festzuhalten, dass die Wissenschaftsgeschichte momentan nicht nur thematisch auf die Geschichtswissenschaft ausstrahlt. Bruno Latours „Actor-Network-Theory“ – kurz ANT genannt –, die ursprünglich im Kontext der Wissenschaftsforschung entwickelt wurde und die in der Wissenschafts- und Technikgeschichte bereits seit längerer Zeit große Resonanz findet, stößt mit zeitlicher Verzögerung auch in der Allgemeinen Geschichtswissenschaft auf breiteres Interesse.4
Der folgende Bericht versucht auf der Grundlage von vier Sektionen einige Trends zur Bedeutung wissenschaftsgeschichtlicher Perspektiven innerhalb der Allgemeinen Geschichte herauszuarbeiten.
Die „Potentiale und Grenzen“ der Actor-Network-Theory für die Geschichtswissenschaft auszuloten, das hatte sich eine von CHRISTINA BENNINGHAUS (Bielefeld) organisierte Sektion zur Aufgabe gemacht. Bruno Latour ist in den letzten Jahren definitiv zum neuen französischen Star-Theoretiker aufgestiegen, der sowohl international als auch disziplinenübergreifend Beachtung findet. Den Anspruch, mit seiner Actor-Network-Theory neue Perspektiven für die Wissenschaftsforschung zu eröffnen, hat Latour selbst längst ausgeweitet und seinen Ansatz als Kritik und Alternative zu klassischen soziologischen Denkansätzen reformuliert. So war es nur konsequent, dass sich die Sektionsbeiträge nicht allein auf dem Feld der Wissenschaftsgeschichte bewegten. Neben Themen mit medizingeschichtlichem Bezug wie KLAUS WEINHAUERs (Wassenaar) Geschichte des Heroins, „Vom Hustenmittel zur illegalen Droge“, und Benninghaus’ Beitrag zur Geschichte der Unfruchtbarkeit am Beispiel der Untersuchungsmethode der „Tubendurchblasung“ waren DAGMAR ELLERBROCKs (Bielefeld) Vortrag zu waffentechnischen Innovationen und ihren gesellschaftlichen Folgen sowie MARTIN KOHLRAUSCHs (Bochum) Professionalisierungsgeschichte deutscher Architekten nach dem Ersten Weltkrieg fernab der Wissenschaftsgeschichte angesiedelt.
Die Beiträge von Martin Kohlrausch und Klaus Weinhauer hatten zum Ziel, die Fruchtbarkeit des Netzwerkgedankens für ihre Analysen herauszustellen. Dass sich Heroin als pharmazeutische Alternative zu den bis dahin bekannten Opiumderivaten trotz bekannter Nachteile zeitweise durchsetzen konnte, begründete Weinhauer mit dem Netz von Medizinern und pharmazeutischen Unternehmen und ihren Interessenkoalitionen. Martin Kohlrausch beschränkte sein Interesse auf die unter den Architekten aufgebauten Netzwerke, die zu ihrer professionellen Formierung beitrugen, wobei er mit Verweis auf Latour vor allem die dynamischen Momente der Gruppenbildung betonte. Im Anschluss an diese Anwendungsbeispiele stellt sich allerdings die Frage, was der Mehrwert der Latour’schen ANT gegenüber anderen zurzeit diskutierten Netzwerktheorien ist. Wie die Kommentatorin und als Technikhistorikerin vertraute Latour-Leserin MARTINA HEßLER (Hamburg) treffend bemerkte, hebt sich die ANT nicht durch den Netzwerkgedanken an sich von anderen (in der Wissenschaftsgeschichte schon länger verwandten) Konzepten ab. Vielmehr besteht das Spezifische des Ansatzes in den Aktanten, das heißt in den Artefakten und nicht-menschlichen Organismen, deren Wirkmächtigkeit Latour im Sozialen einklagt, sowie in der damit verbundenen Vorstellung von Hybriden aus Natur/Gesellschaft und dem infolge veränderten Handlungsbegriff.
Genau an diesen Gedanken der ANT knüpfte Dagmar Ellerbrocks Vortrag an. Nachdem sie keine sozialen Ursachen für den sprunghaften Anstieg von tödlichen Gewaltdelikten im Kaiserreich ausmachen konnte, griff sie Latours Beispiel des hybriden Waffenschützen (Waffe + Schütze) auf. Gegenüber traditionellen, ritualisierten und meist nur mit leichteren Verletzungen ausgehenden Messerstechereien nahmen private Streitfälle durch den vermehrten Einsatz moderner Schusswaffen im Kaiserreich immer häufiger einen tödlichen Ausgang, da sich bei den mit der neuen Technik meist wenig vertrauten Waffenbesitzern im Zuge von Drohgebärden oder Mutproben vielfach unabsichtlich Schüsse lösten. Ebenso gewinnbringend konnte Christina Benninghaus die Aktanten, in ihrem Fall die Eileiter der untersuchten Frauen, als eigensinnige Akteure in ihre Geschichte der „Tubendurchblasung“ einbauen. Die technisch einfach umsetzbare und kostengünstige Methode zum Test der weiblichen Unfruchtbarkeit kam nicht zuletzt aufgrund der Interessenallianz zwischen Medizinern und Frauen in den 1920er-Jahren sehr häufig zum Einsatz, und das obwohl die Eileiter nicht immer mitspielten und daher nur selten zuverlässige Ergebnisse zu erwarten waren.
Die Referentinnen und Referenten bewerteten durchweg die ANT als fruchtbaren Ansatz für ihre Studien. Die „Grenzen“ und möglichen Probleme des Ansatzes standen daher weniger zur Debatte. Allein Christina Benninghaus formulierte für sich die offene Frage nach der politischen bzw. gesellschaftskritischen Dimension des Latourschen Analyserahmens, der ja nicht im klassischen Sinne als Gesellschaftstheorie bezeichnet werden kann. Die bereits an anderer Stelle von Kritikern vorgebrachten Einwände, das Latoursche Denken sei konservativ bis unpolitisch, regten hier nicht zur Diskussion an. Möglicherweise benötigt es Zeit, bis der „Entdeckung“ des Latourschen Ansatz in der Allgemeinen Geschichte eine Phase folgt, in der Vor- und Nachteil in Bezug auf die Actor-Netwerk-Theory abgewogen wird.
Die Vielschichtigkeit des Mottobegriffs der Grenze des Berliner Historikertags ermöglichte ganz unterschiedliche thematische Umsetzungen, was unter den hier berücksichtigten Veranstaltungen vor allem die von VOLKER HESS (Berlin) und RÜDIGER VOM BRUCH (Berlin) organisierte Sektion „Kulturen des Wahnsinns. Grenzphänomene einer urbanen Moderne“ unter Beweis stellte. Das Panel setzte sich über die engeren disziplinären Grenzen der Geschichtswissenschaft hinweg und versammelte Referentinnen und Referenten aus den Kultur- und Literaturwissenschaften sowie aus der Medizin- und Allgemeinen Geschichte. Neben der Interdisziplinarität führten die Beiträge vor allem die inhaltliche und konzeptionelle Vielfalt der Möglichkeiten vor Augen, das vorgegebene Thema zu fassen. In seiner Einführung nahm Volker Hess Bezug auf Victor Turners Konzept des Schwellenraumes, dessen unterschiedliche Dimensionen er in topographischer, performativer und epistemischer Hinsicht herausstellte. Mit der Denkfigur des Schwellenraums grenzte Hess die Vorträge ausdrücklich von älteren Perspektiven ab, die im Umgang mit abweichendem Verhalten vor allem Grenzenziehungen eines Normalisierungsdiskurses sahen, der relativ eindeutig ausgrenzte und klar zwischen Innen und Außen unterschied.
Gemeinsam mit SOPHIE LEDBUR (Berlin) stellte Volker Hess die Neuerung der psychiatrischen Poliklinik der Berliner Charité als solchen mehrdimensionalen Schwellenraum vor. Im Gegensatz zur geschlossenen Psychiatrie, die in der Tradition von Foucault und Goffman lange Zeit im Mittelpunkt der Forschung stand, öffnete sich die Charité mit ihrer Einrichtung zur ambulanten Behandlung gegenüber dem städtischen Raum und damit auch gegenüber neuen Patientengruppen. Am Beispiel der Agoraphobie, der sogenannten Platzfurcht, führte der Beitrag vor, wie unter dieser veränderten institutionellen Praxis neue und gerade für die städtische Bevölkerung typische Erkrankungen in das Gesichtsfeld der Psychiatrie rückten. Die Poliklinik entwickelte sich zu einem Ort der Wissensgenerierung, an dem Krankheitsbilder im Bereich der Nervenheilkunde weitere Differenzierung erfuhren.
Mit seiner Studie zur psychiatrischen Kinderbeobachtungsstation der Charité siedelte THOMAS BEDDIES (Berlin) seinen Beitrag gleichfalls außerhalb der traditionellen Anstaltsgeschichte an. Im Umgang mit psychisch auffälligen Kindern und Jugendlichen entwickelte sich in den 1920er-Jahren eine intensive Zusammenarbeit zwischen Medizinern, Pädagogen und Vertreterinnen der Jugendfürsorge. Obwohl Beddies’ Fallspiele durchaus längjährige Karrieren von Heranwachsenden in verschiedenen Einrichtungen dokumentieren, bewertete er – anders als ältere Studien zur Jugendfürsorge und Jugendkriminalität – die Entwicklungen in der Weimer Zeit im Vergleich zum Kaiserreich positiver: Die Pubertät wurde als alterspezifischer Schwellenraum anerkannt, dem eine vorschnelle Pathologisierung widersprach.5 Als weitere Argumente führte Beddies sowohl die Pluralisierung der Normen im städtischen Bereich als auch die Pluralisierung der Behandlungsstrategien an, die neben der Anstaltsunterbringung immer häufiger individuell abgestimmte Therapien vorsahen.
Mit der Konzentration auf Einrichtungen der Charité, der Volker Hess eine Vorreiterrolle im psychiatrischen Diskurs zuschrieb, blieb bei diesen beiden Beiträgen lediglich die Frage offen, wie repräsentativ die vorgestellten Entwicklungen für ihre Zeit waren. Ein Vergleich mit ländlichen Praktiken – gerade auch um das spezifisch Urbane herauszuarbeiten – oder mit Tendenzen in anderen Städten oder nationalen Gesellschaften dieser Zeit könnte für die Weiterführung dieser interessanten Projekte fernab der klassischen Anstaltsgeschichte durchaus gewinnbringend sein.
Die kultur- und literaturwissenschaftlichen Beiträge der Sektion thematisierten beide die verwischten Grenzen zwischen der künstlerischen und der wissenschaftlichen Begegnung mit dem Phänomen des Wahnsinns. GABRIELE DIETZE (Berlin) und DOROTHEA DORNHOF (Frankfurt an der Oder) sprachen über den „Transferraum Trance“. Mit Traumtänzerinnen und der Traumbühne von Ernst Schertel identifizieren die beiden Kulturwissenschaftlerinnen einen Ort der Moderne, an dem Hysterie und Manien nicht nur einseitig pathologisiert wurden, sondern an dem Sehnsüchte nach Ursprünglichem und alternativen Erkenntnismöglichkeiten artikuliert wurden, um eine als defizitär wahrgenommene Moderne zu kompensieren. Wissenschaft und wissenschaftliche Experten beteiligten sich an dieser künstlerischen Bewegung und trugen die Frage über den Stellenwert der Hypnose als medizinische Methode in die Fachöffentlichkeit hinein.
Die literarische Auseinandersetzung mit den psychischen Folgen des von Reizüberflutung geprägten Großstadtlebens in der klassischen Moderne ist ein etabliertes Thema in der Literaturwissenschaft. Mit Oskar Panizza hat sich SOPHIA KÖNEMANN (Berlin) einen im Vergleich zu Gottfried Benn weniger bekannten Schriftsteller ausgesucht, der als ausgebildeter Mediziner ebenso wie Benn Erfahrungen in der Nervenheilkunde mitbrachte. Wie Könemann unter anderem zeigte, spiegelt sich in der Erzählung „Corsetten-Fritz“ der damalige Psychiatriediskurs auf vielfältige Weise wider. Für Psychiatrie und die neu aufkommenden Sexualwissenschaften stellte der darin thematisierte Fetischismus ein zu dieser Zeit viel diskutiertes Konzept dar. Darüber hinaus ist die Psychiatrie selbst Gegenstand der Erzählung. Der Fall liest sich als Patientengeschichte; das psychiatrische Gespräch wird zum Ort literarischer Produktion.
Beide Beiträge ließen erkennen, wie Rüdiger vom Bruch in seinem Kommentar resümierte, wie sich in der urbanen Kultur Prozesse der Ent- und Verzauberung bzw. der Rationalisierung und Emotionalisierung miteinander verzahnten – eine Deutung, die ganz der aktuellen Revision des klassischen Narratives der Moderne entspricht. Der Bedeutungsgewinn der wissenschaftlichen Deutungskultur ist nur eine Seite der Geschichte des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Gesellschaftliche Wechselbeziehungen und die Gleichzeitigkeit von Gegenbewegungen müssen – wie die Beiträge verdeutlichen – ebenso in das Bild der (urbanen) Moderne eingebaut werden. Obwohl dieser veränderte Blick auf die Moderne prinzipiell nicht neu ist, scheint es gerade angesichts der aktuellen Periodisierungsdebatte um die Hochmoderne, bei der es zugleich um Kerncharakteristika der Moderne geht, weiterhin notwendig, die Eindimensionalität des klassischen Narrativs der Moderne zu kritisieren.
Neben Medizin und Psychiatrie spiegelte der diesjährige Historikertag auch das geschichtswissenschaftliche Interesse an der Entwicklung der Sozialwissenschaften wider. Dieses Interesse hat in der Allgemeinen Geschichte – hauptsächlich in ihrer sozialgeschichtlichen Ausprägung – durchaus eine längere Tradition. Die Geschichtswissenschaft widmete sich bereits im Kontext bürgerlicher Sozialreform den frühen Vertretern der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und machte sie unter anderem zum Gegenstand einer Intellektuellengeschichte. Das sozialgeschichtliche Interesse an Gesellschaftstheorien beförderte nicht zuletzt eine regelrechte Konjunktur historischer Max-Weber-Forschung.6
Die Sektion „Ökonomien der Aufmerksamkeit im 20. Jahrhundert“ stellte die Sozialwissenschaften nun vorrangig in den Kontext der Mediengeschichte, die derzeit in der Geschichtswissenschaft Konjunktur hat. In der von den Organisatoren des Panels, MALTE ZIERENBERG (Berlin) und CHRISTIANE REINECKE (Berlin), vorgegebenen theoretischen Perspektive wurde sozialwissenschaftliches Wissen in Form von Zuschauer-, Wahl- und Umfrageforschung als wichtiges Kapital in der „Mediengesellschaft“ des 20. Jahrhunderts interpretiert. Im Anschluss an den medientheoretischen Ansatz von Georg Franck gingen die Beiträge von der Marktförmigkeit der medialen Öffentlichkeit aus, infolge derer Forschung für die mediale Öffentlichkeit verwertbares, Aufmerksamkeit erzeugendes Wissen generiert.
Malte Zierenberg betrachtete in seinem Beitrag die westdeutsche Publikumsforschung in ihrem internationalen Entstehungskontext. Im Vergleich zu den angloamerikanischen Vorbildern unterschied sich die in den 1960er-Jahren eingeführte telemetrische Forschung dadurch, dass sie zwar von privaten Firmen durchgeführt wurde, zugleich jedoch unter der Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten stand, die vorrangig aus erzieherischen Motiven Interesse an den Daten hatten. Die Teleskopie, so die These, habe jedoch einen wichtigen Anteil an der Formierung einer westdeutschen Mediengemeinschaft gehabt. Nachdem die Zuschauerbefragung direkter Bestandteil bestimmter Sendeformate wurde, schrieb ihr Zierenberg die Funktion eines Aushandlungsprozesses über Partizipation der Zuschauer an der bundesrepublikanischen Mediengesellschaft zu.
Die Entstehungsgeschichte des Eurobarometers, die ANJA KRUKE (Bonn) in ihrem Vortrag „Aufmerksamkeit für Europa“ verfolgte, verweist ebenso auf erzieherische Motive der Umfrageforschung. Mit dem Ziel, die Öffentlichkeitsarbeit der Europäischen Union zu befördern und zur Bildung einer europäischen Identität beizutragen, führte die Europäische Kommission die serielle Umfrage des Eurobarometers ein. Doch dem volkserzieherischen Projekt, für das unter anderem der renommierte Sozialwissenschaftler Ronald Inglehart als Kooperationspartner gewonnen werden konnte, war nur geringer Erfolg beschieden. Die schwerfällige EU-Bürokratie habe die an sich schon aufwendige Datenerhebung derart verlangsamt, dass die Umfrage nicht mit den Diskussionskonjunkturen der politischen Meinungsbildung Schritt halten konnte. Im technokratischen Erbe und volkserzieherischer Ideal machte Anja Kruke schließlich die Hauptursachen dafür aus, dass das Eurobarometer für Europaforschung für lange Zeit ein konzeptionell rückständiges Instrument blieb.
Während die Marktorientierung im Fall der öffentlich-rechtlichen Anstalten und der Europäischen Kommission doch eher eine untergeordnete Rolle spielte, führte BERNHARD FULDA (Cambridge) in seinen Beitrag zur politischen Meinungsforschung der 1930er-bis 1950er-Jahre vor, wie eng die Entstehung von Wählerumfragen mit dem Ringen amerikanischer Printmedien um die Gunst der Leser verbunden war. Nach dem Vorbild der sich in den 1930er-Jahren etablierten Marktforschung erarbeitete George Gallup eine neue Methode des „scientific polling“. Infolge der erfolgreichen Vermarktung seiner Umfrageforschung eröffnete Gallup Institute rund um den Erdball. Doch das Erfolgsmodell dieser kommerziellen politischen Meinungsforschung geriet in den 1940er-Jahren bereits in die Kritik. Der Inszenierung einer wissenschaftlichen Objektivität widersprach die Entscheidung für kostengünstige Stichproben, die nicht repräsentativ waren und unter anderem Proteste der Civil Rights Bewegung evozierten.
In einem ebenso kritischen Licht beleuchtete KERSTIN BRÜCKWEH (London) die „Vermarktung sozio-kultureller Daten in Großbritannien“. Großbritannien hat eine lange Tradition sozialgeographischer Datenerhebung, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht und aus sozialreformerischen Motiven erwachsen ist. Diese Tradition der „Geodemographics“ wurde in den 1970er-Jahren fortgeschrieben, als die Sozialwissenschaften ihre Expertise in den Dienst der Stadt- und Sozialplanung stellten. Die Dominanz der Marktforschung, die sich seit den 1980er-Jahren zunehmend dieser Form der Datenerhebung bemächtigte, wertete Brückweh jedoch als Bruch mit dieser Tradition: Die Einteilung in soziale Klassen ist inzwischen in Konsum-Charaktere überführt worden; statt wissenschaftlicher Objektivität und Transparenz prägen nun Hochglanzhefte und Patente für die Datenerfassung das Image der Geodemographics. Die Auswirkung der Mächtigkeit der Marktorientierung machte die Referentin sowohl im Transfer öffentlichen Wissens in die Privatwirtschaft als auch in veränderten Strategien der politischen Parteien aus.
Einen deutsch-deutschen Vergleich für die Umfrageforschung machte sich Christiane Reinecke in ihrem Vortrag „Meinung mit und ohne Markt“ zur Aufgabe. Dem praxisnahen Wissenschaftsideal der Ostblockstaaten entsprechend wertet Reinecke die Umfrageforschung in DDR als vorrangig am Zweck der gesellschaftlichen Planung ausgerichtet. Aufgrund der primären ideologischen Aufgabe, Informationen über die Stabilität der sozialen Lage sowie Daten zum materiellen Bedarf zu sammeln, sei die Umfrageforschung sehr eingeschränkt gewesen. Die politische Führung habe neben dem planerischen Nutzen auch die Gefahren einer möglichen gesellschaftlichen Artikulation von Unzufriedenheit abgewogen. Der politisch regulierten Umfrageforschung in der DDR stellte die Referentin die westdeutsche Umfrageforschung im Zeichen der Vermarktung gegenüber. Umfragedaten in Frauenzeitschriften und Unterhaltungsblättern dienten fürs erste als Belege.
Während AXEL SCHILDT (Hamburg) seinen anregenden Kommentar aus der vorgegeben Perspektive der Mediengesellschaft verfasste, hätten sich von einem wissenschaftsgeschichtlichen Standpunkt ausgehend durchaus andere Akzente setzen lassen. Nahezu alle Themen können einen Beitrag für die in der Wissenschaftsgeschichte aktuelle Debatte über angewandte Forschung und den gesellschaftlichen Erwartungs- und Verwertungskontext von Wissenschaft anbieten, ohne dass in dieser Sektion freilich der Begriff der angewandten Forschung selbst eine Rolle gespielt hätte. Das Verhältnis von Öffentlichkeit und Wissenschaft bzw. die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen für Wissenschaft in einer „Mediengesellschaft“ sind ebenso ein aktuelles Thema der Wissenschaftsforschung.7 Die negativen Konsequenzen der Vermarktung, der medialen Vermittlung von Forschung sowie deren Zweckorientierung für die Sozialwissenschaften und den gesellschaftlichen Status von wissenschaftlichem Wissen haben Kerstin Brückweh, Anja Kruke und Bernhard Fulda angesprochen: mangelnde Nachprüfbarkeit, Abfluss von „öffentlichem Wissen“ in die private Wirtschaft, fehlende Repräsentativität der Daten sowie mangelnde konzeptionelle Weiterentwicklung. Christiane Reinecke hob dagegen die finanzielle Förderung und Popularisierungsfunktion durch die Medien als Vorteile hervor. Die These, dass beide Seiten, die gesellschaftliche Öffentlichkeit und die Wissenschaft, voneinander profitieren, wird in der Wissenschaftsgeschichte schon seit längerem betont.8
Die in dieser Sektion verfolge transnationale Perspektive und die damit einhergehende Frage nach dem Wissenstransfer ist für die Wissenschaftsgeschichte schließlich ein weiterer attraktiver Aspekt. Die Mehrzahl der Vorträge betonte die Vorbildfunktion der amerikanischen Umfrageforschung für die deutschen Sozialwissenschaften. Diese Urteile sind anschlussfähig an aktuelle Studien über die Bedeutung der amerikanischen Soziologie insbesondere für den demokratischen Neuanfang der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft.9 Obwohl die für die Geschichte der Sozialwissenschaften relevante Frage nach den eigenen deutschsprachigen Traditionen der Umfrageforschung in der Sektion keine Rolle spielte, gaben die Beiträge insgesamt ein wissenschaftsgeschichtlich anregendes Panel ab.
Schließlich lohnt es sich, die etablierten Epochengrenzen zu überschreiten und einen Blick zurück in die vormoderne Welt der Wissenschaft zu werfen. „Was als Wissenschaft gelten darf?“, diese klassische und zugleich immer wieder aktuelle Grenzziehungsfrage diskutierten Vertreter spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Geschichte sowie eine Volkskundlerin. In seinem einführenden Referat schloss FRANK REXROTH (Göttingen) die grundlegende Fragestellung der Sektion an systemtheoretische Überlegungen an. Gerade für die Vormoderne sei lange Zeit die Autonomie der Wissenschaft bestritten worden. Doch die Universitäten ließen sich seiner Meinung nach sehr wohl als institutioneller Ort einer autonomen, selbstregulierten Wissenschaft definieren. Rexroth betonte mit Blick auf die Scholastik, dass sich trotz der Verknüpfung von Glaube und Gelehrtentum genuin philosophische Regeln herausbildeten. Auch das vorherrschende Bild, die Scholastik habe nicht dem modernen wissenschaftlichen Kriterium der Generierung von neuem Wissen entsprochen, wollte er revidiert sehen.
CASPAR HIRSCHI (Zürich) betonte in seinem Beitrag „Die Grenzen der Gelehrtenrepublik“ sogleich den Unterschied der frühneuzeitlichen Gelehrtenwelt gegenüber dem Mittelalter einerseits und der modernen Wissenschaft andererseits: Sie sei eben nicht gekennzeichnet durch eine institutionelle Gebundenheit und habe daher andere Strategien der In- und Exklusion finden müssen. Die Metapher der Gelehrtenrepublik, in der republikanisch-wissenschaftliche Tugenden vorherrschen, in der – satirisch gewendet – Gerichte Urteile über wissenschaftliche Kontroversen fällen und Barbiere als Kritiker den Autoren den Bart stutzen, kommunizierte die Unabhängigkeit des wissenschaftlichen Denkens. Hirschi verortete die Bedeutung dieser Metapher im Konflikt von humanistischen Idealen mit den Normen der Hofkultur. In dieser konkreten historischen Situation erfüllte die Metapher die Funktion der Reinigung und Verschleierung, um Autonomie zu inszenieren und zu behaupten.
Die Ambivalenz der Differenz „wissenschaftlich/nicht-wissenschaftlich“ stellten insbesondere der Vortrag von SABINE DOERING-MANTEUFFEL (Augsburg) über „Seher und Propheten in der Volkskultur des 17. und 18. Jahrhunderts“ sowie MATTHIAS HEIDUKs (Göttingen) Beitrag über die Gruppe der Hermetiker im 12. und 13. Jahrhundert heraus. Die hermetische Lehre begründete ihre Tradition als mythisches Offenbarungswissen, das nur für Auserwählte zugänglich war, die der Geheimhaltung verpflichtet waren. Diese Kriterien genügten lange Zeit der Forschung, um die finale Exklusion der hermetischen Disziplin aus dem universitären Kanon zu erklären. Doch Heiduk hielt dagegen, dass Geheimwissen und Geheimsprache durchaus auch Strategien der Selbstbehauptung und der Prestigesteigerung der anerkannten Disziplinen waren. Das Wissen über und die Bezugnahme auf hermetische Schriften wies Heiduk nicht zuletzt als Teil dieser Strategien in den etablierten Disziplinen aus. Spiegelbildlich dazu hob Sabine Doering-Manteuffel für den Bereich des Okkultismus Prozesse der Verschriftlichung und der offenen Kommunikation hervor. Die Grenze zwischen Geheimwissen und offenem Austausch sowie von religiös und rational sei nicht sauber zu ziehen.
Mit seinem Beitrag zum intellektuellen Prekariat fügte MARTIN MULSOW (Erfurt/Gotha) aus einer stärker sozialgeschichtlichen Perspektive weitere Aspekte der Unschärfe wissenschaftlicher Grenzziehungen hinzu. Die Inflation auf dem akademischen Markt in der Frühen Neuzeit bedeutete für viele Gelehrte eine unsichere Lebenssituation, die Anpassungsleistungen erforderte und insbesondere den Gang an die Herrscherhöfe beförderte. Neben dem existentiellen Prekariat identifizierte Mulsow des Weiteren intellektuelle Doppelexistenzen, die sich einerseits als akademische Gelehrte etabliert hatten, zugleich aber im Geheimen und unter Pseudonymen nicht anerkannte und disqualifizierte Lehren vertraten und sich damit in prekäre, für ihre gesellschaftliche Stellung risikoreiche Sprechsituationen begaben.
Nach der eingangs von Frank Rexroth gestellten Forderung, dass die üblichen epochalen Zuschreibungen einer Revision bedürften, ist es schade, dass die Sektion selbst nicht die Grenze zur Neueren und Neusten Geschichte überschritten hat. Allein der Vergleich zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit verdeutlichte bereits, dass sich erstens keine lineare Geschichte der (institutionellen) Ausdifferenzierung des Wissenschaftssystems erzählen lässt und dass sich zweitens Grenzen nicht unbedingt in festen institutionellen Ordnungen niederschlagen müssen. Angesichts der wiederkehrenden Virulenz der Grenzziehungsdebatten erscheint das geschichtswissenschaftliche Wagnis einer Diskussion über mehrere Epochengrenzen hinweg durchaus lohnenswert. In der aktuellen Wissenschaftsforschung stehen die Bedeutung von Grenzziehungsarbeit sowie die Aussagekraft des soziologischen Paradigmas der Ausdifferenzierung zur Diskussion. Bruno Latour etwa kritisiert die trennende Reinigungsarbeit als spezifische Strategie der Moderne, um die hybriden sozialen Netzwerke zu verschleiern. Während Latour eben gerade nicht mehr nach den Grenzen fragen möchte, stellen andere Wissenschaftsforscher wie etwa Thomas F. Gieryn die Grenzziehungsarbeit in den Vordergrund.10 Dabei betont letzterer gerade die Pluralität und situative Flexibilität des wissenschaftlichen „boundary work“, infolge dessen scheinbar widersprüchliche Grenzen durchaus gleichzeitig gezogen werden. Die Sektion hat jedenfalls gezeigt, dass die Geschichtswissenschaft einen wichtigen Beitrag zu dieser aktuellen wissenschaftstheoretischen Debatte leisten kann: Grenzziehungsdebatten bzw. Verschleierungstechniken sind nichts spezifisch Modernes. Zugleich zeigen die verschiedenen historischen Beispiele, dass Grenzen sowohl in synchroner wie auch in diachroner Perspektive recht variabel sein können.
Auf der Grundlage der hier vorgestellten Sektionen lässt sich aus wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive über den Historikertag folgendes Fazit ziehen: Erstens hat in Bezug auf das Oberthema die Mehrzahl der Beiträge verdeutlicht, dass Grenzziehungen für die Wissenschaft selbst und ihre gesellschaftliche Verortung ein wichtiges und aktuelles Thema sind. Der Blick auf die Grenzthematik hat sich in den letzten Jahren jedoch deutlich verändert: Gesellschaftliche Differenzierungsleistungen und ihre hervorgebrachten Trennungen werden nicht mehr als stabile, vorgegebene institutionelle Ordnungen interpretiert. Vielmehr betonen aktuelle Studien stärker die Uneindeutigkeit, Flexibilität und Komplexität von Grenzen, so dass zum einen der dynamische Aushandlungsprozess selbst und zum anderen die Schwellen- und Zwischenräume ins Zentrum des Interesses rücken. Wissenschaftliche Autonomiebestrebungen einerseits und der gesellschaftliche Entstehungs- und Verwertungsprozess von wissenschaftlichem Wissen müssen in ihrer Gleichzeitigkeit und Reziprozität untersucht werden.
Zweitens lässt sich im Hinblick auf den disziplinären Standort der Wissenschaftsgeschichte festhalten, dass sich wissenschaftliches Wissen inzwischen in der Allgemeinen Geschichte als feste Untersuchungskategorie etabliert hat. Trotzdem scheint es noch immer gewisse Hemmnisse zu geben, sich auch mit den „harten“ Wissenschaften auseinanderzusetzen. Die unterschiedlichen epistemischen Kulturen von Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften mögen eine Erklärung sein. Das grundsätzlich gestiegene Interesse an wissenschaftsgeschichtlichen Aspekten bildet jedenfalls eine gute Voraussetzung, den Austausch mit der Wissenschaftsgeschichte zu intensivieren. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die gegenseitigen Aufmerksamkeitskonjunkturen nicht verschieben und sich die Wissenschaftsgeschichte bereits wieder auf dem Rückzug zu einer immanenten, vorrangig wissenschaftsphilosophisch motivierten Perspektive befindet.
Anmerkungen:
1 Charles P. Snow, The Two Cultures and the Scientific Revolution, Cambridge 1959.
2 Vgl. folgende Sektionen: Die Technisierung der Ernährung und die Grenzen des „Natürlichen“. Beiträge zur Technikgeschichte der Ernährung vom ausgehenden 19. bis ins 21. Jahrhundert; Grenzgänge zwischen Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaften. Zur Historischen Semantik einer gesellschaftlichen „Leitwissenschaft“; Creating a World Population: The Global Transfer of Techniques of Population Control in the 20th Century; Ökonomien der Aufmerksamkeit im 20. Jahrhundert. Eine transnationale Perspektive auf Techniken der Messung, Vermarktung und Generierung von Aufmerksamkeit.
3 Über Grenzen der Disziplinen: Das Zeitalter der Extreme und seine Deutung im Schnittpunkt von Geistes-, Rechts- und Neurowissenschaften. Leider wurde diese Sektion kurzfristig abgesagt.
4 2007 erschien bei suhrkamp die deutsche Übersetzung von Latours „Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft“. Siehe die hier besprochene Sektion „Geschichten von Menschen und Dingen – Potentiale und Grenzen der Verwendung der ANT“.
5 Zu älteren Wertungen vgl. z.B. Detlev Peukert, Grenzen der Sozialdisziplinierung. Aufstieg und Krise der deutschen Jugendfürsorge von 1878 bis 1932, Köln 1986.
6 Siehe etwa die neu edierten Aufsätze von Rüdiger vom Bruch, Gelehrtenpolitik, Sozialwissenschaften und akademische Diskurse in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 2006; außerdem die ebenfalls neu edierten Aufsätze von Gangolf Hübinger, Gelehrte, Politik und Öffentlichkeit. Eine Intellektuellengeschichte, Göttingen 2006; Detlev Peukert, Max Webers Diagnose der Moderne, Göttingen 1989 sowie die vielen Schriften von Wolfgang Mommsen zu Max Weber.
7 Vgl. etwa Peter Weingart, Die Stunde der Wahrheit. Zum Verhältnis der Wissenschaft zu Politik, Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft, Weilerswist 2001.
8 Beispielsweise Sybilla Nikolow (Hrsg.), Wissenschaft und Öffentlichkeit als Ressourcen füreinander: Studien zur Wissenschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2007.
9 Uta Gerhardt, Denken der Demokratie. Die Soziologie im atlantischen Transfer des Besatzungsregimes – vier Abhandlungen, Stuttgart 2007; Dies., Soziologie im zwanzigsten Jahrhundert. Studien zu ihrer Geschichte in Deutschland, Stuttgart 2009, Kap. III u. IV.
10 Thomas F. Gieryn, Cultural Boundaries of Science. Credibility on the Line, Chicago 1999.