Max Weber im Kontext - Gesammelte Schriften, Aufsaetze und Vortraege: CD-ROM

Titel
Max Weber im Kontext. Gesammelte Schriften, Aufsaetze und Vortraege


Herausgeber
-
Reihe
Literatur im Kontext auf CD-ROM 7
Anzahl Seiten
Preis
DM 148,- / Studierende: DM 118,-
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Prof. Dr. Aloys Winterling, Universität Bielefeld Fakultät für Geschichtswissenschaft und Philosophie Universitätsstraße 25 D-33615 Bielefeld

Max Weber im Kontext

Zu besprechen ist ein beeindruckendes Erzeugnis digitaler Datentechnik: eine
CD-ROM, auf der die Hauptwerke Max Webers (1864-1920), eines der
bedeutendsten Vordenker der modernen Gesellschafts- und
Kulturwissenschaften, gespeichert sind. Webers "Wirtschaft und Gesellschaft"
(mit Einschluss der Schrift "Die rationalen und soziologischen Grundlagen
der Musik"), die sieben Bände seiner Gesammelten Aufsätze, seine
Habilitationsschrift über die Agrargeschichte des antiken Rom und
verschiedene weitere Texte, die im traditionellen Druckverfahren insgesamt
rund 5000 Seiten (und ca. 1/2 Meter Bücherregal), in der derzeit
entstehenden historisch-kritischen Max-Weber-Gesamtausgabe (MWG) ein
mehrfaches davon umfassen, sind hier auf einer Plastikscheibe versammelt,
die sich leicht in jeder Westentasche unterbringen lässt. In das
CD-ROM-Laufwerk eines PC eingelegt, kann man die Texte aufrufen, am
Bildschirm lesen, eigene Lesezeichen oder Anmerkungen einfügen, einzelne
Kapitel ausdrucken oder auch Passagen in Textprogramme kopieren. Vor allem
aber kann man die Weberschen Werke nach Begriffen oder Begriffskombinationen
unterschiedlichster Art durchsuchen lassen. Dies ermöglicht in
Sekundenschnelle einen selektiven Zugriff, der bislang - da die alten
Ausgaben der Gesammelten Aufsätze über keine Register verfügen und die
neue MWG noch lange nicht abgeschlossen ist - wochenlange Lesetätigkeit
(oder zumindest stundenlanges Blättern in Registern und Texten) erforderte.
Forscher, die - wie der Rezensent - neue Medien nicht unbedingt aus Spaß an
der Freud', sondern erst dann nutzen, wenn sie gegenüber traditionellen
Printmedien unbestreitbare Vorzüge bieten, müssen feststellen: Dies ist
hier definitiv der Fall. Die CD gibt es zu einem Preis, der mit 148,- DM
(für Studierende 118,- DM) nur etwa die Hälfte dessen ausmacht, was man
derzeit für die erhältlichen broschierten Nachdrucke ausgeben muss, und
der weit unter dem liegt, was ein einzelner der auf 27 Bände konzipierten
Kritischen Ausgabe der Schriften und Reden Webers kostet.

Die technischen Voraussetzungen für den Betrieb der CD (Windows '95/'98/NT
ab 4.0) werden von den heute gängigen PCs erfüllt. Die Software ViewLit
2.6 lässt sich problemlos installieren, die CD ohne Schwierigkeiten
starten. Seit September '99 bietet der Verlag auch eine neue, per Diskette
anforderbare Version ViewLit 1.7a für die Macintosh-Nutzung an. Die
Know-how-Voraussetzungen des Nutzers sind minimal: Wer mit den gängigen
Textverarbeitungsprogrammen unter Windows vertraut und schon mal im Internet
gesurft ist, kommt auf Anhieb mit der CD zurecht. Das Layout ist
übersichtlich in bis zu drei in der Größe variierbare Fenster gegliedert;
mit Menü- und Symbolleisten ist man schnell vertraut.

Beim Start erscheint eine Titelseite mit einer inhaltlich gegliederten
Kurzübersicht der Weberschen Werke (und dem Konterfei des großen
Soziologen), von der aus man durch Anklicken der entsprechenden Zeilen zu
detaillierteren Inhaltsübersichten und von dort weiter zu den Texten selbst
gelangt. Die Übersicht über das komplexe Webersche Werk wird zudem durch
weitere, mit den Texten durch Links verbundene Verzeichnisse erleichtert:
einen "Inhaltsbaum", der durch ein Symbol auf der Kopfleiste aktiviert
werden kann, eine "Gesamtinhaltsübersicht", sowie ein besonders hilfreiches
Verzeichnis der Referenzausgaben, auf denen der CD-Text basiert (dazu
unten). Hier kann man die einzelnen Bände der Gesammelten Aufsätze und
"Wirtschaft und Gesellschaft" in ihren ursprünglichen Inhaltsverzeichnissen
durchgehen und die gesuchten Aufsätze bzw. Kapitel ansteuern. Des weiteren
verfügt die CD über ein Gesamtverzeichnis der Weberschen Schriften, das
offenbar auf einer Zusammenstellung Johannes Winckelmanns und dem Prospekt
der MWG basiert 1, ein Verzeichnis von Sekundärliteratur (beide weisen
verschiedene Ungenauigkeiten auf; die Auswahl aus der umfangreichen
Sekundärliteratur erscheint eher zufällig) sowie eine Übersicht der
Biographie Max Webers und wichtiger Ereignisse seiner Zeit.

Die Schriftgröße der Texte ist individuell einstellbar; Schrifttypen
(Normal, Petit, Webersche Marginalien, Altgriechisch) entsprechen dem
Buchdruck. In den Marginalien wird zusätzlich durch Angabe von Kürzeln und
Zahlen (in Graudruck) der Seitenwechsel in den zugrundegelegten
Referenzausgaben angegeben. Beim Anklicken von Anmerkungsziffern erscheint
im linken Fenster die gewünschte Fußnote; ebenso kann in umgekehrter Weise
von der Fußnote aus der Text angesteuert werden. Der Umgang mit dem
Suchprogramm erfordert eine gewisse Einübung: Gibt man zwei Begriffe
gleichzeitig ein und verwendet die Voreinstellung "und", so werden -
unabhängig von der gewählten Bandbreite der "Nahebei-Suche" - alle
Fundstellen beider Begriffe (unabhängig voneinander) angezeigt. Zum
Auffinden ganz bestimmter Weberscher Wortkombinationen (etwa bei der Suche
nach Stellen, die in der Sekundärliteratur mit falschem Fundort zitiert
wurden) müssen diese in Anführungszeichen gesetzt werden. (Darauf hätte
man an zentraler Stelle hinweisen können.) Durch Eingabe von Kürzel und
Seitenzahl kann man zudem die entsprechenden Seiten der Referenzausgaben
ansteuern. Nach leichten Anlaufschwierigkeiten lernt man das Suchprogramm
als ausgezeichnetes Hilfsmittel schätzen.

Von zentraler Bedeutung für die (wissenschaftliche) Nutzung ist zweifellos
die Textgrundlage, auf der die CD basiert. Für die mit den Problemen der
Weber-Philologie weniger Vertrauten sei daran erinnert, dass zu Webers
Lebzeiten nur seine Qualifikationsschriften - die Dissertation über die
Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter (1889) und die
Habilitationsschrift über die römische Agrargeschichte (1891) - sowie die
Untersuchung über die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland
(1892) in Buchform erschienen sind. Eine Vielzahl weiterer Beiträge wurde
von ihm als Aufsätze oder Artikel publiziert, während ein Grossteil gerade
seiner rezeptionsgeschichtlich wichtigen, später zu "Wirtschaft und
Gesellschaft" vereinten Arbeiten nach seinem Tod lediglich in Manuskriptform
vorgefunden wurde. Webers Ehefrau Marianne veranlasste dann in den Jahren
1921 bis 1924 die Neupublikation seiner verstreuten Schriften in den sieben
thematisch zusammengestellten Bänden der Gesammelten Aufsätze 2,
andererseits initiierte sie das seitdem als Webers Hauptwerk geltende Buch
"Wirtschaft und Gesellschaft" (1. vollständige Aufl. 1922, 5. Aufl. 1972):
Es besteht aus einem von Weber ca. 1919 bis 1920 verfassten, von ihm selbst
noch für die dritte Abteilung des "Grundriss der Sozialökonomik" zum Druck
gegebenen Text, der u.a. die berühmten kategorialen Bestimmungen von
"Soziologie", "Sinn", "Sozialem Handeln", "Herrschaft" etc., die Analysen
wirtschaftlichen Handelns sowie die (kürzere) Herrschaftssoziologie
enthält und der in den verschiedenen Auflagen von "Wirtschaft und
Gesellschaft" jeweils die S. 1 - 180 einnimmt (= erster, jüngerer Teil);
sodann aus den genannten Manuskripten, die von Weber vermutlich in den
Jahren 1909-1912 bzw. 1912-1914 verfasst worden sind, die sich thematisch
teilweise mit dem ersten (jüngeren) Teil überschneiden und die von ihm
jedenfalls in dieser Form nicht für den Druck vorgesehen waren (= älterer
Teil): Es handelt sich v.a. um die Analyse der "Gemeinschaften", die
Religions-, die Rechts- und die (umfangreichere) Herrschaftssoziologie sowie
um die Abhandlung "Die Stadt". Bei der Herausgabe ließ sich Marianne Weber
von verschiedenen, aus heutiger Sicht nicht haltbaren Prämissen über die
"Gesamtkonzeption" der Arbeiten leiten, was zu Umstellungen, veränderten
Kapitelüberschriften und weiteren Texteingriffen führte. Seit den 50er
Jahren nahm sich dann Johannes Winckelmann der Weberschen Schriften an: Zwei
Bände der Gesammelten Aufsätze (die "Wissenschaftslehre" und die
"Politischen Schriften") legte er unter Heranziehung zusätzlicher, früher
publizierter Aufsätze in erweiterter Form vor (die anderen Bände der
Gesammelten Aufsätze wurden bis zu den heutigen Taschenbuchausgaben jeweils
nur nachgedruckt). Vor allem aber bearbeitete er "Wirtschaft und
Gesellschaft": Einerseits verbesserte er eine größere Zahl
grammatikalischer Unebenheiten, inhaltlicher sowie orthographischer Fehler,
deren Ursache in der schwierig zu lesenden Handschrift Webers und seiner
Verwendung spezieller Fachtermini unterschiedlichster Wissenschaftsbereiche
begründet war. Er erstellte einen Kommentarband, der u.a. offensichtliche
Bezüge zu zeitgenössischen Publikationen, die Weber als Quelle gedient
hatten, rekonstruierte. Zudem versuchte Winckelmann, einer auch von ihm
unterstellten Weberschen "Gesamtkonzeption" durch erneute
Kapitelumstellungen gegenüber den früheren Auflagen sowie durch eine als
"Staatssoziologie" bezeichnete Montage Weberscher Texte unterschiedlicher
Provenienz gerecht zu werden 3.

Die seit den 80er Jahren als historisch-kritische Edition betriebene MWG 4
musste demgegenüber hinter den Winckelmannschen Stand der Weber-Philologie
zurückgehen: Sie basiert auf den Texten, die der "letzten Hand" am
nächsten sind, d.h. - da der überwiegende Teil der Weberschen Manuskripte
mittlerweile verloren ist - bei den Monographien und Aufsätzen auf den
jeweiligen Erstpublikationen, bei den in "Wirtschaft und Gesellschaft"
zusammengefassten inhomogenen Textmassen weitgehend auf der Erstausgabe
Marianne Webers von 1922. Diese wird derzeit nun in unterschiedlichen
Bänden für die kritische Neuausgabe vorbereitet: Teil I der Erstausgabe,
für den die noch von Weber selbst korrigierten Druckfahnen erhalten sind,
als "Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie. Unvollendet 1919-1920" (= MWG
I 23), die übrigen Teile, die Marianne Weber aus den (damals noch
vorhandenen) Manuskripten vorlegte, als "Wirtschaft und Gesellschaft. Die
Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlass" (=
MWG I 22, 1-6) 5.

In dieser philologisch vertrackten Situation waren dem Herausgeber der CD
"Max Weber im Kontext" in zwei Hinsichten die Hände gebunden: Aus Gründen
des Urheberrechts konnte nicht auf die Textgrundlage der späteren
Winckelmannschen Ausgaben der "Wissenschaftslehre" und der "Politischen
Schriften" sowie auf die späteren Auflagen von "Wirtschaft und
Gesellschaft" - und natürlich erst recht nicht auf die mittlerweile
vorliegenden Neueditionen der MWG - zurückgegriffen werden. Andererseits
war es ausgeschlossen, eine eigenständige historisch-kritische Edition in
Konkurrenz zu dem seit Jahren laufenden Mammutunternehmen MWG zu versuchen.

Die Entscheidung über die Textgrundlage, die im editorischen Vorwort kurz
begründet wird, lässt sich als pragmatisch und der Sache angemessen
bezeichnen: Es wurden nicht alle von Max Weber verfassten Schriften, sondern
lediglich die rezeptionsgeschichtlich wichtigsten aufgenommen, d.h. konkret
die in den sieben Bänden der Gesammelten Aufsätze zusammengefassten
Schriften, "Wirtschaft und Gesellschaft" (jeweils nach den Erstauflagen der
20er Jahre) sowie die "Römische Agrargeschichte" (nach dem Text der
Originalausgabe von 1891). Dabei wurde Bd. 1 der "Gesammelten Schriften zur
Religionssoziologie" v.a. um Webers "Antikritiken" zu seinem
Protestantismusaufsatz (nach den Erstdrucken im "Archiv für
Sozialwissenschaft und Sozialpolitik") ergänzt; die von Wickelmann in den
erweiterten Auflagen der "Wissenschaftlehre" und der "Politischen Schriften"
zusätzlich aufgenommenen Schriften Webers wurden ebenfalls nach den
Erstdrucken (meist im "Archiv") - ungekürzt - hinzugefügt; die
"Musiksoziologie", von Marianne Weber in der 1. Aufl. von "Wirtschaft und
Gesellschaft" zunächst weggelassen, wurde nach dem Abdruck in der 2. Aufl.
aufgenommen.

Die editorische Behandlung der Texte selbst erfolgte - so der Herausgeber -
in Form einer neuen Durchsicht. Emendationen und Konjekturen wurden
beschränkt auf eindeutige Fälle von Druckfehlern oder Verschreibern, die -
sofern es sich nicht um Marginalkorrekturen, z.B. Buchstabendreher, handelt
- durch Graudruck gekennzeichnet sind. Nach den Stichproben des Rezensenten
wurde dieses editorische Verfahren durchweg zuverlässig durchgeführt.
Druckfehler (bzw. Fehler beim Scannen) fanden sich nur ganz vereinzelt (so
"Charismatimus" statt "Charismatismus" im Wortindex; "fegtsteht" statt
"feststeht" in den "Gesammelten Aufsätzen zur Soziologie und Sozialpolitik"
[CD SP 249]).

Der Ausgang von den jeweiligen Erstauflagen der Gesammelten Aufsätze und
von "Wirtschaft und Gesellschaft" bietet Vor- und Nachteile: Aufgrund der
Editionsprinzipien der MWG, die jeweils von den frühesten Fassungen der
Texte Webers ausgeht und damit einen großen Teil der Winckelmannschen
Konjekturen wieder rückgängig macht 6, ist die Kompatibilität der CD
mit der (im Entstehen befindlichen) Kritischen Ausgabe sogar erhöht worden
- zumindest was "Wirtschaft und Gesellschaft" angeht. Da in den Marginalien
der Neuausgabe der MWG (wie beim Text der CD) die Seitenzählung der 1.
Aufl. angegeben wird, ist zudem eine schnelle Kontrolle des Textes anhand
der kritischen Ausgabe möglich, was nicht der Fall gewesen wäre, wenn die
letzte Winckelmannsche Auflage zugrundegelegt worden wäre (bzw.: bei
anderer Urheberrechtssituation hätte zugrundegelegt werden können).
Andererseits sind viele Winckelmannsche Textverbesserungen unabweisbar, so
dass sie auch in der neuen Edition Aufnahme finden (werden), während der
CD-Text die unverbesserte Version bietet 7.

Bei den Aufsätzen Webers schließlich wird bei der MWG nicht - wie bei der
CD - der Text der Gesammelten Aufsätze, sondern der jeweilige Erstdruck als
Textgrundlage verwandt. Der Vergleich des CD-Textes mit der kritischen
Ausgabe wird hier schwieriger und auf die den MWG-Bänden beigegebenen
Seitenkonkordanzen der verschiedenen Ausgaben angewiesen sein. Hilfreich
wäre es gewesen, wenn auch der CD-Text auf der Basis der Erstdrucke
erstellt worden wäre oder wenn zumindest in den Marginalien die
entsprechenden Seitenzählungen hinzugefügt worden wären.

Gerade bei den fünf Bänden der Gesammelten Aufsätze, die seit den
zwanziger Jahren nur unverändert nachgedruckt worden sind und deren
kritische Durchsicht meist fachwissenschaftliches Spezialwissen erfordert,
zeigen sich zudem vereinzelt die Grenzen der zugrundegelegten Textbasis und
der Möglichkeiten eines einzelnen Herausgebers: So ergibt etwa ein
genauerer Vergleich der beiden gedruckten Fassungen des Abschnitts "6. Rom,
a) Der Stadtstaat" von Webers umfangreicher Arbeit "Agrarverhältnisse im
Altertum" 8 mit dem Text der CD, dass 1. Textverderbnisse beider Ausgaben
verbessert wurden 9, dass 2. solche verbessert (und durch Graudruck
gekennzeichnet) wurden, die nur durch den Neudruck in den Gesammelten
Aufsätzen entstanden sind 10 - was beim Ausgang vom Erstdruck
überflüssig gewesen wäre -, dass 3. gelegentlich ebensolche Fehler des
Neudrucks gegenüber dem Erstdruck in den CD-Text übernommen wurden 11,
schließlich dass 4. (nur) für Fachleute offensichtliche Fehler beider
Ausgaben übernommen wurden 12. Unregelmäßigkeiten der CD-Version
gegenüber der Textgrundlage in den Gesammelten Aufsätzen fand der
Rezensent nur bei einer Verwechslung von Petit- und Normaldruck 13.

Hinsichtlich der wissenschaftlichen Zitierfähigkeit des CD-Textes ist somit
festzustellen: Er ersetzt keine kritische Ausgabe (und dies ist
expliziterweise auch gar nicht sein Anspruch). Sofern daher neuere Editionen
vorliegen (wie bei den Winckelmannschen Ausgaben von "Wirtschaft und
Gesellschaft", der "Wissenschaftslehre" und der "Politischen Schriften"
sowie bei den vorliegenden Bänden der MWG), werden diese vergleichend
heranzuziehen sein. Wo das nicht der Fall ist, ist der Text der CD ebenso
zitierfähig wie der der zugrundegelegten Referenzausgaben. Im übrigen
bleibt insgesamt abzuwarten, wie sich in der alltäglichen Praxis das
"Weber-Zitat" entwickeln wird, d.h. v.a. ob sich die Seitenzählung der für
den einzelnen Forscher praktisch unerschwinglichen MWG als neuer Standard
wird durchsetzen können.

Fazit: Die CD "Max Weber im Kontext" ist ein vorzügliches,
benutzerfreundliches und zuverlässiges Arbeits- und Informationsmittel für
alle, die sich wissenschaftlich mit dem Werk Max Webers beschäftigen - sei
es im Rahmen ihrer Einzelwissenschaften als Soziologen, Historiker,
Wirtschafts-, Rechts-, Politik- oder Religionswissenschaftler, sei es im
Rahmen weberphilologischer und -werkgeschichtlicher Spezialforschung.
Daneben ist sie aber auch empfehlenswert für alle an Weber interessierten
Nichtwissenschaftler und Studierenden, die hier einen schnellen und
übersichtlichen Zugang zu den wichtigsten Werken des großen Denkers
bekommen. Wird sie ersteren als exzellentes Hilfsmittel zusätzlich zu den
neuen kritischen Ausgaben dienen, so kann sie letzteren als preisgünstige
und platzsparende Alternative die älteren gedruckten Texte ersetzen.

Es ist zu hoffen, dass der Verleger Karsten Worm, der bereits mehrere CDs in
seiner Reihe "im Kontext" vorgelegt hat - so zu Platon (in der Übersetzung
Schleiermachers), Kant und Fichte -, oder auch andere, ähnlich
qualifizierte EDV-Editoren auf diesem Weg voranschreiten. Zumal die
angekündigte zweisprachige (griechisch-deutsche) Platon-Ausgabe, der
hoffentlich weitere CDs antiker Autoren folgen werden, dürfte auf ein
Publikumsinteresse stoßen, das zu befriedigen sich lohnen wird.

Anmerkungen:

1 Siehe: Verzeichnis der Schriften Max Webers, in: Max Weber, Soziologie,
universalgeschichtliche Analysen, Politik, hrsg. v. Johannes Winckelmann, 5.
Aufl., Stuttgart 1973, 490-505; Martin Riesebrodt, Bibliographie zur Max
Weber-Gesamtausgabe, in: Prospekt der Max Weber Gesamtausgabe, hrsg. v.
Horst Baier u.a., Tübingen o.J. (1981), 16-32.
2 Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, 3 Bde.,
Tübingen 1920-1921 (Textkürzel CD: PI - III); Gesammelte Politische
Schriften, München 1921 (PS); Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre,
Tübingen 1922 (WL); Gesammelte Aufsätze zur Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte, Tübingen 1924 (SW); Gesammelte Aufsätze zur
Soziologie und Sozialpolitik, Tübingen 1924 (SP).
3 Siehe Wolfgang Schluchter, "Wirtschaft und Gesellschaft" - Das Ende
eines Mythos, in: Johannes Weiss, Max Weber heute. Erträge und Probleme der
Forschung, Frankfurt am Main 1989, 55-98; zuletzt Horst Baier u.a., Zur
Edition von "Wirtschaft und Gesellschaft", in: Max Weber, Wirtschaft und
Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und
Mächte. Nachlass. Teilband 5: Die Stadt, hrsg. von Wilfried Nippel, (MWG I
22, 5), Tübingen 1999, VII-XVII.
4 Über die bislang erschienenen und die noch geplanten Bände informiert
aktuell die Homepage des Verlages Mohr/Siebeck: http://www.mohr.de/mwg.htm.
5 Vgl. zuletzt Baier u.a., Zur Edition von "Wirtschaft und Gesellschaft"
(wie Anm. 3).
6 Beispiele lassen sich mittels des kritischen Apparats der MWG ausfindig
machen; s. etwa: Weber, MWG I 22, 5 (wie Anm. 3) 69 Z. 20: "bildet nun einen
Teil" (Nippel); ebenso: Wirtschaft und Gesellschaft, 1. Aufl., 517 (Marianne
Weber); ebenso: CD WG 517; demgegenüber: Wirtschaft und Gesellschaft, 5.
Aufl., 731: "bildet nur einen Teil" (Winckelmann).
7 Beispiel: Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl., 753: "so war es auch in
Köln" (Winckelmann); ebenso: MWG I 22, 5 (wie Anm. 3) 133 Z. 29 (Nippel);
dagegen: Wirtschaft und Gesellschaft, 1. Aufl., 539: "so war es auch in Rom"
(Marianne Weber); ebenso: CD WG 539.
8 Erstdruck in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Aufl., Bd. 1,
1908/1909, 52-188; Wiederabdruck: Gesammelte Aufsätze zur Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte, 1-288 (= Textgrundlage der CD-Version).
9 So CD SW 197 "Waagen" statt Erstdruck 144 und SW 197 jeweils "Wagen".
10 So CD SW 192 ebenso wie Erstdruck 142 "akzeptiert" statt SW 192
"akzepziert".
11 So Erstdruck 187 richtig "Tribus" und "Lachmannschen", SW 287 und CD SW
287 jeweils inkorrekt "Triebus" und "Lackmannschen".
12 So Erstdruck 145, SW 199, CD SW 199 jeweils "Analistik" statt
"Annalistik".
13 So CD SW 196 Z. 1.