Constitutiones O.F.P. CD-ROM

Cover
Titel
Constitutiones et Acta Capitulorum Generalium Ordinis Fratrum Praedicatorum 1232-2001.


Herausgeber
Istituto Storico Domenicano Roma
Reihe
Digitale Bibliothek: spezial
Erschienen
Anzahl Seiten
1 CD-ROM + 31 S. Einf.
Preis
€ 198,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Eric Steinhauer, Universitätsbibliothek, Technische Universität Ilmenau

Mit den bekannten Funktionalitäten der Digitalen Bibliothek sind grundlegende Texte des Eigenrechts der Dominikaner auf einer CD in der Reihe Digitale Bibliothek Spezial erschienen, herausgegeben vom Istituto Storico Domenicano in Rom unter der Projektleitung von Fr. Wolfram Hoyer OP. Damit legt die Digitale Bibliothek eine vornehmlich dem wissenschaftlichen Gebrauch dienende Edition auf, die sich insoweit von den übrigen Produkten des Hauses unterscheidet, die regelmäßig ein breiteres Publikum im Blick haben. Die CD wird zusammen mit einer 31-seitigen, gut verständlichen Einführung in die Software geliefert. Inhaltlich erfährt man auf der Hülle, dass Konstitutionen und Generalkapitelsakten in der Zeit von 1232 bis 2001 enthalten sind. Grundlage hierfür sind bereits publizierte Sammlungen, die nicht in allen Bibliotheken zur Verfügung stehen und auch dem spezialisierten Forscher im Handapparat in der Regel nicht zugänglich sind. So gesehen ist die digitale Form des Dominikanischen Ordensrechts ein interessantes und willkommenes Produkt. Den genauen Inhalt der CD - mehr als 25.800 Seiten (!) - erfährt man leider nicht im Begleitmaterial, sondern erst nach der Installation. Hier ein kursorischer Überblick:

Konstitutionen von 1256 (Die Titelseite nennt sie fälschlich: Constitutiones Monialium Sacri Ordinis Praedicatorum); Konstitutionen der Nonnen von 1259; Akten der Generalkapitel von 1232-2001; Regula S. Augustini et Constitutiones Ff. Ordinis Praedicatorum Romae 1690; Constitutiones Fratrum S. Ordinis Praedicatorum Lovanii 1885; Regula Tertii Ordinis Saecularis s. Dominici revisa, Romae 1923; Constitutiones Monialium Sacri Ordinis Praedicatorum, Romae 1930; Liber Constitutionum et Ordinationum Fratrum Ordinis Praedicatorum, Vaticanis 1969; Liber Constitutionum Monialium Ordinis, Romae 1986; Regula Fraternitatum Laicalium Sancti Dominici, Romae 1986; Liber Constitutionum et Ordinationum Fratrum Ordinis Praedicatorum, Romae 1998; Constitutiones, Declarationes et Ordinationes Capitulorum Generalium Sacri Ordinis Fratrum Praedicatorum, Romae 1862.

Grundlage für die Texte sind bereits in gedruckter Form vorliegende Quellen. Allerdings wurden sie nicht eins zu eins verfügbar gemacht. So fehlt bei den Kapitelsakten von 1220 bis 1844, die der Edition von Benedictus Maria Reichert in den Monumenta Ordinis Praedicatorum Historica (MOPH) entnommen sind, der textkritische Apparat.

Abgerundet wird die CD durch die Wiedergabe der Augustinus-Regel, die die Grundlage des dominikanischen Ordensrechts bildet. Damit enthält die CD-ROM alle wichtigen Quellen des dominikanischen Eigenrechts. Die ordensrechtlichen Wendepunkte der Promulgation des Codex Iuris Canonici von 1917 (nicht 1918, wie es fälschlich in der Einleitung heißt) und des Zweiten Vatikanischen Konzils sind von den relevanten Texten her erschöpfend wiedergegeben.

Das dominikanische Ordensrecht ist für Theologen, Historiker und Juristen gleichermaßen von Interesse. So bieten die Konstitutionen, die ja die Regel auf den Alltag hin anwendbar machen, über den engen Bereich des Ordens hinaus eine Fülle von Hinweisen zur Sozial- und Kulturgeschichte. Es ist reizvoll, über Stichworte gezielt nach Themen wie Bibliothek oder Liturgie, aber auch Fasten, Kleidung und Krankenpflege zu suchen. Hinsichtlich der Suche ist die CD-ROM mit den üblichen Suchfunktionen der Digitalen Bibliothek ausgestattet. Das führt freilich für die hier gebotenen Texte zu Schwierigkeiten. So sind die Texte zwar überwiegend lateinisch, in der jüngsten Zeit aber auch französisch, englisch oder spanisch abgefasst. Die lateinischen Texte bieten zudem durch Schreibvarianten nicht unerhebliche Probleme beim Retrieval. Die Einleitung macht hier freilich auf typische Fälle aufmerksam. So bleibt dem Nutzer nur eine mehr oder weniger kreative Stichwortsuche oder das Browsen in den Überschriften der einzelnen Dokumente. Einige Werke enthalten sogar einen gescannten Index, etwa die Ausgabe der Konstitutionen von 1998. Schade nur, dass dieser Index im Verzeichnisbaum nicht extra ausgewiesen wird: Man vermutet ihn sicher nicht unter der Überschrift „De administratione in specie“!

Mit der CD wurden keine neuen editorischen Leistungen begründet. Es ging um die digitale Verfügbarmachung bereits erarbeiteter Quellen. Daran muss sich die CD messen lassen. Hier ist zunächst die Entscheidung der Herausgeber zu kritisieren, die ersten Konstitutionen von 1216 nicht aufzunehmen. Das Argument, sie seien leicht zugänglich, überzeugt nicht. Das ist die ebenfalls aufgenommene Augustinus-Regel auch. Hier hätte man vom Ansatz eines digitalen Arbeitsinstruments für die Ordensrechtsgeschichte auf Vollständigkeit achten sollen. Unbefriedigend sind auch die bibliografischen Quellenangaben. Lediglich über die den einzelnen Dokumenten beigegebenen Sigel lassen sich die gedruckten Vorlagen ermitteln, wobei die Titelaufnahmen bibliografischen Anforderungen nicht durchgängig gerecht werden. Im Rahmen der digitalen Neuausgabe hätte sich die Erstellung einer gründlichen Bibliografie angeboten. Auch ein kurzer einleitender Essay über die dominikanische Ordensgesetzgebung wäre vor allem für Nichtfachleute hilfreich gewesen, um sich in den unterschiedlichen Texten zurecht zu finden. Schade, dass diese Gelegenheit nicht genutzt wurde. Insgesamt also hätte man sich mehr Komfort gewünscht, der ohne nennenswerten zeitlichen und finanziellen Mehraufwand zu leisten gewesen wäre.

Die Frage, inwieweit das Digitalisat mit der gedruckten Ausgabe übereinstimmt, soll am Beispiel der „Constitutiones Fratrum S. Ordinis Praedicatorum Lovanii 1885“ illustriert werden. Zunächst ist festzustellen, dass es keine 1885 in Löwen erschienene Ausgabe der Konstitutionen gibt. Ein Blick in die Einleitung erhärtet diese Zweifel, denn die Druckerlaubnis des Generalministers Fr. J.-M. Larroca datiert vom 5. April 1886. Die Vorlage für die Version auf der CD-ROM ist daher keine 1885 in Löwen erschienene Ausgabe, sondern diese: Constitutiones Fratrum S. Ordinis Praedicatorum. - Ed. nova in qua insertae sunt ordinationes capituli generalis Lovanii anno 1885 celebrati. - Parisiis : Poussielgue, 1886. - XV, 720 S. Dass diese Ausgabe auf der CD nicht korrekt genannt ist, darf bei einer wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Edition nicht passieren. Man kann hier zugunsten der Herausgeber sagen, dass es von der Sache her um die durch das 1885 abgehaltene Löwener Generalkapitel modifizierten Konstitutionen geht und insoweit die Bezeichnung von der Sache her nicht falsch ist. Das Digitalisat selbst stimmt, soweit ersichtlich, mit den Seiten des Originals überein. Allerdings zählt die Digitale Bibliothek die Seiten nicht in römischen und arabischen Zahlen, sondern nur in arabischen Ziffern. Im Text ist übrigens nicht erkenntlich, wann ein Seitenumbruch erfolgt. Man muß schon mit der Maus in den betreffenden Textabschnitt gehen, um hier eine exakte Information zu erhalten. Stichproben haben ergeben, dass der Hinweis in der Einleitung, die Scans entsprächen den Seiten des Originals, wohl zutrifft. Damit kann man mit der CD allein arbeiten, ohne die gedruckten Quellen einzusehen, sofern nicht textkritische Informationen benötigt werden. Die leider nicht guten bibliografischen Angaben trüben die Freude ein wenig. Auch das Beispiel der Konstitutionen von 1885 war leider etwas ernüchternd.

Fragt man abschließend nach der Zielgruppe, so kann man zunächst den Dominikanerorden selbst ausmachen. Die CD ist für die einzelnen Konvente ein günstiges Mittel, sich über grundlegende Texte der eigenen Ordensrechtsgeschichte zu informieren. Sodann ist an Wissenschaftler zu denken. Ihnen gibt die CD eine komfortable Volltextsuche an die Hand, die die Arbeit mit den Quellen sehr erleichtert, zumal die gedruckten Ausgaben regelmäßig keine Register haben. Allerdings kann die CD die mit der Digitalisierung verknüpfte Erwartung des Rezensenten, alles vom PC aus bearbeiten zu können, nur zum Teil erfüllen. Der fehlende textkritische Apparat nötigt dazu, in manchen Fällen das Original zu Rate zu ziehen. Immerhin kann diese Autopsie mit der CD gut vorbereitet und damit effizient gestaltet werden. Insgesamt ist die Anschaffung der CD-ROM für Spezialbibliotheken und auf Orden und Ordensrecht spezialisierte Historiker aber zu empfehlen. Zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis (allein die schon mehrfach genannte Ausgabe der Löwener Konstitutionen kostet antiquarisch rund 50 Euro) bekommt man eine reiche Fundgrube an Material, an das unterschiedliche Fragestellungen mit Gewinn herangetragen werden können. Dem Vorspruch des Projektleiters kann voll und ganz zugestimmt werden: „Irgendwann wird irgendwer eine (druck-)fehlerfreie Ausgabe aller dieser Texte besorgen. Bis dahin hoffe ich, daß diese Ausgabe trotzdem nützlich ist.“ Ja, das ist sie.

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