G. Saupon: L´Europe de l´Édit de Nantes

Title
L´Europe de l´Édit de Nantes. Un parcours interactif dans l´Europe culturelle, religieuse et politique des Temps Modernes aux XVIe et XVIIe siècles


Author(s)
Saupon, Guy
Published
Saint-Herblain 1998: L´Image Nouvelle
Extent
Price
ISBN
Gregor Horstkemper, Historisches Seminar, Universität München

Systemvoraussetzungen: Macintosh: Power Mac, CD-ROM 4fach, 16 MB RAM, 256 Farben, MacOS 7.1. PC: Pentium 133 MHz, 16 MB RAM, 256 Farben, Soundkarte, CD-ROM 4fach, Windows 9x/NT.

Den vierhundertsten Jahrestag des Edikts von Nantes nahmen französische und deutsche Fachhistoriker sowie die Multimedia-Produktionsfirma "L´Image Nouvelle" zum Anlaß, eine CD-ROM über das Edikt selbst und seine Einordnung in die europäische Geschichte des 16. und 17. Jahrhunderts zu produzieren. Als wissenschaftliche Hauptautoren firmieren Guy Saupon von der Université de Nantes und Marie-Antoinette Gross von der Humboldt-Universität Berlin. Die Berliner Arbeitsgruppe, zu der noch Lars Behrisch, Vera Isaiasz, Daniel Schilling und Michael Sühnel gehörten, zeichnet vor allem für die Kapitel über Toleranz und Intoleranz in Europa sowie über die europäische Hugenottendiaspora verantwortlich. Als Mitwirkende bei der inhaltlichen Gestaltung der anderen Teile der CD-ROM sind neben Guy Saupin noch Hélène Salaün von "L´Image Nouvelle" sowie Jean Loignon von der "Fédération Protestante de France" zu nennen.

Nach dem Start der CD-ROM läuft ein Video ab, mit dem der Schauspieler Daniel Mesguich als erzählender Präsentator eingeführt wird. Solche Videosequenzen werden gelegentlich als Einleitungen oder begleitende Kommentare in einzelne Kapitel eingestreut, ansonsten besteht die CD-ROM aus einer Kombination von animierten Bildmaterialien mit Hör- und Lesetexten. Das Informations-Rückgrat bilden dabei die Hörtexte, die je nach Thema von animierten Sequenzen mit Porträts, Landkarten, Tabellen, historischen Dokumenten oder Ausschnitten aus zeitgenössischen Gemälden begleitet werden. Zusätzlich besteht jederzeit die Gelegenheit, auf ein Lexikon mit biographischen Informationen sowie auf ein Glossar zu Sachbegriffen zuzugreifen. Jede einzelne Teilsequenz endet damit, dass auf dem Bildschirm eine Liste der jeweils relevanten Begriffe des biographischen Lexikons und/oder des Glossars angezeigt wird, so dass über die im gesprochenen Text und in der visuellen Animation enthaltenen Informationen hinaus zusätzliche Aspekte des Themas nachgelesen werden können. Der gesprochene Text kann leider nicht innerhalb der auf der Autoren-Software Macromedia Director basierenden Präsentation nachgelesen werden. In einem Unterverzeichnis der CD-ROM finden sich jedoch zwei Dateien im PDF-Format, die mit einem ebenfalls auf der CD-ROM verfügbaren "Adobe Acrobat Reader" genutzt werden können. Eine der Dateien enthält sämtliche gesprochenen Texte, die auf insgesamt 47 Seiten Platz finden. Mit Hilfe des "Acrobat Reader" kann der Text nach bestimmten Begriffen durchsucht, kopiert oder ausgedruckt werden. Ein mittelprächtig mit dem Französischen vertrauter Benutzer sollte dem gesprochenen Text zwar recht gut folgen können. Dennoch ist die Dokumentation aller Hörtexte sehr zu begrüßen, weil auf diese Weise die CD-ROM z. B. für den Schulunterricht oder auch im Grundstudium einen größeren Nutzwert bietet. Leider wird weder innerhalb der CD-ROM-Präsentation noch im beiliegenden Booklet auf diese Dateien hingewiesen, so dass mancher Benutzer nicht den Weg in das entsprechende Unterverzeichnis namens "textes" finden dürfte.

Der intensive Rückgriff auf visuelle Animationen und auf gesprochenen Text läßt die Zuordnung der CD-ROM zum Genre des "Infotainment" angemessen erscheinen. Die Gesamtanlage dieser vom französischen Ministerium für Kultur und vom Centre National de la Cinématographie unterstützten Produktion spricht dafür, dass keine spezifische Zielgruppe ins Auge gefasst wurde, sondern die gesamte historisch interessierte Öffentlichkeit angesprochen werden soll. Dieser Vorgabe entsprechen auch der begrenzte Umfang und die sprachliche Gestaltung der Hör- und Lesetexte. Im Glossar, das gut 300 Begriffserläuterungen umfasst, werden die meisten Sachverhalte mit nur ein oder zwei Sätzen zusammengefasst. Etwas ergiebiger sind die über 100 biographischen Artikel, denen von Fall zu Fall zeitgenössische Porträts beigefügt wurden. Vorgestellt werden die wichtigsten Theologen und politischen Akteure der Zeit, aber auch Maler, Schriftsteller und Musiker. Sehr bedauerlich ist, dass die Texte des biographischen Lexikons und des Glossars weder ausgedruckt noch kopiert werden können.

Inhaltlich folgen die Autoren drei Hauptlinien, die sich in der Gliederung der Hauptpräsentation niederschlagen. Im ersten Themenblock "Repères dans l´europe moderne (XVIe - XVIIe)" werden wirtschaftliche, politische, religions- und ideengeschichtliche sowie kunst- und kulturgeschichtliche Merkmale der behandelten Epoche skizziert. Die Themen dieser vier Kapitel werden jeweils in mehreren Unterkapiteln und dort wiederum in einzelnen thematischen Sequenzen behandelt, was für eine klare Strukturierung der Themenbereiche und für eine gute Navigierbarkeit innerhalb der CD-ROM sorgt. Dieser erste Block könnte als Kurzeinführung in die Frühe Neuzeit bezeichnet werden, mit den beiden folgenden Hauptkapiteln ist er eher lose verknüpft. Der zweite Themenblock firmiert unter dem Titel "L´édit de Nantes (1598)" und erläutert die Ursachen der Religionskriege des 16. Jahrhunderts, die wichtigsten Inhalte des Edikts sowie seine Konsequenzen bis hin zur Revokation von 1685 und zur hugenottischen Diaspora. Der dritte Themenblock schließlich befasst sich unter dem Obertitel "La tolérance en europe au temps de l´édit de Nantes" mit der Intransingenz der Gegenreformation, mit unterschiedlich toleranten Strömungen des Protestantismus sowie mit der Situation der Christen auf dem osmanisch beherrschten Balkan. Durch die Einbeziehung Polens werden auch Ansätze zu einer Toleranzpolitik in einem überwiegend katholischen Land thematisiert, umgekehrt werden am Beispiel der Niederlande die Probleme der dortigen katholischen Minderheit in den Blick genommen. Zusätzlich zu den drei genannten Themenblöcken wird als viertes Hauptelement der CD-ROM der Gesamttext des Edikts von Nantes zur Lektüre angeboten. Wer die 92 Artikel jedoch ungern im Rahmen der unflexiblen Macromedia-Präsentation in kleiner Schrift am Bildschirm lesen möchte, kann auf die zweite PDF-Datei im Verzeichnis "textes" der CD-ROM zurückgreifen, die eine wesentlich komfortablere Lektüre und Weiterverwendung des Textes ermöglicht.

Vergleicht man die vorliegende Produktion mit anderen CD-ROMs des Infotainment-Genres, so kann die Verbindung von Hintergrundinformationen zum Edikt von 1598 mit räumlich, zeitlich und inhaltlich weit ausgreifenden strukturgeschichtlichen sowie toleranzhistorischen Themen als überwiegend gut gelungen bezeichnet werden. Anschauliche Gegenüberstellungen der zentralen Glaubensinhalte der konkurrierenden Konfessionen, klar strukturierte Überblickskarten zu den politischen Verhältnissen in Europa oder der Einsatz aussagekräftigen Bildmaterials zum Thema "Religionskrieg" wurden im Rahmen einer einfach gehaltenen, aber ansprechenden grafischen Gestaltung zu einem kohärenten Ganzen zusammengefügt.

Es wäre unangemessen, an diese CD-ROM Maßstäbe anzulegen, die nicht der Zielsetzung der Macher entsprechen würden. Doch auch im Rahmen einer Infotainment-CD-ROM wären zum Beispiel eine kleine Literaturliste oder kurze Erläuterungen zum verwendeten Bildmaterial (Datierung, Benennung der Künstler etc.) nützlich gewesen. Im Teil über die Kunst- und Kulturgeschichte sind einige Musikstücke zu hören, zu denen man außer dem Namen des Komponisten gerne auch den Titel erfahren würde. Dem im Untertitel erhobenen Anspruch der Interaktivität wird die Scheibe letztlich nur teilweise gerecht. Der Benutzer kann zwar bestimmen, welche Kapitel er in welcher Reihenfolge anschauen und welche Einträge des biographischen Lexikons oder des Glossars er zwischendurch ansteuern will. Ist aber erst einmal eine Hörtext/Animations-Sequenz gestartet, bleibt der Benutzer bis zum Ende der jeweiligen Sequenz zum passiven Konsumieren des Gebotenen verurteilt. Dass am Ende der einzelnen Präsentationen jeweils passende Links zu den beiden Lexika angeboten werden, kann als gute Idee zur Vermeidung von Orientierungsproblemen positiv hervorgehoben werden. Optionen für echte Interaktivität im Sinne von spielerischen Lernkontrollen, von Notizbuch-Funktionen zur selbsttätigen Aufarbeitung des angesammelten Wissens oder von Möglichkeiten zur Verarbeitung von Textbausteinen oder Bildmaterialien im Rahmen von kleinen Referaten werden dem Benutzer jedoch nicht geboten.

Trotz der einen oder anderen kritischen Anmerkung ist der hier vorgestellten Produktion eine weite Verbreitung zu wünschen. Im Rahmen der selbstgesetzten Ziele wurde ein kohärentes und ausgewogenes Ergebnis erreicht, das ein wichtiges Thema im europäischen Rahmen behandelt und nicht zuletzt aufgrund der Qualität der Hörtexte für deutschsprachige Schüler und Studenten eine interessante Herausforderung darstellen könnte.

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