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Titel
Optimo Praesidi. Untersuchungen zu den Ehrenmonumenten für Amtsträger der römischen Provinzen in Republik und Kaiserzeit


Autor(en)
Erkelenz, Dirk
Reihe
Antiquitas 1, 52
Erschienen
Anzahl Seiten
VIII, 395 S.
Preis
€ 95,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Anne Kolb, Historisches Seminar, Universität Zürich

Das Buch bietet die überarbeitete Fassung einer Kölner Dissertation, die sich zum Ziel gesetzt hat, alle Ehrenmonumente römischer Funktionsträger in den Provinzen von der Republik bis zum Ende der hohen Kaiserzeit zusammenzustellen und nach ihren Aussagemöglichkeiten zu untersuchen. Erkelenz betrachtet daher sämtliche Ehreninschriften sowie die dazugehörigen archäologischen Überreste in ihrem zeitlichen und geografischen Vorkommen, ihren Erscheinungsformen, Ausprägungen und ihrem Wirkungsgehalt. Dass eine solche Quellenbasis nur begrenzte Aussagen zulässt, ergibt sich aus der Materie der Sache. Den weiteren Rahmen deutet Erkelenz an, indem er die Ehrenmonumente als Indikatoren für das Verhältnis zwischen den Vertretern der römischen Herrschaft und der Provinzialbevölkerung sowie für die Veränderungen dieser Beziehungen definiert. Damit bildet die Thematik der Untersuchung einen Teilbereich der Frage nach Art und Ausübung der römischen Herrschaft in den Provinzen, die zuletzt von Lendon als Verwaltung durch ein personales, auf einer "culture of honour" basierendes Netzwerk beurteilt wurde.1

Das Buch umfasst zwei Teile: Die Kapitel 1-5 beschreiben das Konzept und werten die zusammengestellten Inschriften aus (S. 1-224); Kapitel 6 bietet eine Zusammenfassung der Ergebnisse (S. 225-234). Der zweite Teil beginnt mit Kapitel 7 (S. 235-330), das die Materialsammlung, aufbereitet in sechs Listen und Tabellen, liefert. Es folgen zwei Appendices, eine Bibliografie sowie Register für Quellen, Personen- und Ortsnamen (S. 231-395).

Kapitel 1 (Einleitung) definiert Fragestellung und Quellenbasis.2 So wurden insgesamt 1.360 Ehrenmonumente von römischen Amtsträgern in den Provinzen gesammelt, die unabhängig von Rang und sozialer Position alle Funktionen der römischen Provinzialverwaltung vom Statthalter bis hin zu kaiserlichen Freigelassenen und Sklaven umfassen. Die Monumente dokumentieren Ehrungen, die auf dem dienstlichen Verhältnis zwischen Funktionsträger und Ausführendem der Ehrung beruhen. Zu Recht ausgeschlossen wurden Angehörige des Kaiserhauses sowie Ehrungen von Mitgliedern aus dem Privathaushalt der Funktionsträger, da beide Personengruppen durch ihre Bedeutung bzw. persönliche Abhängigkeit nicht zur Klärung der Fragestellung beitragen können. Es fragt sich jedoch, inwieweit es sinnvoll ist, die Ehrungen des Unterpersonals für ihre Vorgesetzten in die Untersuchung einzubeziehen, da hier ebenfalls ein klares Abhängigkeitsverhältnis besteht. Auch stammt gerade das Unterpersonal zumeist nicht aus der Provinz und kann somit nicht die Beziehung zwischen römischen Amtsträgern und Untertanen beleuchten.

Gewisse Unklarheiten bestehen bei der Verwendung fragmentarischer Texte und den Kriterien zur Bestimmung der relevanten Inschriften. Den Anteil der unvollständigen und unklaren Inschriften beschreibt Erkelenz als erheblich, weshalb er auf sie in der Untersuchung nicht verzichten kann. Dennoch wird nicht spezifiziert, wie groß dieser Teil ist.3 Als Auswahlkriterium der Inschriften legt Erkelenz die Beschränkung auf den Dativ in lateinischen und den Akkusativ in griechischen Inschriften für den Namen des Geehrten fest, da der Nominativ stets eine Tätigkeit impliziere (S. 7).4 Dabei geht Erkelenz einem Hinweis von G. Alföldy, der auf die Existenz von Ehrenmonumenten im Nominativ in der frühen Kaiserzeit aufmerksam gemacht hat, nicht weiter nach, sondern folgert, dass dies die Ausnahme sein dürfte, und schließt damit die Diskussion zu dieser Thematik ab.5 Gerade in solch einer Untersuchung sollte jedoch die Frage, wie Ehrungen ausgedrückt wurden, von Interesse sein. Fragwürdig erscheint das Kriterium des Fund- bzw. Aufstellungsortes zur Identifizierung von Inschriften, in denen der Stifter fehlt. Der Rückschluss auf provinziale Stifter ist möglich, jedoch keineswegs zwingend, was auch Erkelenz einräumt; zugleich aber nimmt er an, dass Familienangehörige, Sklaven und Freigelassene oder andere Personen aus dem eigenen Umfeld des Geehrten wohl eher Ehrungen am ständigen Wohnort in Rom oder der Heimatstadt aufgestellt hätten.

Mit Kapitel 2 "Befund und Überlieferung" beginnt die detaillierte statistische Auswertung des Materials, die mit den zu erwartenden Ergebnissen einer Untersuchung von Ehreninschriften aufwartet. Zunächst werden die geografische und chronologische Verteilung sowie die ihr zugrunde liegenden Faktoren beschrieben. Dabei zeigt sich äquivalent zur allgemeinen epigrafischen Überlieferungssituation, dass von 1.364 Inschriften 431 aus den lateinischsprachigen Westprovinzen stammen und 933 aus dem griechischsprachigen Osten, wobei 225 Belege in die Zeit der Republik, 319 in die augusteische Zeit bzw. das 1. Jahrhundert sowie dann 820 in das 2./3. Jahrhundert datieren. Die Gründe für diese Verteilung variieren von Region zu Region und sind bekanntermaßen determiniert durch den Zufall der Überlieferung, den Grad der Zerstörung, die Siedlungskontinuität, den Stand der Grabungs- bzw. Forschungsaktivitäten, das Ausmaß der Urbanisierung sowie durch die Verbreitung des Phänomens statuarischer Ehrung. Entgegen der allgemeinen Zunahme an Dokumenten im historischen Verlauf von der Republik zur Kaiserzeit ist für die Provinz Achaia eine rückläufige Entwicklung zu vermerken, die Erkelenz auch für Asia in ähnlicher Weise dokumentiert sieht; dies allerdings nur, wenn man Ephesos, dessen Belege wie im Westen kontinuierlich zunehmen, aus dem Gesamtbefund der Provinz ausgliedert.

Kapitel 3 "Die beteiligten Personen: Geehrte und Stifter" legt die Zahlenverhältnisse der Ehrungen offen. Wie zu erwarten bilden die Statthalter die größte Gruppe, auf welche die in der Funktionshierarchie niederen Personen folgen: legati proconsulis und quaestores für die Republik und Finanzprokuratoren für die Kaiserzeit. In beiden Epochen sind erst nach diesen Gruppen Offiziere und andere Funktionäre anzuordnen. Die Stifter stellen primär die Gemeinden mit 582 Dokumenten, danach folgt das Subalternpersonal der Geehrten (238 Belege), das bekanntermaßen fast ausschließlich erst für die Kaiserzeit bezeugt ist, ferner Einzelpersonen (169 Belege), Vereine (58 Belege) und schließlich eine Gruppe bestehend aus Vereinigungen von Städten, Konventsbezirken, koina und concilia (40 Belege).

Kapitel 4 "Die Monumente" beschreibt Sprache und Inhalt der Inschriften, Formen und Typen der Monumente, Aufstellungsorte sowie das Verhältnis zu den Monumenten des Kaiserhauses. Wie Erkelenz zeigt, war der größere Teil der Inschriften (55%) in griechischer Sprache abgefasst, was der geografischen Verteilung der Monumente entspricht. Zwar steigt die Anzahl der Inschriften in beiden Sprachen im Laufe der Zeit an, allerdings verschiebt sich die Verteilung leicht zugunsten des Lateinischen. Dieses wird in griechischsprachigen Provinzen primär vom Unterpersonal verwendet, weshalb die Ostprovinzen, in denen Militär stationiert war und dort als größte Stiftergruppe erscheint, folgerichtig einen hohen lateinischen Anteil aufweisen. Dagegen konnte Latein in der "zivilen" Provinz Asia nie ein besonderes Ausmaß erlangen. Verwendung fand Latein außerdem in bestimmten Städten oder durch Personen solcher Städte, die "aufgrund ihrer Geschichte oder Rechtsstellung diese 'Amtssprache' verwendeten" (S. 79), so in den römischen Kolonien Caesarea (Judaea), Korinth (Achaia), Antiochia (Galatia) oder Troesmis (Moesia inferior).

Die Identifizierung und Rekonstruktion der verwendeten Typen statuarischer Ehrenmonumente (S. 90ff.) erweist sich aufgrund des Erhaltungsstandes als in vielfacher Hinsicht schwierig und nur schwer differenzierbar. Neben Größe und Form war auch das verwendete Material ein Indikator der Bedeutung des Monuments und damit der Ehrung. Die kleinste und am meisten verbreitete Form scheinen Büsten und einfache statuae pedestres gebildet zu haben; Reiterstatuen und Gespannmonumente bildeten folglich seltenere Ehrungen (S. 103ff.). Gerade hier kann Erkelenz auch regionale Unterschiede aufzeigen: So sticht der Befund für Africa hervor, das neun große Einzelmonumente für Statthalter bei insgesamt 21 Monumenten aufweist, im Vergleich zu Numidia mit sieben großen Einzelmonumenten bei jedoch 63 Monumenten insgesamt. Wie Erkelenz zu Recht folgert, könnte dieses Phänomen durchaus auf den hohen Rang der Amtsträger zurückzuführen sein. Dennoch scheint keine sichere Folgerung möglich, da lokale Traditionen oder die Überlieferungslage den Befund verzerren können (S. 115f.).6 Damit führt das Beispiel deutlich die Grenzen der Untersuchung vor Augen.

Auch die Ergebnisse der Analyse der Aufstellungsorte erstaunen nicht. So wurde der überwiegende Teil der Ehrenmonumente für römische Funktionäre in ihrer Dienstprovinz errichtet, ein kleinerer Teil in der Heimat des Geehrten und ein noch kleinerer Teil an sonstigen Orten wie dem Tagungsort des koinon der Provinz, ferner an Orten mit bedeutenden Sehenswürdigkeiten bzw. Heiligtümern sowie an Konventsorten. Unklar bleibt, warum das Publikum am Heimatort des Geehrten ranghöher als anderswo gewesen sein sollte (S. 125f.). Dies gilt wohl nur für Rom selbst. Die Aufstellung innerhalb der Städte (der Provinzen, Italiens und in Rom selbst, dem wichtigsten Ort der Repräsentation durch Ehrenmonumente) erfolgt bevorzugt an Orten hoher Publikumsfrequenz, also auf den öffentlichen Plätzen und in weiteren gut besuchten, öffentlich zugänglichen Anlagen wie besonders in Theatern, Gymnasien, Thermen, Basiliken, in der Kurie und in Tempeln; zum Teil aber auch im privaten Raum (besonders im kaiserzeitlichen Rom). Dabei zeigt sich, dass die Kaiser und ihre Familie kein Repräsentationsmonopol hatten, jedoch ihre Ehrungen monumentaler waren und besondere Plätze dafür reserviert wurden.

In Kapitel 5 "Das konkrete Verfahren" werden Anlässe, Ursachen, Zeitpunkt und Kosten der Ehrungen untersucht. Dabei wird deutlich, dass lediglich knapp die Hälfte aller Inschriften für die Ehrung Gründe benennen, welche oft recht unspezifisch in der Form von gut bekannten Tugenden oder Epitheta formuliert sind (S. 172). Weniger als 50 Inschriften geben eindeutig konkrete Ursachen für die Ehrung an. Aufgrund dieser Quellenlage stellt sich also die Frage, inwieweit konkrete Verdienste hinter solchen Ehrungen standen oder ob schon der soziale Rang oder die Amtstätigkeit allein für die Ehrung ausreichten. Erkelenz kann hierbei deutlich machen, dass der Ehrung stets ein konkretes beneficium zugrunde gelegen haben dürfte, das jedoch in vielen Fällen ungenannt bleibt oder nicht im Detail spezifiziert wurde. Wie Erkelenz zu Recht feststellt, muss es sich bei dieser Leistung des Geehrten nicht grundsätzlich um eine spektakuläre Maßnahme gehandelt haben (S. 184, 195ff.), was besonders gut daran deutlich wird, dass während der republikanischen Epoche bereits eine korrekte Amtsführung an sich ein beneficium darstellen konnte. Gerade dies dürfte mit der wichtigste Grund für den konstatierten Mangel an genauen Begründungen sein, die regionalen Vorlieben und zeitlichen Veränderungen unterlagen. Der mit der Kaiserzeit einsetzende politische Wandel, durch den die Statthalter insgesamt weniger Möglichkeiten zu eigenen Entscheidungen und damit herausragenden beneficia hatten, weist ebenfalls in diese Richtung. Dass die Ehrenmonumente in ihrer Gesamtheit die Hierarchie der sozialen Schichten widerspiegeln, ergibt sich folgerichtig aus der Tatsache, dass den Ehrungen beneficia zugrunde lagen und die Möglichkeit solche zu erweisen mit dem Dienstrang zunahm.

Zum Zeitpunkt der Ehrung lassen die Zeugnisse nur grobe Aussagen zu. So erfolgte die Errichtung des Ehrenmonuments offenbar in der Regel noch während oder kurz nach der Amtstätigkeit, wobei sich allerdings die exakte zeitliche Festlegung nur in sehr wenigen Fällen bestimmen lässt; lediglich größere zeitliche Abstände nach der Amtsausübung, welche dann auf besondere Umstände der Ehrung schließen lassen, werden in den Quellen deutlich (S. 204-216). Von einer Mitwirkung und Einflussnahme des Geehrten ist zweifelsohne auszugehen, sie lässt sich jedoch anhand der Zeugnisse offenbar nicht nachweisen (S. 217-221). Kaum besser informieren die Quellen über die Kosten von Statuen, für welche Erkelenz aufgrund "bekannter Statuenpreise" auf eine Höhe schließt, die "erheblich mehr als der Jahressold eines Legionärs" betrug; dass eine Reiterstatue oder ein Gespannmonument sicherlich teurer waren, ist evident; Erkelenz folgert daher zurecht: "Kein Wunder also, dass diese Monumente vornehmlich von Stadtgemeinden gestiftet wurden." (S. 222) Hinsichtlich der Frage der Finanzierung zeigt sich, dass im Gegensatz zur munizipalen Ebene, wo die Geehrten oft selbst die Kosten trugen, auf provinzialer Ebene in der Regel keine Kostenübernahme erfolgte (S. 224).

Mit seiner materialreichen Untersuchung kann Erkelenz zahlreiche Annahmen und Folgerungen der Forschung, die bisher entweder gar nicht oder aufgrund einer wesentlich kleinerer Quellenbasis konstatiert wurden, bestätigen bzw. zum Teil auch widerlegen. Dadurch leistet er einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Formen und Ausprägungen von Ehrenmonumenten für Amtsträger der Provinzen. Weitere Forschungen zu Art und Ausübung der römischen Herrschaft in den Provinzen können nun auf dieser verdienstvollen Arbeit aufbauen. Über das tatsächliche Verhältnis zwischen den Funktionsträgern und der Provinzialbevölkerung jedoch lässt die untersuchte Quellengattung nur sehr begrenzte Aussagen zu.

Anmerkungen:
1 Lendon, J. E., The Empire of Honour. The Art of Government in the Roman World, Oxford 1997.
2 Zum Teil verkomplizieren unglückliche Formulierungen und Denkansätze ein klares Thema unnötig; vgl. z.B. S. 1: "Die Beziehungen zwischen Amtsträgern und Provinzialen erforderte bestimmte Formen des Umgangs, und eine wesentliche Form dieses Umgangs bestand in der Ehrung, das heisst in der Auszeichnung eines Empfängers durch einen Stifter vor einem Publikum. Da die Ehrungen aus den bestehenden Beziehungen resultierten und denselben Bedingungen unterlagen, sind sie [...] einen Indikator für das jeweilige gegenseitige Verhältnis sowie dessen Veränderungen."
3 S. 7: "Ein Grossteil des Inschriftenmaterials bietet jedoch nicht alle nötigen Informationen oder zumindest nicht genügend Klarheit".
4 Sicherlich waren andere Fälle nicht allzu häufig; das Paradebeispiel (W. Eck, ZPE 117 (1997), S. 109f.) jedoch, auf das für die genannte Regel verwiesen wird, erweist sich kaum als eindeutig.
5 Vgl. zur Diskussion der Fälle (auch Dativ-Ehrungen im Griechischen und Akkusativ-Ehrungen im Lateinischen) mit Beispielen zuletzt Salomies, O., Honorific Inscriptions for Roman Senators in the Greek East during the Empire, in: Ders. (Hg.), The Greek East in the Roman Context, Helsinki 2001, S. 141-187, der auch auf Nominativ-Ehrungen des 2. Jahrhunderts hinweist.
6 Unverständlich hier Erkelenz, der selbst an früherer Stelle die mangelhafte Quellensituation für Karthago konstatiert (S. 34).

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