Das „Recht auf sexuelle Selbstbestimmung“ – Gewalt, Autonomie und Handlungsmacht seit 1872

Das „Recht auf sexuelle Selbstbestimmung“ – Gewalt, Autonomie und Handlungsmacht seit 1872

Veranstalter
Freie Universität Berlin, Arbeitsbereich Didaktik der Geschichte und Margherita-von-Brentano-Zentrum für Geschlechterforschung
Veranstaltungsort
FU Berlin
Gefördert durch
Deutsche Forschungsgemeinschaft
PLZ
14195
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.02.2022 - 25.02.2022
Deadline
03.10.2021
Von
Martin Lücke, Arbeitsbereich Didaktik der Geschichte, Freie Universität Berlin, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften Friedrich-Meinecke-Institut

Das DFG-Forschungsprojekt „Menschenrechte, queere Geschlechter und Sexualitäten seit den 1970er Jahren“ der DFG-FOR 2265 „Recht – Geschlecht – Kollektivität“ möchte im Rahmen einer zweitägigen Tagung die Genese eines „Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung“ historisieren. Im Mittelpunkt steht die Frage, in welchen Spannungsfeldern sich der Topos eines solchen Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung entwickelte.

Das „Recht auf sexuelle Selbstbestimmung“ – Gewalt, Autonomie und Handlungsmacht seit 1872

Uns interessiert, auf welche Weise das Konzept der sexuellen Selbstbestimmung verflochten ist mit Konzepten von Autonomie, Individualität/Subjektpositionen/Identität auf der einen Seite sowie anderseits mit kollektiven Vorstellungen etwa von „Sittlichkeit“ und Moral. Ausgehend von den Debatten der ersten deutschen Frauenbewegung(en) im Kaiserreich sowie der ersten deutschen Homosexuellenbewegung und vor dem Hintergrund der normativen Grundlagen des RStGB, das 1872 in Kraft trat, möchten wir fragen, wie und in welchen historischen Kontexten das Recht auf Sexualität, auf sexuelle Selbstbestimmung, sexuelle Orientierung sowie sexuelle Vielfalt als schutzwürdig gefordert, und in welchen Konflikt- und Spannungsfeldern es definiert wurde. In den Blick geraten dabei die Anerkennung und Gleichstellung nicht-(hetero)normativer Sexualitäten und Geschlechter, aber auch die Regulierung von Beziehungen und Partner:innenschaften durch rassifizierte Verbote oder Tabuisierungen von Sexualität für Menschen mit Behinderungen oder der Einfluss der Kirchen. Insgesamt streben wir eine intersektionale Betrachtung unter Einbeziehung von Kategorien wie race, class, gender, dis/-ability/body sowie Religion an.
Wir möchten fragen: Welche Akteur:innen und Bewegungen waren an den Forderungen um sexuelle Selbstbestimmung beteiligt? Welche Transferprozesse zwischen Recht, Wissen und politischen Bewegungskollektiven lassen sich dabei ausmachen? Wie weiteten sich die Forderungen nach sexueller Selbstbestimmung in die (Menschen)rechte?

Wir wünschen uns abstracts zu folgenden Themenbereichen:

- Der Begriff „Selbstbestimmung“ und dessen Entstehung gerade auch in seiner Verflechtung mit Individualität/Subjektpositionen/Identität/Konzepten von Sexualität.
- In unterschiedlichen Bewegungen oder auch Kollektiven wurde „das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung“ gefordert; wie sahen diese Forderungen aus? Mit welchen Konzepten von Recht, oder auch Menschenrecht wurde gearbeitet?
- Wie ist es Akteur:innen und Bewegungen gelungen, Sexualität in den Diskursraum der Menschenrechte einzuspeisen, und wie wurden diese Debatten auf inter- und transnationaler Ebene um Anerkennung von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt geführt? Welches Verständnis von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt lässt sich dabei jeweils erkennen?
- Welche Konzepte von sexueller Selbstbestimmung lassen sich in den Debatten um trans/inter erkennen?
- Welche Forderungen nach sexueller Selbstbestimmung bestimmten die Debatten in feministischen Bewegungen (bspw. die Debatte um den Paragraf 218)?
- Wie entwickelten sich Konzepte von Sexueller Vielfalt in Bildungsprozessen?
- Der Topos oder das Sprechen über sexuelle Selbstbestimmung ist eng verflochten mit Vorstellungen von Autonomie. Sexuelle Handlungen finden selten allein, sondern meist mit Partner:innen statt. Sexualität ist also auch ein Raum, der von (asymmetrischen) Machtbeziehungen geprägt ist. Entsprechend wünschen wir uns Beiträge zu Themen wie Pädosexualität, BDSM oder konsensueller Sexualität.
- In den Debatten um Sexarbeit wird in vielfältiger Weise gestritten, ob und wie das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung hier in Frage gestellt oder im Gegenteil seine Umsetzung findet.

Wir bevorzugen Fragestellungen, die in historischer Perspektive und mit Bezug auf theoretisch-konzeptionelle Aspekte das „Recht auf sexuelle Selbstbestimmung“ in seinen vielfältigen Bezügen in den Blick nehmen. Ein Tagungsband ist geplant. Bitte bedenken Sie bei ihrer Bewerbung, dass die Beiträge kommentiert werden, und entsprechend zwei Wochen vor der Tagung an uns geschickt werden müssen. Die Tagungsprachen sind deutsch und englisch.

Einsendefrist für das Abstract (ca. 500 Wörter) ist der 15.09.2021. Bitte senden Sie dieses an folgende Adresse:
arbeitsbereich-didaktik@geschkult.fu-berlin.de
Sie werden bis zum 15. Oktober 2021 über eine Annahme Ihres Abstracts informiert. Wir gehen derzeit davon aus, dass die Tagung in Präsenz stattfinden kann. Entstehende Unkosten für Fahrt und Übernachtung werden von uns übernommen.

Kontakt

Prof. Dr. Martin Lücke
arbeitsbereich-didaktik@geschkult.fu-berlin.de