Pietismus in Württemberg in internationaler Perspektive (1650–1900)

Pietismus in Württemberg in internationaler Perspektive (1650–1900)

Veranstalter
Prof. Dr. Friedemann Stengel (Interdisziplinäres Zentrum für Pietismusforschung der Martin-Luther-Universität Halle), Prof. Dr. Wolfgang Breul (Ev.-Theol. Fakultät der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz), Dr. Benedikt Brunner (Leibniz-Institut für Europäische Geschichte Mainz), Dr. Norbert Haag (Verein für Württembergische Kirchengeschichte).
Veranstaltungsort
Landeskirchliches Archiv, Stuttgart
PLZ
70567
Ort
Stuttgart
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.11.2022 - 19.11.2022
Deadline
28.01.2022
Von
Benedikt Brunner, Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG)

Pietismus in Württemberg in internationaler Perspektive (1650–1900)

Trotz seiner facettenreichen und einflussreichen Geschichte ist es um die Erforschung des Pietismus in Württemberg in den letzten Jahren verhältnismäßig ruhig geworden. Die Tagung möchte das Potenzial des württembergischen Pietismus in seiner vielschichtigen und verzweigten Geschichte thematisieren und dabei neue Impulse für eine interdisziplinär erweiterte Forschung zum württembergischen Pietismus geben.

Pietism in Württemberg in International Perspective (1650–1900)

Despite its multi-faceted and influential history, research on Pietism in Württemberg has been relatively quiet in recent years. The conference would like to address the potential of Württemberg Pietism in its multi-layered and branched history and in doing so give new impulses for an interdisciplinary expanded research on Württemberg Pietism.

Pietismus in Württemberg in internationaler Perspektive (1650–1900)

Bestandsaufnahme und Perspektiven eines interdisziplinären Forschungsfeldes

Verlängerte Deadline

Der Pietismus hat im Herzogtum und späteren Königreich Württemberg eine seit dem 17. Jahrhundert durchgehende und ausgesprochene facettenreiche Geschichte. Gleichwohl ist es um seine Erforschung in den letzten Jahren eher still geworden. Die Ursachen für diesen Befund dürften unter anderem in der – von Ausnahmen abgesehen – regionalen und biographischen Verengung der Forschung liegen. Die Tagung möchte das Potenzial des württembergischen Pietismus in seiner vielschichtigen und verzweigten Geschichte thematisieren und dabei neue Impulse für eine interdisziplinär erweiterte Forschung zum württembergischen Pietismus geben. Das polyvalente Profil des württembergischen Pietismus soll dabei im Blick auf seine Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte über 1800 hinaus und in einem internationalen Horizont betrachtet werden. Damit soll eine Perspektive eingenommen werden, die über die eine primär regionale Sichtweise dezidiert hinausreicht.

Dabei geraten insbesondere folgende Felder in den Fokus:

1. Theologie- und frömmigkeitsgeschichtliche Fragen
Der württembergische Pietismus hat ein breites Spektrum christlicher Traditionen aufgenommen und weiterentwickelt, darunter auch mystisch-spiritualistische, kabbalistische, hermetische und theosophische Strömungen. Ihre Aufnahme, Wirkungen und die damit verbundenen Netzwerkbildungen im Südwesten sind bei Weitem noch nicht ausreichend untersucht. Zu fragen ist insbesondere nach Bibelhermeneutik und -praxis und den damit verbundenen Frömmigkeitsformen, nach den unterschiedlichen Ausprägungen der Eschatologie und ihren Auswirkungen auf die christliche Praxis und nach dem wechselnden Einfluss der Herrnhuter Brüdergemeine.

2. Gemeinschaftsformen und soziales Handeln

Gemeinschaftsbildung und Gemeinschaftsformen waren von Beginn an ein wichtiges Merkmal der pietistischen Reformbewegung, innerhalb der Landeskirche, aber auch außerhalb. Sie wirken bis in die Gegenwart nach. Von den Hahnschen Gemeinschaften über methodistische und swedenborgianische Gruppen bis hin zu den Herrnhuter Diasporasozietäten sind die vielfältigen Vergemeinschaftungsformen innerhalb und jenseits der institutionalisierten Kirche in Württemberg besonders augenfällig und auch erklärungsbedürftig. Der Zusammenhang zwischen staatskirchlichen Strukturen und den sich emanzipierenden religiös-alternativen und dann freireligiösen oder freikirchlichen Sozietäten wird zu untersuchen sein. Dazu gehören auch die wirkungsvollen diakonischen Aktivitäten, die aus den heterogenen württembergisch pietistischen Bewegungen hervorgegangen sind wie die Brüdergemeinde Korntal oder die von dem Pietisten und Swedenborgianer Gustav Werner ins Leben gerufene Bruderhausdiakonie.

3. Politische, soziale und kulturelle Wirkungen und Rezeptionen

Ein weiterer Fokus soll auf die starken eschatologischen Impulse und Vorstellungen in den diversen Strömungen des württembergischen Pietismus und die Frage gelegt werden, inwieweit sie sich mit politischen und sozialen Reformströmungen und -projekten verbunden haben. Im Südwesten haben sich Theologen im Vorfeld der Revolution von 1848 politisch engagiert und entsprechende Netzwerke aufgebaut. Es ist zu untersuchen, inwieweit theosophische und eschatologisch-apokalyptische Einflüsse und Impulse von Bengel, Oetinger, Michael Hahn, Philipp Matthäus Hahn und anderen auf politisch reformerische Bewegungen in und über Württemberg hinaus gewirkt haben.

Unter pietistischem Einfluss wurde im Bereich der Wirtschaft mit kommunitären und genossenschaftlichen Formen oder arbeiterfreundlicheren Produktionsbedingungen experimentiert. Diese Ansätze und ihre Wirkungsgeschichte bedürfen einer kritischen Sichtung. Gustav Werners Initiativen, die auf die Gründung diakonischer Anstalten und zugleich auf ein christliches Unternehmertum abzielten, zeigen, dass Theologiegeschichte, Diakoniegeschichte und württembergische Wirtschaftsgeschichte eng miteinander verbunden sind. Auch diesen Verflechtungen soll in der Tagung nachgegangen werden.

Die Überschneidungen zwischen pietistischen, spiritistischen und mesmeristischen Strömungen mit der Erweckungsbewegung sind in einzelnen Studien und zu einzelnen Personen untersucht worden. Die Erschließung dieser einflussreichen Verbindungen am Tübinger Stift (J.M. Wischnath) zeigt, dass auf diesem Feld Bedarf nach einer Verknüpfung bisher getrennter Perspektiven besteht. Dies betrifft auch die Verbindung pietistischer und in engerem Sinne theosophischer Einflüsse mit der in diesem Umfeld entstehenden Philosophie der Romantik und des Idealismus.

Beiträge

Die Vortragsdauer beträgt 30 Minuten. Reisekosten und die Übernachtungen in Stuttgart werden von den Veranstaltern im Rahmen der üblichen Regeln getragen, sofern die Anträge auf Förderung Erfolg haben.

Vorschläge für Vorträge und einen kurzen Lebenslauf (CV) erbitten wir bis zum 28. Januar 2022 an Frau Annegret Jummrich, E-Mail: annegret.jummrich@izp.uni-halle.de. Mit einer Rückmeldung auf Ihren Vorschlag ist im Februar 2022 zu rechnen.

Pietism in Württemberg in International Perspective (1650–1900)

State of the Art and Future Perspectives of an Interdisciplinary Field of Research

Pietism in the Duchy and later the Kingdom of Württemberg has had a continuous and extremely multi-faceted history since the 17th century. Nevertheless, research in this field has been rather quiet in recent years. This can most likely be explained by the regional and biographical narrowing of research, which has only a few exceptions. The conference aims to address the potential of Württemberg Pietism in its multi-layered and complex history and to give new impulses for interdisciplinary research. The versatile profile of Württemberg Pietism will be considered in terms of its national and international history of influence and reception beyond 1800. In this way, a new perspective will be adopted that goes beyond a primarily regional viewpoint.

In particular, the following fields come into focus:

1. History of Theology and Piety

Württemberg Pietism absorbed and further developed a broad spectrum of Christian traditions, including mystical-spiritualist, Kabbalistic, Hermetic and Theosophical currents. Their absorption, effects and the associated network formations in the Southwest have by no means been sufficiently investigated. Questions need to be asked especially about biblical hermeneutics and practice and the associated forms of piety, about the different expressions of eschatology and their effects on Christian practice, and about the changing influence of the Herrnhuter Brüdergemeine.

2. Community Forms and Social Action

From the beginning, community building and community forms were an important feature of the Pietist reform movement, within the regional church but also outside. They continue to have an effect to the present day. From the Hahn communities to Methodist and Swedenborgian groups to the Herrnhut diaspora communities, the diverse forms of community within and beyond the institutionalised church in Württemberg are particularly striking and in need of explanation. The connection between state church structures and the emancipating religious alternative and then free religious or free church societies will have to be examined. This also includes the effective diaconal activities that emerged from the heterogeneous Württemberg Pietist movements such as the Korntal Brethren Community or the Bruderhaus Diakonie founded by the Pietist and Swedenborgian Gustav Werner.

3. Political, Social, and Cultural Effects and Receptions

Another focus will be on the strong eschatological impulses and ideas in the diverse currents of Württemberg Pietism and the question of the extent to which they were linked to political and social reform movements and projects. In the southwest, theologians became politically involved in the run-up to the revolution of 1848 and built up corresponding networks. The extent to which theosophical and eschatological-apocalyptic influences and impulses of Bengel, Oetinger, Michael Hahn, Philipp Matthäus Hahn and others had an impact on political reformist movements in and beyond Württemberg is to be investigated.

Under pietistic influence, experiments were carried out in the field of economy with communitarian and cooperative forms or more worker-friendly production conditions. These approaches and their history of impact require critical examination. Gustav Werner's initiatives, which aimed at founding diaconal institutions and at the same time at Christian entrepreneurship, show that the history of theology, the history of Diakonia and Württemberg's economic history are closely interconnected. These interconnections will also be explored at the conference.

The overlaps between Pietist, Spiritist and Mesmerist currents with the revival movement have been investigated in individual studies and on individual persons. The development of these influential connections at the Tübingen Stift (J.M. Wischnath) shows that there is a need in this field to link previously separate perspectives. This also concerns the connection of Pietist and, in a narrower sense, Theosophical influences with the philosophy of Romanticism and Idealism that emerged in this environment.

Apply

The length of the presentation is 30 minutes. Travel expenses and overnight stays in Stuttgart will be covered by the organisers within the usual rules, provided that the applications for funding are successful.

We request proposals for lectures and a short curriculum vitae (CV) by 28 January 2022 to Ms Annegret Jummrich, e-mail: annegret.jummrich@izp.uni-halle.de. A response to your proposal can be expected in February 2022.

Kontakt

E-Mail: brunner@ieg-mainz.de

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Deutsch
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