Kulturelle Konflikte in und um Europa

Veranstalter
Sebastian Büttner (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Sören Carlson (Europa-Universität Flensburg), Andreas Langenohl (Justus-Liebig-Universität Gießen), Marie Rosenkranz (HU Berlin)
Veranstaltungsort
FAU Erlangen-Nürnberg
PLZ
91054
Ort
Erlangen
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.01.2022 - 01.03.2022
Deadline
28.02.2022
Von
Sebastian Büttner, Institut für Soziologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Viele der aktuellen politischen Konflikte in Europa – zum Beispiel Konflikte um das Verhältnis von EU-Ebene und Nationalstaaten, aber auch Debatten um Nachhaltigkeit und den Klimawandel, um (post-) koloniale Verhältnisse, um Migration, um kollektives Erinnern oder Zugehörigkeit - sind hochgradig kulturalisiert. Wir laden dazu ein, die kulturelle Dimension aktueller Konflikte in und um Europa zu beleuchten und dabei das analytische Potenzial der Kulturwissenschaften auszuloten.

Kulturelle Konflikte in und um Europa

CfP zur gemeinsamen Tagung der Sektionen Kultur- und Europasoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Deadline für Beitragsvorschläge: 28. Februar 2022

Wenn in politischen Diskursen „Kultur“ und „Europa“ zusammen thematisiert werden, dann werden häufig kulturelle Gemeinsamkeiten und verbindende historische Entwicklungslinien betont – etwa eine gemeinsame „europäische Kultur“, „europäische Werte“ oder eine „europäische Identität“. Zugleich ist unübersehbar, dass viele der derzeitigen Konflikte in Europa – zum Beispiel Konflikte um das Verhältnis von EU-Ebene und Nationalstaaten, aber auch Debatten um Nachhaltigkeit und den Klimawandel, um (post-) koloniale Verhältnisse, um Migration, um kollektives Erinnern oder Zugehörigkeit – ebenfalls eine stark kulturelle Prägung aufweisen. Denn hierbei werden stets auch grundlegende Vorstellungen von Werten, Normen, Symbolen, geteilten Praktiken, kulturellen Selbstverständnissen, Lebensweisen etc. artikuliert und ausgehandelt. Darüber hinaus werden „Europa“ und „die Europäische Union“ aktuell selbst verstärkt zum Gegenstand kultureller Konflikte, in denen um unterschiedliche Positionierungen und Bedeutungszuschreibungen gerungen wird. Hier setzen nicht zuletzt auch aktuelle künstlerische Auseinandersetzungen mit Europa an – kulturalistische Politikdiskurse und politisierte Kunstpraktiken treffen in der Frage um Europa so aufeinander.

Angesichts dieser vielfältigen Diagnosen ist es das Ziel dieser Tagung, die Diskussion über die kulturellen Dimensionen europäischer Integration und Desintegration und aktuelle Konflikte in und um Europa stärker als bisher zu systematisieren sowie konzeptionell und methodologisch zu reflektieren. Zu diesem Zweck möchten wir die Europa- und die Kultursoziologie miteinander ins Gespräch bringen, um das Potenzial einer Analyse kultureller Formen auszuloten, in denen sich diese Konflikte in und um Europa vollziehen und artikulieren. Hierbei lässt sich beispielsweise an bestimmte Narrative und Gegennarrative, Diskurse (inklusive ästhetischer Diskurse, Bilder und Ausdrucksformen) denken, aber auch an Kämpfe um Symbole, Praktiken, symbolische Grenzen, Objekte etc.

Zum einen sollen kultursoziologische Perspektiven auf ein Verständnis aktueller Herausforderungen und Problemkonstellationen in Europa diskutiert werden. Hier lässt sich an Debatten anknüpfen, die in der deutschsprachigen Kultursoziologie in der Vergangenheit bereits lebhaft geführt wurden: zum Beispiel die Auseinandersetzungen um europäische „Werte“ (Joas/Jäger, Gerhards), um „Identität“ (Giesen, Lepsius), um „Erinnerungskultur“ (Spohn) oder um die „kulturellen Grundlagen“ Europas (Rehbein, Münch, Wohlrab-Sahr), um nur einige zu nennen. Mit dem Fokus auf Konflikte in und um Europa möchten wir jedoch explizit an aktuelle Debatten, Konzepte und Methodologien der Kultursoziologie anschließen, um die Problemstellungen früherer Debatten zu erweitern.
Zum anderen soll die Tagung dazu anregen, die kultur- und europasoziologische Debatte mit dem Fokus auf Konflikte in und um Europa gezielt auf gesellschaftliche Herausforderungen und Konstellationen jenseits der nationalen Containerräume zu lenken. „Europa“ ist weit mehr als ein geographischer Raum, nämlich der Kristallisations- und Kulminationspunkt von Konfliktdynamiken, die häufig weit über den europäischen Kontinent hinausreichen. Dies zeigt sich beispielsweise, wenn eine vermeintlich „europäische Kultur“ von anderen „Kulturen“ abgegrenzt wird und so neue Trennlinien markiert werden; aber auch, wenn für „Europa“ beziehungsweise „die Europäische Union“ globale Aufgaben debattiert werden (etwa im Bereich des Klimaschutzes, des Wirtschaftssystems oder der Geopolitik). Im Rahmen der Tagung sollen etablierte Konzeptionen nationaler Containerräume demnach nicht einfach durch die Vorstellung eines erweiterten europäischen Gesellschaftscontainers ersetzt werden, sondern es geht darum zu eruieren, wie „Europa“ im Rahmen kultureller Konflikte angerufen, problematisiert und mit Bedeutung versehen wird.

Wir rufen mit diesem Call zur gemeinsamen Tagung der Sektionen Kultur- und Europasoziologie dazu auf, die kulturelle Dimension aktueller Konflikte und Konfliktkonstellationen in und um Europa zu beleuchten und dabei das wechselseitige Potenzial kultur- und europasoziologischer Konzepte und Forschungsmethodiken hervorzuheben. Was „Europa“ ist, welche Rolle „Europa“ in den Beiträgen zur Tagung spielt, welche Konflikte und sozialen Prozesse in den einzelnen Beiträgen als spezifisch „europäisch“ beziehungsweise in einem „europäischen Rahmen“ betrachtet werden, kann und sollte in den jeweiligen Beiträgen ausbuchstabiert werden. Auch ließe sich im Sinne einer Beobachtung zweiter Ordnung die Frage stellen, warum die Verwendung des Kulturbegriffs in Bezug auf Europa momentan in verschiedenen Diskursen und Kontexten eine starke Konjunktur erlebt. Zur Debatte steht dann nicht nur, was mit dem Begriff „Kultur“ beobachtet wird, sondern auch, welche Folgen eine solche kulturelle, wenn nicht kulturalistische Rahmung Europas haben könnte.
Wir gehen folglich nicht von einem spezifischen Kultur- und Konfliktbegriff aus, sondern laden die Beitragenden dazu ein, ihre jeweilige Bezugnahme auf Konzepte von Kultur und Konflikt im Rahmen der Tagung zu erläutern. Auch gibt es keine spezifischen Vorgaben hinsichtlich des inhaltlichen Zuschnitts und der Konzeption der Beiträge: Fallstudien, empirische Analysen quantitativer und/oder qualitativer Art und theoretische Beiträge sind gleichermaßen willkommen. Auch historisch informierte Perspektiven sind erwünscht. Wir möchten zudem ausdrücklich auch Nachwuchswissenschaftler:innen einladen, passende Vortragsvorschläge einzureichen.

Bitte reichen Sie Ihren Beitragsvorschlag mit Titel, Abstract (max. 500 Wörter) und Kontaktdaten bis zum 28. Februar 2022 unter der E-Mail-Adresse kultur.europa.soziologie@gmail.com ein. Etwaige Nachfragen können Sie bis zum Ablauf des Calls gerne auch an diese E-Mail-Adresse richten. Alle Einsendenden erhalten zwischen Mitte und Ende März 2022 eine Rückmeldung über die Annahme zur Tagung.

Grundlegende organisatorische Hinweise:
Die Tagung ist als Präsenzveranstaltung am Standort Erlangen der FAU Erlangen-Nürnberg unter Einhaltung der jeweils geltenden Hygiene-Maßnahmen geplant. Sollte es aufgrund weiterer Komplikationen durch die anhaltende Covid-19-Pandemie nötig sein, vom Präsenzformat abzuweichen, wird die Veranstaltung zum o.g. Termin online stattfinden. Über eine Verlegung ins Online-Format würden wir die Beitragenden frühzeitig informieren, also bis spätestens 6-8 Wochen vor Tagungsbeginn. Hybridlösungen und -formate sind nicht vorgesehen.

Kontakt

E-Mail für Einreichungen und Rückfragen: kultur.europa.soziologie@gmail.com