Im Januar 2022 flammte in Großbritannien, inmitten von Pandemie, Kriegsgefahr und Party-Skandalen, eine Debatte über die persönliche Sicherheit von Prinz Harry und seiner Familie auf. Er würde ja gerne persönlich an den Feierlichkeiten zum 70. Thronjubiläum seiner Großmutter Elisabeth teilnehmen, fürchte aber um die Sicherheit seiner Frau und seiner Kinder, da der britische Staat ihm den Personenschutz nach seinem vieldiskutierten Rückzug aus der königlichen Familie und dem folgenden Wegzug in die USA entzogen habe. Der Prinz erklärte sich sogar bereit, seine US-Privatwächter mitzubringen und aus eigener Tasche zu finanzieren, jedoch besäßen diese vor Ort keinerlei besonderen Kompetenzen, um sich gegen die von ihm gefürchteten Paparazzi zur Wehr zu setzen. Nichtsdestotrotz winkten Scotland Yard und Polizei sogleich demonstrativ ab: Niemand müsse in England für seine eigene Sicherheit selbst bezahlen; wenn eine konkrete Bedrohungslage vorliege, sorge selbstverständlich der Staat mit seinen Kräften für den Schutz der Person. Dies sei jedoch bei Harry und seiner Familie gegenwärtig nicht der Fall.
Ist die eigene Sicherheit (auch) eine Frage des Preises? Sind Sicherheit und Wohlstand damit genauso verknüpft wie Unsicherheit und Armut? Der Verbindung von Vorstellungen, Praktiken und Erfahrungen von (Un-)Sicherheit und (Un-)Gleichheit will die für Februar 2023 geplante Veranstaltung systematisch nachgehen. Damit sollen zwei mittlerweile breit etablierte Forschungsfelder – die historische Sicherheits- wie die Ungleichheitsforschung – in einen intensiven Dialog gebracht werden. Die Verknüpfung von in aller Regel staatsbezogenen Sicherheitsfragen mit gesellschaftsorientierten (Un-)Gleichheitsdiskussionen wollen wir als Form einer möglichen Versicherheitlichung des Sozialen bzw. sozialer Ungleichheiten (wie etwa Gender, Class oder Ethnicity) diskutieren.
Im Kern geht es dabei um die Frage, welche gesellschaftlichen Gruppen sich legitimerweise mit welchen Mitteln vor welchen Gefahren oder Bedrohungen (nicht) schützen dürfen – und mit welchen Argumenten und Begründungen aus der sozialen Welt diese Diskussionen bestritten werden. Thematisiert werden sollen in diesem Zusammenhang die vielfältigen Akteure und sozialen Gruppen im Kontext der (Un-)Sicherheitsproduktion, die Interaktionen und Begegnungen zwischen diesen Akteuren sowie schließlich die umfassenden Reflexionen und Interpretationen. Anhand von Fallbeispielen aus dem 19. und 20. Jahrhundert sollen dabei auch inter- und transnationale Aspekte in Deutschland, Europa und weltweit vergleichend diskutiert werden.
Für eine internationale Veranstaltung im Februar 2023 suchen wir Beiträgerinnen und Beiträger. Wir bitten, ein deutsch- und englischsprachiges Abstract von 2.000 Zeichen mit einem kurzen Lebenslauf bis zum 22.2.2022 an marcus.boeick@rub.de und Eva.M.Gajek@journalistik.geschichte.uni-giessen.de zu senden. Besonders freuen wir uns über Projektideen und Beiträge von Nachwuchswissenschaftler*innen, die wir hiermit explizit zu einer Einreichung auffordern möchten.