Für Nikolaus von Kues, den Universalgelehrten des fünfzehnten Jahrhunderts, waren Diagramme das perfekte Medium, um die höchsten Wahrheiten darzustellen. Nicht minder wichtig war, dass sie das ideale Mittel waren, um diese Wahrheiten überhaupt erst zu erlangen. Indem sie die Rolle der Farbe in seinen Diagrammen übersehen, die nach seinen eigenen Anweisungen gemalt und nicht in Schwarz-Weiß gedruckt wurden, stellen moderne Darstellungen Cusanus‘ Methode falsch dar. In einer Weise, die mit der zeitgenössischen Tafelmalerei vergleichbar ist, setzt Cusanus Farbe ein, um die Streuung des Lichts im Raum und die Durchdringung von Licht und Dunkelheit wiederzugeben - Phänomene, die für seine Theologie von zentraler Bedeutung sind. Als operative Instrumente, die das Denken strukturieren, visualisieren die Diagramme sowohl seine Erkenntnistheorie als auch seine Ontologie und laden den Betrachter ein, den Prozess der Wahrheitssuche zu erleben, den sie veranschaulichen sollen. Obwohl sie tief in der mittelalterlichen Tradition diagrammatischer Darstellungen verwurzelt sind, erweist sich Cusanus‘ diagrammatische Methode als innovativer als bisher angenommen.
Anmeldungen mit dem Betreff „Anmeldung Lecture 2022“ bis zum 12. Juli per Mail an Alexandra Geissler M.A. (geissler@uni-trier.de)
Die Zugangsdaten für Zoom werden dann en bloc wöchentlich versendet.