Die Hagiographie fand erst spät die Aufmerksamkeit der Forschung. Lange galt sie als historisch wertlose Gattung, die zum Aufschluss historischer Gegebenheiten nicht tauge. Der Arbeitskreis für hagiographische Fragen hat maßgeblich dazu beigetragen, dieses Urteil zu revidieren und die geschichtliche Relevanz der Textgattung zu erweisen. Während hagiographische Texte sowie der hagiographische Diskurs Kernthemen des Arbeitskreises sind, widmet er sich zugleich dem breiten Spektrum der mit der Hagiographie zusammenhängenden sakralen Phänomene. Diskutiert werden daher auch Themen, die sich aus der Einbettung der Hagiographie in den Kult und der Verehrung der Heiligen ergeben. Von Interesse sind ein breites Spektrum von Forschungsansätzen und Fragestellungen, die sich unter anderem mit der Hagiographie, den Heiligen, der Materialität des Sakralen, der Liturgie und religiösen Praxen in Zusammenhang mit dem Kult befassen. Die Fragestellungen, mit denen sich der Arbeitskreis beschäftigt, gehören dabei den Geschichts- und Literaturwissenschaften, der Theologie und Kirchengeschichte, der Kunstgeschichte und Archäologie, der Religionswissenschaft und Anthropologie an und sind keineswegs auf den lateinischen Westen beschränkt, sondern blicken z. B. auch nach Byzanz, Indien oder Ägypten. Damit setzt sich der Arbeitskreis mit der Hagiographie als einem Kernthema der Religiosität in interdisziplinärer Perspektive auseinander und schlägt gleichzeitig die Brücke zur Sakralitätsforschung.
Die Geschichte von Religiosität und Frömmigkeit bildeten von Anfang an einen Schwerpunkt im Fachbereich Geschichte der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die enge Verbindung der Religiosität mit dem Heiligen führte im Jahr 1994 zu der Idee der Gründung eines Arbeitskreises für hagiographische Fragen durch Klaus Herbers (Universität Erlangen) und Dieter R. Bauer (Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart). Seit 2015 führt nun ein Organisationsteam, aktuell bestehend aus Andreas Bihrer (Universität Kiel), Uta Kleine (Fernuniversität Hagen), Felicitas Schmieder (Fernuniversität Hagen), Julia Weitbrecht (Universität Köln) und Johannes Kuber (Akademie), die Arbeit weiter.
Der Arbeitskreis widmet sich seit seinen Anfängen der interdisziplinären und internationalen Vernetzung von Forschung zu den oben genannten Themen, indem er regelmäßige Arbeitstreffen und Tagungen veranstaltet sowie Beiträge und Ergebnisse publiziert. Bei den jährlichen Arbeitstreffen in Stuttgart-Hohenheim steht daher die Diskussion laufender Forschungsprojekte zum hagiographischen Forschungsspektrum im Mittelpunkt. Gleichzeitig bietet der Arbeitskreis mit den regelmäßig in Weingarten stattfindenden Tagungen auch einen Ort für die thematisch gebundene Auseinandersetzung mit spezifischen Forschungsfragen.
Vom 23. bis 25. März 2023 findet im Tagungszentrum der Akademie in Stuttgart-Hohenheim die nächste Tagung des Arbeitskreises für hagiographische Fragen statt. Dieses Treffen widmet sich keinem thematischen Schwerpunkt. Es soll stattdessen jüngeren Forscher:innen sowie etablierten Wissenschaftler:innen Gelegenheit geben, ihre Arbeiten und Projekte zu hagiographischen Fragen vorzustellen und sie im Plenum zu diskutieren. Sollten Sie Interesse haben, Ihre Forschungen vorzustellen, richten Sie bitte Ihren Vorschlag bis spätestens 16.10.2022 an Johannes Kuber (kuber@akademie-rs.de). Bitte reichen Sie hierfür eine kurze Zusammenfassung bzw. Problematisierung Ihres Themas (max. 1 Seite) und einen kurzen CV ein.
Die Veranstaltung kann durchaus Elemente eines Workshops enthalten. Daher möchten wir es gerne Ihnen überlassen, wie Sie Ihren Beitrag gestalten. Denkbar wären klassische Vorträge (ca. 30 Minuten) mit anschließender Diskussion, Vorträge mit Kommentaren bis hin zur Diskussion von ausgewählten Texten oder andere Präsentationsformen. Geben Sie also bitte bei der Meldung Ihres Beitrags auch die gewünschte Präsentationsform an.
Nähere Informationen zum Arbeitskreis finden Sie unter: https://www.akademie-rs.de/themen/themenuebersicht/aktuell/hagiographische-fragen/.