Erinnern - Erzählen

Erinnern – Erzählen

Veranstalter
Stiftung Humboldt Forum
Veranstaltungsort
Humboldt Forum
PLZ
10178
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
23.03.2023 - 29.06.2023
Von
Tobias Becker, Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin

Erinnern und Erzählen sind dynamische Vorgänge, die sich gegenseitig beeinflussen. Wie verändert das Erzählen die Erinnerung und wie verändern sich Erinnerung und Erzählung mit jeder Wiederholung? Was gerät dabei ins Vergessen? Diesen Fragen widmet sich die zweite Spielzeit von MitWissenschaft.

Erinnern – Erzählen

Als Gedächtnispaläste fungieren oft reale Gebäude und zwar, wie der Name nahelegt, gern große, um viel speichern zu können. Das Humboldt Forum etwa gäbe einen sehr guten Gedächtnispalast ab. Tatsächlich ist es schon einer und zwar im ganz buchstäblichen Sinn: Es steht nicht nur in einem der ältesten Teile Berlins, der aufs Engste mit der Berliner und der deutschen Geschichte verbunden ist; auch mit seinen Sammlungen, Ausstellungen und Veranstaltungen speichert es Erinnerungen, hält diese wach und aktualisiert sie. Beides ist ein guter Anlass für das Format MitWissenschaft, sich dem Thema Erinnerung zuzuwenden.

Hinzu kommt, dass sich Erinnerung und Vergessen, über spezifische Erinnerungen und Erinnerungsformen kontinuierlich verändern, was immer wieder, so auch aktuell, Debatten auslöst: Wer erinnert sich an was, wie und was erinnern wir und was vergessen wir, was gilt es, dem Vergessen zu entreißen?

Noch konkreter geht es MitWissenschaft dieses Mal um die Verbindung von Erinnerung und Erzählung. Wie der Gedächtnispalast ist das Erzählen eine Form der Archivierung von Informationen. Es ermöglicht, komplexe Erinnerungen aufzubewahren und weiterzugeben. Die australischen „Songlines“ etwas, die im vergangenen Jahr in der Ausstellung Songlines. Sieben Schwestern erschaffen Australien erlebbar waren, sind hierfür ein Beispiel. Im Grunde erinnern wir uns aber alle in Form von Geschichten. Erzählungen dienen ebenso der Vergegenwärtigung: Sie erlauben es, in der Gegenwart längst vergangene Dinge wieder heraufzubeschwören. Dabei passen sie diese stets den Gegebenheiten der sich erinnernden Gegenwart an, so dass die Erinnerung zugleich immer neu und aktuell ist. Erinnern und Erzählen sind dynamische Vorgänge, die sich gegenseitig beeinflussen.

Aber wie erzählen wir Erinnerungen beziehungsweise wie erinnern wir im Erzählen? Wie verändert das Erzählen die Erinnerung und wie verändern sich Erinnerung und Erzählung mit jeder Wiederholung? Was gerät dabei ins Vergessen? Wie funktioniert das Gedächtnis überhaupt und welchen Einfluss haben technologische Innovationen auf unsere Erinnerungsfähigkeit: erweitern oder schwächen sie diese? Wie individuell und wie kollektiv, wie privat und wie politisch sind unsere Erinnerungen?

Diesen Fragen geht die Reihe MitWissenschaft in vier Veranstaltungen unter Beteiligung ausgewiesener Wissenschaftler:innen von März bis Juni 2023 nach. Jede Einzelveranstaltung widmet sich dabei einem speziellen Thema und kann unabhängig von den anderen besucht werden. Zusammengenommen ergeben sie jedoch einen Überblick über den gegenwärtigen Diskussionsstand im Bereich der Erinnerungsforschung über die Disziplinen hinweg.

Die Reihe wurde kuratiert von Tobias Becker und Uta Kornmeier. Moderiert wird sie von der Philosophin und Journalistin Catherine Newmark. Sie ist unter anderem Redakteurin und Moderatorin des Philosophiemagazins „Sein und Streit“ beim Deutschlandfunk Kultur.

Programm

Architektur: Das Humboldt Forum — ein Gedächtnispalast? (23.3.)

Der Ort, an dem das Humboldt Forum steht, hat eine lange Geschichte. Mit seiner historisierenden Architektur und seinen Ausstellungen und Sammlungen kann das Gebäude gleich in mehrererlei Hinsicht als Gedächtnispalast verstanden werden. Doch welche Vergangenheit und welche Geschichten werden erinnert? Wer erinnert und erzählt hier? Das ändert sich kontinuierlich und sorgt immer wieder für Debatten.

Das Gebäude mag erst im Sommer 2021 eröffnet haben, es verweist jedoch auf ältere Erinnerungsschichten. Da ist zum einen das Berliner Schloss, das hier von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts stand; zum anderen ist da aber auch der Palast der Republik, der gerade durch seine Abwesenheit an diesem Ort in der Erinnerung präsent ist. Wie viel Altes, wie viel Neues steckt also im Humboldt Forum? Wie viel Monarchisch-Preußisches, wie viel DDR und wie viel Koloniales? Welche widerstreitenden und widersprüchlichen Erinnerungen und Erzählungen ruft es auf und welche Vergangenheiten bringt seine Gegenwart zum Vergessen?

Mit:
Alfred Hagemann, Architekturhistoriker und Kurator einer Reihe von kulturhistorischen Ausstellungen
Christine Schoenmakers, Historikerin und Referentin für inklusive und interkulturelle Bildung an der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Gülşah Stapel, Kuratorin für Outreach für die Stiftung Berliner Mauer und Autorin von „Recht auf Erbe in der Migrationsgesellschaft. Eine Studie an Erinnerungsorten türkeistämmiger Berliner*innen“

Weitere Termine:
Techniken: Wie erinnern, wie vergessen wir? (27.4.2023)
Geschichten: Wie erzählen wir uns selbst? (25.5.2023)
Politik: Wer erinnert sich und wer wird dabei vergessen? (29.6.2023)

https://www.humboldtforum.org/de/programm/event-reihe/wissenschaft/mitwissenschaft-15355/
Redaktion
Veröffentlicht am
17.03.2023
Beiträger
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
Sprache der Ankündigung