Die Geschichte des Buches ist seit den Anfängen von seiner Bedeutung als gebrauchtes Objekt begleitet: Antiquarische Bücher nehmen dabei eine wechselhafte Rolle ein. Einerseits rangieren sie bei verbreiteten Auflagen als Ladenhüter und sollen zu möglichst günstigem Preis Absatz finden, andererseits waren und sind Sammler:innen bereit, für handgeschriebene oder gedruckte Raritäten hohe Preise zu zahlen. In der Frühen Neuzeit war der Ankauf ganzer Bibliotheken ein beliebter Weg zur systematischen Bestandserweiterung, die auf dem Novitätenmarkt deutlich schwieriger zu tätigen war. Druck- und Einfuhrverbote machen gebrauchte Bücher zudem zu einem wichtigen Medium, über das zensierte Inhalte verfügbar werden.
Zwar haben das gebrauchte Buch und der antiquarische Buchhandel in jüngerer Zeit in Einzelstudien einige Aufmerksamkeit gefunden, es fehlen jedoch zeitlich und räumlich breiter angelegte Forschungsansätze, die transterritoriale Zusammenhänge erschließen. Ziel der Veranstaltung ist es, anhand von Fallbeispielen eine verbindende Perspektive zwischen den Ländern Zentraleuropas einzunehmen, wobei die engen Handelsbeziehungen zwischen west- und osteuropäischen Ländern in ihrer historischen Entwicklung aufgezeigt werden sollen. Denn gebrauchte Bücher wurden nicht nur im Trödel- und Jahrmarkthandel im lokalen Raum vertrieben, sondern waren als integraler Bestandteil des Buchhandels und der gelehrten Korrespondenz Objekte des internationalen Austauschs. Der Verkauf von Rarissima wurde, als Frühform des Antiquariats, häufig durch den gelehrten Austausch der respublica literaria eingeleitet und schließlich finanziell und logistisch über den Buchhandel abgewickelt. Außerhalb von führenden Buchzentren wie Leipzig oder den Niederlanden wird in der Forschung oft eine rückständige Entwicklung sekundärer Vertriebsformen wie Auktionen und Lotterien beschrieben.
Die Tagung möchte hingegen im länderübergreifenden Vergleich die Vielzahl innovativer Handelsformen antiquarischer Bücher im 18. Jahrhundert aufzeigen. Mit Blick auf das 19. Jahrhundert ist unter anderem die Frage nach der Professionalisierung des Antiquariatsbuchhandels von Interesse, so entstehen nun etwa in Wien Antiquariatsbuchhandlungen von internationalem Renommee. Wichtige Themen sind auch die Auswirkungen der Säkularisierung und der Bedeutungszuwachs des wissenschaftlichen Antiquariats. Schließlich soll nach der Rolle des Buches in den totalitären Regimen vor und nach 1945 gefragt werden. Dazu zählen die Verfolgung und Ermordung jüdischer Antiquare ebenso wie die Rolle des Antiquariatsbuchhandels beim Verkauf von NS-Raubgut. In den sozialistischen Ländern waren antiquarische Bücher aufgrund von Produktionsknappheiten begehrt und konnten ein internationales Buchangebot mit verbotenen Inhalten verfügbar halten.
Unsere Tagung findet anlässlich des 25jährigen Jubiläums der Gesellschaft für Buchforschung in Österreich statt. Wir begrüßen die Teilnahme von Nachwuchswissenschaftler:innen mit Themenschwerpunkten auf den ost- und südosteuropäischen Ländern und möchten insbesondere Vorträge von ukrainischen Kolleg:innen unterstützen. Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch. Reise- und Übernachtungskosten werden erstattet.
Interessierte sind eingeladen, ein Abstract auf Deutsch oder Englisch (ca. 350 Wörter) und eine Kurzbiografie (ca. 100 Wörter) bis 15. Mai 2023 an Mona.Garloff@uibk.ac.at zu senden.