Konferenz „Umgang mit NS-Kollaborateuren nach 1945. Vergleichende Perspektiven“, 21./22. November 2024, Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung Dresden
(English version below)
Kollaboration mit nationalsozialistischen Organisationen war zur Zeit der NS-Herrschaft und insbesondere während des Zweiten Weltkrieges ein vielschichtiges und weit verbreitetes Phänomen. In der Nachkriegszeit stellte die Kollaboration mit Gestapo, NSDAP, SS und anderen NS-Organisationen ein zentrales Thema der juristischen Aufarbeitung und der öffentlichen Debatten in zahlreichen europäischen Staaten dar. So spielte Kollaboration zum Beispiel in den österreichischen NS-Prozessen nach 1945 eine zentrale Rolle, und etwa die Hälfte aller NS-bezogenen ostdeutschen Gerichtsverfahren, die bis 1952 stattfanden, befassten sich mit Denunziationen.
Unter dem oft normativ und moralisierend verwendeten Begriff der Kollaboration wird gemeinhin eine Reihe sehr unterschiedlicher Formen von Zusammenarbeit in Politik, Gesellschaft und Kultur subsumiert, wobei das Spektrum der stets asymmetrischen Machtbeziehungen der jeweiligen Kollaborateure zu NS-Organisationen und Behörden von nahezu freiwilliger bis hin zu brutal erzwungener Mitwirkung reicht.
Die für November 2024 geplante internationale wissenschaftliche Konferenz will sich den Praktiken der Aufarbeitung von Kollaboration widmen und vergleichende Perspektiven auf den Umgang mit Kollaboration in verschiedenen sozialen und politischen Kontexten erarbeiten. Die Konferenz wird dabei auf den nach 1945 erfolgten juristischen und gesellschaftlichen Umgang mit Kollaboration zur Zeit des Nationalsozialismus in verschiedenen europäischen Staaten fokussieren.
Dabei soll unter anderem die Frage diskutiert werden, ob die strafrechtliche Ahndung und die zeitgenössischen Debatten über „Verräter“ angemessen und geeignet waren, die tatsächliche Schuld von Kollaborateuren zu ermitteln. In diesem Zusammenhang wäre es auch interessant, verschiedene Strategien ehemaliger Kollaborateure aufzuzeigen, die versuchten, ihre Verstrickung zu verschleiern und sich in die Nachkriegsgesellschaften zu integrieren. Zugleich wäre zu fragen, inwiefern die harte Bestrafung von Kollaborateuren diesen eine soziale Rolle als „Sündenbock“ zuwies.
Anhand von Einzelstudien, aber auch transnationalen Vergleichen soll die Bedeutung des Themas „Kollaboration“ für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in den beiden Nachkriegsjahrzehnten (bis etwa Mitte der 1960er Jahre) herausgearbeitet werden.
Vorschläge für Beiträge zur Tagung bitte per E-Mail spätestens bis zum 31.12.2023 an:
PD Dr. Udo Grashoff, Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung Dresden
udo.grashoff@mailbox.tu-dresden.de