Wissenschafts- und Medizingeschichte der Kindheit nach 1945

Herbsttagung des Leopoldina-Zentrums für Wissenschaftsforschung

Veranstalter
Leopoldina-Zentrum für Wissenschaftsforschung
Veranstaltungsort
Lesesaal der Leopoldina, Emil-Abderhalden-Str. 36
PLZ
06108
Ort
Halle
Land
Deutschland
Findet statt
Hybrid
Vom - Bis
17.10.2024 - 18.10.2024
Von
Elisabeth Dreysse, Zentrum für Wissenschaftsforschung, Leopoldina Nationale Akademie der Wissenschaften

Die Tagung geht der Frage nach, wie ein verändertes Verständnis von Kindheit die wissenschaftliche Forschung zu, an und mit Kindern prägt und wie umgekehrt ein wissenschaftlicher Blick die Wahrnehmung von Kindheiten modifiziert.

Herbsttagung des Leopoldina-Zentrums für Wissenschaftsforschung

Die Wahrnehmung von Kindheit hat sich seit 1945 in Mitteleuropa erheblich verändert. Sie wurde einerseits stärker als vulnerable Lebensphase wahrgenommen, andererseits wurde Kindern zunehmend Handlungsmacht zugesprochen.

Die Tagung wird neue Ansätze der Kindheits- und Wissenschaftsgeschichte systematisch zusammenführen, um über neue Wege in diesen Themenfeldern zu diskutieren. Die Behandlung von Kindern als Forschungsobjekte, die Versuche, Kindheit zu normieren und zu standardisieren, werden ebenso berücksichtigt wie der Alltag von Kindern in pädagogisch-medizinischen Institutionen wie Heimen, Psychiatrien und Krankenhäusern.

Dabei werden auch ethische Diskussionen historisch rekonstruiert und zeitgeschichtlich eingeordnet. Der Fokus liegt auf der deutschen Entwicklung, es werden aber auch angloamerikanische und russische Einflüsse auf die deutsch-deutsche Wissenschaftskultur berücksichtigt.

In zwei Diskussionsveranstaltungen werden zudem Methoden und Probleme kindheitshistorischer Forschung (wie die Rolle von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, Partizipation, Aktenzugänge) diskutiert werden, um die Doppelrolle der Zeitgeschichte auszuloten, die sowohl der Forschung als auch dem empathischen Umgang mit betroffenen ehemaligen Kindern (z.B. „Heimkindern“) verpflichtet ist.

Wissenschaftliche Leitung der Herbsttagung: Heiner Fangerau ML, Düsseldorf; Silke Fehlemann, Dresden; Sylvia Wagner, Düsseldorf
ML = Mitglied der Leopoldina

Programm

Donnerstag, 17. Oktober 2024

Sektion I - Versuche mit Kindern: Minderjährige in der forschenden Wissenschaft der Moderne (Moderation: Sylvia Wagner)

09:10 - 09:40 Uhr: Skandal und Skandalisierung: Die Contergan-Studie in Wittlich 1960 und ihre Aufarbeitung
David Freis, Augsburg

09:40 - 10:10 Uhr: Fließende Grenzen: Zum Einsatz psychoaktiver Prüfsubstanzen bei Minderjährigen, 1950–1980
Marietta Meier, Zürich

10:10 - 10:40 Uhr: Kindheit als dichter Begriff in der Aufarbeitung von Leid und Unrecht
Jonathan Holst, Gießen

10:40 - 11:10 Uhr: Kaffeepause

11:10 - 11:40 Uhr: Arzneimittelprüfungen an Minderjährigen im Langzeitbereich der Stiftung Bethel in den Jahren 1949 bis 1975
Maike Rotzoll, Marburg

11:40 - 12:10 Uhr: Forcierte Integration? Modellversuche für zugewanderte Kinder und Jugendliche in (Heim-)Förderschulen und Vorbereitungsklassen zwischen 1950 und 1990
Stephanie Zloch, Dresden

12:10 - 12:40 Uhr: Kinderheilkunde im Spannungsfeld zwischen pharmazeutischem Marketing und globalem Markt: Antihistaminika und Asthmatherapie in der Schweiz der Nachkriegszeit
Felix Rietmann, Fribourg

12:40 - 13:45 Uhr: Mittagspause

Sektion II - Das „verhaltensauffällige“ Kind: Kindheit und Therapie (Moderation: Anne Oommen-Halbach)

13:45 - 14:15 Uhr: Kinderpsychiatrie im Dienste gesellschaftlicher Normierung
Iris Ritzmann, Zürich

14:15 - 14:45 Uhr: „Kleine Störenfriede“. Zum Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern zwischen Pathologisierung und Pädagogisierung (BRD 1960er-2000er)
Jens Elberfeld, Halle

14:45 - 15:15 Uhr: Das Wissen vom „bösen“ Kind. Aggressionsforschung in Erziehungsratgebern in der BRD 1960-1980
Silke Fehlemann/Tamara Mansaray, Dresden

15:15 - 15:45 Uhr: Kaffeepause

15:45 - 16:15 Uhr: Das sowjetische Pädologieverbot 1936 und seine Folgen für den Umgang mit "verhaltensauffälligen Kindern" in der DDR am Beispiel der Heimerziehung
Anke Dreier-Horning, Berlin

16:15 - 16:45 Uhr: Internationale Dimensionen der 'Kinderverschickung'. Diskurse und Praktiken zwischen 1870 und 1980
Jens Gründler, Münster

16:45 - 17:45 Uhr: Forum: Aufarbeitung, Wiedergutmachung, Ausgleich (Moderation: Heiner Fangerau)

Sabine Andresen, Frankfurt; Uwe Kaminsky, Berlin; Karsten Laudien Berlin; Anne Oommen-Halbach, Düsseldorf; Wolfgang Schroer, Hildesheim; Birgit Wagner, Berlin

Freitag, 17. Oktober 2024

Sektion III - Kinder als Patient:innen und Heimbewohner:innen. Die Geschichte der „Kinderstationen“ und Kinderheime (Moderation: Heiner Fangerau)

09:00 - 9:30 Uhr: Medical Maternities: Gesundheit, Mütterlichkeit und der Konflikt um berufliche Leitbilder in der Kinderkrankenpflege ca. 1950 - 1980
Christoph Schwamm, Heidelberg

09:30 - 10:00 Uhr: Die moderne Sorge um das gefährdet gefährliche Kind. Kinderbeobachtung und Heilpädagogik in Österreich nach 1945
Michaela Ralser, Innsbruck

10:00 - 10:30 Uhr: Zwischen Stagnation und Reform - Zwangs- und Gewaltverhältnisse in der Kinderpsychiatrie und Behindertenhilfe nach 1946
Nils Löffelbein, Düsseldorf

10:30 - 11:00 Uhr: Kaffeepause

11:00 - 11:30 Uhr: Kinder in DDR-Heimen
Heide Glaesmer, Leipzig

11:30 - 12:00 Uhr: Sozialisationstheoretische Aspekte der Jugendhilfeeinrichtungen in der DDR
Karsten Laudien, Berlin

12:00 - 12:30 Uhr: Kaffeepause mit Imbiss

12:30 - 13:30 Uhr: Podium: Neue Wege in der Kindheitsgeschichte (Moderation: Silke Fehlemann)

Svenja Goltermann, Zürich; Till Kössler, Halle; Claudia Moisel, München; Michaela Ralser, Innsbruck; Felix Rietmann, Fribourg

13:30 - 14:00 Uhr: Resümee und Abschluss der Tagung

Kontakt

lzfw@leopoldina.org

https://www.leopoldina.org/herbsttagung-zfw