Vortrag von Dr. Dominik Hünniger (Hamburg)
In den letzten Jahren hat die Provenienzforschung große öffentliche Aufmerksamkeit erlangt, da westliche Institutionen mit Fragen zu Eigentum, Aufbewahrung und Verantwortung bezüglich der Herkunft "ihrer" Objekte konfrontiert werden bzw. diese Fragen selbst stellen. Das produktive Potenzial dieser Fragen auch jenseits von Restitution und für ein breites Verständnis der Verflechtungsgeschichte von Sammlungen ist jedoch noch nicht voll ausgeschöpft. Der Vortrag stellt Methoden und Praktiken einer historisch- ökologischen Provenienzforschung vor, um aktuelle Fragen nach Forschungs- und Vermittlungspotential von Sammlungen neu zu bestimmen. Museen sind Orte der Verflechtung von Kontinenten, Organismen, Gesellschaften und Körpern. Die zentrale Frage dabei ist, wie dies - inklusive der gewaltvollen Aspekte - mit Objekten und ihren Metadaten sichtbar gemacht werden kann? Auf welchen Infrastrukturen beruhte das Sammeln, Ausstellen und Rekonstruieren (naturaler) Dinge? Wie hat dies wiederum Umwelten geprägt und verändert? Wie können wir disziplin- und praxisübergreifend darüber nachdenken, wie materialbasiertes Wissen in Zeiten des Umweltwandels miteinander verflochten waren und sind? Historische Sammlungsökologie versteht Sammlungen als Umwelten, die sowohl die Materialität der Objekte als auch das aus ihnen gewonnene Wissen umfassen, und ideale Orte sind, um sich kritisch mit Konzepten, Vorstellungen und Erzählungen von Mensch-Natur-Verhältnissen auseinanderzusetzen.
Dr. Dominik Hünniger ist Umwelt- und Wissenschaftshistoriker. Seit 2023 arbeitet er als Ausstellungskurator und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Hafenmuseum in Hamburg und entwickelt dort das Konzept für den Museumsneubau. Als assoziierter Wissenschaftler ist er am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels und The Hunterian, University of Glasgow tätig und Gründer des Forschungskollektivs Collection Ecologies. Seine Schwerpunkte in Forschung, Lehre und Ausstellung sind (historische) Mensch-Natur-Verhältnisse, Innovations- und Logistikgeschichte, die Geschichte des Kolonialismus und Rassismus sowie Museums- und Sammlungsgeschichte seit der Frühen Neuzeit.
Es laden Sie herzlich ein:
Prof. Dr. Christina Brandt ML, Prof. Dr. Dieter Hoffmann ML, Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke, Ronja Steffensky und Prof. Dr. Holger Zaunstöck
Das Seminar findet in Kooperation mit den Franckeschen Stiftungen zu Halle statt
am: 5. November 2024
um: 18.00 Uhr
Ort: Neubauer-Saal/Haus 52, Franckesche Stiftungen, Franckeplatz 1, 06110 Halle (Saale) und online (Link zur Veranstaltung unter https://www.leopoldina.org/veranstaltungen/wissenschaftshistorische-seminare/)
ML = Mitglied der Leopoldina